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- Was Sie über Aleppo hören, ist bestenfalls ein kleiner Teil der Wahrheit
Interview mit dem Konfliktforscher Jan Oberg, der die Befreiung Aleppos als “weltgeschichtliches” Ereignis einstuft
Nur knapp sechs Wochen sind vergangenen, seitdem kaum eine Nachrichtensendung ohne Schlagzeile zu den Ereignissen im syrischen Aleppo auskam. Unterstützt durch russische Luftangriffen eroberten Mitte Dezember Truppen der syrischen Armee den Ostteil der Stadt und beendeten damit die seit vier Jahren andauernde Kontrolle oppositioneller Milizen. […]
Jan Oberg: Berichte, wonach die syrische Regierung, die Armee und de Russen nur unschuldige Zivilisten ermorden und dass der Präsident systematisch seine eigene Leute tötet, wie es immer mit kaum oder gar keiner Überprüfung der Quellen behauptet wird, bilden nach meiner Wahrnehmung nicht die ganze Wahrheit ab. Oder schlimmer: Sie sind vorsätzlich erlogen und verteufelnd. Was Sie über die Befreiung Aleppos gehört haben, ist entweder verfälscht oder nur ein kleiner Teil einer viel größeren Wahrheit. […]
Jan Oberg: Da haben Sie Recht. Die Zerstörung, die ich in Ost-Aleppo sah, war unbeschreiblich. Sie war systematisch. Und es war herzzerreißend. Ich habe die Zerstörung von Orten wie Sarajevo, Vukovar, Krajina, Ost- und West-Slawonien, Abchasien und Südossetien gesehen.
Das hier war schlimmer. Aber diese Ruinen – eingeschlossen die Altstadt, ein UNESCO-Weltkulturerbe – waren das Ergebnis von vier Jahren Besatzung durch Rebellen, die vor allem von NATO-Staaten und anderen “Freunden Syriens” wie Saudi Arabien und den Golfstaaten unterstützt wurden. […]
Aktivisten vor Ort und Ersthelfer wie die White Helmets haben immer wieder über die gewaltige Zerstörung durch Luftangriffe und über bombardierte Wohngebäude und Krankenhäuser berichtet. Hatten Sie die Möglichkeit mit einem von ihnen zu sprechen?
Jan Oberg: Nein, von dieser mit 100 Millionen US-Dollar finanzierten angeblichen Hilfsorganisation haben ich niemanden in Aleppo gesehen. Ich traf ein paar Anwohner, die von ihnen gehört hatten, aber niemanden, der sie gesehen hatte oder während der Besatzungsjahre Hilfe von ihnen erhalten hatte.
Wo sollen sie gewesen sein, wenn nicht in Ost-Aleppo, um Zehntausenden nach der Befreiung aus vier Jahren Hölle zu helfen? Stattdessen habe ich junge syrische Freiwillige getroffen, die meisten stammten von der Universität der Stadt oder dem Syrisch-Arabischen Roten Halbmond, einer Organisation, die nicht so viel Glück damit hatte, westliche Unterstützung zu bekommen.
Quelle: Telepolis
- Merkels Türkei-Besuch kommt zur Unzeit
Die Linken-Politikerin Sevim Dagdelen hat die für Donnerstag geplante Türkei-Reise von Bundeskanzlerin Angela Merkel kritisiert. Im Vorfeld des Referendums in der Türkei könne der Besuch in Ankara nur als Unterstützung von Präsident Recep Tayyip Erdogan gewertet werden, sagte Dagdelen im DLF. Die Demokratie in der Türkei werde abgebaut. So seien allein in der letzten Woche 1.000 Menschen verhaftet worden, sagte Sevim Dagdelen im DLF. Aber wenn die Bundeskanzlerin schon in Ankara sei, müsse sie sich öffentlich für die Freilassung von politischen Gefangenen einsetzen und inhaftierte Oppositionelle besuchen, so die Bundestagsabgordnete der Linken. Dagdelen kritisierte zudem das Verhalten der Bundesregierung bezüglich der türkischen Soldaten, die in NATO-Einrichtungen gearbeitet hatten und in Deutschland Asyl beantragt haben sollen. Ihres Wissens nach handele es sich um insgesamt 34 türkische Soldaten. Die Linken-Politikerin verwies auf das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge und sagte, dass der Bundesregierung keine Erkenntnisse vorliegen, wie viele Soldaten nach dem Putschversuch in Deutschland Asyl beantragt hätten. Sie selbst glaube aber nicht an diese Aussage. In der aktuellen Situation hält Dagdelen es für grundlegend wichtig, wie Deutschland sich in diesem Fall positionieren wird. “Das ist nicht nur eine rechtliche Frage, sondern natürlich auch eine politische Einschätzung und Wertung über die Entwicklung in der Türkei. Es geht hier um Asyl wegen politischer Verfolgung.”
Quelle: Deutschlandfunk
dazu: Merkel kontert Kritik von Trumps Wirtschaftsberater
Deutschland beutet durch den Euro andere EU-Länder und die Vereinigten Staaten aus, behauptet ein Wirtschaftsberater Trumps. Die Kanzlerin sieht das anders.
Bundeskanzlerin Angela Merkel weist den Vorwurf eines ranghohen Beraters des amerikanischen Präsidenten Donald Trump zurück, wonach sich Deutschland durch den Euro unfaire Handelsvorteile verschaffe. „Deutschland ist ein Land, das immer dafür geworben hat, dass die Europäische Zentralbank eine unabhängige Politik macht, so wie das auch die Bundesbank gemacht hat, als es noch keinen Euro gab“, sagte Merkel während eines Besuches in Stockholm an diesem Dienstag.
Und weiter hob die Kanzlerin hervor: „Deshalb werden wir auf das Verhalten der EZB auch keinen Einfluss nehmen. Deshalb kann ich auch an der Situation, wie sie ist, und will ich auch gar nichts ändern.“
Quelle: FAZ
Anmerkung Thomas Trares: Da fehlen einem die Worte! Die Kanzlerin „kontert“ Kritik an Deutschlands Handelspolitik, vulgo Exportüberschüssen und Lohndumping, mit dem Hinweis, dass die EZB unabhängig sei! Hä? Was? Hat sie das wirklich gesagt?! Unfassbar! Eigentlich hätte sie gestern in Stockholm auch sagen können: „Mein Bekannter und ich waren im letzten Sommer auf einem Campingplatz bei Saarbrücken. Dort war es sehr sauber.“ Dann hätte wenigstens jeder sofort gemerkt, welch einen Nonsens die Kanzlerin von sich gibt, und dass die Kritik und ihre Antwort auf die Kritik nichts, aber auch gar nichts miteinander zu tun haben. Das sind zwei völlig verschiedene Themen.
Dieser ganze Wettbewerbsfähigkeitsirrsinn, die schwäbische Hausfrau, usw – eine Bundeskanzlerin muss nicht zwingend eine Wirtschaftsexpertin sein, aber das Ausmaß der Ahnungslosigkeit dieser Kanzlerin ist erschütternd. Und das soll die Frau sein, die alles vom Ende her denkt? Wahnsinn!
Nicht besser ist allerdings der Artikel selbst, der diese Absonderungen offenbar noch ernst nimmt und sich weiter unten auch noch in Mutmaßungen ergeht, dass die neue US-Administration „gezielt Zwietracht auch zwischen Europas Regierungen säen“ wolle. Wenn man denkt, das war es jetzt, wird nochmal einer draufgesetzt. Dieses ganze Dokument ist geradezu ein Paradebeispiel für Postfaktisches.
- Trump-Berater wirft Deutschland Ausbeutung vor
Ein wichtiger Berater von US-Präsident Donald Trump hat Deutschland vorgeworfen, seine Handelspartner durch einen schwachen Euro “auszubeuten”. Deutschland profitiere von einer “extrem unterbewerteten ‘impliziten Deutschen Mark'”, sagte der Chef des Nationalen Handelsrats, Peter Navarro, der britischen “Financial Times”.
Quelle: Spiegel Online
Anmerkung J.K.: Was soll man sagen? Ja, Deutschland exportiert auch Arbeitslosigkeit. Ja, man kann das so sehen, dass Deutschland auf Kosten anderer lebt. Nochmals, die USA hatten 2015 ein Außenhandelsdefizit von über 800 Milliarden US-Dollar, folgt man der Betrachtungsweise der deutschen “Qualitätsmedien” haben die USA das einfach zu akzeptieren. Der deutsche Exportüberschuss beträgt nach den neusten Zahlen 8,6 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung. Die EU-Kommission stuft bereits Werte von dauerhaft mehr als sechs Prozent als stabilitätsgefährdend ein. Der Störenfried ist in diesem Falle Deutschland, nicht Trump.
dazu: Trump’s top trade adviser accuses Germany of currency exploitation
Berlin is using a ‘grossly undervalued’ euro to gain advantage over trading partners, says Navarro
Peter Navarro, the head of Mr Trump’s new National Trade Council, told the Financial Times the euro was like an “implicit Deutsche Mark” whose low valuation gave Germany an advantage over its main trading partners. His views suggest the new administration is focusing on currency as part of its hard-charging approach on trade ties.
In a departure from past US policy, Mr Navarro also called Germany one of the main hurdles to a US trade deal with the EU and declared talks with the bloc over a US-EU agreement, known as the Transatlantic Trade and Investment Partnership, dead.
“A big obstacle to viewing TTIP as a bilateral deal is Germany, which continues to exploit other countries in the EU as well as the US with an ‘implicit Deutsche Mark’ that is grossly undervalued,” Mr Navarro said. “The German structural imbalance in trade with the rest of the EU and the US underscores the economic heterogeneity [diversity] within the EU — ergo, this is a multilateral deal in bilateral dress.”
Germany’s large trade surplus with the US and much of the eurozone has been a point of friction in Brussels and Washington for several years, with both capitals calling for Berlin to stimulate domestic demand to rebalance its economy.
Angela Merkel, the German chancellor, responded to Mr Navarro’s allegations, saying Germany could not influence the euro. At a press conference in Stockholm with Stefan Lofven, Sweden’s prime minister, Ms Merkel said Germany has always “supported an independent European Central Bank”.
Quelle: Financial Times
Anmerkung unseres Lesers E.J.: Nochmal zum Mitschreiben für die deutsche Qualitätspresse: Hätte Deutschland noch die DM, wäre es mit den deutschen Exportüberschüssen Essig. In Europa verhindert der Euro Währungsanpassungen der durch massive Lohnzurückhaltung und Ausbau des Niedriglohnsektors in Deutschland an die Wand gedrückten EU-“Partner”. Weltweit puffert der Euro den Preis für deutsche Exportleistungen – weil der Kurs des Euro nicht nur durch die deutsche internationale “Exportstärke” (= teurer Euro), sondern auch durch die im Vergleich zu Deutschland bestehende internationale “Importstärke” der anderen Eurostaaten (=billiger Euro) zu Stande kommt.
Auf diese berechtigte Kritik an strukturell (Währungsunion) bedingten deutschen Exportüberschüssen gibt Merkel den Michel: Für den Euro und seinen Einfluss auf den deutschen Exportüberschuss ist doch ganz alleine die Europäische Zentralbank zuständig. Da passt der Spruch eines anderen US-Präsidenten: Manchmal lassen sich alle für eine Zeitlang und manche für immer für Dumm verkaufen: Aber nicht alle für immer.
- Der Sektor – Warum die globale Finanzwirtschaft uns zerstört
Michael Hudson greift auf Klassiker der Ökonomie wie Adam Smith zurück, um die Rolle des Finanzsektors zu kritisieren. Im Mittelpunkt steht ein fast vergessenes Konzept – die Grundrente. Die Rente hatte in der Volkswirtschaftslehre (VWL) traditionell noch eine andere Bedeutung als in der Alltagssprache. Weil er das nie vergessen hat, gehörte Michael Hudson zu den wenigen Ökonomen, die vor dem Platzen der Immobilienblase in den USA und dem Beinahekollaps des Finanzsystems warnten. Heute ist das Konzept die Basis für eine Fundamentalkritik an der Rolle des Finanzsektors, wie man sie sonst selten liest. (…) Die Besinnung auf die Klassiker und den speziellen Charakter des Preises für Grund und Boden hat Hudson ermöglicht, etwas zu sehen, was den meisten Ökonomen verborgen blieb, weil sie den Zusammenhang von Kreditvergabe und Immobilienpreisen nicht sahen. Im Frühjahr 2006 sagte er in einer Titelgeschichte des Magazins “Harper’s” den baldigen Kollaps der Immobilienpreise und damit den Beginn der Finanzkrise voraus. Dadurch wurde er in den USA und international zu einem gefragten Kommentator. (…)
Die Zukunft malt Hudson in düsteren Farben. “Der Bankrott scheint unausweichlich”, schreibt er. Denn weil die Banken so viel Spekulation finanzierten und so wenig produktive Investitionen, wüchsen ihre Ansprüche an das Produktionsergebnis stärker als die Produktion. “Dieses Schneeballsystem kann man mit immer leichterer Kreditvergabe und sinkenden Zinsen eine Weile am Laufen halten”, aber irgendwann gebe es nicht mehr genug, die sich noch mehr verschulden wollen und können.
Quelle: Norbert Häring
Anmerkung Paul Schreyer: Norbert Häring kritisiert in dieser Buchrezension Heiner Flassbeck für dessen Verriss von Michael Hudson. Es lohnt, diese Diskussion aufmerksam zu verfolgen.
- Handelsstreit zwischen USA und Mexiko: Armut auf beiden Seiten
US-Präsident Trump möchte das Freihandelsabkommen Nafta mit Mexiko neu verhandeln, weil es die USA seiner Meinung nach benachteiligt. Die mexikanische Politikwissenschaftlerin Sabina Morales Rosa sieht das anders – fordert aber gleichfalls: Nafta muss neu überdacht werden. (…) Dabei hat Trump durchaus recht, wenn er behauptet, dass das Freihandelsabkommen auch den US-amerikanischen Industriearbeitern schade. Wie kann es sein, dass dieses Abkommen, das die USA derart bevorzugt, dennoch auch dort die Ungleichheit verschärft? Und wie kann es sein, dass Mexiko zwar heute sehr viel mehr Handel treibt, dies aber weder den Menschen noch dem Land nutzt? Die Antwort ist: Das Freihandelsabkommen Nafta ist ein großer Erfolg, auf beiden Seiten – aber nur für diejenigen, die den Reichtum ohnehin in ihren Händen konzentrieren. (…) Die Frage, ob Nafta neu verhandelt werden muss, stellt sich gar nicht. Selbstverständlich muss dieser Vertrag geändert oder sogar annulliert werden. Aber nicht aus den Gründen und zu den Bedingungen, die Trump jetzt nennt. Er hat nicht vor, die soziale Ungleichheit zu bekämpfen, die diese Art des “Freihandels” mit sich bringt. Er will die Privilegien der US-amerikanischen Konzerne sichern.
Quelle: Deutschlandradio Kultur
- Landesunternehmen erhöhen noch schnell die Mieten
Die landeseigenen Wohnungsunternehmen haben per 1. Januar dieses Jahres 21.751 Mieterhöhungen ausgesprochen. Diese Zahl nannte am Montag der Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU). Angaben zur Höhe der Mietforderungen machte der BBU zwar nicht, doch erklärte die Initiative Mietenvolksentscheid zu ihr bekannten Fällen: “Die Erhöhungen liegen zum großen Teil über 10 Prozent, teilweise betragen sie bis zu 14 Prozent.” Die Forderungen der städtischen Unternehmen liegen damit deutlich über dem Limit, das die rot-rot-grüne Regierung im Koalitionsvertrag festgeschrieben hat. Danach sollen die Mieterhöhungsmöglichkeiten bei den landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften für vier Jahre auf zwei Prozent jährlich beschränkt werden. “Es ist ein unglaublicher Vorgang, dass die landeseigenen Gesellschaften den erklärten Willen der Koalitionsparteien zur Begrenzung der Mieterhöhungen ignorieren und kurz vor der Umsetzung der Koalitionsvereinbarung die maximal mögliche Mieterhöhung durchsetzen wollen”, sagte Rouzbeh Taheri, Sprecher der Initiative Mietenvolksentscheid.
Quelle: Berliner Zeitung
- Teilnehmer dringend gesucht: BMAS erweitert Zielgruppe des ESF-Programms für Langzeitarbeitslose
Das Bundesarbeitsministerium passt zum zweiten Mal die Förderkriterien für das Sonderprogramm zum Abbau von Langzeitarbeitslosigkeit an. Das geht aus einem Rundschreiben des Bundesverwaltungsamts hervor. Bisher sind erst ein Drittel der geplanten Plätze besetzt. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) passt zum 1. Februar erneut die Förderrichtlinie des aus dem Europäischen Sozialfonds finanzierten Sonderprogramms zum Abbau der Langzeitarbeitslosigkeit an und erweitert damit unter anderem den potentiellen Teilnehmerkreis. Mit den Änderungen würden Erkenntnisse aus der Umsetzungspraxis sowie Anregungen aus zwei Workshops mit Praktikern berücksichtigt und „zusätzliche Impulse für die Zielerreichung des Programms gegeben“, so das für die Umsetzung verantwortliche Bundesverwaltungsamt (BVA).
Quelle: O-Ton Arbeitsmarkt
- Gewerkschaften kündigen Warnstreiks an
An Schulen, Kliniken oder in Bereichen der Justiz kann es bald zu Streiks und Protesten kommen. Verhandlungen über eine Tariferhöhung brachten keine Fortschritte. Die Bürger müssen sich auf bundesweite Warnstreiks und Protestaktionen im öffentlichen Dienst einstellen – etwa an Schulen, Unikliniken, bei Polizei oder Straßenmeistereien. Die zweite Runde der Tarifverhandlungen für die Angestellten der Länder habe keine konkreten Ergebnisse oder Angebote gebracht, hieß es von Gewerkschaftsseite. Die Beschäftigten der Länder würden nun in den nächsten Tagen und Wochen zu Warnstreiks und Protestaktionen aufgerufen. Kleinere Aktionen hatte es bereits in den vergangenen Tagen gegeben.Die Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) hatte wiederholt deutlich gemacht, dass sie die Gewerkschaftsforderung mit einem Gesamtvolumen von sechs Prozent Plus für viel zu hoch hält. Nach den Worten des TdL-Verhandlungsführers, Niedersachsens Finanzminister Peter-Jürgen Schneider (SPD), mussten in der zweiten Runde zunächst die einzelnen Forderungen definiert werden, die “unter dem Dach” der sechs Prozent zusammengefasst seien. Er halte es im Übrigen für problematisch, wenn der öffentliche Dienst höhere Forderungen stelle als Industriegewerkschaften.
Quelle: Zeit Online
Anmerkung unseres Lesers J.A.: Wieder ein sehr merkwürdiges “Argument” der Arbeitgeber: “Er halte es im Übrigen für problematisch, wenn der öffentliche Dienst höhere Forderungen stelle als Industriegewerkschaften.” Weil nur in der Industrie “unser Wohlstand” erarbeitet (und dann, ganz nebenbei, ans Ausland verschenkt) wird und die Angestellten im Öffentlichen Dienst bloß Däumchen drehen, vor allem die Sachbearbeiter in den Bürgerbüros, die Krankenschwestern und Feuerwehrleute? Müssen die Tarifforderungen neuerdings synchronisiert werden und sich am besten an dem viel zu niedrigen Stand ausrichten, der inzwischen “in der Industrie” erreicht wird?
- Stadtwerke warnen vor Marktmacht der großen Netzbetreiber
Der “Verband Kommunaler Unternehmen” warnt vor der Entstehung neuer monopolartiger Strukturen auf dem Strommarkt.VKU-Geschäftsführerin Reiche sagte der Zeitung “Die Welt”, es gebe eine schleichende Stärkung der großen Netzbetreiber. Der große Einfluss der vier großen Unternehmen werde aber der grundsätzlich dezentral angelegten Energiewende nicht gerecht. Für die Stabilität der Netze seien schließlich die Stadtwerke und Regionalversorger zuständig.
Quelle: Deutschlandfunk
- Der Staat macht es lieber privat
Es ist die größte Privatisierung seit 1994, als die Deutsche Bahn AG gegründet wurde. Im Jahr 2017 zielt die Selbstentmachtung des Staates auf die Autobahnen. Die Bundesregierung plant, elf Artikel des Grundgesetzes zu ändern. Danach wird es nicht mehr wie heute der Zustimmung von allen Landesparlamenten und dem Bundestag bedürfen, um zum Bau und Unterhalt der Schnellstraßen flächendeckend öffentlich-private Partnerschaften einzusetzen. Das wird dann allein der Vorstand der neuen, privatrechtlichen Infrastrukturgesellschaft entscheiden können – letztlich autonom und ohne demokratische Kontrolle. Warum soll eine neue Autobahn-GmbH gegründet werden, trotz scharfer Kritik des Bundesrechnungshofes?
Quelle: Freitag
- In diesen Städten ist die Luft am schlechtesten
Kopfschmerz, Schwindel, Atemnot: Stickoxide sind eine Gefahr für die Gesundheit – doch die Politik versagt im Kampf gegen die Luftverschmutzung. Eine interaktive Karte zeigt, ob Ihre Stadt betroffen ist.
Quelle: Spiegel Online
Anmerkung unseres Lesers J.S.: Der Artikel ist mit “Kopfschmerz, Schwindel, Atemnot” noch zurückhaltend: Offizielle EU-Zahlen gehen von zehntausenden vorzeitigen Todesfällen in Deutschland aufgrund von Luftschadstoffen, insbesondere Stickoxiden aus.
- Innenministerium lobt neue Rückkehrprämien für Flüchtlinge aus
Die Bundesregierung will ab Februar ihr neues Rückkehrprogramm „Starthilfe Plus“ beginnen, das den Verzicht auf ein Asylverfahren mit bis zu 1.200 Euro honoriert. In einer Erklärung des Ministeriums heißt es, durch „das bundeseigene Zusatzprogramm soll nun insbesondere für diejenigen, deren Erfolgschancen im Asylverfahren sehr gering sind, ein finanzieller Anreiz geschaffen werden“. Die Entscheidung zur freiwilligen Rückkehr in die Heimat solle „möglichst schon im Asylverfahren, spätestens jedoch innerhalb der Ausreisefrist“ fallen.Nach Schätzungen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge haben 2016 rund 55.000 Personen Deutschland freiwillig verlassen. Das Programm „Starthilfe Plus“ richtet sich laut Ministerium an Menschen aus 40 Herkunftsstaaten.
Quelle: Migazin
Anmerkung Christian Reimann: Das erinnert an die “Rückkehrprämien” vor über 30 Jahren in der Kohl-Zeit. 30 Jahre später schrieb das Springer-Organ “Welt” dazu u.a.: “Kohl wollte die Zahl der Türken halbieren. Ein heute absurd wirkender Gedanke, den er damals öffentlich in Form einer erfolglosen Rückkehrprämie artikulierte.” Nun soll die Zahl der hier lebenden Asylbewerber wenn nicht halbiert, aber dennoch verringert werden. Und das soll heute nicht “absurd” wirken?
- Eine Richtigstellung
Schade eigentlich, dass um die Jahrtausendwende noch keiner daran dachte, Fake-News zu verbieten. Vielleicht hätte uns das Hartz IV und die Riesterrente erspart. Müsste man solche Folgen, Fake-Produkte also, nicht eigentlich auch auf den Prüfstand stellen? […]
Bei der ganzen Agenda 2010 war das nicht viel anders. Welche Hiobsbotschaften setzte man uns vor! Arbeit sei zu teuer. Die Arbeitslosen wollten es angeblich bleiben. Man konnte ja so fein leben von der Stütze. Nur Fake-Nachrichten dazu. Auf allen Kanälen. Die wenigen Standhaften in der Sozialdemokratie, Leute wie Ottmar Schreiner etwa, wurden als die eigentlichen Faker hingestellt. Sie hätten nämlich die Wahrheit noch nicht erkannt. Hartz IV müsse sein. Und zwar genau so, mit all seinen Repressalien. Und noch weitere sollten folgen, denn man könne doch gar nicht hart genug gegen die Sozialschmarotzer vorgehen. Auf Grundlage von Fakes senkte man Unternehmenssteuern, löste die paritätische Krankenversicherung einseitig auf, schuf Erleichterungen für Arbeitsverhältnisse außerhalb der so genannten Normalbeschäftigung. Dort natürlich im untersten Lohnsegment. Man erleichterte es, sich Arbeitnehmer einzustellen, für die keine Sozialabgaben zu entrichten waren. Konnte sie nun schneller feuern und sparte sich Betriebsräte in kleineren Betrieben. Alles nur, weil gewisse arbeitgebernahe Kreise Gerüchte in die Welt setzten. Tatsachenfälschung betrieben. Weil sie faketen.
Quelle: neulandrebellen
- Anklage: „Kontaktschuld“ – Daniele Ganser im Interview
Als Historiker zieht Daniele Ganser beim Konzept der Kontaktschuld Parallelen zum Dritten Reich: „Im Dritten Reich hat es geheißen: Bei diesem Juden darfst du nicht einkaufen. Das ist Kontaktschuld, historisch gesehen. Und heute heißt es: Mit dem Russen darfst du nicht sprechen, mit Muslimen darfst du nicht sprechen.“ Daniele Ganser findet es grundsätzlich falsch, bestimmte Bevölkerungsgruppen zu ignorieren und das Gespräch mit ihnen zu verweigern. Das gelte auch für rechtsnationale Bewegungen wie die AfD und deren Wähler. „Wenn jemand SPD, CDU oder FDP wählt, darf man mit ihm sprechen, aber wenn der gleiche Mensch seine Meinung ändert und dann AfD wählt, spricht man nicht mehr mit ihm. Das macht keinen Sinn. Inhaltlich kann man immer streiten, aber was ich kritisiere, ist, dass die Idee der Kontaktschuld immer oberflächlich ist. Es geht nie um die Inhalte, sondern immer nur um den Brand – den Brand ‚AfD’ oder den Brand ‚Ken Jebsen’“.
Quelle: Sputnik News
- Deutsche Medienkonzerne haben das Nachsehen
Seit 1995 erhebt der Journalist Lutz Hachmeister das jährliche Ranking der größten Medienkonzerne der Welt. Es zeigt, wie massiv sich der Markt verändert hat. … Im Gespräch mit Ulrike Simon vom RedaktionsNetzwerk Deutschland entwickelte Hachmeister, Direktor des Institut für Medien- und Kommunikationspolitik (IfM), fünf Thesen:
- Auch Google, Apple, Facebook, Amazon sind Medienkonzerne
- Die deutsche Medienindustrie löst sich auf
- Der Rundfunkbeitrag wird zur Medienabgabe
- ARD und ZDF werden sich auf Regionales und Politik beschränken müssen
- Die Eigentümerstrukturen werden sich verändern…
Quelle: Badische Zeitung
Dazu auch: Das sind die größten Medienkonzerne der Welt
Noch vor wenigen Jahren war Netflix unbekannt. Inzwischen setzt der US-Konzern so viel um wie Axel Springer und Pro Sieben Sat 1 zusammen. Der Umsatz der Google-Holding Alphabet wiederum ist mehr als zehnmal so hoch wie der von Netflix. Das geht aus dem Ranking der weltgrößten Medienkonzerne 2016 hervor, das HORIZONT Online exklusiv veröffentlicht
Quelle: Horizont
- Wettlauf von System und Systemkritik – Gespräch mit Daniel Kehlmann
Am Donnerstag wird Daniel Kehlmanns “Heilig Abend” uraufgeführt. (…) “Das Stück ist ein Verhör zwischen einem Polizisten und einer Professorin, die er terroristischer Umtriebe verdächtigt”, so Daniel Kehlmann im Deutschlandradio Kultur. Die Philosophieprofessorin soll eine Bombe gelegt haben, die an Heiligabend um Mitternacht explodieren wird. Dem Polizisten bleiben 90 Minuten, um herauszufinden, wo die Bombe ist – falls es sie gibt – und sie zu entschärfen. Das Verhör spiegelt den üblichen Konflikt zwischen Freiheit und Sicherheit wider, aber es wird auch zum Schlagabtausch zwischen System und Systemkritik: “Einerseits der Polizist, der sagt, ich muss die Menschen beschützen vor dem Terror, und andererseits die Professorin, die sagt, die Welt ist so furchtbar und das System ist an sich so gewalttätig, dass jeder Widerstand gegen das System seine Berechtigung hat”, sagt Kehlmann. Für den Polizisten sind das Fragen von vorgestern. Die Professorin hält dagegen. “Sie sagt: weil man das gelöst hat? Sind das Fragen von vorgestern, weil Problem der Armut beseitigt ist?” Wer von beiden Recht hat, entscheidet das Stück nicht. “Es darf in so einer Situation, glaube ich, nicht einen eindeutigen Gewinner oder Verlierer geben”, so der Schriftsteller. “Weil wenn hier einer von den beiden eindeutig im Recht wäre und der andere im Unrecht, dann würde so ein Stück sofort in Propaganda umschlagen.” Letztlich stecke hinter vielen aktuellen Fragen die “viel profundere und tiefere und ältere Frage der Verteilungsgerechtigkeit”, meint Kehlmann.” Wieso sind die Güter der Welt so ungerecht verteilt? Wieso sind wenige so reich und so viele so arm, und was kann man tun, um die Güter der Welt besser zu verteilen? Diese Frage ist immer noch die Frage, die unterhalb all dieser Fragen liegt, die wir als viel aktueller empfinden, und sie ist immer noch die wichtigere.”
Quelle: Deutschlandradio Kultur
- Zu guter Letzt: Sieben muslimische Staaten verhängen Einreiseverbot für amerikanische Drohnen
Bagdad, Sanaa, Mogadischu (dpo) – Handelt es sich um eine Retourkutsche? Unmittelbar nach dem von US-Präsident Donald Trump verhängten Einreisestopp für Staatsangehörige aus sieben Ländern mit vornehmlich muslimischer Bevölkerung haben die ersten betroffenen Staaten reagiert. So verhängten unter anderem Syrien, Somalia, Jemen, der Irak und Libyen mit sofortiger Wirkung einen Einreisestopp für US-amerikanische Drohnen.
“Drohnen des Typs Predator, Reaper, Raven, Wasp, Global Hawk, T-Hawk, Shadow und Gray Eagle dürfen vorerst 30 Tage lang nicht mehr einreisen”, so ein Sprecher des somalischen Außenministeriums. “Danach sehen wir weiter.”
Zuvor hatte eine Analyse ergeben, dass mörderische Drohnen, die im Irak, in Libyen, Syrien, Jemen und Somalia für hunderte Todesfälle verantwortlich sind, ausschließlich aus den USA stammen.
Quelle: Der Postillon