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Titel: PKW-Maut – es geht nicht um die CSU, sondern um künftige Privatisierungen in großem Maßstab

Datum: 29. März 2017 um 11:21 Uhr
Rubrik: Aktuelles, Audio-Podcast, Private Public Partnership, Steuern und Abgaben, Verkehrspolitik
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Alexander Dobrindt eignet sich vorzüglich als Witzfigur und seine „Ausländermaut“, die nicht so heißen darf, ist natürlich eine Steilvorlage für jeden Kabarettisten. Mehr als drei Jahre nach Unterzeichnung des Koalitionsvertrags hat nun auch die SPD der PKW-Maut zugestimmt. Klar, wir kriegen den Mindestlohn, ihr eure Maut, so funktioniert Politik. Den meisten Bürgern ist das auch alles egal. Ob sie nun 100 Euro für eine Maut-Plakette oder 100 Euro KFZ-Steuern bezahlen … linke Tasche, rechte Tasche. Und das alles nur, weil bajuwarische Bierzelt-Populisten den Mund im Wahlkampf zu voll genommen haben? Dieses Bild vermitteln ja auch die Medien nur allzu gern. Doch so einfach ist es nicht. Von Jens Berger.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Bei der Maut geht es schließlich nur vordergründig um eine Benutzungsgebühr für Autobahnen und Bundestraßen. Die elementare Funktion einer Maut liegt ganz woanders: Ohne Maut keine Privatisierung der Autobahnen. Zur Finanzierung privatisierter Fernstraßen sind automatische Einnahmen aus dem Mautsystem unerlässlich. Insofern ist das „Ja!“ der SPD zur PKW-Maut wohl leider auch die Vorstufe zu einem „Ja!“ zur Autobahn-Privatisierung.

Urlauber kennen das System der streckenbezogenen Autobahnmaut von den Alpentunneln. Vor der Durchfahrt zahlt man die entsprechende Gebühr an einem Kassenhäuschen und hat dann freie Fahrt und ärgert sich über die Kosten. Ein solches System ist simpel und sehr gut geeignet, um die Gebühren für privatisierte Autobahnen oder Autobahnabschnitte einzutreiben. Es hat jedoch auch zwei entscheidende Nachteile: Es ist teuer im Unterhalt und der Autofahrer wird permanent negativ daran erinnert, dass er hier für etwas zur Kasse gebeten wird, was die Politik ihm eingebrockt hat. Und sowas ist natürlich wahlkampfstrategisch unklug, das wissen die Unionsparteien und die SPD nur zu genau. Eine Autobahnprivatisierung nach dem Kassenhäuschen-Prinzip wird es in Deutschland daher nicht geben.

Schon heute fließen Jahr für Jahr mehr als 175 Millionen Euro Mauteinnahmen direkt in privatisierte Autobahn-Projekte – Geld aus der LKW-Maut, die bekanntlich streckenbezogen erhoben wird. Für die Politik ist dies eine sehr elegante Lösung. Die Einnahmen aus der LKW-Maut fließen an das Betreiberkonsortium und werden dann gemäß eines von der Politik festgelegten Verteilungsschlüssels ausbezahlt. Dabei fließen rund 3,5 Mrd. Euro der Gesamteinnahmen in Höhe von rund 4,5 Mrd. Euro in den Bereich „Investitionen in Bundesfernstraßen“. Wer nun denkt, diese Gelder würden 1:1 in den Bundeshaushalt fließen, hat sich jedoch getäuscht, wie der Kostenfaktor „Öffentlich private Partnerschaften“, ein anderes Wort für Privatisierungen, zeigt. Vor allem für die Zahlungen von Leistungen an private Träger und Investoren ist das Mautsystem daher auch das Nonplusultra.

Bei diesem Umverteilungssystem zahlt der Staat direkt keine Gelder an die Investoren aus. Er bekommt lediglich weniger Einnahmen aus den Gebührenerhebungssystemen ausbezahlt. Auch das ist linke Tasche, rechte Tasche; nur dass die Privatisierung selbst und die damit in Verbindung stehenden Geldströme gut kaschiert werden können.

Ihnen mag es egal sein, ob sie nun 100 Euro für eine Plakette oder 100 Euro für die KFZ-Steuer bezahlen. Für die 100 Euro KFZ-Steuer ist jedoch die jeweils gewählte Regierung rechenschaftspflichtig und Zahlungen an private Investoren werden zudem als Staatsausgaben deklariert. Die 100 Euro KFZ-Maut fließen erst einmal an die Betreibergesellschaft und werden dann umverteilt. Wie viel Geld von diesen 100 Euro in den Staatshaushalt fließen, ist dabei vollkommen offen. Zunächst werden natürlich die Betreiberkosten abgezogen, die nach Angaben der Autofahrer-Lobby ja nicht unerheblich sein sollen. Der Rest der Mauteinnahmen steht dann – zusammen mit den Einnahmen aus der LKW-Maut – als eine Art „Kriegskasse“ zur Verfügung, aus der private Investoren elegant bezahlt werden können, ohne dass der Autofahrer und der Steuerzahler davon direkt etwas mitbekommen.

Kein Kassenhäuschen, kein Gebührenbescheid … der Bürger zahlt ja die Flatrate und denkt, dass seine Maut schon für den Straßenbau und –erhalt ausgegeben wird und merkt überhaupt nicht, dass ein signifikanter Teil seiner Mautgebühren wie von einer magischen Hand in die Kassen privater Investoren umverteilt wird. Nur so ist eine weitreichende Privatisierung der deutschen Fernstraßen überhaupt möglich. PKW-Maut und Autobahn-Privatisierung gehören daher auch zusammen wie zwei siamesische Zwillinge. Dies sollten auch Linke und Grüne bedenken, wenn man die PKW-Maut ironisch als CSU-Maut oder die Politik als „Geißel des Populismus der CSU“ bezeichnet. Es geht um mehr; viel mehr.


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