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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 12. Mai 2017 um 8:41 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Im Bundestag stärkste Oppositionspartei, bei „Illner-Spezial“ am Katzentisch?
  2. 54 Milliarden Euro Mehreinnahmen: Warum wir jetzt keine große Steuersenkung brauchen
  3. Autobahnprivatisierung: So geht Schweinsgalopp
  4. Rote Rebellen
  5. Minijobs – Fehlsubventionen, von denen die Falschen profitieren
  6. Sparkurs: Siemens streicht knapp 1700 Stellen
  7. Verbot von „Stop-TTIP“ war rechtswidrig: Zwei Jahre zu spät
  8. Türkei: Kurswechsel statt Kuschelkurs
  9. Die Ausreise in Krisen- und Kriegsgebiete ist nie freiwillig
  10. Erfolgreiche Inszenierung
  11. Jeremy Corbyn says Labour manifesto will transform people’s lives
  12. Sehr geehrter AfD-Wähler, ich blockiere Sie nicht!
  13. «Der Schlaf der Vernunft gebiert Ungeheuer»

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Im Bundestag stärkste Oppositionspartei, bei „Illner-Spezial“ am Katzentisch?
    Mit Unverständnis und Verwunderung reagiert der Pressesprecher der Fraktion DIE LINKE, Michael Schlick, auf das Konzept der heutigen „Illner Spezial“-Sendung vor der NRW-Wahl zum bundespolitischen Thema „Innere Sicherheit“, die am Abend ausgestrahlt wird. Es sieht vor, dass die Vertreter von CDU, SPD, FDP und Grünen am großen Tisch über das Thema der Sendung diskutieren. Die Meinung der LINKEN war in dieser Runde nicht erwünscht, ihre Vertreterin sollte stattdessen mit Beatrix von Storch von der AfD in einem zwölfminütigen Streitgespräch zu der Frage diskutieren, ob durch den Zuzug von Migranten und Flüchtlingen Deutschland unsicherer geworden ist.
    Michael Schlick: „Es ist völlig unangemessen, wenn die stärkste Oppositionspartei im Deutschen Bundestag, die im Übrigen auch im Landtag von NRW mit einem Abgeordneten vertreten ist, bei einer Vorwahlsendung zu bundespolitischen Themen nicht in großer Runde mitdiskutieren soll, während die FDP als außerparlamentarische Opposition selbstverständlich in der Runde sitzt. Das hat mit Gleichbehandlung nichts zu tun. DIE LINKE hat unter diesen Bedingungen ihre Teilnahme an der heutigen Illner-Sendung abgesagt. Ob die Große Koalition vor der wichtigen Landtagswahl in NRW inzwischen so nervös ist, dass sie nur mit ihr genehmen Oppositionsparteien diskutieren möchte, oder ob das ZDF die Entscheidung eigenmächtig getroffen hat, wissen wir nicht. Auf jeden Fall ist ein solcher Umgang nicht akzeptabel, und wir hoffen sehr, dass diese Ausgrenzung der LINKEN im Wahljahr ein einmaliger Vorgang bleibt.“
    Quelle: die Linke

    Anmerkung JK: Das ist doch genau der Punkt. Die LINKE müsste die Medienbarriere noch viel offensiver thematisieren. Es ist unseriös und tendenziös die FDP an der “großen” Runde wie selbstverständlich teilnehmen zulassen obwohl diese nicht einmal im Bundestag vertreten ist und die LINKE dazu in eine Ecke mit der AfD zu stellen. Propaganda für die große neoliberale Koalition (SPDCDUFDPGRÜNE) auf Kosten der Gebührenzahler.

    Anmerkung unseres Lesers A.O.: Diese Entscheidung der Partei DIE LINKE kann ich gut nachvollziehen. Die mediale Präsenz der LINKEN wird nach meinem Eindruck vom Mainstream deshalb auf ein Mindestmaß beschränkt, weil die Statements ihrer Vertreter/innen auch mit größter Mühe oft kaum zu widerlegen sind. Was wäre das für eine Demokratie, in der offene und faire Diskurse geführt werden. Das wäre eine funktionierende Demokratie, in Deutschland leider Fehlanzeige.

    dazu: Kein Vertreter der Linken wird am “maybrit illner spezial” teilnehmen
    Es handelt sich am üblichen Tag um ein “maybrit illner spezial”, bei dem man sich beim ersten Blick auch fragen könnte, ob die AfD die Inspirationsquelle für die Angstmache durch die Formulierung des Themas war: “Notruf im Wahljahr – wie sicher ist Deutschland?” Vermutlich wird es heißen, man wird ja wohl mal fragen dürfen.
    Obgleich die Polizeistatistik das nicht hergibt, wird im ZDF AfD-mäßig auf Sensation getrimmt: “Einbrüche, Diebstähle, Gewalt und sexuelle Übergriffe haben in den letzten Jahren rapide zugenommen – die Zahl der ‘nicht deutschen Täter’ wächst deutlich. Die organisierten Diebesbanden kommen dabei meist aus Osteuropa – bei Gewaltkriminalität fallen junge Zuwanderer negativ auf. Kein Wunder also: Das Thema innere Sicherheit wird nicht nur für die kommende Wahl in Nordrhein-Westfalen ein bestimmendes. ”
    Ob eine Zunahme um 0,7 Prozent im letzten Jahr ein “rapides” Wachstum ist, wenn 2015/2016 eine Million Menschen zusätzlich nach Deutschland gekommen sind, mag man schon bezweifeln, zumal man sogar einen Rückgang von 0,7 Prozent konstatieren kann, wenn man ausländerrechtliche Verstöße wie illegale Einreise abzieht. Und würde man noch die Zunahme der Bevölkerung berücksichtigen, würde die Kriminalitätsrate noch weiter sinken. Zwar ist die Gewaltkriminalität um 6,7 Prozent gestiegen, die darin enthaltene sexuelle Gewalt ist sogar um 12,8 Prozent, aber bei Einbrüchen und Diebstählen handelt sich die Darstellung um Fake News: Die Diebstahlskriminalität ist um 4,4 Prozent gefallen, die Straßenkriminalität um 0,9 Prozent und die Zahl der Wohnungseinbrüche gar um 9,5 Prozent. Man kann sich fragen, warum man das wohl bewusst überzeichnet?
    Quelle: Telepolis

    und: Zwischen Arbeiterstrich und Hipstercafé
    Das öffentliche Urteil über den Stadtteil ist längst gefällt, so wirkt es zumindest. Wenn man ihn googelt, erscheint als erster Vorschlag in der Suchmaske “Drogen”, als zweiter “Kriminalität”. Und wenn man die Menschen in Nordrhein-Westfalen fragt, was für sie eigentlich eine “No-Go-Area” ist, eine Gegend, in die man nicht gehen kann, dann sagen viele: die Dortmunder Nordstadt.
    Dafür gibt es mehrere Gründe. Einer geht auf die nordrhein-westfälische CDU zurück. Nachdem Polizeibeamte im Herbst 2016 bei zwei Vorfällen von einer Menschentraube bedrängt worden waren, debattierte der Landtag auf CDU-Antrag über “No-Go-Areas in Dortmund”, die regionalen Medien berichteten groß. Nun ist es der Spitzenkandidat Armin Laschet, der immer wieder die Erzählung von den “No-Go-Areas” aufgreift, auch wenn er dabei nicht explizit die Nordstadt erwähnt. Neben der Kölner Silvesternacht, dem Fall Anis Amri und der Einbruchstatistik bilden die “No-Go-Areas” sein Wahlkampfthema Nummer eins, die innere Sicherheit. Damit will er die Wähler im Westen überzeugen und nach der Landtagswahl am kommenden Sonntag Ministerpräsident werden.
    Der Beweis, dass die Nordstadt keine No-Go-Area im Wortsinn ist, lässt sich vergleichsweise einfach führen. Man muss sich nur eine Nacht lang an die Kreuzung Mallinckrodtstraße/Schleswiger Straße setzen. Hier, vor dem “Internetcafé Europa”, stehen im Neonröhrenlicht dunkelhäutige Männer in Pulks zusammen und beäugen jeden, der vorbeiläuft. Es wird gedealt und auf den Boden gespuckt, in einer Pfütze am Bordstein schwimmen Plastiktüten. Die Kreuzung gilt als die verrufenste Ecke im Stadtteil. Hier also muss man sich hinsetzen, auf seinem Smartphone herumspielen und den Laptop aus dem Rucksack holen. Es passiert: rein gar nichts. […]
    Hier werden Drogen verkauft und konsumiert. Es gibt auch Diebstähle und Schlägereien, und selten gab es auch Schießereien. All das ist schlimm, aber all das gab es auch schon in anderen Großstädten. Ein rechtsfreier Raum ist die Dortmunder Nordstadt nicht. Schon deswegen, weil man in einer einzigen Nacht mehr als ein Dutzend Streifenwagen herumfahren sieht und Polizisten, die auf den Straßen kontrollieren, also Recht durchsetzen. Die Zahl der Straftaten ist in den vergangenen beiden Jahren deutlich gesunken, die Aufklärungsquoten gestiegen.
    Quelle: Süddeutsche

  2. 54 Milliarden Euro Mehreinnahmen: Warum wir jetzt keine große Steuersenkung brauchen
    54 Milliarden Euro Mehreinnahmen erwarten die Steuerschätzer: Davon wollen alle etwas abbekommen. Doch wer jetzt nach großen Steuersenkungen ruft, macht es sich zu einfach. Das Geld lässt sich sinnvoller einsetzen.
    Wenn es um Steuersenkungen geht, hat Deutschland die größte Koalition aller Zeiten: Von der FDP über den Steuerzahlerbund bis hin zu den Gewerkschaften sind sich alle einig: Die Steuern müssen runter. Auch die Regierungsparteien von CDU, CSU und SPD feilen eifrig an Entlastungsversprechen, mit denen sie in den Wahlkampf ziehen können. Und wie immer im Wahlkampf gilt dabei: Keine Forderung ist zu platt, um nicht gestellt zu werden. Wenn die CDU-Mittelstandsvereinigung 30 Milliarden Euro Entlastung pro Jahr fordert, legt die FDP mit bis zu 40 Milliarden Euro nach. Wer fordert mehr? […]
    Dabei gibt es ja durchaus gute Gründe, im deutschen Steuersystem nachzubessern: Dass Singles schon mit einem Jahreseinkommen von 54.000 Euro den Spitzensteuersatz zahlen, ist in der Tat kaum vermittelbar: Nicht nur weil die Belastung mittlerer Einkommen dadurch besonders hoch ist, sondern auch weil der Tarif zwischen 54.000 und 250.000 Euro Jahreseinkommen überhaupt nicht mehr steigt und hohe Einkommen damit vergleichsweise geschont werden. Warum also nicht den Spitzensteuersatz zum Beispiel erst ab 70.000 Euro greifen lassen, ihn dafür aber etwas anheben? So würden mittlere Einkommen ein bisschen entlastet und höhere ein bisschen mehr belastet. […]
    Auch die Infrastruktur müsste dringend überholt werden. Viele Straßen und Brücken in Deutschland sind marode. Seit Jahren wird dafür immer weniger ausgegeben. Bei der Versorgung mit schnellen Internetanschlüssen sind wir Entwicklungsland. Und wer schon mal eine deutsche Schultoilette besucht hat, der weiß, dass es dort – vorsichtig formuliert – durchaus noch gewissen Spielraum für Verbesserungen gibt. Nun kommt gemeinhin der Einwand, dass für solche Vorhaben ja schon jetzt Geld da sei, das aber wegen Kapazitätsengpässen und Zuständigkeitswirrwarr in den Bauverwaltungen nicht genutzt werde. Dieses Unvermögen von Politik und Verwaltung ist aber kein überzeugendes Argument dafür, die öffentliche Infrastruktur verkommen zu lassen und stattdessen das Geld lieber im Gießkannenprinzip an die Bürger zu verteilen.
    Quelle: Spiegel Online

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Ich staune. Abgesehen von der Lieblingsidee der Schwäbischen Hausfrau (Abbau der Staatsverschuldung) lauter vernünftige Forderungen: mehr Geld für die Infrastruktur und für kostenlose Kinderbetreuung, höherer Spitzensteuersatz für hohe Einkommen, keine flächendeckenden Steuersenkungen… Und das im neoliberalen SPIEGEL!

  3. Autobahnprivatisierung: So geht Schweinsgalopp
    Am Freitag, den 19. Mai 2017 soll der Bundestag über ein Paket von 13 Grundgesetzänderungen abstimmen. […] Seit zweieinhalb Jahren bereitet die Regierung die Autobahnprivatisierung vor. Seit einem Jahr ist der Entwurf für die zugehörige Grundgesetzänderung dazu fertig, seit fünf Monaten liegt er dem Bundestag vor. In dieser ganzen Zeit hat niemand aus der großen Koalition im Bundestag auch nur einen einzigen Antrag gestellt, der dem etwas entgegensetzt. In einer Woche – am 19. Mai – soll über die entsprechende Grundgesetzänderung abgestimmt werden. Wie es aussieht, wird die unter Druck geratene SPD noch kurz vor knapp einen Änderungsantrag einreichen, um dann behaupten zu können: „Damit ist jede Privatisierung ausgeschlossen.“ Aber reichen diese Änderungen denn …
    Quelle: Gemeingut in BürgerInnenhand

    dazu: Die Karte des Schreckens
    Müssen Autofahrer bald Maut pro Kilometer zahlen? Erste Berechnungen zeigen, was das kosten könnte. Wenn das Grundgesetz geändert wird, sollte man eigentlich wissen, wofür. Im Fall des Artikels 90, der noch diesen Sommer umgeschrieben werden soll, herrscht aber vor allem Verwirrung. Bisher legt er fest, dass die Autobahnen Eigentum des Bundes sind und von den Ländern verwaltet werden. Künftig, so viel ist immerhin klar, sollen sie einem Unternehmen gehören.
    Die Verwirrung beginnt bei der Frage, ob das nun eine Privatisierung ist. Nein, sagt die Bundesregierung, schließlich solle diese neue Autobahngesellschaft vollständig im Besitz des Staats bleiben. Aber ja, sagen Opposition, Verkehrswissenschaftler und Juristen. Die Autobahngesellschaft ermögliche eine Privatisierung durch die Hintertür. Schließlich könnten sich Unternehmen stärker als bisher am Geschäft mit den Autobahnen beteiligen. Möglich wäre etwa ein Modell wie in Frankreich, wo drei Konzerne die Autobahnen betreiben und prächtig daran verdienen. Dem Staat gehören sie nur noch auf dem Papier.
    Quelle: Zeit Online

    dazu auch: Es bleibt eine Privatisierung
    Kommende Woche entscheidet sich die Zukunft der deutschen Autobahnen. Stoppt die SPD den Zugriff privaten Kapitals auf das Netz? Es sieht nicht danach aus
    Noch laufen die Verhandlungen hinter geschlossenen Türen. Noch halten Bundesfinanz- und Bundesverkehrsministerium an ihren Plänen für die Privatisierung deutscher Autbahnen fest. Aber noch ist ja auch diese Erzählung in der Welt: Die wackeren Sozialdemokraten werden die Privatisierung verhindern! Vielleicht wird sich diese Erzählung sogar über den 19. Mai hinaus halten – jenen Tag, an dem der Bundestag über die Änderung des Grundgesetzes in mehr als einem Dutzend Artikeln entscheiden soll. Die Zukunft des 12.949 Kilometer langen Autobahnnetzes ist dabei mit einem “Reformpaket” verflochten, in dessen Zentrum die Neuregelung des Bund-Länder-Finanzausgleichs steht und das die Große Koalition in Gänze nicht scheitern lassen wird.
    Mitglieder der SPD-Fraktion arbeiten deshalb fieberhaft an einem Änderungsantrag, der die Autobahnen, wie geplant, aus der Hoheit der Länder in die des Bundes bringen, dabei eine Privatisierung aber ausschließen soll – ohne das große Ganze, die “größte” und “komplizierteste” Reform der laufenden Legislaturperiode, zu riskieren. Einen Entwurf für diesen Änderungsantrag hat die Berliner Zeitung veröffentlicht. Schon dessen erster Absatz verdeutlicht: selbst, wenn der Entwurf zum parlamentarischen Beschluss würde, ist und bleibt das Vorhaben eine Privatisierung.
    Quelle: der Freitag

  4. Rote Rebellen
    Am Rande Europas tut sich Wundersames: Die portugiesische Linksregierung düpiert den neoliberalen Mainstream, macht in den Augen sparwütiger Liberalisierer alles falsch und liefert eine positive Nachricht nach der anderen. Da könnte sich Emmanuel Macron gleich mal eine Scheibe abschneiden.
    An Medizinmännern ist kein Mangel. Europa stehe am Scheideweg, schreien die einen und verlangen unentwegt nach weniger Staat. Andere, noch gefährlicher, schüren Ängste und predigen Abschottung. Dritte, in Frankreich immerhin rund vier Millionen Wähler und Wählerinnen, begehren auf mit ungültigen Stimmzetteln. “Wir können die Globalisierung nicht abschaffen, wir müssen sie zähmen”, sagt ein Anhänger der Bewegung “Vote Blanc” bei einer der zahllosen Straßenumfrage in Paris, wo 90 Prozent der Wähler und Wählerinnen für den Ex-Banker Macron gestimmt haben.
    Wer zähmt hier wen? Im Praxistest zu betrachten sind in Europa derzeit zwei Extremvarianten. Die eine, in Griechenland, sorgt regelmäßig für Schlagzeilen: Immer neue Sparrunden führen zu immer neuen Problemen, sinnlose Privatisierungen machen den Staat noch ärmer als er ohnehin schon ist. In diesen Tagen muss Premier Alexis Tsipras unter vielem anderen die 23. Rentenkürzung durchsetzen, und in den Schulen soll das kostenlose Mittagessen gestrichen werden. Das Land befinde sich in einer “demütigenden Vormundschaft”, sagt der Sozialist. Und die Geldgeber spielen mit dem Feuer, wenn sie auf baldige Neuwahlen und einen Machtwechsel hoffen – in einem Land, in dem Rechtsnationalisten großen Zuspruch haben und 60 Prozent der Menschen unter 30 finden, die EU nehme zu großen Einfluss auf die griechische Politik.
    Den Gegenentwurf liefert Portugal, und der ist so erfolgreich, dass die bürgerlichen Kassandrarufer erst einmal Abbitte leisten und zurückrudern müssten.
    Quelle: Kontext: Wochenzeitung
  5. Minijobs – Fehlsubventionen, von denen die Falschen profitieren
    Mit der rechtlichen Möglichkeit der Pauschalbesteuerung sind die Verdienste der Minijobber steuerfrei gestellt, was einer staatlichen Subventionierung der geringfügigen Beschäftigung gleichkommt. Doch die damit intendierten Effekte werden nicht erreicht. Auch kommen die Subventionen Beschäftigtengruppen zugute, denen sie nicht zugedacht waren. Eine grundlegende Revision der Minijobregelungen ist daher überfällig.
    Geringfügig entlohnte Beschäftigungsverhältnisse, umgangssprachlich Minijobs genannt, haben sich lang schon als „alternative“ Beschäftigungsform am Arbeitsmarkt etabliert. Seit vielen Jahren bereits liegt die Gesamtzahl der ausschließlich oder im Nebenjob geringfügig Beschäftigten bei weit über sieben Millionen. Und während die Zahl der ausschließlich im Minijob Beschäftigten nach Einführung des gesetzlichen Mindestlohns im Januar 2015 unter die Fünf-Millionen-Marke gerutscht ist (mit weiter abnehmender Tendenz), setzt sich die Zunahme der geringfügigen Beschäftigung im Nebenjob ungebrochen fort. Ende September 2016 zählte die Bundesagentur für Arbeit in diesem Segment fast 2,76 Millionen Beschäftigte.
    Quelle: annotazioni
  6. Sparkurs: Siemens streicht knapp 1700 Stellen
    Einzelne Sparten bereiten dem Siemens-Konzern immer noch Sorgen. Vorstandschef Joe Kaeser will große Probleme gar nicht erst entstehen lassen. Und reagiert deshalb mit Stellenstreichungen.
    Von Krise redete keiner in München. Aber man will auf jeden Fall vermeiden, dass es dazu kommt. Deshalb treibt Siemens seine Neuausrichtung mit unverminderter Energie voran. Leidtragende sind deutschlandweit knapp 1700 Mitarbeiter, deren Jobs in den kommenden Jahren gestrichen, ver- oder ausgelagert werden. Betroffen seien die interne Unternehmens-IT – wo es dem Vernehmen nach allein um 1350 Jobs geht – die digitale Fabrik und die Zugsparte, teilte das Unternehmen Chart zeigen am Donnerstag mit. Auch die Zahl der Ausbildungsplätze werde reduziert.
    Mit den Maßnahmen reagiert das Unternehmen auf Probleme in einzelnen Geschäftsbereichen wie der Zugsparte. In anderen Sparten soll die Fertigung optimiert werden. Auch in der Ausbildung, die bisher auf 33 Standorte verteilt ist, kommt es zu Einschnitten.
    Die Maßnahmen verteilen sich auf mehrere Standorte. In der zur digitalen Fabrik gehörenden Sparte in Fürth sind rund 450 Jobs betroffen und in der Zugsparte in Krefeld weitere rund 300.
    Siemens hatte erst in der vergangenen Woche Quartalszahlen vorgelegt, die besser ausgefallen waren, als auch von vielen Analysten erwartet.
    Quelle: Spiegel Online

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Angesichts der ohne Ende “boomenden” deutschen Wirtschaft vielleicht ein bisschen gegen den Trend, aber warum nicht, wenn Siemens den hohen Gewinn noch steigern kann? Im Übrigen sind 1.700 zusätzliche Arbeitskräfte aus dem technischen Bereich nicht “Leidtragende”, wie der SPIEGEL weint, sondern hochwillkommen angesichts des Rekord-MINT-Fachkräftemangels. Sicher, wenn “237.500 MINT-Arbeitskräfte fehlen”, sind 1.700 auch nur ein Tropfen auf dem heißen Stein; andererseits kann Siemens eventuell noch für Nachschub sorgen. Die anderen Firmen werden sich freuen. […]

    dazu: So will sich Adidas verschlanken
    Um profitabler zu werden, konzentriert sich Adidas auf sein Kerngeschäft mit Sportartikeln. Nach dem jüngsten Abschluss der Käufersuche für die schwächelnde Golfsparte strebt das fränkische Unternehmen eine Trennung von der Eishockeymarke CCM an. Es gebe bereits verschiedene Interessenten, doch stehe der Verkaufsprozess noch am Anfang, sagte Konzernchef Kasper Rorsted am Donnerstag auf der Hauptversammlung in Fürth. Ziel sei es, sich auf die Hauptmarken Adidas und Reebok zu konzentrieren.
    Das Kerngeschäft hatte Adidas zuletzt Rekordzahlen beschert. 2016 legte der Umsatz um 14 Prozent auf 19,3 Milliarden Euro zu. Dies sei der höchste Wert in der Firmengeschichte, sagte Rorsted. Der Nettogewinn stieg um 41 Prozent auf 1,02 Milliarden Euro – und knackte damit erstmals die Milliardenmarke bei Adidas. Treiber waren vor allem Sportprodukte und Artikel aus dem Lifestyle-Bereich.
    Adidas will den Umsatz der Sparten Schuhe und Bekleidung steigern, zugleich weniger dynamisch wachsende Sparten abstoßen. Dazu gehören die Golfmarken TaylorMade, Adams Golf und Ashworth, für die der Finaninvestor KPS Capital Partners insgesamt 425 Millionen Dollar (rund 390 Millionen Euro) zahlt. Der Deal soll noch im laufenden Jahr abgeschlossen werden, kündigte Rorsted an.
    Mit Blick auf die Jahresziele für die fortgeführten Geschäftsbereiche sieht sich der Konzern weiterhin auf Kurs. Der Gewinn soll auf 1,2 bis 1,225 Milliarden Euro steigen, sagte der Konzernchef.
    Quelle: Nordbayern

  7. Verbot von „Stop-TTIP“ war rechtswidrig: Zwei Jahre zu spät
    Nach dem Urteil fordern Aktivisten eine Reform der Europäischen Bürgerinitiative. Doch die EU-Kommission drückt sich. Die EU-Kommission sieht keinen Grund, sich für ihr rechtswidriges Verbot der Stop-TTIP-Initiative zu entschuldigen. Man habe die Organisatoren bereits getroffen und Verhandlungen über Freihandels-Abkommen wie TTIP und Ceta transparenter gemacht, hieß es auf Nachfrage. […]
    Man habe bereits am 11. April eine Reform der EBI eingeleitet, eine öffentliche Anhörung folge, sagte ein Kommissionssprecher der taz. Zudem praktiziere Brüssel bereits mehr Transparenz beim Freihandel. Für TTIP kommt dies jedoch zwei Jahre zu spät. Die Kritiker sind daher nicht mit vagen Zugeständnissen zufrieden. Für Ernst-Christoph Stolper vom BUND ist klar: „Europäische Bürgerinitiativen müssen von nun an auch in Fragen der EU-Handelspolitik zugelassen werden.“ Doch darauf hat sich Brüssel bisher nicht festgelegt. Man spielt weiter auf Zeit.
    Quelle: Eric Bonse in der taz
  8. Türkei: Kurswechsel statt Kuschelkurs
    Mit dem Referendum vom 16. April hat Staatschef Recep Tayyip Erdogan seinem Putsch gegen die türkische Verfassung zum Sieg verholfen. Die Volksabstimmung über die Einführung einer Präsidialdiktatur endete nach offiziellen Angaben mit einem knappen Vorsprung des Ja-Lagers aus islamistischer AKP und rechtsextremer MHP: 51,4 Prozent haben für eine entsprechende gesetzliche Regelung gestimmt. Das »Hayir«-Lager, angeführt von der sozialdemokratischen CHP und der prokurdischen HDP konnte 48,6 Prozent hinter sich bringen. Das Kopf-an-Kopf-Rennen in der Türkei ist beachtlich, waren die Wahlen doch weder frei noch fair: Mehrere Tausend HDP-Politiker sind in den vergangenen Monaten mit konstruierten Terrorvorwürfen inhaftiert worden, darunter die Vorsitzenden Selahattin Demirtaş und Figen Yüksekdag. Mehr als 150 Journalisten sitzen im Gefängnis, kritische Zeitungen, Fernseh- und Radiostationen mussten schließen. Während Erdogan und seine regierende AKP stundenlang auf allen Fernsehkanälen warben, mehr Autokratie zu wagen, wurden Demokraten auf den Straßen selbst beim Flyer-Verteilen verprügelt.
    Kritik der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) am ungleichen Wahlkampf und Hinweise auf Unregelmäßigkeiten bei der Abstimmung haben der Autokrat in Ankara und seine regierende AKP rigoros vom Tisch gewischt. Anträge von CHP und HDP, die Volksabstimmung wegen massiver Manipulationen für ungültig erklären zu lassen, wurden von der – AKP-dominierten – Wahlkommission abgelehnt. Proteste werden von der Polizei niedergeknüppelt, weitere Oppositionelle demonstrativ verhaftet.
    Und was macht die Bundesregierung? Die hält weiter tapfer zu ihrem Premiumpartner Erdogan. Kanzlerin Angela Merkel phantasiert von einem »harten Wahlkampf«, ihr Vize, Bundesaußenminister Sigmar Gabriel, ruft zu Ruhe und Gelassenheit auf, während am Bosporus Tausende auf den Straßen gegen Erdogans Coup demonstrieren. Und als Krönung drückt die schwarz-rote Bundesregierung die Erwartung aus, dass Erdogan nach dem Referendum »einen respektvollen Dialog mit allen politischen und gesellschaftlichen Kräften des Landes sucht«. Diese Verhöhnung der drangsalierten Demokratinnen und Demokraten in der Türkei ist schwerlich zu überbieten.
    Quelle: Ossietzky
  9. Die Ausreise in Krisen- und Kriegsgebiete ist nie freiwillig
    „Es ist nicht überraschend, dass sich immer weniger Flüchtlinge aus Krisen- bzw. Kriegsgebieten wie Afghanistan und Irak ihre Rechte auf ein Asylverfahren gegen billige Geldangebote nehmen lassen. Die Sicherheitslage in diesen Ländern wird immer schlimmer und bedeutet vielfach Gefahr für Leib und Leben“, erklärt Sevim Dagdelen, Beauftragte der Fraktion DIE LINKE für Migration und Integration, anlässlich der heute veröffentlichten Zahlen zu „freiwilligen Rückkehrern“. Dagdelen weiter:
    „Es ist zynisch, Geflüchtete mit Geld dazu bringen zu wollen, ihren Asylantrag zurückzunehmen und auf Rechtsmittel zu verzichten, um sie in Krisen- und Kriegsgebiete zurückzuschicken. In ihren Herkunftsländern herrschen Perspektivlosigkeit und Lebensgefahr, auch durch die militärischen Abenteuer der Bundeswehr wie in Afghanistan oder durch die Waffenexporte in alle Welt seitens der Bundesregierung.
    Die Bundesregierung sollte anfangen, ihre mörderische Außenwirtschaftspolitik zu beenden, statt sich zu wundern, wieso Flüchtlinge nicht in Kriegs- und Krisengebiete zurückwollen.“
    Quelle: Die Linke. im Bundestag
  10. Erfolgreiche Inszenierung
    Venezuelas Opposition setzt auf die Macht der Bilder. Auch deutsche Medien unterstützen sie dabei
    Am 5. Mai berichtete der lateinamerikanische Fernsehsender Telesur, dass die Partei des brasilianischen Staatschefs Michel Temer im Parlament einen Antrag eingebracht habe, die für das nächste Jahr vorgesehenen Präsidentschaftswahlen auf 2020 zu verschieben. Die Begründung dafür lautet, man wolle per Verfassungsänderung die Wahlen zum Staatsoberhaupt und zu den Gouverneuren zusammenlegen.
    Keinem der deutschen Leitmedien war diese Information eine Meldung wert. Auch dpa und AFP, die beiden in Deutschland führenden Presseagenturen, interessierten sich für diese Nachricht nicht, obwohl es sich bei Brasilien immerhin um ein G-20-Mitglied handelt. Die Tatsache, dass Temer nicht demokratisch gewählt wurde, sondern vor einem Jahr durch einen institutionellen Putsch gegen Präsidentin Dilma Rousseff in sein Amt kam, wird von den meisten Medien ohnehin unterschlagen.
    Wäre Venezuelas Präsident Nicolás Maduro – der im Gegensatz zu Temer demokratisch gewählt ist – auf einen solchen Einfall gekommen, wäre das wohl anders gewesen. Denn Venezuela prägt die internationale Berichterstattung.
    Quelle: junge Welt
  11. Jeremy Corbyn says Labour manifesto will transform people’s lives
    Jeremy Corbyn has pledged Labour’s election manifesto would “transform the lives” of many Britons , after the radical blueprint was adopted by the party at a fractious meeting. After four hours of talks in central London, involving both the shadow cabinet and Labour’s governing national executive committee, the Labour leader emerged, to announce that his colleagues had “just unanimously agreed the contents” of a manifesto whose contents had already been largely leaked.
    The document, widely regarded as Labour’s most leftwing programme for government since Michael Foot’s 1983 manifesto, contains promises to abolish university tuition fees, boost infrastructure investment, renationalise the railways and increase the minimum wage to £10 an hour.
    Quelle: The Guardian

    dazu: General election: IFS says Labour plans amount to biggest state intervention in economy for decades – as it happened
    All the day’s politics action, as Labour faces scrutiny over draft pledges to nationalise rail and mail, renew Trident and reject ‘no deal’ Brexit
    Quelle: The Guardian

    dazu auch: Mit Labour zurück in die 70-er Jahre
    Das Wahlprogramm der britischen Labour-Partei ist durchgesickert: Es enthält eine Liste radikaler Ideen, die so links ausfallen wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Kritiker sprechen von einem teuren Wünsch-Dir-Was-Programm.
    Die Ideen sind radikal, und sie füllen ganze 43 Seiten. Es geht darin um die Verstaatlichung der Bahn und der Post, um eine Obergrenze für Mieterhöhungen und mehr Rechte für Gewerkschaften. Unternehmensabgaben sollen erhöht werden, ebenso wie Einkommenssteuern für Besserverdiener – während der Großteil der Arbeiter keine Steuererhöhung fürchten muss. Konzerne mit vielen Mitarbeitern mit vergleichsweise hoher Vergütung sollen eine Art Strafabgabe leisten. Unternehmen, die als wichtig angesehen werden, sollen vor feindlichen Übernahmen geschützt werden.
    Das geht aus dem Programm der britischen Labour-Partei für die Parlamentswahl im Juni hervor, das die Zeitungen „Daily Mirror“ und „Daily Telegraph“ vorab veröffentlich haben. Labour-Chef Jeremy Corbyn wolle Großbritannien damit zurück in die 70-er Jahre führen, schreibt der „Telegraph“ in seiner Donnerstagsausgabe. Die 70-er Jahre stehen für eine Zeit auf der Insel, in der der Staatseinfluss sehr hoch ausfiel – bevor Margaret Thatcher Premierministerin wurde und das Land, das als „kranker Mann Europas“ galt, mit ihrem Reformprogramm durchschüttelte.
    Quelle: Handelsblatt

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Sicher, gemessen am heutigen Mainstream, für die extrem konservativen Zeitungen “Daily Terror” und den “Torygraph” sind diese Ideen radikal – aber in den 1970er Jahren waren Post und Bahn noch staatlich, die Mieten ziviler, die Gewerkschaften stärker und die Unternehmenssteuern und Spitzensteuersätze höher. Das Faszinierende daran: zumindest in Deutschland (für Großbritannien kann ich nicht mitreden, aber wahrscheinlich ähnlich) ging es besser als heute, und auch die Wirtschaft hat viel besser funktioniert. Dass insbesondere die Bahn verstaatlicht und die Post als natürliches Monopol viel besser in staatliche Obhut gehört, ist offensichtlich für jeden, der die Schäden und Verschlechterungen durch die Bahnprivatisierung und die unterirdischen Löhne und Arbeitsbedingungen im Postbereich ablehnt. Im heutigen Klima werden solche völlig normalen Vorstellungen als halbverrückt diskreditiert, so sehr sind die Gehirne verdreht. “Teure[…] Wünsch-Dir-Was-Programm[e]” gibt es selbstverständlich nur für die eingebildeten Eliten, die Superreichen und die Großunternehmen, aber doch nicht für die Masse des Wahlvolks… Selbst wenn Labour mit diesem Wahlprogramm nicht durchdringen sollte: welche Wahlalternative würden die Partei denn bieten mit einer Botschaft wie, “wir sind nicht ganz so schlimm wie die Tories”? Und wenn eine Partei “Labour” oder “Arbeiterpartei” heißt, welche Interessen sollte sie dann vertreten?

  12. Sehr geehrter AfD-Wähler, ich blockiere Sie nicht!
    Man muss nun wirklich nicht zimperlich umgehen mit Leuten, die Schauermärchen über Flüchtlinge verbreiten. Den einen oder anderen kann man wohl auch wirklich aus Gründen des Selbstschutzes blockieren. Aber Säuberungswellen zur Reinhaltung der Bubble, die sollte man tunlichst unterlassen. Sie sind Ausdruck eines zutiefst undemokratischen Geistes und nähren ein völlig falsches Gefühl von Diskussionskultur. Sicher lohnt es sich auch, wenn man mit Gleichgesinnten diskutiert. Aber man sollte sich immer auch anhören, was die andere Seite denkt. Das was da dann kommt, das kann man ablehnen, bekämpfen oder sogar beschimpfen. Aber besser man fetzt sich mit Andersdenkenden, als dass man so tut, als gäbe es sie gar nicht.
    Sehr geehrter AfD-Wähler, in diesem Sinne habe ich mich entschlossen, Sie künftig nicht gleich zu blockieren. Ich muss Sie ertragen. Lernen Sie auch gleich mal mich zu ertragen. Was Sie sagen, lehne ich ab – aber ich höre es mir an. In diesen Momenten werde ich mich nach der Blase sehnen. Aber der öffentliche Raum – und Facebook stellt eben, auch wenn es sich im eigenen Wohnzimmer abspielt, öffentlichen Raum dar – ist nun mal kein Zuckerschlecken.
    Quelle: Heppenheimer Hiob
  13. «Der Schlaf der Vernunft gebiert Ungeheuer»
    Feindbild Russland – jeden Tag
    Der 10. Mai 2017 wird später einmal nicht in den Geschichtsbüchern stehen. Trotzdem ist auch dieser Tag so symptomatisch wie fast jeder Tag der veröffentlichten Meinung in unseren US-geprägten Ländern: Das Feindbild Russland muss immer wieder erneuert und vertieft werden. Jeglicher zarte Versuch, dabei nicht mitzumachen, erhält das Verdammungsurteil. Was ist passiert am 10. Mai 2017? Der US-amerikanische Präsident Donald Trump hat den Chef des FBI entlassen. Sofort macht die Meldung die Runde, dies sei geschehen, um die Ermittlungen gegen den Präsidenten und dessen Wahlkampfteam zu behindern. Ermittelt werden soll, ob die russische Regierung die Präsidentenwahlen im November 2016 beeinflusst hat und ob dies in Absprache mit Trump und dessen Team geschehen ist.
    Schon dem Ermittlungsauftrag selbst hängt etwas Kafkaeskes an. Literaturkenner müssen an Kafkas Roman «Der Process» denken: «Jemand musste Josef K. verleumdet haben, denn ohne dass er etwas Böses getan hätte, wurde er eines Morgens verhaftet …»
    Aber man mag es kaum glauben: Das Kafkaeske der US-amerikanischen Ermittlungen wird noch überboten durch ein Interview des CDU-Abgeordneten Jürgen Hardt, der zugleich der deutsche «Koordinator für die transatlantische Zusammenarbeit» ist. Auch er nahm im Deutschlandfunk (10. Mai) zur Entlassung des FBI-Chefs Stellung und forderte den US-Präsidenten auf, bei seinen Begegnungen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin beim kommenden G20-Gipfel in Hamburg der Linie der anderen Nato-Regierungen, insbesondere der deutschen, zu folgen und klare Kante gegen Russland zu zeigen; denn nur so könne er beweisen, dass an den Vorwürfen gegen ihn nichts dran sei. Sprich: Sollte es der US-Präsident wagen, dem russischen Präsidenten ein Signal der Entspannung zu senden, dann wäre laut Hardt bewiesen, dass Trump Dreck am Stecken hat.
    Quelle: Seniora


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