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Titel: Hinweise des Tages II

Datum: 10. März 2017 um 16:05 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Das Märchen vom Fachkräftemangel
  2. Teilzeitarbeit legte 2016 wieder überproportional zu
  3. Wo Schulz beim Arbeitslosengeld falsch liegt
  4. Und wir sparen uns den Einheitsboom munter weiter weg…
  5. Bundesregierung darf türkischen Politikern Auftritte verbieten
  6. Populisten-Erfolg ohne Krise: Das holländische Rätsel
  7. Gewalt gegen Polizisten: Nutzlose Gesetze
  8. Beinaheunfall in Norwegen
  9. Intelligente Stromzähler verzählen sich
  10. Geheimdienste sollen automatischen Zugriff auf die Passbilder aller Bürger bekommen
  11. Krieg in Mali
  12. Wut und Widerstand
  13. Evicted,- Poverty and Profit in the American City
  14. Finanzlobby steckte Milliarden in den US-Wahlkampf
  15. Zu guter Letzt: Bundesregierung will CIA-Spionage erst verurteilen, wenn Merkel selbst betroffen ist
  16. Das Letzte: Ein Risiko bleibt immer

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Das Märchen vom Fachkräftemangel
    “Wir finden keine Fachkräfte mehr.” Ich höre diesen Satz täglich mindestens drei oder vier Mal von Unternehmen und Personalern aus ganz Deutschland. Dabei unterscheidet sich die Interpretation von “Fachkräften” teilweise erheblich. Die wunderbare Geschichte vom Fachkräftemangel wird allerdings nicht in den Betrieben geschrieben. Politiker und Lobbyisten haben sich diese Märchengeschichte ausgedacht. Und das Beste: Jeder macht mit, denn unter den beschriebenen Symptomen leiden tatsächlich viele Betriebe. Die Grunderkrankung ist nur eben eine ganz andere. […]
    Immer öfter hört man von verschiedenen Verbänden, Vereinen und aus der Wirtschaft die Klagerufe. Es fehlen Fachkräfte an jeder Ecke. Ein beliebtes Thema sind die Ingenieure. Schenkt man den Äußerungen einiger Verbände Glauben, dann steht Deutschland kurz vor dem Kollaps, da niemand mehr unsere Maschinen und Autos entwickelt und plant. Das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) und der Verein Deutscher Ingenieure (VDI) haben sich 2015 intensiv mit dem Thema beschäftigt und kommen in einer Studie zu dem Schluss, dass bis 2029 bis zu 390.000 Ingenieure in Deutschland fehlen würden. Sollte dies zutreffen, wäre Deutschland spätestens 2025 ökonomisch nicht mehr voll handlungsfähig. Dass sich dasselbe Institut in seiner Prognose von 2009 um 140.000 fehlende Fachkräfte verrechnet hat, wird gern ignoriert.
    Der Fachkräftemangel bei Ingenieuren existiert so nicht. Festhalten darf man, dass die Vakanzen von Unternehmen deutlich länger offen sind – im Schnitt 110 bis 125 Tage. Doch selbst die Agentur für Arbeit sagt, dass auf 100 gemeldete offene Stellen rechnerisch 174 arbeitslose Experten der Maschinen- und Fahrzeugtechnik kommen. Warum also wird sich so viel Mühe gegeben einen Fachkräftemangel zu prognostizieren?
    Quelle: manager magazin
  2. Teilzeitarbeit legte 2016 wieder überproportional zu
    Der Beschäftigungsaufbau in Deutschland ging 2016 weiter. Und wieder ist es die Zahl der Teilzeitbeschäftigten, die besonders stark gestiegen ist. Die Teilzeitquote erreichte damit einen neuen Rekordwert. Mit ein Grund dafür, dass trotz mehr Vollzeitjobs die atypische Beschäftigung weiterhin auf hohem Niveau stagniert. Seit über zwanzig Jahren lässt sich ein starkes und stetiges Anwachsen der Teilzeitbeschäftigung feststellen. Offenbar scheint eine Beschäftigung zu reduzierter Stundenzahl für immer mehr ArbeitnehmerInnen eine Alternative oder auch die einzige Lösung zu sein, Erwerbstätigkeit und private Lebensgestaltung besser vereinbaren zu können. Nicht selten wird eine Teilzeitbeschäftigung aufgrund von familiären Verpflichtungen gewählt. Dies ist meist dann der Fall, wenn die Betreuung von Kindern oder pflegebedürftigen Angehörigen der Aufnahme einer Vollzeitbeschäftigung im Wege steht. Spätestens hier greifen weiterhin die traditionellen Erwerbs- und Arbeitszeitmuster, denn es sind ganz überwiegend Frauen, die ihre beruflichen Ambitionen zurückschrauben, wenn es um Familienbelange geht. Im Jahr 2015 jedenfalls waren fast 81 Prozent aller Teilzeitstellen von Frauen besetzt.
    Quelle: annotazioni
  3. Wo Schulz beim Arbeitslosengeld falsch liegt
    Die Kappung des Arbeitslosengelds hat bei den Deutschen einst einen Schock ausgelöst – und große Angst verbreitet. Nun fordert SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz Korrekturen. Seine Vorschläge helfen nur bedingt. (…)
    Allerdings trifft der SPD-Kandidat mit seinen Vorschlägen nicht den Kern des Problems. Da ließe sich von der langjährigen Praxis der – angeblich so gnadenlosen – Amerikaner einiges lernen, um die Vorschläge zu verbessern.
    Viel spricht dafür, dass es zu den tatsächlich größten psychologischen Schocks der Agenda-Zeit gehörte, dass Ältere sehr viel schneller auf Hartz-IV-Level abstürzen können. Schließlich dürften auch die Jüngeren nach den üblichen biologischen Gesetzmäßigkeiten früher oder später eben auch in die Lage kommen, älter als 50 Jahre zu sein.
    Diese Angst war im Zweifel ja auch gewollt. Es ging darum, die Ansprüche im Land zu mäßigen, nicht nur bei den Älteren. Selten sind die Löhne in Deutschland im Gesamtschnitt so stark hinter dem zurückgeblieben, was erwirtschaftet wurde und zu verteilen war, wie im Jahr nach Kappung des Arbeitslosengelds. Angst macht fügig.
    Nach gängigem Verständnis wurde die Bezugsdauer dereinst vor allem in der Annahme verkürzt, dass ein nennenswerter Teil der Arbeitslosen dem Staat zur Last liege, weil es zu wenig Druck gebe – und die Leute, na ja, irgendwie zu faul seien. Hier beginnt das tiefere Verständnisproblem.
    Klar gibt es auch Menschen, die nicht arbeiten wollen. Nur ist das nach aller Erfahrung der kleinere Teil. Und bei denen hilft oft auch kein Druck mehr. Nach Schätzungen von Ökonomen aus den USA und des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) führt eine Verlängerung der Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes um einen Monat im Schnitt dazu, dass die Menschen je nach Alter zwei bis fünf Tage länger ohne Beschäftigung bleiben. Kein wirklich schlagender Beleg dafür, dass es so viele gibt, die sich dann gleich auf die faule Haut legen. (…)
    Wenn das stimmt, war es in mehrerlei Hinsicht irre, die Bezugsdauer just in dem Moment zu kürzen, als es in Deutschland Anfang 2006 fast fünf Millionen Arbeitslose gab. Die gab es ja nicht, weil plötzlich fünf Millionen Deutsche von einem Ich-will-nicht-arbeiten-Virus befallen waren, also zwei Millionen mehr als gerade noch drei Jahre vorher. Sondern weil die Firmen einfach keine Jobs anboten. Was in aller Regel auch nicht an den (älteren) Leuten lag. Sondern daran, dass die Konjunktur seit Jahren katastrophal lief, die Regierung überall kürzte, die Mark viel zu teuer in den Euro aufgegangen war, die Baubranche noch kriselte und das Platzen der New Economy noch nachwirkte.
    Quelle: Thomas Fricke auf Spiegel Online

    Anmerkung Christian Reimann: Wäre das Volk (wer ist das eigentlich genau?) mit dem Vorschlag, die Unterstützung nach US-Vorbild zu gestalten, tatsächlich dankbar? Was denken wohl die Arbeitslosengeld II beziehenden Personen über diese Idee?
    Aber Fricke hat wohl recht: Die Agenda 2010 und ihre genannten Folgen (Angst, Gefügigmachen, Lohndruck erzeugen) waren politisch gewollt – und werden offenbar auch heute noch von einer Mehrheit der Mitglieder im Deutschen Bundestag, die (zumindest laut Grundgesetz) das Volk repräsentieren, unterstützt.

    dazu: Q wie Quacksalberei: Arbeitslosenhilfe-Konzept der SPD zielt an massenhaft Bedürftigen vorbei
    Mit der Rhetorik des „Forderns und Förderns“ suggerierte die Politik aber eine Passivität der Arbeitslosen als kausal; Opfer wurden zu Tätern – infam. Gleichzeitig bewirkte die Deregulierung des Arbeitsmarkts mit der Agenda 2010, dass Deutschland ein schrumpfendes Arbeitsvolumen auf mehr Köpfe verteilte; Löhne und Arbeitslosenzahlen sanken. Als mit der Finanz- und Eurokrise das Kapital zurückkam, hellte sich die Lage auf dem Arbeitsmarkt weiter auf und der nun sinkende Eurokurs beflügelte die deutschen Exporte.
    Zusätzlich konkurrierte Deutschland mit seinem durch Hartz IV subventionierten Niedriglohnsektor Arbeitsmärkte der Nachbarn kaputt. Unser Mindestlohn liegt international ganz hinten. An diesen riesigen nationalen wie internationalen Verteilungsproblemen (Armutslawine und „explodierendes Europa“, wie Francois Holland sagte) ändert der Schulz-Vorschlag nichts. Es ist „Q“uacksalberei: Kosmetik gegen Krebs.
    Quelle: Jürgen Borchert auf HNA

  4. Und wir sparen uns den Einheitsboom munter weiter weg…
    Auch 2016 haben die öffentlichen Haushalte in Deutschland erneut zu wenig für den Erhalt der Infrastruktur ausgegeben – die Ära der Schwarzen Null hinterlässt also weiterhin in Form von Schlaglöchern und verfallenden Schulen und Schwimmbädern ihre Spuren am deutschen Kapitalstock. Das Statistische Bundesamt hat am Montag die Zahlen zu den Investitionen in Deutschland für das Jahr 2016 veröffentlicht. Daraus geht hervor, dass die öffentlichen Haushalte in Deutschland vergangenes Jahr unterm Strich 6,5 Milliarden Euro zu wenig für den Erhalt der Infrastruktur ausgegeben haben. Also viel zu wenig, um Straßen, Brücken oder Schulgebäude zu erhalten. […]
    Von 1991 bis 2002 hatten die öffentlichen Haushalte eine Summe von 65,7 Milliarden Euro in die Infrastruktur (d.h. Nichtwohnbauten) investiert. Seitdem sind die Nettoanlageinvestitionen in die Infrastruktur aber jedes Jahr negativ ausgefallen. Das heißt: Seit 2003 geben die öffentlichen Haushalte – vor allem die Kommunen – unterm Strich weniger für den Werterhalt von Straßen, Brücken, Schulgebäuden usw. aus als notwendig wäre. Die Infrastruktur in Deutschland wird seit 2003 wertmäßig nicht mehr vollständig erhalten. Es tritt also buchhalterisch (und natürlich längst auch in der Realität) ein Verschleiß auf, der sich mittlerweile auf 75 Milliarden Euro summiert.
    Quelle: Makronom
  5. Bundesregierung darf türkischen Politikern Auftritte verbieten
    Im Streit um das Verbot von Wahlkampfauftritten türkischer Regierungsmitglieder lässt das Bundesverfassungsgericht der Bundesregierung ausdrücklich freie Hand. In der Begründung einer abgewiesenen Verfassungsbeschwerde stellen die Karlsruher Richter klar, dass die Bundesregierung das Recht habe, solche Auftritte in Deutschland zu verbieten.
    Weder das Grundgesetz noch das Völkerrecht gebe ausländischen Staatsoberhäuptern und Regierungsmitgliedern einen Anspruch, in das Bundesgebiet einzureisen, um amtliche Funktionen auszuüben, heißt es in dem am Freitag veröffentlichten Beschluss. (Az. 2 BvR 483/17) (…)
    Nun merkt die zuständige Kammer des Zweiten Senats ausdrücklich an, dass solche Auftritte immer von der ausdrücklichen oder stillschweigenden Zustimmung der Bundesregierung abhängen. Politiker, die hier »in amtlicher Eigenschaft und unter Inanspruchnahme ihrer Amtsautorität« auftreten wollen, können sich demnach nicht auf Grundrechte berufen. Würde ihnen der Auftritt untersagt, sei das eine außenpolitische Entscheidung im Verhältnis zweier souveräner Staaten. Das impliziert, dass ein Versagen der Einwilligung nach Auffassung der Richter zumindest keinerlei rechtlichen Bedenken begegnen würde.
    Quelle: neues deutschland

    Anmerkung Christian Reimann: Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts kann hier nachgelesen werden. Mit anderen Worten: Diese Bundesregierung stimmt solchen Auftritten türkischer Regierungsmitglieder hierzulande zu.

  6. Populisten-Erfolg ohne Krise: Das holländische Rätsel
    In den Niederlanden könnte Rechtsaußen Geert Wilders die Wahl gewinnen, dabei geht es dem Land blendend. Spielt die Wirtschaft für den Erfolg von Populisten überhaupt eine Rolle?
    Es scheint ein gesegnetes Land zu sein, das Inspekteure des Internationalen Währungsfonds (IWF) kürzlich besuchten. Die Wirtschaft erlebt eine “Erholung mit breiter Basis”, das Wachstum erlaubt “einen weiteren Rückgang der Arbeitslosenrate”, der Bankensektor ist “gut kapitalisiert und belastbar”, die Neuverschuldung wird “schneller als geplant” reduziert. Fehlte fast nur noch, dass die IWF-Leute in ihrem Abschlussbericht den Geschmack der Pannekoeken oder die Schönheit der Grachten gelobt hätten.
    Den Niederlanden geht es ziemlich gut – sowohl nach globalen Maßstäben als auch im Vergleich zum Rest der Eurozone (siehe Grafik). Dennoch könnten bei den Parlamentswahlen am 15. März die meisten Stimmen auf Geert Wilders entfallen. Der Rechtspopulist will nicht nur den Koran verbieten und Muslimen die Einreise verweigern. Er fordert auch einen EU-Austritt, den sogenannten Nexit.
    Oft wird der Aufstieg von Populisten wie Wilders auf wirtschaftliche Krisen und gesellschaftliche Ungleichheit geschoben. Doch davon ist bei den Holländern auch auf den zweiten Blick wenig zu sehen: Relative Armut, Einkommensungleichheit und der Abstand zwischen der reichsten und ärmsten Bevölkerungsschicht sind nach OECD-Daten allesamt geringer als im Durchschnitt der Industrieländer.
    Spielt die Wirtschaft für den Aufstieg von Populisten also überhaupt eine Rolle? […]
    Wilders macht also weniger Wahlkampf mit ökonomischen Fakten, als dass er sie ignoriert. “Das hat etwas von Postmaterialismus”, sagt der niederländische Politologe Cas Mudde. Bislang wurde Postmaterialismus eher mit Grünen-Wählern verbunden. Diese haben der Theorie zufolge ihre grundlegenden Bedürfnisse so umfassend befriedigt, dass sie sich postmateriellen Werten wie Umweltschutz oder Gleichberechtigung zuwenden können. Übertragen auf die Niederlande: Den Holländern geht es wirtschaftlich so gut, dass sie die Grundlagen dieses Wohlstands nun wieder infrage stellen können.
    Quelle: Spiegel Online

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Das vom SPIEGEL propagierte Konzept funktioniert auch bei kleinen Kindern toll: man muss nur ganz fest die Augen schließen, dann existiert die Welt draußen nicht mehr. Natürlich gibt es auch in den Niederlanden Rassisten, und die Diskussion über Zuwanderung ist, nachdem die Niederlande viele Jahre eins der offensten Länder weltweit waren, mit Pim Fortuyn vor 15 Jahren aufgebrochen, als es den Niederländern noch viel besser ging als heute. Aber einfach faktenfrei zu leugnen, dass in den Niederlanden die Armut immer weiter wächst (siehe hier und hier) und angesichts des momentanen Wirtschaftswachstums und der scheinbar relativ niedrigen Arbeitslosigkeit die langen Jahre der Krise und hoher Arbeitslosigkeit nicht wahrhaben zu wollen, ist peinlich.
    Der SPIEGEL “vergisst” die Berichte über den radikalen Sozialabbau in der eigenen Postille und das Nein der Holländer zur EU-Verfassung (2005). Ist wirklich “Postmaterialismus” der Grund, Wilders zu wählen, oder nicht doch platte, krasse, ausufernde Armut und die Angst vor dem sozialen Abstieg? Oder aus einer anderen Perspektive: wenn es den Holländern so gut geht, warum hat dann die Regierungspartei PvdA (die niederländischen “Sozialdemokraten”) für ihre asoziale “Reformpolitik” 70 Prozent ihrer Wähler verloren? Wenn die Faktenlage strikt geleugnet wird, was sind dann die Schlussfolgerungen wert? Fake News helfen uns nicht, die Welt zu verstehen oder zu ändern.

  7. Gewalt gegen Polizisten: Nutzlose Gesetze
    Wer sich gegen Polizisten zur Wehr setzt, muss künftig mit harten Strafen rechnen. Dies sieht ein neuer Gesetzentwurf vor, der zurzeit im Bundestag beraten wird. Danach soll es schon für das Schubsen eines Beamten mindestens drei Monate Gefängnis geben. Die Begründung: Gewalttaten gegen Polizisten wären dramatisch angestiegen. Aber stimmt es auch? Grundlage sind meist die Zahlen der Polizeilichen Kriminalstatistik. Experten halten diese jedoch für wenig aussagekräftig. Insbesondere bei schweren Gewalttaten sei kein Anstieg zu verzeichnen. Das neue Gesetz halten sie für überflüssig und schädlich.
    Quelle: Monitor
  8. Geheimdienste sollen automatischen Zugriff auf die Passbilder aller Bürger bekommen
    Von der Öffentlichkeit bislang unbemerkt soll der vollautomatische Zugriff auf die Passbilder der Bürger für alle Geheimdienste des Landes durchgesetzt werden. Mit einem Gesetz, das heute in erster Lesung im Bundestag behandelt wird, könnte durch die Hintertür eine zentrale biometrische Datenbank aller Bürger entstehen.
    Quelle: netzpolitik.org
  9. Beinaheunfall in Norwegen
    Die Ursache einer im Januar bekannt gewordenen radioaktiven Wolke über Europa scheint auf kein Interesse zu stoßen
    Ende Januar wurde die Öffentlichkeit mit spärlichen Meldungen über eine radioaktive Wolke informiert. Sie enthalte Jod 131 in geringer Konzentration und verteile sich über ganz Europa, wie Strahlenmessungen in Finnland, dann in Frankreich, Spanien und schließlich auch in Deutschland gezeigt hätten.
    Anmerkung Nr. 1: In Deutschland zuletzt.
    Die Wolke sei ungefährlich, hieß es, und “mysteriös”, weil ihre Ursache unbekannt blieb. Immerhin schickte das US-Militär ein mit Messinstrumenten ausgestattetes Spezialflugzeug, um der Sache auf den Grund zu gehen. Verrieten die J131-Spuren vielleicht ein nukleares Experiment der Russen, möglicherweise sogar einen Atomtest?
    Anmerkung Nr. 2: Die EU-Staaten unternahmen keine erkennbaren eigenen Anstrengungen, um die Ursache des Phänomens zu erkunden.
    Am 3. März veröffentlichte die norwegische NGO Bellona einen Bericht über einen Störfall im Forschungsreaktor Halden nahe der Grenze zu Schweden. Er ereignete sich bereits am 24. Oktober 2016, wurde von einer Handvoll englischsprachiger Medien gemeldet und alsbald wieder vergessen.
    Anmerkung Nr. 3: Keine Erwähnung in den deutschen Medien.
    Quelle: Telepolis
  10. Intelligente Stromzähler verzählen sich
    Früher musste man jedes Jahr den Stand am Stromzähler ablesen. Intelligente Zähler, sogenannte Smart-Meter, machen das jetzt selbst. Tests zeigen aber, dass sie sich oft verzählen.
    Diese Smart-Meter sollen bis 2023 flächendeckend in Haushalten eingebaut sein. Die Einführung der neuen Stromzähler startet 2017 bei Großkunden. Das schreibt das Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende vor. Doch viele intelligente Stromzähler liefern nach Angaben von niederländischen Forschern falsche Ergebnisse – meist zu Lasten der Stromkunden. “Einige Smart-Meter haben zwar 30 Prozent unterhalb des tatsächlichen Verbrauchswertes gemessen, andere aber bis zu sechs Mal mehr als den echten Wert”, sagt Cees Keyer von der Fachhochschule Amsterdam im SWR.
    Quelle: SWR
  11. Krieg in Mali
    Uranabbau schützend – Migration und Flucht verhindernd
    Am 26. Januar stimmte der Bundestag mit großer Mehrheit gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE der Verlängerung und Ausweitung des Bundeswehreinsatzes in Mali zu. Nach der Aufstockung um 350 Soldat_innen und acht Hubschrauber ist die deutsche Beteiligung an der UN-Mission MINUSMA nun mit bis zu 1.000 Soldaten der aktuell größte Einsatz der Bundeswehr. Bereits vor der Abstimmung im Bundestag wurden die ersten Transporthelikopter vom Typ NH90 nach Leipzig verlegt, um gleich am Tag nach der Erteilung des Mandats von dort nach Mali transportiert zu werden. Die Transporthubschrauber sollen den Rücktransport von Verwundeten sicherstellen und somit den Aktionsradius der deutschen Truppen um das Camp Castor bei Gao im umkämpften Norden des Landes erhöhen. Folgen sollen nun noch vier Kampfhubschrauber vom Typ Tiger, die mit ihrer umfangreichen Bewaffnung dafür gedacht sind, Bodentruppen bei der Bekämpfung von Aufständischen am Boden zu unterstützen. Denn die Sicherheitslage im Norden Malis befindet sich im freien Fall: Eine gute Woche vor der Entscheidung im Bundestag wurde ein Lager der malischen Armee etwa einen Kilometer vom deutschen Camp Castor angegriffen, wobei etwa 60 Soldaten und Milizionäre umkamen und noch mehr verletzt wurden. Auch das deutsche Feldlager wurde bereits beschossen, deutsche Patrouillen bereits angesprengt und in Gefechte verwickelt. Im November musste der an Camp Castor grenzende Flughafen von Gao nach einem Anschlag für mehrere Tage gesperrt werden.
    Quelle: Informationsstelle Militarisierung e.V.
  12. Wut und Widerstand
    Sechs Jahre nach »Fukushima«: Japans Regierung drängt Menschen in verstrahlte Gebiete zurück. Radikale Linke plant Proteste (…)
    Noch heute kann für viele Menschen, die aufgrund der Katastrophe ihre Häuser verlassen mussten, von einer Rückkehr zur Normalität keine Rede sein. Etwa 160.000 Menschen wurden wegen der Katastrophe evakuiert. Laut Medienberichten können Zehntausende von ihnen noch immer nicht in ihre Heimat zurückkehren. Innerhalb der Sperrzone um das havarierte Kraftwerk, deren Radius von Umweltschützern als viel zu klein kritisiert wird, wird auf absehbare kein Leben mehr möglich sein. Bilder verlassener Straßenzüge, Schulen und Supermärkte in den überstürzt evakuierten, verseuchten Gebieten erinnern den Beobachter an Aufnahmen aus Tschernobyl.
    Gleichwohl wurde das Sperrgebiet um die Unglücksstelle in den Jahren nach dem Unglück sukzessive verkleinert; jenen, die sich weigerten zurückzukehren, drohte der Entzug der ohnehin viel zu knapp bemessenen staatlichen Hilfsgelder. Dabei stellten Greenpeace und weitere Umweltorganisationen im vergangenen Jahr fest, dass die bisher vorgenommenen Säuberungsarbeiten und das Abtragen der oberen Schichten des verstrahlten Erdreichs keineswegs dazu geführt haben, dass sich die Menschen in den offiziell als gesundheitlich unbedenklich geltenden Gebieten außer Gefahr befinden.
    Ende März soll nun das schwer betroffene Dorf Itate ebenfalls zur bewohnbaren Zone erklärt werden. Erneut macht Greenpeace darauf aufmerksam, dass die Strahlenwerte dort noch immer gefährlich hoch sind – und einmal mehr droht der Staat jenen, die aus Rücksicht auf ihre Gesundheit nicht zu einer Rückkehr bereit sind, mit der Kappung finanzieller Hilfen.
    Quelle: junge Welt
  13. Evicted,- Poverty and Profit in the American City
    In this brilliant, heartbreaking book, Matthew Desmond takes us into the poorest neighborhoods of Milwaukee to tell the story of eight families on the edge. Arleen is a single mother trying to raise her two sons on the $20 a month she has left after paying for their rundown apartment. Scott is a gentle nurse consumed by a heroin addiction. Lamar, a man with no legs and a neighborhood full of boys to look after, tries to work his way out of debt. Vanetta participates in a botched stickup after her hours are cut. All are spending almost everything they have on rent, and all have fallen behind.
    The fates of these families are in the hands of two landlords: Sherrena Tarver, a former schoolteacher turned inner-city entrepreneur, and Tobin Charney, who runs one of the worst trailer parks in Milwaukee. They loathe some of their tenants and are fond of others, but as Sherrena puts it, “Love don’t pay the bills.” She moves to evict Arleen and her boys a few days before Christmas.
    Even in the most desolate areas of American cities, evictions used to be rare. But today, most poor renting families are spending more than half of their income on housing, and eviction has become ordinary, especially for single mothers. In vivid, intimate prose, Desmond provides a ground-level view of one of the most urgent issues facing America today. As we see families forced into shelters, squalid apartments, or more dangerous neighborhoods, we bear witness to the human cost of America’s vast inequality—and to people’s determination and intelligence in the face of hardship.
    Quelle: Evicted
  14. Finanzlobby steckte Milliarden in den US-Wahlkampf
    Die Wall Street hat im vergangenen US-Präsidentschaftswahlkampf zwei Milliarden Dollar für Lobbyarbeit und Kampagnenfinanzierung ausgegeben – ein Rekord. Offenbar zahlen sich die gigantischen Investitionen aus.
    Quelle: Spiegel Online

    Anmerkung JK: Das ist das eigentliche Problem, dass es im Prinzip egal ist, wer im Weißen Haus sitzt. Aber seit wann verbreitet der Spiegel Verschwörungstheorien über den Einfluss der Finanzindustrie? Wobei der Versuch, dies wieder in Richtung Trump-Bashing zu drehen, lächerlich ist. Trump dürfte auf Grund seines Vermögens am wenigsten am Gängelband der Finanzindustrie hängen. Entsprechende Entscheidung trifft Trump nicht wegen eines Abhängigkeitsverhältnisses, sondern aus seiner eigenen Interessenlage als Angehöriger der US-Oligarchie. Was uns zum Anfang zurück bringt: Entweder es sitzt ein Erfüllungsgehilfe der Finanzindustrie auf dem Präsidentenstuhl oder ein Vertreter der US-Oligarchie selbst.

  15. Zu guter Letzt: Bundesregierung will CIA-Spionage erst verurteilen, wenn Merkel selbst betroffen ist
    Berlin (dpo) – Wieder einmal sorgt ein Leak zu den Abhöraktivitäten der US-Geheimdienste für Wirbel. Doch von der Bundesregierung ist in absehbarer Zeit wohl keine Reaktion zu erwarten. Laut Regierungssprecher Steffen Seibert wolle man in traditioneller Manier erst dann die Abhörpraktiken verurteilen, wenn herauskommt, dass Bundeskanzlerin Merkel betroffen ist.
    “Es ist spätestens seit dem NSA-Skandal eine gute alte Tradition, dass uns Überwachungsskandale – gelinde gesagt – am Arsch vorbeigehen”, erklärte Seibert die Haltung der Regierung. “Zumindest, solange nur die deutschen Bürger von den Cyberattacken betroffen sind, die offenbar von der US-Generalkonsulat in Frankfurt aus orchestriert werden.”
    Quelle: Der Postillon
  16. Das Letzte: Ein Risiko bleibt immer
    Wer das Internet nutzt, begibt sich in Gefahr. Man kann ausspioniert, geschädigt oder bestohlen werden. Doch das Risiko sollte jeder aushalten. Das Smartphone wird nie sicher sein. Ebenso in Gefahr ist der internetfähige Fernseher, Kühlschrank und Computer. Alles, was vernetzt ist, kann von Fremden übernommen werden. Das ist nicht neu, das ist meist nicht schlimm und das ist selten existentiell. Dieses Risiko gehört zum modernen Leben dazu.
    Quelle: FAZ

    Anmerkung JK: Motto: Locker bleiben, alles nicht so schlimm, wen juckt das schon. Hilfloser kann man es nicht ausdrücken. Die “Qualitätsmedien” finden diesmal offensichtlich keinen guten Grund zur Rechtfertigung der CIA-Aktivitäten. Das will was heißen.


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