Startseite - Zurück - Drucken
NachDenkSeiten – Die kritische Website
Titel: Hinweise des Tages
Datum: 16. März 2009 um 9:18 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
Verantwortlich: Albrecht Müller
(KR/AM)
Heute unter anderem zu diesen Themen:
Vorbemerkung: Dieser Service der NachDenkSeiten soll Ihnen einen schnellen Überblick über interessante Artikel und Sendungen verschiedener Medien verschaffen.
Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
Anmerkung Orlando Pascheit: Und wo haben diese “Investoren” vor allem zugschlagen? Beim sozialen Wohnungsbau. Die sozialen Kosten dieser Politik werden bei weitem die Schuldenentlastung der Kommunen überschreiten.
Kommentar AM: Es ist schon erstaunlich, welche Widersprüche uns die führenden Personen in unserem Lande und auch die Journalisten zumuten. Da sagt der Chef der Deutschen Bank in einem Satz: “Wir sind sehr stolz, dass wir sagen können: Wir brauchen Staatshilfe nicht”. Und dann im nächsten Satz, die Staatshilfe habe auch sein Institut vor Verlusten bewahrt. –
Wir haben schon mehrmals darauf hingewiesen, wie auch die Deutsche Bank durch Staatshilfe profitiert hat. Dennoch wird von Ackermann immer wieder die Mär aufrechterhalten, die Deutsche Bank brauche Staatshilfe nicht. Financial Times Deutschland lässt das einfach durchgehen. Vermutlich auch die Zuhörer und die Tagungsleitung der Evangelischen Akademie in Tutzing. Deshalb sagen wir NachDenkSeiten-Macher immer wieder: Wir alle müssen wieder lernen, skeptisch zu sein, wir brauchen wieder kritische Medien. Das ist wesentlich.
Siehe dazu auch den nächsten Hinweis, der wieder einmal ein Beleg für die Doppelstrategie der Union ist: Schulterschluss mit der Wirtschaft auf allen Feldern, zugleich Öffentlichkeitsarbeit zu Gunsten eines sozialen Images.
Und dann auch noch Spiegel Onlines wie immer positives Stimmungsbild zum DeutscheBank-Chef:
Profit und Moral: Ackermanns andere Welt
Josef Ackermann und die Frage von Profit und Moral: Die Evangelische Akademie Tutzing bot eine besonders strittige Kombination von Thema und Redner auf. Der Deutsche-Bank-Chef überraschte mit konziliantem Ton. Doch in der Sache blieb er hart.
Quelle: SpiegelOnline
Kommentar AM: Merkel sei weg vom Neoliberalismus des Leipziger CDU-Parteitages!???? Abwegig. Stattdessen volle Übereinstimmung mit den Wirtschaftsverbänden.
Kommentar AM: Die Aufregung der meisten Politiker ist fadenscheinig. Sie haben an der Privatisierung eines Unternehmens wie der Post und der Telekom kräftig mitgewirkt. Sie nutzen nicht einmal die Macht, die der Bund als Großaktionär hat beziehungsweise haben könnte. Man hat bei der Post, bei der Postbank, bei der Telekom und bei der Bahn die Macht an Zirkel aus der Wirtschaft abgegeben. Und dann ist man empört, wenn diese ihre unkontrollierte Macht ausnutzen und sich gegenseitig Gehälter, Boni, Pensionen und andere Vergütungen zuschieben. Und obendrein mit dem öffentlichen Geld und Vermögen nach Gutsherrenart verfahren. Siehe Mehdorn.
Anmerkung Orlando Pascheit: Ein Missbrauch wurde allerdings nicht erwähnt, der Versuch der Koalition, die Arbeitslosenzahlen mittels Vereinfachung und Ausbau der Kurzarbeit wenigstens bis zu den Wahlen in Grenzen zu halten.
Anmerkung Orlando Pascheit: Dass Schweizer Banken von der Steuerhinterziehung ihrer Kunden im Ausland profitieren, war schon immer bekannt. Dass diese Gelder aber eine solche volkswirtschaftlich signifikante Dimension haben, ist sensationell.
Ergänzung AM: Unter den 2150 Milliarden Schweizer Franken dürften einige Milliarden aus deutschen Quellen stammen. Offenbar weiß oder befürchtet die CDU/CSU, dass darunter eine stattliche Zahl von Sympathisanten der Union sein werden. Deshalb haben sie und ihr neuer Wirtschaftsminister die Bremse gegen den beabsichtigten Vorstoß gegen die Steueroasen gezogen.
Anmerkung Orlando Pascheit: Es ist wenig tröstlich für die vielen deutschen Kommunen, dass auch seriösen Schweizer Gemeinden in die gleiche Falle getappt sind. Einen kleinen Hoffnungsstrahl birgt der mögliche Druck von US-Gerichten auf die Finanzinvestoren, aus den Verträgen auszusteigen.
Anmerkung KR: Eine gute Nachricht, auch wenn nicht bessere Einsicht, sondern Börsenbaisse und mangelnde Führungsqualitäten von Mehdorn die Gründe für die Verschiebung des Bahnverkaufs auf unbestimmte Zeit sind.
Ergänzung AM: Ich traue dem Braten nicht. Das ist wegen des Wahlkampfes so gekommen und um Luft aus dem Wahl-Programmparteitag der SPD herauszunehmen. Hoffentlich bleiben die Initiatoren eines entsprechenden Beschlusses am Ball.
Kommentar AM: Einige unserer Leser fanden diesen Beitrag einen Hinweis wert. Ich bin eher unsicher. Dennoch:
Mit Recht unterstreicht der Autor die verheerende Wirkung der Kommerzialisierung aller Lebensbereiche, auch für die Schulen. Aber ansonsten bleibt er ziemlich unpräzise. So würde man gerne wissen, wann die Schulen in der Vergangenheit so herausragend besser waren. Zu welcher Zeit war das? Zu meiner Schülerzeit nicht. Wenn der Autor meinen würde, die vom 68er-Geist geprägten Lehrerinnen, Lehrer und Schulen seien besser für unsere Kinder gewesen als jene im Geist der neoliberalen Bewegung ausgebildeten und drangsalierten, dann müsste man ihm in der Tendenz recht geben. Die pauschale Behauptung, die heutigen Schulen seien schlechter als die früheren, könnte ich aber nicht nachvollziehen.
Wenn der Autor sagen will, die öffentlichen Schulen seien systematisch ausgehungert worden, die Lehrerinnen und Lehrer seien unnötig mit Tests und Rankings und G8 belastet, sie hätten nicht genügend Zeit für die Schüler, was angesichts der Probleme vieler Schüler und der Heterogenität der Schülerschaft doppelt schlecht ist, dann o.k.
Anmerkung KR: Fragt sich nur, an welche gesellschaftlichen Gruppen Voßkuhle denkt […]
Anmerkung KR: Durchaus interessante Ansichten eines publizistisch Einflussreichen.
Neven DuMont sagt u.a., er sehe sich „seit Jahr und Tag eher dabei zu sagen: Traut Euch! Ich glaube schon, die Zeitungen könnten wieder etwas mutiger sein.“ Warum das bei keiner seiner Zeitungen Wirkung zeigt, bleibt leider ungeklärt.
Kommentar M.S.: Ein nettes Filmchen mit einem netten Ende. Man sollte sich nun noch folgendes in Erinnerung rufen: Osteuropa ist für die EU das Gleiche, wie der Immobilienmarkt für die USA. Und unser Eliten, allen voran Frau Merkel und Herr Steinbrück verweigern sich einem gemeinsamen Vorgehen in dieser Sache – wir steuern auf ein beispielloses Desaster zu!
Ergänzung AM: Ich finde den Film – leider auf Englisch – auch sehr anschaulich. Er enthält allerdings ein kleines Detail gängiger Meinungsmache: Die Senkung der Zinsen durch die FED/Greenspan auf 1% sei mitverantwortlich für die Ausweitung der Hypothekenkredite in den USA. Das wird wie so oft nirgendwo im Film belegt. Man kann sich sogar an Hand der Daten, die benutzt werden, ausrechnen, dass die Spekulation mit Subprime-Hypotheken und CDOs auch möglich gewesen wäre, wenn die Zinsen der FED bei 2%, 3% oder gar 4 % gelegen hätten. Die Scheinprofite über die Verbriefungen waren so hoch, dass es auf diese kleine Zinsdifferenz nicht ankam.
NDS-Leser H.G. Glaser schrieb uns:
Als täglicher Leser der NachDenkSeiten möchte ich Ihnen folgende Information zu dem Thema „Trittin und eine Koalition mit der FDP“ zukommen lassen. Bei abgeordnetenwatch.de habe ich an Herrn Trittin folgende Frage gestellt und eine ausführliche, wenn auch sehr unbefriedigende Antwort erhalten:
Frage vom 12.03.2009:
Sehr geehrter Herr Trittin,
die Grünen – angetreten als eine Öko-und Friedenspartei und nun mutiert zur Befürworterin von Kriegseinsätzen in sogenannten Krisengebieten und Sympathisantin der Atomlobbypartei FDP, möchte ich Sie fragen, warum Sie eine Ampelkoalition mit SPD/FDP/Grüne, einer Rot-rot-grünen-Koalition vorziehen wollen?
Wenn Sie den Atomausstieg und den Mindestlohn fordern und erreichen wollen, glauben Sie ernsthaft, dass dies mit der FDP zu erreichen ist?
Warum wollen Sie über 10 % Wähler der LINKEN boykottieren und ausschließen, einer Partei die wie Ihre aus der Sozialdemokratie erwuchs und die größten Gemeinsamkeiten mit Ihren Zielen und Forderungen hat?
Sollten Sie argumentieren, dass eine Koalition mit den Linken schon deswegen unrealistisch wäre, weil die SPD jegliche Zusammenarbeit mit den LINKEN verweigert, so wäre dies fatal.
Würden nicht viele Wähler zu der Einsicht kommen müssen, dass der Atomausstieg, der Mindestlohn und ein Abzug Deutscher Soldaten aus Afghanistan, nur mit den LINKEN zu verwirklichen ist?Antwort von Jürgen Trittin vom 13.03.2009:
Sehr geehrter Herr Glaser,
sicherlich ist die inhaltliche Nähe zu den Linken viel größer als zur FDP. Mir geht es aber nicht darum, die Frage zu beantworten, mit wem erträume ich mir eine Koalition, sondern welche realistische Koalition ist möglich um eine Große Koalition sowie eine Koalition aus FDP und CDU/CSU zu verhindern. Und da sieht es mit Rot-Rot-Grün schlecht aus:Zehn Jahre nach seinem verantwortungslosen Rücktritt will Lafontaine nicht regieren, sondern Recht haben. Nicht weil sie inhaltlich überzeugt ist , sondern weil man mit einem solchen Programm die Bundesrepublik nicht regieren können, ließ die Parteiführung der PDL ein nationalistisches, antieuropäisches Europaprogramm beschließen, zieht mit der politischen Rechten um Gauweiler gegen den EU-Verfassungsvertrag nach Karlsruhe und schoss alle Reformer von den Listen.
Sie haben dafür ein sehr rationales Motiv. Der Versuch zu regieren, würde ihnen den Laden auseinanderreißen. Schon eine Position, die die Grünen seit 1996 einnehmen (damals in der Opposition), dass Deutschland sich an UN-Blauhelm-Einsätzen beteiligen solle, ist weder in Fraktion noch auf Parteitagen der Linken mehrheitsfähig. Ein Gysi, der so etwas versuchte durchzusetzen, wird erneut grausam scheitern.
In der Tat sollten die Grünen die Lafontaine-Partei nicht als Paria behandeln – aber wir sollten sie auch nicht romantisieren. Sie redet von 8.50 € Mindestlohn und zahlt, wo sie regiert 5.30 €. Sie redet von mehr direkter Demokratie und ist verbal gegen Privatisierungen, würgt aber in Berlin ein Volksbegehren zur Rekommunalisierung der Wasserbetriebe ab. Sie will angeblich die Gewerkschaften und die Arbeitnehmer stärken – aber Berlin ist aus der Tarifgemeinschaft ausgestiegen und bezahlt seine Lehrer so mies, dass sie in Scharen in andere Länder fliehen.
Doch anders als in Berlin – und demnächst im Saarland oder Thüringen – will und kann die Linke im Bund nicht regieren. Und die SPD nicht mit ihr. Die geht eher als Juniorpartner in eine große Koalition, als mit Lafontaine zu reden – und da hilft auch alles bemühte Brückenbauen durch grüne Bewährungshelfer nichts.
Der Unwille und die Unfähigkeit der Linken zu regieren und der Unwille der SPD mit ihr nur zu reden, wird nicht von Dauer sein. Aber er wird sich nicht in den nächsten Monaten auflösen. Für die Bundestagswahl 2009 gibt es keine rot-rot-grüne Option. Egal, wem man dafür in Haftung nimmt. Es so wie es ist. – ob man es bedauert oder froh darüber ist.
Sollen Grüne, weil Lafontaine zur Stärkung des eigenen Ladens das Wahlziel Große Koalition ausgerufen hat, weil die SPD lieber Große Koalition macht, als einer linken Mehrheit zu einer politischen Mehrheit zu verhelfen, uns jetzt resignierend trollen und die Große Koalition akzeptieren?
Rot-Grün-Gelb ist keine schöne Perspektive. Die Erfahrungen mit den Ampel-Koalitionen von Bremen und Brandenburg aus der Mitte der 90er belegen, wie schwierig SPD-Grüne-FDP-Koalitionen sind.
Die FDP steht in den meisten Fragen nicht an unserer Seite, sondern ist Gegner unserer Politik – in der Energiepolitik, in der Sozial- und Wirtschaftspolitik. Da können auch gelegentliche Gemeinsamkeiten in der Europa- und Abrüstungspolitik nicht drüber hinweg täuschen. Betrachtet man die drei Parteien SPD, Grüne und FDP zusammen er gibt sich ein deutlich anders Bild als bei Jamaika.
In Fragen der sozialen Gerechtigkeit und der Atompolitik wie der Erneuerbaren Energien stehen Grüne und SPD der FDP gegenüber, in Fragen der Industriepolitik und der Kohlepolitik haben FDP und SPD mehr gemein, in Fragen des Datenschutz gegenüber dem Staat oder von kleinen Unternehmen dagegen Grüne und FDP, während beim Verbraucherschutz die FDP die Interessen der Wirtschaft gegenüber Grüne und SPD hochhält…
Ich plädiere dafür unter diesen Bedingungen diese sehr schwierige, sehr unbequeme, aber einzig realistische Alternative ernsthaft auszuverhandeln. Wenn eine glaubwürdige Vereinbarung mit grüner Handschrift dabei rauskommt, schließt man ab. Wenn keine Umsetzung grüner Politik möglich ist, akzeptiert man die Niederlage und geht aufrecht in die Opposition.
Mit freundlichen Grüßen
Jürgen Trittin
Hauptadresse: http://www.nachdenkseiten.de/
Artikel-Adresse: http://www.nachdenkseiten.de/?p=3826