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Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:
- So will die Koalition die Autohersteller reinwaschen
- Sie wächst und wächst, “die” Beschäftigung. Aber welche eigentlich? Eine Dekomposition der Erwerbstätigenzahlen
- Mall of Shame: Ausbeutung bleibt legal
- Gerechtigkeit: Schulz und Nahles wollen Rückkehr zur Parität im Gesundheitssystem
- Fairness und Ungleichheit
- Wie müsste eine gerechte und nachhaltige Globalisierung aussehen?
- Integration als Spießrutenlauf
- Einmal Banker, immer Banker?
- Nach Brexit & Trump: EUropas Neuer Weltmachtanlauf
- Südkorea würde schrecklich leiden
- Wer sind die Kriegstreiber? Die US-Wahl und deutsche Begehrlichkeiten
- Russland: Aktuelle innenpolitische Entwicklungen
- Die Tagesschau und ihre „Faktenfinder“
- Zu guter Letzt: Also doch: Martin Schulz hat einen progressiven Hintergrund – zumindest am 1.Mai in Aachen
Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
- So will die Koalition die Autohersteller reinwaschen
Die Große Koalition will nach SPIEGEL-Informationen im Abschlussbericht zum Abgasskandal alle entlasten: Hersteller, Aufsichtsbehörden und vor allem sich selbst. Sogar die Gesundheitsgefahr durch Stickoxide wird relativiert. […]
In den Zeilen findet sich kein Funken Selbstkritik, nirgends. Ganz im Gegenteil: Deutsche Behörden und Ministerien seien in Sachen Abgasemissionen gar treibende Kraft auf europäischer Ebene gewesen. Die deutsche Autolobby hätte sich kaum einen gründlicheren Persilschein zusammenschreiben können.
Dass die zahlreichen vorliegenden Hinweise auf Manipulationen und teils grotesk überhöhte Emissionen im realen Fahrbetrieb für US-Behörden ausreichten, um VW zum Geständnis zu zwingen, taucht sicherheitshalber in dem vorliegenden Berichtsentwurf deshalb gar nicht auf. Die US-Umweltbehörde EPA wird mit keinem Wort erwähnt.
Aus Sicht der Großen Koalition gibt es neben VW eigentlich nur einen Hauptschuldigen – nämlich die EU. Deren bisheriger Abgas-Prüfzyklus (NEFZ) sei zu lasch gewesen – ein Befund, den niemand bestreiten wird, der aber auch sehr bequem ist – denn die Nachfolger sind längst beschlossene Sache. […]
Geradezu verwegen ist auch jene Passage des Berichts, in dem die Autoren über die Gesundheitsgefährdung durch Stickoxide für die Bevölkerung urteilen. Da findet sich der bemerkenswerte Satz, es gäbe keine gesicherte “Wirkbeziehung” zwischen Stickoxidemissionen und Erkrankungen oder Erhöhung der Sterblichkeit” – ein Widerspruch zu den Aussagen der Europäischen Umweltbehörde, die genau diesen Zusammenhang herstellt.
Die Regierungskoalition befindet: “In Deutschland bestehen keine toxikologisch bedenklichen NO2-Werte in öffentlich zugänglichen Bereichen.” Wäre das tatsächlich so, gäbe es sicher keine Debatte um Einfahrverbote in Innenstädte bei Stickoxid-Grenzwertüberschreitungen, so wie sie Gerichte und selbst das SPD-geführte Bundesumweltministerium fordern.
Quelle: Spiegel Online
dazu: “Dieses Dokument der Koalition ist eine Lachnummer”
Die Opposition ist empört: Der Abschlussbericht des Untersuchungsausschusses zum Diesel-Skandal entlastet Hersteller, Aufsichtsbehörden und die Große Koalition. Dem Verkehrsministerium sei kein Vorwurf zu machen, heißt es in dem Papier, von dem knapp hundert Seiten vorab in Umlauf gekommen sind.
Quelle: Deutschlandfunk
dazu noch einmal Die Anstalt
- Dieselgate I: Worin liegen eigentlich die Hauptgründe der Feinstaubbelastung und war der Abgasskandal von VW ein Ausnahmefall?
Quelle: ZDF Mediathek
- Dieselgate II: “Was nicht passt, wird …”
Nach dem Abgasskandal werden Politik und Automobilbranche in Zukunft einiges ändern und anpassen. Ob die Luft durch diese Änderungen besser wird, klären die Protagonisten der “Anstalt”.
Quelle: ZDF Mediathek
- Sie wächst und wächst, “die” Beschäftigung. Aber welche eigentlich? Eine Dekomposition der Erwerbstätigenzahlen
Kurz und knapp ist die Überschrift der Pressemitteilung der Bundesagentur für Arbeit (BA) anlässlich der Bekanntgabe der Arbeitsmarktzahlen für den April 2017: “Gute Entwicklung setzt sich fort”. Die Zahl der arbeitslosen Menschen hat von März auf April um 93.000 auf 2.569.000 abgenommen. Es soll an dieser Stelle gar nicht auf die Zahl 2,6 Mio. Arbeitslose genauer eingegangen werden, liegt die “wahre” Zahl der Arbeitslosen – wie schon in vielen früheren Beiträgen immer wieder hervorgehoben – doch tatsächlich mindestens um eine Million höher, also bei 3,6 Mio., ausweislich der Angaben der BA zur “Unterbeschäftigung”: »Insgesamt belief sich die Unterbeschäftigung im April 2017 auf 3.603.000 Personen.«
Hier soll es um einen anderen Aspekt gehen: »Erwerbstätigkeit und sozialversicherungspflichtige Beschäftigung haben im Vergleich zum Vorjahr weiter kräftig zugenommen.« Und das Statistische Bundesamt hat die frohe Botschaft aus Nürnberg schon einen Tag zuvor mit dieser Ansage unterstrichen: März 2017: Erwerbstätigkeit mit stabilem Aufwärtstrend: » Im März 2017 waren nach vorläufigen Berechnungen des Statistischen Bundesamtes (Destatis) rund 43,8 Millionen Personen mit Wohnort in Deutschland erwerbstätig. Gegenüber März 2016 nahm die Zahl der Erwerbstätigen um 641.000 Personen oder 1,5 % zu.« Die Abbildung am Anfang der Beitrags visualisiert die positive Entwicklung der Beschäftigtenzahlen des Statistischen Bundesamt – offensichtlich schreitet das deutsche “Jobwunder” voran.
Nun haben solche Zahlen die Folge, dass sie zumeist unvollständig interpretiert und unters Volks gebracht werden. Dann kommen solche Meldungen dabei raus: Immer mehr Menschen haben Arbeit: »Im März sind 43,8 Millionen Menschen in Deutschland einer bezahlten Arbeit nachgegangen. Das hat das Statistische Bundesamt ausgerechnet.« Das ist nun nicht falsch, das kann man der erwähnten Pressemitteilung der Bundesstatistiker durchaus entnehmen, aber es kann problematisch werden, wenn man bedenkt, wie diese formal richtige Botschaft bei vielen Menschen ankommt, also wie die die Zahlen interpretieren. Denn zahlreiche Bürger haben – zumeist unbewusst – eine ganz bestimmte Vorstellung davon, was es heißt, einen Job zu haben oder wenn sie hören/lesen, von Januar 2014 bis zum März 2016 wurden (saisonbereinigt) 1,5 Mio. neue Arbeitsplätze geschaffen, was auch einige aus den Zahlen des Statistischen Bundesamtes abgeleitet haben.
Da denken viele Menschen irgendwie an “normale Jobs”, also eine Vollzeitbeschäftigung als Arbeitnehmer in einem Unternehmen. Die gibt es natürlich auch, aber sie sind nur eine Teilmenge dessen, was unter dem Oberbegriff “Erwerbstätige” gezählt wird.
Quelle: Aktuelle Sozialpolitik
Anmerkung Christian Reimann: Bitte lesen Sie dazu auch Der Schein am Arbeitsmarkt trügt.
- Mall of Shame: Ausbeutung bleibt legal
Die Klage eines um seinen Lohn betrogenen Bauarbeiters wird vom Berliner Arbeitsgericht abgewiesen.
„Ich hatte große Hoffnungen in die deutsche Justiz. Doch mittlerweile bin ich sehr enttäuscht“, sagt Ovidiu Mindrila. Gerade hat der rumänische Bauarbeiter erfahren, dass seine Klage auf eine Lohnnachzahlung von 4.134 Euro abgewiesen wurde. Mindrila war extra aus Rumänien zum Prozess am Berliner Arbeitsgericht angereist. Er gehört zu jener Gruppe rumänischer Bauarbeiter, die auf der Baustelle des Einkaufszentrums Mall of Berlin gearbeitet haben und um große Teile ihres Lohns geprellt wurden. Das ausstehende Geld wollte sich Mindrila nun von der Bauherrin HGHI Leipziger Platz GmbH & Co. KG holen.
Mandrila hatte von August bis Oktober 2014 vertragslos fast 500 Stunden für ein Subunternehmen auf der Baustelle gearbeitet. Statt der versprochenen 6 Euro pro Stunde erhielt er am Ende nur etwa 200 Euro. Daraufhin wandte er sich mit einigen anderen Geprellten an die Basisgewerkschaft FAU (Freie ArbeiterInnenunion). Die Arbeiter protestierten medienwirksam und reichten Klagen gegen die Subunternehmen ein, bei denen sie beschäftigt waren. Obwohl sie in mehreren Prozessen gewannen, hat keiner der Betroffenen bisher seinen Lohn erhalten, weil die Subunternehmen Konkurs anmeldeten.
Quelle: taz
Anmerkung unseres Lesers J.A.: Natürlich ist das Ausbeutung und Lohnbetrug. Das wäre es aber auch dann gewesen, wenn die Arbeiter den vereinbarten Lohn bekommen hätten, denn hier ging es zum einen um Schwarzarbeit und zum anderen um einen viel zu geringen Lohn von 6 Euro pro Stunde. Damit ist dann im Übrigen auch der legale Mindestlohn am Bau massiv unterlaufen und sind sozialversicherungspflichtige Stellen vernichtet worden oder zumindest nicht entstanden. Das kann die FAU eigentlich auch nicht gutheißen.
- Gerechtigkeit: Schulz und Nahles wollen Rückkehr zur Parität im Gesundheitssystem
SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz und Bundesministerin Andrea Nahles wollen die Rückkehr zur Parität im Gesundheitssystem. Ein Gebot der Gerechtigkeit, sagen sie. Tatsächlich würde es die gesetzlich Versicherten in Deutschland aber auch entlasten.
Die Debatte ist nicht neu, sorgt aber immer wieder für Schlagzeilen. Zu Recht! Wer über eine zu hohe Steuerbelastung oder zu hohe Sozialabgaben redet, sollte zunächst einen Blick darauf werfen, wer welchen Anteil zur Finanzierung des Sozialsystems in Deutschland beiträgt. (…)
Tatsächlich wurden die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung bis 2005 paritätisch zur Hälfte von Arbeitgebern und Arbeitnehmern finanziert. Daran scheint sich auf den ersten Blick heute nicht viel geändert zu haben. Denn seit Januar 2015 zahlen Arbeitnehmer und Arbeitgeber den allgemeinen Beitragssatz von 14,6 Prozent zu gleichen Anteilen. Mit einem Unterschied: Da der Beitragssatz der Arbeitgeber auf 7,3 Prozent festgeschrieben wurde, wird der von den Krankenkassen erhobene Zusatzbeitrag alleine von Arbeitnehmern getragen. Im Jahr 2015 betrug dieser Zusatzbeitrag 0,9 Prozent, 2016 lag er bereits bei rund 1,1 Prozent. (…)
Würden die derzeit von den Arbeitnehmern gezahlten zehn Milliarden Euro wieder zu gleichen Anteilen auf Arbeitgeber und Arbeitnehmer verteilt, würde das Arbeitnehmer um fünf Milliarden Euro entlasten, erklärte Arbeits- und Sozialministerin Andrea Nahles auf der zentralen DGB-Maikundgebung in Gelsenkirchen. Für Nahles ist Parität gleichbedeutend mit Solidarität. Für Parität im Gesundheitssystem einzutreten, sei eine Politik von morgen, sagte Nahles. Bereits einen Tag zuvor hatte die SPD-Politikerin in einem Interview der Bild am Sonntag erklärt, dass die Belastung in fünf Jahren auf 18 Milliarden steigen könnte. Nahles: „Die Arbeitgeber sind fein raus – das ist doch keine soziale Marktwirtschaft!“
Quelle: Vorwärts
Anmerkung Christian Reimann: Wenn nun Bundesministerin Nahles und Kanzlerkandidat Schulz die Rückkehr zur Parität im Gesundheitswesen fordern, ist das einerseits zu begrüßen, andererseits jedoch wenig glaubwürdig. Haben sie etwa vergessen – anders als vermutlich nicht wenige Wählerinnen und Wähler -, dass seit 2015 der Arbeitgeberanteil ausdrücklich langfristig bei 7,3 Prozent festgeschrieben wurde? War die SPD und insbesondere Frau Nahles nicht an der Entscheidung beteiligt? Hätte die SPD – und vor allem ihre Regierungsvertreterschaft – nicht schon damals “Nein” sagen können?
- Fairness und Ungleichheit
Ist es eine Überraschung, wie Christina Starman, Mark Sheskin und Paul Bloom argumentieren, dass Fairness nicht dasselbe wie Gleichheit ist?
Sowohl in der Wissenschaft als auch in der allgemeinen Öffentlichkeit gibt es immense Sorgen über die ökonomische Ungleichheit, und viele Menschen betonen, dass Gleichheit ein wichtiges soziales Ziel sei. Wenn Menschen aber gefragt werden, wie die ideale Verteilung des Reichtums in ihrem Land aussehen würde, dann ziehen sie tatsächlich ungleiche Gesellschaften vor. Diese beiden Phänomene lassen sich miteinander in Einklang bringen, wenn man – trotz entgegenstehendem Anschein – zur Kenntnis nimmt, dass es keinen Beweis dafür gibt, dass die Menschen sich wegen der ökonomischen Ungleichheit selbst Sorgen machen. Sehr viel mehr machen sie sich Sorgen wegen etwas, das oft mit Ungleichheit verwechselt wird: ökonomische Unfairness.
Ich hingegen denke immer noch, dass viele Menschen sich heute wegen beidem Sorgen machen – wegen mangelnder ökonomischer Fairness und zugleich wegen der grotesken Ausmaße ökonomischer Ungleichheit. Lassen Sie es mich erklären. Wie ich schon früher geschrieben habe, bin ich nicht sonderlich überzeugt von der Idee, die Starman/Sheskin/Bloom sowie andere Evolutionspsychologen vertreten, dass Fairness ein Teil des menschlichen biologischen Erbes sei. Stattdessen neige ich stärker dazu, Geschichte und Gesellschaft in den Blick zu nehmen.
Fairness, so denke ich, ist als Konzept ein Teil der bürgerlichen Gesellschaft. Es wird in einer großen Vielzahl an Diskursen und an vielen Orten geschaffen und verbreitet, einschließlich der Wirtschaftswissenschaften. (Um nicht missverstanden zu werden: Es mag in der menschlichen Geschichte andere Vorstellungen von Fairness geben, außerhalb und jenseits der bürgerlichen Gesellschaft. Mein Punkt ist lediglich, dass der Kapitalismus seine eigenen besonderen Begriffe von Fairness hat, und sie sind es, die unseren derzeitigen „Fairness-Instinkt“ prägen.)
Quelle: annotazioni
- Wie müsste eine gerechte und nachhaltige Globalisierung aussehen?
Die ökonomische Globalisierung erlebt ihre Götterdämmerung. Angesichts der Risiken dieses sozial und ökologisch nicht nachhaltigen und demokratiegefährdenden Wirtschaftsmusters gilt es daher umfassend umzudenken.
Die Globalisierung wurde bislang vom neoliberalen Konzept fortschreitender Deregulierung und Liberalisierung geprägt. Das Ziel: Profite maximieren und ökomische Risiken minimieren. Transnationale Konzerne aus der westlichen Welt lagern die sozialen und ökologischen Kosten und Risiken der Produktion in den Süden aus. In immer mehr Freihandelsverträgen werden die Unternehmen und Investoren vor rechtlichen oder politischen Einschränkungen stark abgesichert. Demgegenüber sind sie kaum dazu verpflichtet, die Arbeitnehmer, das Gemeinwohl und die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen –von sozialer Marktwirtschaft ist ohnehin keine Rede mehr.
Doch der Glaube an die Selbstregulierung des Marktes ist längst entzaubert. Es braucht einen Paradigmenwechsel: Politiker und politische Institutionen müssen das Primat der Politik über die Ökonomie wieder zurückgewinnen. Die Rechte der Unternehmen müssen weltweit in eine Balance gebracht werden mit den Rechten von Arbeitnehmern, der betroffenen Bürger und dem Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen. Nationalstaaten allein sind dazu nicht mehr in der Lage. Demokratisch kontrollierte multilaterale Kooperation ist unverzichtbarer denn je.
Quelle: Gegenblende
- Integration als Spießrutenlauf
Menschen mit türkischem Migrationshintergrund haben es schwer, in Deutschland akzeptiert zu werden
Mein Kollege Serkan ist Türke und lebt seit Jahrzehnten in Deutschland. Nun, eigentlich müsste ich an dieser Stelle den heutigen Hiob abwürgen, denn er fängt schon mit demselben Missverständnis an, mit dem auch Serkan hin und wieder in seinem Alltag zu tun hat. Er ist nämlich gar kein Türke. Serkan hat den deutschen Pass, seinen türkischen hat er irgendwann nicht mehr verlängert – der bürokratische Aufriss hat ihn genervt. In den Wochen des Referendums fragte ihn jemand am Arbeitsplatz: »Du, sag mal, was ist denn da in deinem Land los?« Bevor er antwortete, fiel ich ihnen unfreundlicherweise ins Wort: »Was in seinem Land los ist? Im September wird die Kanzlerin wiedergewählt, das ist in seinem Land los!«
Quelle: Heppenheimer Hiob
- Einmal Banker, immer Banker?
Emmanuel Macron will französischer Präsident werden. Seinen Kritikern gilt er als Handlanger der Bankenbranche – ein Image, das schon Hillary Clinton zum Verhängnis wurde. Kann er trotzdem gewinnen? […]
Als Macron 2008 bei der Rothschild-Bank anheuerte, soll ihn ein damaliger Freund gewarnt haben, welche Konsequenzen das für eine von Macron eigentlich angestrebte politische Karriere haben könnte: “Bist du dir bewusst, dass Banker nicht irgendein Job ist? Und Rothschild nicht irgendeine Bank?”, so zitiert die britische “Financial Times” (“FT”) den Freund von damals. Doch Macron schien das ebenso wenig zu stören wie seine mangelnden Kenntnisse der Finanzwelt. Schließlich hatte er nicht Wirtschaft, sondern Philosophie studiert. Dennoch stieg der damals 30-Jährige in der Bank atemberaubend schnell auf. “Er wusste nichts, aber er verstand alles”, zitiert die “FT” einen ehemaligen Kollegen. Und er hatte offenbar einen mächtigen Förderer: François Henrot, wichtigster Vertrauter von Bankchef David de Rothschild, soll ihn persönlich empfohlen haben.
2010 wurde Macron mit 32 Jahren zum Partner bei Rothschild, so jung wie er hatte noch niemand zuvor diese höchste Hierarchiestufe erreicht. Zwei Jahre später machte er den Deal seines Lebens, als er den Schweizer Lebensmittelriesen Nestlé davon überzeugte, für knapp zwölf Milliarden Dollar die Babynahrungssparte des US-Rivalen Pfizer zu kaufen. Macron selbst soll dabei Millionen verdient haben. Entscheidend bei dem Deal waren offenbar Macrons exzellente Kontakte zum damaligen Nestlé-Chef Peter Brabeck-Letmathe.
Quelle: Spiegel Online
Anmerkung unseres Lesers J.A.: Macron ist nicht nur (Ex-)Banker, sondern es wäre doch tatsächlich mal interessant herauszufinden, wie er als studierter Philosoph völlig fachfremd nicht nur in der Rothschild-Bank erfolgreich war, sondern innerhalb von lächerlichen zwei Jahren Partner werden konnte. “Er wusste nichts, aber er verstand alles”, zitiert die “FT” einen ehemaligen Kollegen. Kann man mit diesen Voraussetzungen, aber ohne entsprechende Vorbildung, Ingenieur werden oder eben, in diesem Fall, “Finanzingenieur”? Wie geht das?
dazu: Präsidentschaftswahl in Frankreich: Eine Muslimin, die vielleicht Le Pen wählt
Marine Le Pen ist aus Sicht von Soumia Montcoudial zwar rechtsextrem, aber das Programm von Macron fürchtet die gebürtige Marokkanerin noch mehr.
“Ich habe mehr Angst vor Macron als vor Le Pen”
Soumia Montcoudial kann in diesem Jahr zum ersten Mal ihr Staatsoberhaupt wählen: Die gebürtige Marokkanerin hat erst kürzlich die französische Staatsbürgerschaft erlangt. “Und nun bin ich ausgerechnet in das schwierigste Wahlduell aller Zeiten gerutscht”, sagt die 30-Jährige. Als Einwanderin verabscheut sie die ausländerfeindliche Hetze der rechtsextremen Kandidatin Marine Le Pen. Als Krankenpflegerin kann sie nichts mit dem Programm des liberalen Emmanuel Macron anfangen: Er will, dass sie später als mit 62 Jahren in Rente gehen kann, und Macron will, so fürchtet Montcoudial, ihre Überstunden nicht mehr bezahlen. “Wir machen im Krankenhaus einen harten Job für wenig Geld, wir können keine Stunde verschenken.” So wird die Mutter zweier Kinder wahrscheinlich ungültig wählen. Oder doch für Marine Le Pen. […] Macrons Arbeitsreformen machen Montcoudial mehr Angst als ein Sieg des rechtsextremen Front National.
Quelle: Zeit Online
Anmerkung unseres Lesers J.A.: Darüber sollte das angeblich linksliberale (offenbar eher neoliberale) Milieu einmal nachdenken.
- Nach Brexit & Trump: EUropas Neuer Weltmachtanlauf
Forderungen nach einer „Weltmacht EUropa“, die global auf gleicher Augenhöhe mit anderen Akteuren in der vordersten Reihe agieren soll, sind beileibe nicht neu. Dennoch fällt auf, dass sie nun – vermeintlich als notwendige Lehre aus den beiden Großereignissen Brexit (23.6.2016) und US-Wahl (8.11.2016) – besonders laut hinausposaunt werden. Als die beiden wesentlichen Mittel hierfür gelten seit Jahren die Expansion der EU-Einflusszone in den Nachbarschaftsraum (nebst Schaffung einer Großeuropäischen Wirtschafts- und Einflusszone) und der Aufbau eines möglichst schlagkräftigen Militärapparates, um diese Weltmachtambitionen zu unterfüttern. Letzteres kam allerdings – nicht zuletzt, weil sich Großbritannien als „Bremser“ erwies – lange trotz aller Bemühungen eher schleppend voran.
Insofern war früh abzusehen, dass sich viele EU-Politiker vom bevorstehenden Austritt Großbritannien große „Fortschritte“ in der EU-Militärpolitik in Form einer „Brexit-Dividende“ versprachen.[1] Dennoch war es überraschend, wie zielstrebig und mit welchem Tempo daran gegangen wurde, Nägel mit Köpfen zu machen: Unmittelbar nach dem britischen Referendum veröffentlichte die EU eine Globalstrategie, die den neuen Referenzrahmen für die künftige Außen- und Militärpolitik der Union absteckt. Ungefähr zum selben Zeitpunkt gingen die Außenminister Deutschlands und Frankreichs, Frank-Walter Steinmeier und Jean-Marc Ayrault, mit ihrem Ruf nach einer massiven Militarisierung der Europäischen Union buchstäblich in die Offensive. Es folgten ein zweites deutsch-französisches Papier, diesmal der Verteidigungsminister Ursula von der Leyen und Jean-Yves Le Drian (12.9.2016), die Rede von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker zur Lage der Europäischen Union (14.9.2016), der Verteidigungs-Aktionsplan der Kommission (30.11.2016) und schließlich die „Erklärung von Rom“ (25.3.2017). Zusammengenommen wurden dabei eine Reihe von Strategien und Maßnahmen auf den Weg gebracht, mit denen dem bislang eher stockend verlaufenen EU-Militarisierungsprozess massiv auf die Sprünge geholfen werden soll.
Quelle: Informationsstelle Militarisierung e.V.
- Südkorea würde schrecklich leiden
Im Atomkonflikt mit Nordkorea darf Donald Trump nicht ohne die Regierung in Seoul handeln. Ein Krieg träfe die Menschen im Norden und Süden der Halbinsel, nicht die USA. […]
Dabei sind sich alle einig, dass es ein Korea passing nicht geben darf – China und die USA sollen nicht über die Köpfe der Südkoreaner hinweg entscheiden dürfen, wie sie auf die Bedrohung aus Nordkorea reagieren.
Diese Forderung richtet sich vor allem an Donald Trump. Der US-Präsident hat immer wieder betont, im Konflikt mit Pjöngjang lägen “alle Optionen auf dem Tisch”, dazu gehört für ihn ausdrücklich auch die Möglichkeit eines militärischen Angriffs. Der hätte nicht nur furchtbare Folgen für die Bevölkerung Nordkoreas, er würde – wegen des unabwendbaren Gegenschlags – auch schreckliches Leid über die Menschen im Süden bringen. Als die südkoreanischen Präsidentschaftsanwärter nun bei einer Fernsehdebatte gefragt wurden, wer von ihnen einen Präventivschlag der USA gegen Nordkorea unterstütze, sprachen sich deshalb sämtliche Kandidaten strikt dagegen aus. […]
Zumal vom Thaad-System keine Wunder zu erwarten sind. Die nur 60 Kilometer südlich der demilitarisierten Zone gelegene Hauptstadt kann es nicht schützen. Der Großraum Seoul mit seinen 25 Millionen Menschen liegt in Reichweite der “konventionellen” nordkoreanischen Artilleriegeschütze; eine Abwehr gegen ballistische Raketen hilft da nicht. Es gibt Schätzungen, nach denen schon in den ersten beiden Stunden eines Krieges mit dem Norden 130.000 Einwohner Seouls sterben könnten.
Quelle: Zeit Online
- Wer sind die Kriegstreiber? Die US-Wahl und deutsche Begehrlichkeiten
Noch im Herbst 2016 schien die Antwort auf die Frage im Titel relativ einfach. Vom 7. bis 17. Juni 2016 fand das größte Militärmanöver in Polen seit 1989 statt. Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, dass die NATO eine „Friedensdividende“ des Endes des Kalten Krieges ausgeschlagen hat, hier war er! Es nahmen etwa 31.000 Soldaten teil, die aus 24 Staaten – nicht nur der NATO, sondern auch aus Georgien und der Ukraine – stammten. Es sollte den NATO-Gipfel in Warschau (08.-09.07.2016) begleiten, der eine weitere Aufrüstung und Stationierung von NATO-Truppen an Russlands Grenzen beschließen sollte, darunter auch Panzertruppen der USA. Schlüsselworte der NATO für dieses Manöver „Anakonda 2016“ hießen „Abschreckung“ und „massive Kampfkraft“.
Das Manöver war ein Höhepunkt der Außenpolitik des US-Präsidenten Barack Obama. Die hat nicht nur das von den USA angerichtete Chaos im Nahen Osten weiter vergrößert, sondern vor allem die antirussische Ausrichtung der Außen- und Militärpolitik der USA weiter verstärkt. Geopolitisch hatten die USA und die EU bzw. Deutschland es ab 2013 unternommen, die Ukraine aus dem Einflussbereich Russlands herauszulösen. Nachdem der Westen die Ukraine-Krise ausgelöst hatte, war nicht klar, ob dieses Hinüberziehen der Ukraine aus dem Einflussgebiet Russlands in den Orbit von EU und NATO eine USA-Politik (von Präsident Barack Obama und seiner damaligen Außenministerin Hillary Clinton) ist, die von der EU bezahlt werden soll, oder eine deutsche bzw. „europäische“, für die die USA das militärische Drohpotential im Hintergrund zur Verfügung stellen. Sollte sich jedoch jemand in Berlin darauf kapriziert haben, neue deutsche Weltpolitik gestützt auf US-amerikanisches Militär machen zu wollen, dürfte sich dies als Schimäre erweisen.
Nach dem Beginn der kriegerischen Konflikte in der Ostukraine und der Angliederung der Krim an Russland verhängten die westlichen Länder wirtschaftliche und andere Sanktionen. Die Beziehungen zwischen dem Westen und Russland wurden auf einen Tiefpunkt hinuntergefroren, der den Zeiten des Kalten Krieges vergleichbar ist. Alle Aktionen in dieser Richtung gingen von Washington, Berlin und anderen westeuropäischen Hauptstädten aus. Moskau war es, das reagierte.
Insofern ist es nachvollziehbar, dass die Wahl Donald Trumps, der diesen Kurs recht offen kritisierte, zum Präsidenten der USA für die deutsche „politische Klasse“ traumatische Folgen hatte. Die anschließend einsetzenden Debatten und Reaktionen sind überaus Besorgnis erregend und legen nahe, dass zur Beantwortung der Ausgangsfrage künftig verstärkt nach Brüssel, vor allem aber nach Berlin geblickt werden muss.
Quelle: Informationsstelle Militarisierung e.V.
- Russland: Aktuelle innenpolitische Entwicklungen
Diese Publikation bietet eine umfassende Bestandsaufnahme der aktuellen innenpolitischen Entwicklungen Russlands. Unter anderem befasst sich der Autor mit 1) der Modernisierung der militärischen Ausrüstung trotz der Kürzung des Verteidigungshaushalts infolge der schlechten Wirtschafts- und Finanzlage; 2) die Parameter einer möglichen Justizreform; 3) die Resultate einer Moskauer Umfrage zur Korruption; und 4) die Ergebnisse der mehrjährigen OCCRP Untersuchung über den Kapitalabflusses aus Russland zwecks Geldwäsche.
Quelle: Center for Security Studies
Anmerkung Christian Reimann: Die fünf-seitige Studie des Institut für Strategie- Politik- Sicherheits- und Wirtschaftsberatung (ISPSW) können Sie hier nachlesen.
Ergo: Westliche Militärausgaben steigen während die Russlands sinken – und zwar durch die seit den 1990er Jahren größten Kürzung.
- Die Tagesschau und ihre „Faktenfinder“
Kai Gniffke, Chefredakteur von ARD-aktuell, hat sich zum ersten Mal in diesem Jahr auf dem Redaktionsblog der Tagesschau zu Wort gemeldet. Der Anlass: „Ein Monat Faktenfinder bei der Tagesschau“. (…) Das Problem dabei: Offenbar sind vom Russen und anderen finsteren Mächten lancierte „Fake News“ doch weitaus seltener als gedacht. Womit nun also die neue Seite füllen? Ganz einfach: Mit allem, was aktuell im Netz kursiert und von der Mainstreamlinie abweicht. Natürlich lassen sich Abweichungen oder andere Perspektiven nicht automatisch als „Fake“ einstufen. Und genau da gerät der Faktenfinder denn auch ins Stolpern und wird eher zu einer grotesken Konformismusmaschine: „Störende“ Abweichler werden benannt und ausgesondert. Während die Kritik an den Leitmedien nicht abreißt, schließt der Mainstream seine Reihen nur noch enger und feuert aus der eigenen Wagenburg auf alles, was sich nähert.
Quelle: Paul Schreyer
- Zu guter Letzt: Also doch: Martin Schulz hat einen progressiven Hintergrund – zumindest am 1.Mai in Aachen
Quelle: Gottfried Rudl via Facebook