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Titel: Bürger wollen sozialeres Konjunkturprogramm – Große Koalition nicht mehrheitsfähig

Datum: 13. Februar 2009 um 9:07 Uhr
Rubrik: Das kritische Tagebuch, Demoskopie/Umfragen, Soziale Gerechtigkeit, Wirtschaftspolitik und Konjunktur
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Repräsentative Umfrage durch Infratest-dimap ergibt: 48 Prozent für ein soziales Konjunkturprogramm und nur 36 Prozent für das Konjunkturprogramm der Bundesregierung. Sozialeres Konjunkturprogramm bei allen Parteianhängern (außer CDU/CSU) klar mehrheitsfähig. Presseerklärung zur Repräsentativumfrage zum Konjunkturprogramm durch Infratest-dimap im Auftrag der Frankfurter Rundschau und einer Professorengruppe von Sozialwissenschaftlern.

Die Bürgerinnen und Bürger der Republik sind einer repräsentativen Umfrage von Infratest-dimap vom11./11. 2. 2009 zufolge vom 50 Milliarden Euro-Konjunkturpaket der Großen Koalition mehrheitlich nicht überzeugt.

Sie bevorzugen unter den Gesichtspunkten von Konjunkturanschub und Gerechtigkeit zu 48 Prozent ein eher sozial ausgerichtetes Projekt, das auf eine dauerhafte Erhöhung der HartzIV-Regelsätze, Mindestlöhne und eine menschenwürdige Versorgung von armen Menschen setzt. Nur 36 Prozent sprechen sich für das Programm der Bundesregierung aus. Die Devise der Bürger lautet:

Konjunkturimpulse und Gerechtigkeit können Schwestern sein, wenn diejenigen das Geld erhalten, die es dringlichst benötigen und auch ausgeben müssen. Der Befund ist ein herbes Misstrauensvotum für die Große Koalition.

Sicherlich gibt es einen großen Konsens, Bildungs- und kommunale Infrastruktureinrichtungen zu sanieren, aber schon die Steuerentlastungen, die diejenigen am meisten begünstigen, die sehr gut verdienen und Abwrackprämien, die CDU/CSU 25 mal höher als die Kinderprämie einstufen, scheinen mit sozialen Gerechtigkeitsvorstellungen erheblich zu kollidieren. Die Große Koalition ignoriert mit Bedacht den Zusammenhang zwischen Konjunktur und sozialer Gerechtigkeit.

Dass sich mit 38 Prozent selbst unter den Anhängern von CDU/CSU zumindest eine große Minderheit für ein sozialeres Konjunkturprogramm ausspricht, sollte Merkel und Seehofer zu denken geben.

Für die SPD wird der Befund zu einer schrillen Alarmglocke. Aus der Befragung wird ersichtlich, dass sich nur 32 Prozent der SPD-Anhänger mit dem Konjunkturprogramm der Koalition identifizieren können, aber 57 Prozent für das sozialere Projekt votieren. Müntefering und Steinmeier haben immer noch nicht verstanden, was sie mit HartzIV und ihrer Armutspolitik angerichtet haben – und warum sie so tief und selbstverschuldet im konstanten Umfragetief stecken. Bürgerinnen und Bürger halten es für eine Zumutung von einer solchen SPD noch etwas soziales erwarten zu sollen.

Auch die Partei Die Linke kann sich nur vordergründig freuen. Sie hat in ihren Verlautbarungen ihr 50 Milliarden Euro schweres Konjunkturprogramm und nicht die massive Hilfe für die sozial Schwächeren in den Vordergrund gestellt. Dass eine linke Partei nur verschämt koalitionsblinzelnd eine Erhöhung der HartzIV-Regelsätze von 351 Euro auf 435 Euro fordert, macht sie nicht wirklich zum Anwalt der sozial Benachteiligten.

Selbst die 46 Prozent Zustimmung der FDP-Anhänger zu einem sozialeren Konjunkturprogramm zeigt, dass die Parteiführung sozial kälter als ihre Basis ist.

Kurzum: Der deutsche Michel und die deutsche Michaela haben sehr wohl eine dezidierte Meinung zur grundsätzlichen Ausrichtung von Konjunkturanreizen und möglicher Gerechtigkeit. Sie wollen ein sozialeres Konjunkturprogramm. Ein solches Programm wird als drittes Konjunkturpaket notwendig werden, wenn die Proteste der würdigen Wut und die weitere Rezession zusammen fallen. Das wird mit den Sozialprotesten (28. 3.), Gewerkschaftsprotesten (16. 5.) und dem geplanten Bildungsstreik (15.-19.6.) schon der Fall sein.

Ein drittes und soziales Konjunkturprogramm ist das Gebot der Stunde.

Gez.

  • Prof. Dr. Peter Grottian (FU Berlin) – V. i. S. d. P.
  • Prof. Dr. Christoph Butterwegge (Universität Köln)
  • Prof. Dr. Mohssen Massarrat (Universität Osnabrück)
  • Prof. Dr. Roland Roth (FH Magdeburg-Stendal)
  • Prof. Dr. Wolf-Dieter Narr (FU Berlin)

Die Frage lautete:

Die Bundesregierung plant ein Konjunkturprogramm im Umfang von 50 Milliarden Euro, das verschiedene Maßnahmen umfasst wie steuerliche Entlastungen, Bau- und Infrastrukturmaßnahmen in den Bereichen Bildung und Verkehr sowie eine Abwrackprämie für alte Autos und einen Kinderbonus von einmalig 100 Euro pro Kind. Weiterhin ist ein 100 Milliarden-Euro-Rettungsfonds für bedrohte Unternehmen im Gespräch. Eine Gruppe von Professoren hat einen Gegenvorschlag gemacht, der sich auf die Erhöhung sozialer Leistungen konzentriert. Dabei wird vor allem auf die dauerhafte Erhöhung der Hartz IV-Regelsätze, der Sozialleistungen für arme Kinder und Rentner sowie auf Mindestlöhne gesetzt. Welches der beiden Programme ist Ihrer Meinung nach besser geeignet, die Wirtschaftskrise abzumildern, das Konjunkturprogramm der Bundesregierung oder der Gegenvorschlag?

Anlage: Grafiken Infratest [PDF – 24 KB]


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