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NachDenkSeiten – Die kritische Website
Titel: Hinweise des Tages
Datum: 14. April 2009 um 9:47 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
Verantwortlich: Wolfgang Lieb
(KR/WL)
Heute unter anderem zu diesen Themen:
Vorbemerkung: Dieser Service der NachDenkSeiten soll Ihnen einen schnellen Überblick über interessante Artikel und Sendungen verschiedener Medien verschaffen.
Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
Die Keynes-Gesellschaft hat nach ihrer Mitgliederversammlung in Wien diesen Aufruf erarbeitet, mit dem sie die volkswirtschaftliche Debatte in Deutschland befruchten möchte. Die FR gibt den Aufruf in leicht gekürzter Form wieder.
Quelle: FR
Anmerkung KR: Auf den Webseiten der Keynes-Gesellschaft ist der Aufruf im Volltext leider noch nicht zu finden.
Dazu:
Iss ja nich unser Geld…
Zunächst mal will es mir nicht in den Kopf gehen, wie man rund 300 Millionen für eine Bank auf den Tisch legen kann, die definitiv und hundertprozentig pleite ist, und damit nur einen Wert hat, nämlich NULL.
Wie sich Steinbrück, der den noch verbliebenen SPD-Wählern in besseren Zeiten ohne Unterlass predigte, wie eisern man doch sparen müsse, bei Bildung und Kindern zum Beispiel, sich nach dieser Nummer morgens noch in den Spiegel schauen kann, würde mich mal interessieren. Das ist ganz offensichtlich Verschwendung von Steuergeldern, sehenden Auges, aus an den Haaren herbeigezogenen Gründen, die noch nicht mal Bestandteil des sozialdemokratischen Katechismus sind. 300 Millionen sind angesichts der in dieser Krise ansonsten aufgerufenen Milliardenbeträge zwar nicht viel Geld, aber trotzdem: Hier wird zugunsten der HRX-Aktionäre reinste Klientelpolitik betrieben, wobei die Vermutung naheliegend ist, dass diese einem Deal mit der CDU entspringt, etwa nach dem Motto: “Komm du mir bei der Abwrackprämie entgegen, dann mache ich bei der Hypo Real Estate einen auf kuschelweich.”
Quelle: Weissgarnix
Anmerkung WL: Und in einem Atemzug warnt Steinbrück in BILD vor einer Inflation: Es wird so viel Geld in den Markt gepumpt, dass die Gefahr einer Überlastung der Kapitalmärkte und einer weltweiten Inflation im Wiederaufschwung drohen könnte.
Da ist die Industrie nur noch zu 70 Prozent ausgelastet. Da werden gerade Lohnerhöhungen hinausgeschoben, da bricht die Binnennachfrage ein und die Preissteigerung nähert sich der Null. Wir stehen eher von einer Deflation als vor einer Inflation.
Siehe dazu:
Wirtschaftsweiser widerspricht Steinbrück
“Für Deutschland besteht auf absehbare Zeit kein Inflationsrisiko, sondern in erster Linie ein ausgeprägtes Deflationsrisiko”, sagte das Mitglied des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Lage, Peter Bofinger, am Sonntag im Gespräch mit Handelsblatt.com. Durch die schlechte Absatzlage der Unternehmen und die steigende Arbeitslosigkeit werde es “auf breiter Front zu Lohnzugeständnissen der Arbeitnehmer kommen”, die sich, wie das Beispiel Japans in den letzten 13 Jahren zeige, “dämpfend” auf die Preisentwicklung auswirkten, begründete er seine Einschätzung. Außerdem ist Bofinger davon überzeugt, dass die Europäische Zentralbank (EZB) keine Inflationsprozesse in der Euro-Zone zulassen werde. “Die von ihr derzeit den Banken zusätzlich zur Verfügung gestellte Liquidität kann sie innerhalb eines Monats wieder vollständig aus dem Kreislauf zurückziehen”, erläuterte der Ökonom.
Das Statistische Bundesamt in Wiesbaden hatte vor wenigen Tagen bekanntgegeben, dass in Deutschland die Jahresteuerung im März auf dem niedrigsten Wert seit fast zehn Jahren lag. Eine Rate von 0,5 Prozent entspricht dem Stand von Juli 1999. Für das Jahr 2009 setzte sich somit der positive Trend fort: Im Januar hatte die Teuerungsrate 0,9 Prozent, im Februar 1,0 Prozent betragen.
Quelle: Handelsblatt
Rechnen wir einmal kurz aus, was es für die Arbeitnehmer und somit für die Kaufkraft bedeutet hätte, wenn die Lohnquote im Jahr 2008 die gleiche gewesen wäre wie im Jahr 1991:
Ergebnis: Die Arbeitnehmer hätten im vergangenen Jahr 109 Mrd. Euro mehr in der Tasche gehabt und damit manch eilig gestricktes Konjunkturpaket überflüssig werden lassen.
Quelle: Michael Schöfer
Anmerkung WL: Die Bilanz von Michael Schöfer mag rechnerisch richtig sein, dennoch hätte die Finanzkrise ihre Auswirkungen gehabt. Aber immerhin wäre ein Umsteuern weg von der Exportabhängigkeit leichter.
Der Arbeitsrechtler Weiss findet es sehr bedenklich, dass das TVG nur für tarifgebundene Betriebe gilt. In anderen Ländern sei das nicht so. Er nennt das Beispiel Frankreich: Wenn dort ein Tarifvertrag für eine Branche vereinbart wird, gilt er automatisch für alle Beschäftigte. Ähnlich sei dies in Spanien und Italien. “Das sollten wir auch machen”, meint Weiss. Europa müsse sich entscheiden, welchen Weg es geht – und da sei der Südeuropäische der bessere.
Dass Tarifverträge automatisch branchenweit gelten, ist zurzeit politisch nicht durchzusetzen, sagt Weiss. Wie es generell weiter geht, hängt natürlich auch vom Ausgang der Bundestagswahl ab. Womöglich beginnt dann wieder eine ganz andere Debatte. Jedenfalls haben sich im Wahlkampf 2005 CDU und FDP vehement dafür eingesetzt, das Günstigkeitsprinzip zu ändern. Ihr Vorschlag lautete: Betriebe sollten auch dann von Tarifstandards abweichen können, wenn Gewerkschaften dem nicht zustimmen.
Quelle: FR
Zurzeit haben weltweit 1,8 Milliarden Menschen einen informellen Job – das sind 60 Prozent aller Beschäftigten. Viele sind kleine Selbstständige, Gemüsehändler oder Schuhputzer. Andere arbeiten auf dem Bau oder in Reinigungsfirmen – sie sind weder kranken- noch arbeitslosenversichert. Die meisten werden mit Hungerlöhnen abgespeist und verdienen weniger als zwei Dollar am Tag.
Bis 2020 wird der Anteil der informell Beschäftigten von 60 auf rund zwei Drittel (66 Prozent) aller Arbeitskräfte steigen, prophezeit die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) in ihrem Bericht “Ist informell normal?”. Dabei legt sie ein stabiles Wachstum zugrunde.
Die Politik muss jetzt rasch handeln, um die Menschen besser zu schützen und um die Armut wirkungsvoll zu bekämpfen, fordert die OECD.
Quelle: FR
Anmerkung Martin Betzwieser: Bei allen berechtigten Zweifeln ist es doch sehr fragwürdig, ausgerechnet das Institut zur Zukunft der Arbeit (IZA) und dessen Arbeitsmarktspezialisten Dr. Hilmar Schneider ohne weitere Hintergrundinformationen als Experten zu nehmen. Das IZA ist einer der wirtschaftswissenschaftlichen Schreibtische der Arbeitgeberlobby; im Beirat – den so genannten Policy Fellows – gibt es auffallend viele Aktivisten der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft und einige andere übliche Verdächtige. Und Hilmar Schneider wollte vor ein paar Jahren mal Arbeitslose versteigern lassen, um die Kosten für Sozialtransfers gegenfinanzieren zu lassen. Als IZA-Präsident wird übrigens immer noch Klaus Zumwinkel geführt.
Quelle 3: IZA (Policy Fellows)
Quelle 4: Focus
Quelle 5: IZA (Leitung)
Anmerkung des NDS-Lesers J.K.: Meines Erachtens ist das System Aktionäre/Aufsichtsrat/Vorstand bei Aktiengesellschaften nicht geeignet, eine wirkliche Kontrolle der Vorstandsarbeit zu erreichen.
Die unrühmliche Rolle von Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, die ebenfalls an einer tatsächlichen Kontrolle ihres Auftraggebers (!) nicht interessiert sind, braucht man nicht weiter zu analysieren, sie ist offensichtlich.
Solange dieser Filz bzw. diese Interessen-Fehlsteuerung der (scheinbaren) Kontrollorgane nicht gebrochen wird, gibt es keine Chance auf Verbesserung.
PS: Die geplanten Beteiligungen der Vorstände am Risiko durch z.B. Verminderung der Boni im Verlustfalle oder die langfristige Bindung an Aktienoptionen zeigen in die richtige Denkrichtung. Aber Vorsicht: Auch gegen hohe Risiken kann sich ein Manager durch Versicherungen absichern lassen, deren Beiträge selbstverständlich seine Firma zahlt! (siehe Schrempp/Daimler 40 Mio-Zahlung an Aktionäre/Haftpflicht). Oder das Grundgehalt wird entsprechend brutal angehoben, so dass die Boni weniger eine Rolle spielen, oder es werden Beraterverträge kreiert, oder…. Wo ein Hindernis ist, ist auch ein Umweg.
Dazu auch:
Abgestürzte Helden: Die Bankerkrise
Bankmitarbeiter werden gesellschaftlich geächtet, haben schlaflose Nächte, Depressionen und Panikattacken – das Finanzdebakel hat in den vergangenen Monaten tiefe Spuren in der Psyche eines ganzen Berufsstands hinterlassen.
Quelle: Handelsblatt
Anmerkung KR: Der Artikel konzentriert sich auf die Nöte von Bankmitarbeitern ohne Entscheidungsbefugnisse. Dieser Abschnitt ist besonders interessant, weil das Handelsblatt damit bestätigt, dass die Banken aus der Krise nichts dazugelernt haben: „Die Institute haben in den Filialen die Ziele für das laufende Jahr festgelegt. Die Debatte über die Folgen der Krise, darüber, welche Lehren die Banken daraus ziehen sollten, rückt in den Hintergrund. Öffentlich üben sich die Manager zwar noch in Demut und geloben Besserung. Intern ist aber alles beim Alten. „Als sei die Krise nur ein kleiner Ausrutscher gewesen“, sagt der Personalrat einer Sparkasse. Die Bankenexperten von Verdi formulieren es dramatischer: „Die Zustände im Vertrieb sind schlimmer als jemals zuvor, Zielvorgaben wurden sogar erhöht.“
Diskussionen? Fragen? „Execution only“ steht oft über den Schreiben, mit denen Produkte vorgestellt, Verkaufsoffensiven eingeläutet werden. Und wenn ein Bankberater doch Zweifel anmeldet, vielleicht sogar kritisiert, dass man nicht Verkäufer und Berater in einer Person sein könne, bekommt er Antworten wie: „Wir sind eine Bank, wir verkaufen Finanzprodukte, wenn der Kunde Beratung will, muss er zur Verbraucherberatung gehen “, berichtet einer, der es wagte, seinem Chef zu widersprechen.
Es sind vor allem die älteren Mitarbeiter, die damit kämpfen, die noch andere Zeiten kennen, als Bankberatung den Nimbus hatte: sicher, seriös, sauber. „Die Jüngeren haben weniger Hemmungen, Teil einer Drückerkolonne zu sein“, erzählt ein Betriebsrat, „die sind schon entsprechend ausgesucht worden.“
Die Älteren macht der Job dagegen mitunter krank.“
Kann man daraus einen anderen Schluss ziehen, als dass ohne stärkere und bessere Regulierung keine Krisenprävention möglich ist?
Anmerkung unseres Lesers S.T.: Und was lernen wir aus diesem Artikel? Zur Armut für alle, die ihr Geld ehrlich mit ihrer Hände Arbeit verdienen müssen, gibt es offenbar keine Alternative. Vielleicht sollte man aber auch einmal darüber nachdenken, ob es zur privaten Finanzindustrie, die all das verursacht hat, eine Alternative gibt. Vielleicht wäre das ja dann auch die Alternative zur “alternativlosen” Armut. Richtig ist natürlich, solange wir uns diesen Wirtschaftszweig noch leisten, können wir uns den Sozialstaat natürlich nicht mehr leisten! Insofern ist da schon etwas dran, das wir über unsere Verhältnisse leben.
Anmerkung KR: In unserer Skepsis gegen die private Altersvorsorge fühlen wir uns jedenfalls bestätigt. So schrieben wir z.B. im November 2007: „Internationale Finanzkrisen können die Rentabilität mindern und Pensionsfonds kollabieren lassen (siehe die aktuelle Wertentwicklung von Anlagen in US-$) … Der (auch teilweise) Wechsel zur privaten Vorsorge ist für die Versicherten teuer und riskant. Er nützt nur den Versicherungen. Der Versuch, die Altersversorgung von Kapitalanlagen im Auslandabhängig zu machen, ist Symptom eines „Moral Hazard“. Denn die Profiteure der privaten Altersvorsorge kennen die Risiken genau – und setzen darauf, dass der Staat den Schaden begrenzen wird.“
“Die Tafeln sind in Lübeck am Limit und darüber hinaus. Es mussten mehrfach viele Menschen mit leeren Händen wieder gehen. Hier muss die Kommune eingreifen”, sagt die Fraktionsvorsitzende der LINKEN im Lübecker Stadtparlament, Antje Jansen. Nach ihrer Ansicht ist die Kommune moralisch und rechtlich verpflichtet, Hunger unter ihrer Bevölkerung nicht zuzulassen.
Quelle: Linkszeitung
Anmerkung WL: Dass ein derart dummer Artikel in einer „Qualitätszeitung“ erscheinen darf, ist schon ziemlich bezeichnend für das Niveau unserer Presselandschaft. Der Autor hat wohl noch nie etwas vom umlagefinanzierten Altersversorgungssystem gehört und fällt so auf den dümmsten Bauerntrick von Raffelhüschen herein, der die Stromgrößen der jährlich anfallenden Sozialleistungen, die kontinuierlich über Beiträge refinanziert werden, zu einer Bestandsgröße von sechs Billionen addiert. Alarmismus in seiner primitivsten Form.
Vor allem die qualifizierten Frauen streiken weiter. Attraktiv ist das Geld vom Staat vor allem für Familien der Unterschicht (…)
Von den ersten 750.000 Babys, die bis Mitte 2008 Ansprüche auf das Geld vom Staat einbringen, stammen nicht einmal fünf Prozent von hochqualifizierten Frauen in guten Jobs. Ein verheerendes Ergebnis; denn gerade ihnen sollte mit dem 2007 eingeführten Elterngeld doch schmackhaft gemacht werden (…)
Hinter den Zahlen verbirgt sich eine gesellschaftlich hochbrisante Entwicklung: Immer mehr Kinder werden in sozial schwachen Milieus geboren, in prekäre materielle und oft genug auch bildungsferne Verhältnisse. Und nur sehr wenige schaffen es, sich daraus im Laufe ihres Lebens hochzuarbeiten.
Für die Zukunft heißt das nichts Gutes: Der Anteil der Kinder aus bildungsfernen Familien wird weiter steigen. Die Schicht der Transferempfänger reproduziert sich selbst in einem Land, in dem sozialer Aufstieg seltener gelingt als anderswo – auch weil sich viele im Sozialstaat eingerichtet und den Willen zum Aufstieg aus eigener Kraft aufgegeben haben.
Quelle: FAZ
Anmerkung WL: Offener ist wohl selten gesagt worden, wozu das Elterngeld eingeführt worden ist: Als Geburtenprogramm für besser Gestellte und gut Ausgebildete. Auch wenn es noch mit soziologischem Schichten-Jargon übertüncht wird, verbirgt sich hinter diesem Artikel ein blanker Sozialdarwinismus nach dem höher bewertete Erbanlagen in einer Gesellschaft vergrößert und schlechtere Erbanlagen verringert werden sollten, damit die deutsche Gesellschaft nicht degeneriert. Auf dieser Eugenik basierte auch die Rassenlehre der Nazis, statt Rassenhygiene jetzt eben „Schichtenhygiene“.
Die Autoren der FAZ verschweigen oder wissen offenbar nicht, dass etwa 155.000 Familien (nämlich alle Alg II-Bezieher/innen)durch die Einführung des Elterngeldes 3.600 Euro weniger im Geldbeutel haben. Weniger bekommen auch Hausfrauen, deren Mann bisher so wenig verdiente, dass sie über zwei Jahre volles oder nur wenig gekürztes Erziehungsgeld erhielten. Spürbare Verbesserungen brachte das Elterngeld erst bei einem ausfallenden Verdienst von 1.500 Euro netto und aufwärts. Es profitieren also nicht – wie im Artikel behauptet wird – die „Unterschichtenfamilien“ sondern vor allem die mittleren Einkommensbezieher.
Siehe: Das neue Elterngeld. Oder: Wer gewinnt durch eine späte Geburt?
Von Dr. med. Bernd Hontschik.
Quelle: FR
Anmerkung KR: Das Deutschlandradio hat versäumt, auf die geschäftlichen Interessen des Autors hinzuweisen. Im ArztWiki heißt es über ihn (Stand 13.4.2009): „Lauterbach ist Mitglied des Aufsichtsrats der privaten Krankenhauskette Rhön-Klinikum AG. Da er im Rahmen der Gesundheitsreform die ebenfalls von der SPD befürwortete Neuausrichtung der Zulassung von Leistungsanbietern zur ambulanten Behandlung einsetzt, können gemäß diesen Vorstellungen auch Krankenhäuser möglicherweise stärker an der ambulanten Versorgung teilnehmen. Inwieweit speziell die Krankenhauskette Rhön-Klinikum AG davon profitiert, bleibt offen. Auffällig ist, dass eine Reduktion der niedergelassenen Fachärzte zum Teleportal-Konzept der Rhön-Kliniken passen würde.“
Menschen türkischer Herkunft sind in Deutschland von allen Migrantengruppen am schlechtesten integriert. Zu diesem Ergebnis kommt jedenfalls die neueste Studie »Ungenutzte Potenziale«. Doch die Untersuchung beschreibt nur, liefert aber keine wirkliche Ursachenanalyse beim Thema Integration, so das Fazit unserer Autorin.
Quelle: Neue Gesellschaft
Die sozialdemokratischen Modelle des „DrittenWegs“ und der „NeuenMitte“ standen dem neuen globalisierten Kapitalismus zu unkritisch gegenüber und haben die zerstörerischen Kräfte eines zuwenig regulierten Marktes unterschätzt. Sie haben die strukturellen Veränderungen, die sich in den Gesellschaften Europas vollzogen, falsch gedeutet. Die Klassengesellschaft hatte in ihren Augen einer eher individualistischen, leistungsorientierten Kultur Platz gemacht. Aber der neue Kapitalismus hat keine klassenlose Gesellschaft geschaffen (…)
Auch nach einem Jahrzehnt sozialdemokratischer Regierung ist die Gesellschaft immer noch maßgeblich von Klassenunterschieden geprägt. Erfolg in Schule und Ausbildung Lebenschancen im Allgemeinen – hängen nach wie vor von dem familiären Hintergrund des
Einzelnen ab.
Quelle: compass [PDF – 786 KB]
Anmerkung WL: Immerhin der Beginn einer kritischen Aufarbeitung, wenngleich noch lange kein Kurswechsel.. Vor allem, wenn man sich vor Augen hält, wie meilenweit die SPD-Führung und die SPD-Minister von den Ideen ihrer stellvertretenden Parteivorsitzenden Nahles entfernt ist. Dazu muss man nur einmal das Interview von Olaf Scholz in der FAZ nachlesen: „Die Sozialdemokraten regieren seit elf Jahren. Die große Koalition ist ein Teil dieser erfolgreichen Regierungszeit der SPD.“ Oder: „Guido Westerwelle ist ein intelligenter, beweglicher Politiker. Mit dem man regieren kann.“ Oder: „In der Bundespolitik sind wir inhaltlich von keiner Partei so weit entfernt wie von der Partei „Die Linke“.“
Mit dem Blick nach vorn sind die Zerstörungen der Vergangenheit nicht beseitigt.
Dennoch wollten wir Ihnen dieses Dokument nicht vorenthalten.
Fazit: Die Reform hat ihre selbstgesetzten Ziele verfehlt und etliche neue Probleme geschaffen. Die Reform ist dringend reformbedürftig.
Quelle: FAZ
Zugleich spiegelt die ABS-Geschichte die Leidenschaft und Heftigkeit wider, in der hierzulande um Studiengebühren gestritten wird. Das hat damit zu tun, dass diese nicht nur ein bildungspolitisches Instrument neben vielen anderen sind, sondern ein zentrales Kettenglied der ›Ökonomisierung‹ der Hochschulen. Mehr noch: Studiengebühren stehen für die gesamtgesellschaftliche Dimension einer der neoliberalen Ideologie verhafteten Ersetzung öffentlicher Bildungsfinanzierung – und staatlicher Daseinsvorsorge generell – durch Kostenprivatisierung und ›Eigenverantwortung‹.
So ist das zehnjährige Jubiläum des ABS ein geeigneter Anlass, um durch unterschiedliche Autorinnen und Autoren, welche dem ABS mehr oder weniger politisch eng verbunden waren, alle politischen, sozialen, juristischen, intellektuellen – manchmal auch komischen – Facetten des Kampfes um Studiengebühren zu beleuchten. Daraus ist ein durchaus auch (selbst-)kritischer Rückblick geworden, der zugleich Ausblicke und Perspektiven inspiriert.
Quelle: Bund demokratischer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler e. V.
Siehe dazu auch:
Notwendig oder Irrtum der Geschichte
Das “Aktionsbündnis gegen Studiengebühren” wird zehn Jahre alt: Eine wichtige Kraft meinen die einen. Das Bündnis hätte es besser nie gegeben, finden andere.
Quelle: taz
Anmerkung D.R.: Ist es wohl nur der Zufall, dem wir es zuzuschreiben haben, dass Sie in den NDS die Realsatire “Schöne neue Schule 2020” veröffentlichen, während in der faz.net am selben Tag der Artikel “Von privaten Schulen lernen” erscheint?
Darin zeigt sich, dass wir im Jahre 2009 in Teilbereichen die planmäßige Zerstörung der öffentlichen Schulen schon weiter betrieben haben, als es der Verfasser der Realsatire sich träumen lässt.
Internationalität und Fremdsprachen
Die Metropolitan School ist ein typisches Beispiel für eine dieser neuen engagierten Schulen. Internationalität und Fremdsprachen spielen eine wichtige Rolle. Es wird aber auch Wert gelegt auf ein selbständiges, angstfreies und motivierendes Lernen. „In unserer Schule wird fächerübergreifend, also anders gelernt als in einer normalen Regelschule“, sagt Schulgründer Ferres. Man orientiere sich am internationalen Lehrplan „Primary Years Programme“, das man mit dem deutschen Lehrplan verknüpft.
Das bedeutet, dass die Schüler keinen starren Stundenplan haben, auf dem einzelne Stunden für Deutsch, Mathematik und anderes stehen. Stattdessen arbeiten sie fächerübergreifend an Fragen. Dazu schreiben sie Aufsätze, stellen Berechnungen an, malen Bilder und singen Lieder. „Am Ende des Schuljahres haben sie dann sogar mehr Stunden in Deutsch und in Mathe gehabt als in einer Regelschule; sie haben es nur nicht gemerkt“, erläutert Ferres. Er ist überzeugt, dass so von dem Unterrichteten wesentlich mehr hängenbleibt, weil die Kinder zu Fragestellern, Denkern, Kommunikatoren und letztlich zu engagierten und selbstbewussteren Menschen würden.
„Dynamisches Lehrkonzept“
In diesem „dynamischen innovativen“ Lehr- und Lernkonzept sieht Ferres auch den Hauptgrund für das Engagement der Lehrer, das er als sehr hoch bezeichnet. „Die Lehrer können hier viel bewegen“, sagt er. Auch Michael Büchler, der die große private Internatsschule Pädagogium in Baden-Baden leitet, glaubt, dass die Lehrer an seiner Schule unter anderem deshalb so engagiert seien, weil sie sich „in ihren Fächern austoben können“. Frische Ideen wie bilingualer Unterricht seien hoch willkommen. Die Lehrer arbeiteten gerne an der Schule, weil sie sich mit dem Konzept, das auf eine ganzheitliche Erziehung und Bildung setzt, identifizierten, sagt Büchler, der auch Präsident des Bundesverbandes Deutscher Privatschulen ist.
Motivierend wirkt nach Büchlers Erfahrung außerdem, dass sich die Lehrer nicht als Einzelkämpfer fühlten. Dass sich Lehrer alleingelassen fühlen, gilt Psychologen als ein wichtiger Grund für das nachlassende Engagement vieler Lehrkräfte im Laufe der Jahre. Am Pädagogium gibt es nach den Worten von Büchler einen regen Austausch unter den Lehrern, zum Beispiel, wenn sie in Konferenzen Unterrichtseinheiten vorstellten. Man pflege so etwas wie „offene Klassenzimmer“, symbolisiert dadurch, dass man in jede Tür zu einem Klassenraum ein Fenster eingebaut habe. Auch lege die Schulleitung viel Wert auf das Urteil der Lehrer, zum Beispiel, wenn es um die Einstellung eines Kollegen gehe. „Schließlich muss jemand ins Team passen“, sagt Büchler.”
Die didaktische Ahnungslosigkeit der obigen Herren Schulleiter übertrifft die schlimmsten Befürchtungen einer Pädagogik, die sich den zentralen Zielen der Aufklärung verpflichtet weiß, was sich mit Hartmut von Hentig so beschreiben ließe: “Die Menschen stärken, die Sachen klären.” Dieser doppelte Imperativ des Jahres 1984 hat nichts von seiner allgemeinen erzieherischen Gültigkeit verloren. “Metropolitan School Frankfurt”!
Was verbirgt sich in der Sprache Goethes, des deutschen Sprachgenies, dahinter? Nichts anderes als eine Großstadtschule, derer es in Frankfurt gewiss sehr viele gibt, die sich in ihrem “Logo” doch noch der Muttersprache des größten Sohnes der Stadt erinnern. Aber es klingt so erhaben, so würdevoll: “Metropolitan School Frankfurt”! Unter diesem sprachlichen Prunkornat begegnet die neoliberale Pädagogik nicht anders als “nackt” – wie der Märchenkaiser! Bilingualer Unterricht wird den Lesern der faz.net als “frische Idee” angepriesen, ebenso “eine ganzheitliche Erziehung/Bildung”. Wer wollte dieses Bekenntnis nicht gerne unterschrieben? Wie immer steckt der Teufel indes im Detail. Was verbirgt sich denn in concreto hinter der Worthülse des Ganzheitlichen? Offenbar nichts, da die fachbezogene Antwort ausbleibt, nicht gestellt wird. Seit Mitte der 60er Jahre wurde vor allem in NRW das neusprachliche Reformkonzept in Gestalt bilingualer Züge entwickelt, ab 1970 schulisch erprobt und bis zum heutigen Tag sehr erfolgreich fortgeschrieben: ABIBAC z.B., das deutsch-französische Doppelabitur, legt ein beredtes Zeugnis der zielsprachlich möglichen Kompetenz unserer Schüler ab, die sich gerade in der so genannten “globalisierten Welt” als äußerst erfolgreich erwiesen haben.
Diese Bewährung steht den Absolventen der “Metropolitan Schools” erst noch bevor! Die self-fulfilling prophecy hält der Überprüfbarkeit nicht stand. Schließlich weisen die Herren u.a. auf das didaktische Prinzip des vermeintlich “fächerübergreifenden”(sic!) Lernens als eines dernier cri der Pädagogik hin! Auch hier begegnet erneut die fachwissenschaftliche Unkenntnis der Vertreter der neoliberalen Pädagogik. Ein Blick/Click auf www.learn-line.nrw.de hätte darüber informiert, dass dort einschlägige Publikationen spätestens 1999 auf das “fachübergreifende Lernen/den fächerverbindenden Unterricht” eingehen(hier ist auf den differenzierenden Singular-/Pluralgebrauch peinlich genau zu achten!). Aber darauf kommt es der neoliberalen Pädagogik nicht an, die linke Hand muss gar nicht erst wissen, was die rechte tut! Hauptsache der “Wettbewerb” stimmt, dann werden sich auch die didaktischen Profitkassen geheimnisvoll von selbst füllen, Etikettenschindel hin/her! So genau sollen es die Leser ja auch gar nicht wissen. Schließlich deckt die Journalistin den Schleier der “insouciance métropolitaine” Frankfurter Prägung über ihre privatschulische Recherche und titelt frohgemut “Von privaten Schulen lernen”!
Im Augenblick gibt es hier zum Glück für die leistungsfähigen öffentlichen Schulen nicht sehr viel zu lernen, sind sie doch viel, viel besser, als der mediale Ruf aus Frankfurt verkündet! Zu dieser Einsicht könnte indes nur die Überwindung des journalistischen Vorurteils verhelfen!
Quelle: Stern
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