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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 26. Januar 2017 um 8:51 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (AT)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. „Virenverdacht“ bei nachdenkseiten.de
  2. Höchste Zeit für eine entschiedene Stärkung der Binnennachfrage
  3. SPD-Kanzlerkandidat: “Bisher kein politisches Argument für Schulz”
  4. Im Keller sprudelt das Grundwasser
  5. Jobcenter müssen PC und Abi-Feier bezahlen
  6. In Sachen Rente steht es zwischen Österreich – Deutschland: 4:0
  7. Für eine solidarische Gesellschaft! Für einen Bundespräsidenten mit sozialer Agenda!
  8. Freihandel bremst Wirtschaftswachstum
  9. EU attackiert Mitbestimmung in Unternehmen
  10. Filou Fillon?
  11. An östlichen EU-Außengrenzen: Immer wieder rechtswidrige Zurückweisungen von Schutzsuchenden
  12. Erdogan, Gülen und der Putsch
  13. EUropas „Brexit-Dividende“
  14. Erklärung zum Syrienkrieg
  15. Strahlendes Erbe, teuer bezahlt – Wie Atomkonzerne den Staat schröpfen
  16. Regulierungsdauerfeuer gegen Fake News und Social Bots ohne empirische Grundlage
  17. Zu guter Letzt: Exklusiv-Interview: So erklärt Sigmar Gabriel seinen Verzicht auf die Kanzlerkandidatur

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. „Virenverdacht“ bei nachdenkseiten.de
    Einige unserer Leserinnen und Leser haben seit gestern Vormittag Probleme, unsere Website aufzurufen. Alle Betroffene bekommen eine Warnung von ihrer Antiviren-Software „ESET NOD32 Antivirus“ und können die NachDenkSeiten nicht aufrufen. Nachdem sich herausstellte, dass mit unserer Website alles in bester Ordnung ist, haben wir uns mit dem Hersteller dieser Software in Verbindung gesetzt und erfahren, dass es sich „wahrscheinlich um einen falschen Positivbefund“ handelt. Das Problem wird wohl mit dem nächsten Update der Antiviren-Software behoben sein.
  2. Höchste Zeit für eine entschiedene Stärkung der Binnennachfrage
    „Schon die Veränderung des ursprüngliches Titels des Jahreswirtschaftsberichts spricht Bände: Sollte er erst ‚Für inklusives Wachstum und mehr soziale Teilhabe in Deutschland und Europa’ heißen, wurde auf Drängen des Finanzministeriums die ,soziale Teilhabe’ gestrichen. Dass von der wirtschaftlichen Entwicklung die gesamte Bevölkerung und nicht nur die Unternehmen profitieren müssen, ist als Ziel in der Koalition nicht mehrheitsfähig“, kommentiert Klaus Ernst, stellvertretender Vorsitzender der Fraktion DIE LINKE, den heute veröffentlichten Jahreswirtschaftsbericht 2017. Ernst weiter:
    „Trotz positiver Entwicklung der Löhne in den letzten beiden Jahren sind die nicht-tarifgebundenen Löhne von 2000 bis 2015 um 17 Prozent gesunken, während die Unternehmens- und Gewinneinkommen im selben Zeitraum real um 30,6 Prozent zunahmen. Diese Gewinne werden aber immer weniger investiert und tragen damit nicht zu Wachstum und Beschäftigung bei. Die Reinvestitionsquote der Gewinne deutscher Industrieunternehmen lag 2000 bei 33,6 Prozent, 2015 erreichte sie nur noch 4,3 Prozent. Auch am Anteil der staatlichen Investitionen zum BIP hat sich in den letzten Jahren nichts getan. Statt gegenzusteuern ergeht sich die Große Koalition in Selbstbeweihräucherung.
    Es ist höchste Zeit für eine entschiedene Stärkung der Binnennachfrage – nicht zuletzt weil die deutsche Exportstrategie, die mit strukturellen Exportüberschüssen und Kapitalexporten in Milliardenhöhe einhergeht, schon weit vor Trump ein Problem darstellte. Seit Jahren weisen Institutionen wie der IWF, die OECD und die EU-Kommission darauf hin. Notwendig sind eine weitere kräftige Erhöhung der Löhne, auch durch einen höheren Mindestlohn und die drastische Einschränkung von Leiharbeit und befristeter Beschäftigung. Ebenso brauchen wir eine massive Ausweitung öffentlicher Investitionen statt Schuldenabbaus und einer schwarzen Null im Haushalt. Wird der bisherige Kurs in der Verteilung der Vermögen beibehalten und ein großer Teil der Bevölkerung von der wirtschaftlichen Entwicklung abgehängt, stärkt das den Aufstieg rechter Parteien in Deutschland.“
    Quelle: Linksfraktion
  3. SPD-Kanzlerkandidat: “Bisher kein politisches Argument für Schulz”
    Der Soziologe Armin Nassehi ist skeptisch, ob Martin Schulz wirklich der beste Kanzlerkandidat für die SPD ist. […]
    Bisher habe er noch kein politisches Argument für Schulz gehört, sondern lediglich ein demoskopisches: dass ein Kandidat Schulz offenbar besser ankomme als Sigmar Gabriel. “Daran zeigt sich vielleicht die ganze Not, in der gerade die sozialdemokratische Partei zurzeit ist, gar nicht so genau zu wissen, an welcher Front man eigentlich gewinnen muss, wen man eigentlich repräsentiert.” Angesichts der Tatsache, dass die SPD ohnehin nur geringe Chancen habe, die Wahl zu gewinnen, hätte man auch riskanter operieren und wirklich etwas Neues ausprobieren können, so Nassehi. “Und nicht auch schon vom Habitus jemanden zu nehmen, der sich nicht übertrieben unterscheidet von den sozialdemokratischen Eliten, die vorher am Ruder waren.”
    Quelle: Deutschlandradio Kultur

    dazu: Der Europäer auf Abruf
    Er startete als Provinzpolitiker. Martin Schulz’ europäische Karriere endete als machtbewusster Präsident des Europäischen Parlaments. […]
    Unter Schulz’ Ägide zogen Brüssel, Berlin und Straßburg an einem Strang. Doch Grüne und Linke, die nicht in die Große Koalition eingebunden waren, hatten dabei nichts zu lachen. Selbst die Sozialdemokraten mussten zurückstecken. Unter der Führung ihres machtbewussten Genossen konnten sie kaum eigene Akzente setzen. Im Schuldendrama um Griechenland 2015 ging die sozialdemokratische Handschrift völlig unter. Im Wahlkampf hatte die SPD noch einen „Marshallplan für Griechenland“ gefordert. Nun trat Schulz in deutschen Talkshows auf und forderte, Premierminister Alexis Tsipras zu entmachten und eine Technokratenregierung einzusetzen. Hinterher lud Schulz Tsipras zwar zur Aussprache ein. Doch der Bruch mit der Linken ist bis heute nicht gekittet. Profitiert hat davon ausgerechnet die EU-feindliche Rechte. Nigel Farage und Marine Le Pen haben das Parlament als Bühne genutzt – und einen Erfolg nach dem anderen eingefahren.
    Genau das hat Schulz eigentlich verhindern wollen. Und dass am Ende auch noch ausgerechnet mit dem Italiener Antonio Tajani ein Berlusconi-Buddy seine Nachfolge antritt, dürfte ihn zusätzlich wurmen. Tajani wurde mit den Stimmen von Konservativen, Liberalen und EU-Skeptikern zum neuen Parlamentspräsidenten gewählt. Die Sozialdemokraten finden sich nach Schulz’ Abgang allein und machtlos wieder. Ein bitteres Erbe.
    Quelle: Eric Bonse in der taz

  4. Im Keller sprudelt das Grundwasser
    Berlins Schulen bröckeln: Klassenräume sind gesperrt und Toiletten nicht benutzbar. […]
    Gemeinsames Lernen entspricht dem Credo der Schule. Damit alles noch besser gelingt, wünscht sich Birgit Habermann kleinere Klassen. Derzeit haben in den ersten drei Jahrgangsstufen etwa 25 Schüler gemeinsam Unterricht. Doch in Berlin sind Lehrer Mangelware. Sie werden dringend gesucht. Die Erika-Mann-Grundschule wird Geduld haben müssen. Auch der in Berliner Schulen berüchtigte Sanierungsstau wird in dieser Grundschule nicht auf den ersten Blick deutlich. Zwischen den doppelt verglasten Holzfenstern im Sekretariat stecken Putzlappen in den Ritzen. Heizungsluft zieht ungehindert nach draußen. Im ersten Stock fehlt der Internetanschluss. Die Mensaräume bräuchten dringend eine Lärmisolierung. Am schlimmsten aber sind die Toiletten, sagt Birgit Habermann:

    “Die sind, ich weiß nicht wie alt und es riecht aus allen Rohren und es ist wirklich unangenehm. Vor allem weil manche Kinder es sich verkneifen auf die Toilette zu gehen, weil sie das hier nicht mögen und das können wir nicht verantworten, das ist so unser Hauptproblem.”

    Gemessen an den Zuständen in anderen Berliner Schulen, steht dieses Gebäude noch gut da. Laut Senatsverwaltung liegt der Sanierungsbedarf an allen Berliner Schulen bei etwa vier Milliarden Euro. Glaubt man dem Wahlversprechen des Berliner SPD-Bürgermeisters Michael Müller, dann sollen in den nächsten zehn Jahren alle Schulen, die es nötig haben, saniert werden. Bisher wurden zugige Fenster und übler Toilettengeruch an der Erika-Mann-Grundschule nicht als dringend sanierungswürdig eingestuft. Schulleiterin Habermann hofft, dass sie mithilfe einer starken Elternvertretung bald mehr Gehör findet:
    Quelle: Deutschlandradio Kultur

    dazu: Schäubles schwarze Null

    Quelle: Stuttmann Karikaturen

  5. Jobcenter müssen PC und Abi-Feier bezahlen
    Im ersten Fall lehnte das Jobcenter Cottbus es ab, die Kosten für den Kauf eines Computers einer Gymnasiastin in Höhe von 350 Euro zu übernehmen. Die Mutter, die seit Jahren Hartz IV bezieht, zog deshalb vor Gericht. Dort machte sie geltend, dass ihre Tochter wie alle Schüler Hausaufgaben über das Internet herunterladen und das Ergebnis wieder auf den Seiten der Schule hochladen müsste. Die Abgabe einer handschriftlichen Arbeit anstelle einer geforderten Computer-Präsentation würde zu einer erheblich schlechteren Benotung führen. Ein PC sei für das Erreichen des Abiturs deshalb extrem wichtig. (…)
    Das Sozialgericht Cottbus gab der Klägerin recht und erinnerte an das Hartz-IV-Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Danach seien mit der pauschalierten Regelleistung nicht alle “vorkommenden Bedarfslagen und Sondersituationen erfasst”. Dies gelte auch für den Kauf des Computers. Hier handele es sich um einen “Mehrbedarf” im Sinne des Sozialgesetzbuches II. Dieser falle nicht unter den Schulbedarf, für den es vom Staat 100 Euro im Jahr extra gibt (Az.: S 42 AS 1914/13).
    Im zweiten Fall klagte die Mutter eines Abiturienten, weil das Jobcenter die Kosten für die von der Schule ausgerichtete Abi-Feier in Höhe von 100 Euro nicht übernehmen wollte. Auch hier gab das Sozialgericht Saarland der von Hartz IV abhängigen Mutter recht. Es handele sich um eine Leistung, die aus dem Bildungs- und Teilhabepaket zu bezahlen sei. Der Gesetzgeber habe zwar versäumt, solche Abi-Feiern beim Bildungspaket zu berücksichtigen. In diesem Fall seien die einschlägigen Artikel aber extensiv auszulegen, da “das Fernbleiben von schulischen Gemeinschaftsveranstaltungen Jugendliche in ihrer Entwicklung negativ beeinflussen kann” (Az: S 12 AS 421/14). In beiden Fällen ließen die Gerichte keine Berufung zu.
    Quelle: Süddeutsche

    Anmerkung Christian Reimann: Kann es sein, dass zumindest manche Richter die Probleme seit der Einführung von “Hartz IV” besser erkannt haben als die derzeit zuständige Bundesministerin Nahles?

  6. In Sachen Rente steht es zwischen Österreich – Deutschland: 4:0
    Der Vergleich zwischen den Altersversorgungssystem Deutschlands und Österreichs führt zu eindeutigen Ergebnissen. Sportlich ausgedrückt:

    • Das Rentenniveau in Österreich ist deutlich höher (70 bis 100 %): 1:0
    • Das Rentensystem ist deutlich gerechter (ein System für alle): 2:0
    • Das Rentensystem ist deutlich armutsfester (Mindestrente): 3:0
    • Die Renten sind deutlich zukunftssicherer (reine Umlage): 4:0

    Dabei waren die Ausgangsbedingungen vor 20 Jahren nahezu gleich: Anfang der 2000er Jahre sollten in beiden Ländern die umlagebasierten öffentlichen Rentenversicherungssysteme zugunsten der Privatversicherung abgebaut werden. In Österreich wollte die konservative Schüssel-Regierung die „Reform“ durchsetzen und bekam sehr schnell heftigen Widerstand aus der Gesellschaft – Gewerkschaften führten dazu Warnstreiks durch. Das Privatisierungsprojekt scheiterte, stattdessen wurden Reformschritte zur Festigung und zum Ausbau der Umlagefinanzierung eingeleitet…
    In Deutschland wurde die Riester-/Rürup-Reform von Rot-Grün mit Unterstützung von CDU/CSU und FDP durchgeführt. Der schwache Protest blieb fast ungehört, die Gewerkschaften kooperierten von Anfang an. Seitdem entfalten die Gesetzesänderungen ihre fatalen Folgen…
    Nach den letzten OECD-Untersuchungen (2015) zum Versorgungsniveau der öffentlichen Rentensysteme für zukünftige Rentner in der EU befindet sich Österreich in der Champions-Liga, Deutschland hingegen ist auf dem Weg in die Kreisklasse.
    In Zahlen:

    • Nettoersatzquote der Rente bei Durchschnittsverdienst in Österreich: 91,6%
    • Nettoersatzquote der Rente bei Durchschnittsverdienst in Deutschland: 50,0%
    • Nettoersatzquote der Rente bei Durchschnittsverdienst im EU28 Durchschnitt: 70,9%

    Quelle: Seniorenaufstand

  7. Für eine solidarische Gesellschaft! Für einen Bundespräsidenten mit sozialer Agenda!
    Appell an die gewerkschaftlich organisierten Mitglieder der Bundesversammlung
    Am 12. Februar 2017 wählt die Bundesversammlung einen neuen Bundespräsidenten. Eine ganz große Koalition hat sich im Hinterzimmer auf den derzeitigen Bundesaußenminister F.W. Steinmeier verständigt. Dies in einer Situation, in der die gesellschaftliche Spaltung weltweit, aber auch in Deutschland ebenso zunimmt wie der Rechtspopulismus stärker wird.
    F.W. Steinmeier gehörte zu den Architekten der Agenda 2010. Die Agenda 2010 hat die soziale Spaltung in der Bundesrepublik Deutschland massiv befördert und die Gewerkschaften erheblich geschwächt.
    Mit der Fortführung der Agenda 2010-Politik droht Schaden für die gesellschaftliche Entwicklung und die Form seiner Nominierung steigert unsere Sorge um die politische Demokratie.
    Wir, Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter, teils in unterschiedlichen Parteien organisiert, teils parteilos, appellieren an die gewerkschaftlich organisierten Mitglieder der Bundesversammlung:
    Wir brauchen eine Alternative zur Agenda 2010-Politik! Unterstützt Prof. Dr. Christoph Butterwegge! Der renommierte parteilose Armutsforscher steht profiliert und glaubwürdig für den Ausbau des Sozialstaats, gegen soziale Spaltung und Rassismus und für die Stärkung der Gewerkschaften!
    Quelle: Die Linke.

    dazu: Der Agenda-Präsident
    Die SPD im Land ist im ständigen Formtief. Da kann ein wichtiger Sympathieträger wie Frank-Walter Steinmeier nur helfen. Der künftige Bundespräsident beschwor dieser Tage in Stuttgart den sozialen Kitt in der Gesellschaft. Doch den hat er einst selbst aus den Fugen gekratzt. Ein Mutmacher will er sein, der nette Herr mit dem sonoren Gerhard-Schröder-Bariton, kein Vereinfacher. Er will “die Kräfte wecken, die in dieser Gesellschaft stecken, ich will sie wertschätzen und fördern”. Etwas Anderes will der Tischlersohn leider nicht: ehrlich jene Hinterlassenschaft ansprechen, die mitverantwortlich dafür ist, dass seine SPD inzwischen bundesweit gerade noch oberhalb der 20-Prozent-Schwelle liegt. […]
    Ein Blick in die Zeitungsarchive würde schon reichen, um sich der Krisen in zehntausenden Familien zu erinnern, die er einst mit ausgelöst hat und die bis heute fortbestehen. Ein paar Tage vor Weihnachten 2002 wurde dem Berliner “Tagesspiegel” ein sogenanntes “Kanzleramtspapier” zugespielt, das nichts Anderes enthielt als ein Sammelsurium neoliberaler Folterwerkzeuge. Drei Monate später folgte Schröders Agenda-Rede im Bundestag. “Er hat damit ein politisches Erdbeben ausgelöst”, schrieb wiederum der “Tagesspiegel” 2013 zur zehnjährigen Wiederkehr. Denn: “Die SPD stürzte in eine Existenzkrise, verlor die Macht und erträgt die Agenda-Politik bis heute mehr, als dass sie sie vertritt. (…) Die Agenda hat die Gesellschaft verändert, gilt als Chiffre für Druck, Angst und Ungerechtigkeit.” […]
    Steinmeier könnte sich auch erinnern. Etwa an seine eigene Doktorarbeit, die er, der linksliberale Jurastudent, einst über Obdachlosigkeit verfasste. Juristen, mokierte er sich, definierten sie bloß als Störung der öffentlichen Sicherheit, “was der sozialen Wirklichkeit mittlerweile völlig hinterher hinkt”. Also plädiert er, der damals 35-Jährige, für ein Grundrecht auf Wohnen. In der Nach-Agenda-Realität des Jahres 2017 beziehen fast eine Million Menschen in der Republik Wohngeld, weil sie sich ihre vier Wände nicht leisten können. Hartz-IV-Empfänger übrigens nicht. Der Regelsatz muss die Unterkunft abdecken. Aber eine alleinerziehende Mutter von zwei Kindern, im Full-Time-Job, mit einem Einkommen von 1400 und einer Kaltmiete von 520 Euro, bekommt 187 Euro Wohngeld. Ob sie als Wahlfrau am 12. Februar in Berlin wohl Steinmeier wählen würde?
    Quelle: Kontext: Wochenzeitung

  8. Freihandel bremst Wirtschaftswachstum
    Geht es nach neoklassischen ÖkonomInnen, hat die zunehmende internationale Handelsliberalisierung zu mehr Wachstum, Jobs und Wohlstand geführt. Der Wiener Ökonom Leon Podkaminer zieht aus den Globalisierungserfahrungen der letzten Jahrzehnte aber andere Schlüsse. Seiner Meinung nach hat sie nichts zum Wohlstand der Menschen beigetragen. Folglich seien auch Handels- und Investitionsabkommen wie CETA, TTIP und TiSA nicht das, was wir in Zukunft brauchen. (…)
    Im Rahmen einer Analyse der verfügbaren statistischen Daten kommt Leon Podkaminer in seiner Arbeit mit dem Titel „Has Trade Been Driving Global Economic Growth?“ zu dem Schluss, dass die fortschreitende Globalisierung mit einem abnehmenden und immer instabileren Weltwirtschaftswachstum einhergeht. Seinen Untersuchungen zufolge hat die Globalisierung nichts dazu beigetragen, die Menschen rund um den Globus wohlhabender zu machen.
    Er begründet dies einerseits mit der Auflösung des Bretton-Woods-Systems in den frühen 70er Jahren, das bis dahin für einen Ausgleich der Handelsungleichgewichte sorgte. Noch in den 60er Jahren war das Wirtschaftswachstum recht kräftig gewesen und höchstwahrscheinlich auch in den 1950er Jahren, für die allerdings keine zuverlässigen Daten vorliegen. Eine Liberalisierungsära, die schließlich in die neoliberale Globalisierung mündete, wurde eingeleitet.
    Der zweite Grund hängt mit den „race to the bottom“-Tendenzen bei den Löhnen zusammen. Die Lohnquote am Volkseinkommen ist zunehmend zurückgegangen, während der Anteil der Unternehmensgewinne gestiegen ist. Diese Tendenzen waren auch für die anhaltend niedrige aggregierte globale Nachfrage verantwortlich, die in der Folge das globale Produktionswachstum gebremst hat. (…)
    Wenn sich die Fakten erhärten, wonach Wachstum vorrangig von der Lohnentwicklung abhängt (wage-led growth) – und nicht von Profiten (profit led growth) -, dann ist es naheliegend, dass Globalisierung mit seinen Lohndruck verstärkenden Tendenzen Mitschuld an der schleppenden globalen Wirtschaftsentwicklung trägt. (…)
    Für eine neuausgerichtete wachstumsfördernde Weltwirtschaftsordnung muss daher die extreme Exportorientierung überdacht und ausgewogene Handelsbeziehungen zwischen den Staaten angestrebt werden. Eine Bestätigung der Aussage, wonach Handelsliberalisierung die globale wirtschaftliche Entwicklung gar nicht unterstützt, sondern diese bremst, würde das gesamte Handelsparadigma jedenfalls auf den Kopf stellen.
    Quelle: blog.arbeit-wirtschaft.at
  9. EU attackiert Mitbestimmung in Unternehmen
    Den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern droht Ungemach aus Luxemburg. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) soll auf Antrag des Berliner Kammergerichtes über die Vereinbarkeit des deutschen Mitbestimmungsgesetzes von 1976 – der Vertretung von Beschäftigten in Aufsichtsräten – mit dem Europarecht befinden (Fall Erzberger).
    Geklagt hat ein Kleinaktionär des Touristik-Konzerns TUI. Ihm könnte gelingen, woran die deutschen Arbeitgeber in einer Klage vor dem Bundesverfassungsgericht einst scheiterten: Die Entsorgung der Mitbestimmung in der Bundesrepublik Deutschland. Es geht aber nicht nur um Deutschland, sondern um 18 EU-Mitgliedsstaaten, in denen Beschäftigte Vertreter in Aufsichts- bzw. Verwaltungsräte entsenden können.
    Quelle: Fabio De Masi
  10. Filou Fillon?
    Ausgerechnet François Fillon, der konservative Hoffnungsträger gegen die aufstrebende Marine LePen, soll seiner Frau jahrelang einen gut bezahlten Job auf Staatskosten zugeschanzt haben. Der „Front National“ reibt sich die Hände.
    Die französische Presse spricht schon von einem „Penelopegate“: Francois Fillon steht nach Enthüllungen der satirischen Wochenzeitung „Le Canard Enchainé“ unter Rechtfertigungsdruck. Der 62 Jahre alte Präsidentschaftskandidat soll als Abgeordneter jahrelang auf Staatskosten seiner Ehefrau Penelope ein Monatsgehalt zugeschanzt haben – ohne dass diese in der Nationalversammlung tätig wurde. Der Wochenzeitung liegen die Gehaltsabrechnungen der aus Wales stammenden Ehefrau Fillons vor. Demnach wurde sie zwischen 1998 und 2002 als parlamentarische Mitarbeiterin im Abgeordnetenbüro ihres Mannes geführt. Sie erhielt im Jahr 2001 monatlich 3900 Euro, im Jahr 2002 4600 Euro.
    Quelle: FAZ

    Anmerkung JK: Wieder ein schönes Beispiel für die Arroganz und Abgehobenheit der Polit-Elite nicht nur in Frankreich. Ein dezidiert linker Kandidat müsste alle Chancen der Welt haben, wenn die Sozialdemokratie nicht in völliger geistiger Umnachtung weiter der neoliberalen Ideologie hinterher laufen würde. So gesehen braucht Le Pen in der Tat eigentlich gar keinen Wahlkampf zu machen.

  11. An östlichen EU-Außengrenzen: Immer wieder rechtswidrige Zurückweisungen von Schutzsuchenden
    Verschiedene Organisationen aus Zentraleuropa, die im Europäischen Flüchtlingsrat ECRE zusammengeschlossen sind, veröffentlichen heute (25.01.17) in Prag einen Bericht über die erschreckende Realität an den östlichen EU-Außengrenzen. Dort kommt es immer wieder zu rechtswidrigen Zurückweisungen von Schutzsuchenden.
    Der Bericht »Pushed Back at the Door« behandelt die steigende Anzahl illegaler Push Backs an Europas Außengrenzen in Bulgarien, Tschechien (Flughafen), Ungarn und Polen. Zudem gibt er einen Überblick über besorgniserregende Tendenzen in der slowenischen Politik und Gesetzgebung.
    Quelle: Pro Asyl

    dazu: Petry will Grundrecht auf Asyl abschaffen
    Die Vorsitzende der Alternative für Deutschland (AfD), Frauke Petry, will das Grundrecht auf Asyl abschaffen. “Wir sind dafür, dass das Asylrecht nach Artikel 16a geändert wird und dass es in ein Gnadenrecht des Staates umgewandelt werden muss”, sagt Petry in einem Streitgespräch mit der Grünen-Vorsitzenden Katrin Göring-Eckardt in der ZEIT.
    Die AfD-Politikerin begründet dies mit dem historischen Schutzzweck, der dem Asylrecht zugrunde liegt: “Den vielen Vätern und wenigen Müttern des Grundgesetzes ging es um eine sehr kleine Zahl an Personen, denen aus Verantwortung für die Gräueltaten im Zweiten Weltkrieg im Nachkriegsdeutschland Aufnahme gewährt werden sollte.” Heute hingegen bestehe die historische Verantwortung darin, “vor allen Dingen einen freiheitlichen Rechtsstaat ohne diktatorische Anwandlungen zu erhalten”.
    Quelle: Zeit Online

  12. Erdogan, Gülen und der Putsch
    In den letzten Jahren fand die Radikalisierung des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan schrittweise statt. Erst verschärfte er die Rhetorik, dann griff er in Bürgerrechte ein, schuf schließlich einen Polizeistaat und weichte die Gewaltenteilung auf. Am Ende ging alles ganz schnell.
    Nach dem gescheiterten Putschversuch vom Sommer 2016 brauchte Erdogan nur noch ein knappes halbes Jahr, um eine angeschlagene Demokratie zu einer lupenreinen Diktatur umzubauen. Und nachdem in der vergangenen Woche seine Partei AKP mit Unterstützung der rechtsnationalistischen MHP alle Punkte der geplanten Verfassungsreform durchs Parlament gepaukt hat, ist nun der Weg für das Referendum frei, das Erdogan uneingeschränkte Macht einräumen soll. Anfang April sollen die türkischen Bürger im In- und Ausland mit ihren Stimmen die Demokratie ganz offiziell abschaffen. (…)
    Nun hofft Ankara auf den neuen US-Präsidenten Donald Trump. Am Tag von dessen Amtseinführung bekräftigte der türkische Ministerpräsident Binali Yildirim die “hohen Erwartungen” und erneuerte die Aufforderung, Gülen auszuliefern. Ob Trump dem nachkommen wird, ist freilich völlig offen. Bislang deutet nichts darauf hin, dass Washington seine Haltung ändert. Zuletzt hatte die AKP die USA immer wieder heftig für die Unterstützung kurdischer Gruppen in Syrien angegriffen und die NATO in die Nähe von Terrororganisationen gerückt. (…)
    Der Haltung der USA zu Gülen schloss sich im Januar auch der Auswärtige Dienst der EU (EUINTCEN) an, wenn auch nur inoffiziell. Laut Die Presse geht ein internes Papier der EU-Behörde davon aus, dass Gülen nichts mit dem Putschversuch zu tun hatte. Demnach sei der Putschversuch von “Gülenisten, Kemalisten, Opportunisten sowie generell Gegnern der Regierungspartei AKP” ausgegangen – eine Theorie, die schon unmittelbar nach der Putschnacht von Beobachtern geäußert worden war.
    Schon wenige Tage danach war offensichtlich geworden, dass Säuberungen und Massenverhaftungen nicht als spontane Reaktion kamen, sondern bereits lange zuvor geplant waren. Es gilt als wahrscheinlich, dass die am Putschversuch beteiligten Generäle wussten, dass ihre Namen auf den Verhaftungslisten standen und dem zuvorkommen wollten. Das sieht laut Presse auch die EU so: “Der Umsturzversuch war nur der Auslöser einer Säuberungswelle, die lange im Voraus vorbereitet wurde.”
    Quelle: Telepolis
  13. EUropas „Brexit-Dividende“
    Militarisierung-Aktionsplan und Rüstungshaushalt
    Was die außen- und sicherheitspolitischen Schlussfolgerungen aus den Großereignissen Brexit (23.6.2016) und US-Wahl (8.11.2016) anbelangt, singen derzeit fast alle politischen Entscheidungsträger von demselben Blatt. Mit dem bevorstehenden Austritt Großbritanniens verlasse ein militärpolitischer „Blockierer“ in Kürze die Union, weshalb in der Außen- und Sicherheitspolitik durchaus eine „Brexit-Dividende“ zu erwarten sei, so etwa die Meinung von Uwe Optenhögel, dem Direktor des Europa-Büros der Friedrich-Ebert-Stiftung in Brüssel, die aber derzeit unisono zu vernehmen ist.[1]Tatsächlich ließ man nicht viel Zeit verstreichen, um schnell Nägel mit Köpfen zu machen: Bereits einen Tag nach dem britischen Referendum, am 24. Juni 2016, gaben die Außenminister Deutschlands und Frankreichs, Frank-Walter Steinmeier und Jean-Marc Ayrault, mit ihrem Ruf nach einer massiven Militarisierung der Europäischen Union die Richtung vor. Nun könnten und müssten endlich lange geplante, bislang aber von Großbritannien blockierte Vorhaben in die Praxis umgesetzt werden. Diese Kernforderung wurde in der Folge dann auch von der EU-Globalstrategie (28.6.2016), dem zweiten deutsch-französischen Papier, diesmal der Verteidigungsminister Ursula von der Leyen und Jean-Yves Le Drian (12.9.2016), und von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker in seiner Rede zur Lage der Europäischen Union (14.9.2016) erhoben. Schließlich trafen sich die Staats- und Regierungschefs auf ihrem – informellen, weil Großbritannien nicht eingeladen wurde – Ratstreffen in der slowakischen Hauptstadt, wo sie sich mit der sogenannten Bratislava-Agenda darauf verständigten, bis zum 60jährigen Jubiläum der Unterzeichnung der Römischen Verträge im März 2017 einen detaillierten Plan zur Militarisierung der Europäischen Union vorzulegen.[2]
    Die Wahl Donald Trumps verleiht diesen Ambitionen zusätzlichen Rückenwind: Seine Drohung, die Verbündeten sicherheitspolitisch im Regen stehen zu lassen, sollten sie nicht mehr Geld in den Rüstungssektor pumpen, dient hierzulande als willkommener Anlass, den Ausbau des Militärapparats als regelrechten Sachzwang darzustellen. Auf dieser Grundlage legte die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini Mitte November 2016 einen Implementierungsplan für die EU-Globalstrategie vor, der ein ambitioniertes Einsatzspektrum und daraus abgeleitet ein größeres militärisches Anforderungsprofil und die Forderung nach einer „besseren“ Finanzierung des EU-Militärapparates enthielt. Diese – noch relativ vagen – Vorschläge wurden anschließend vom EU-Rat gebilligt, woraufhin die EU-Kommission Ende November 2016 einen „Europäischen Verteidigungs-Aktionsplan“ vorlegte, den sie nicht unbescheiden, aber leider wohl zutreffend, als „bahnbrechend“ bezeichnete. Dies gilt vor allem für den von der Kommission vorgeschlagenen „Europäischen Verteidigungsfonds“, der aus zwei Komponenten bestehen soll: Einem schon länger ins Auge gefassten Rüstungsforschungshaushalt sowie dem „Kronjuwel“ des Aktionsplanes, einer Art EU-Beschaffungshaushalt. Noch in diesem Jahr sollen die Modalitäten des Fonds vollständig ausgearbeitet werden, mit dem die Rüstungsfinanzierung auf EU-Ebene in eine völlig neue Dimension vorstoßen würde.
    Quelle: Informationsstelle Militarisierung e.V.
  14. Erklärung zum Syrienkrieg
    Wir möchten vorausschicken: Erstens ist uns nicht verborgen geblieben, dass Russland und Iran, die auf der Seite des Assad-Regimes in den Krieg eingetreten sind, ihre eigenen Interessen und strategischen Ziele verfolgen. Zweitens haben wir den Gewalteinsatz und die frühzeitige Einmischung ausländischer Staaten in den innersyrischen Konflikt von Beginn an für falsch gehalten und kritisiert: den Gewalteinsatz von Assad gegen die friedlichen Demonstranten, die gegen die Diktatur auf die Straße gegangen waren, ebenso wie gegen die Waffenlieferungen des Westens an die angeblich moderaten Rebellen und alle darauf folgenden Kriegshandlungen.
    Entgegen der im Westen herrschenden Mainstream-Meinung stellen wir jedoch fest: Russland und Iran haben zunächst alle Möglichkeiten für eine diplomatische und friedliche Lösung des Konfliktes ausgeschöpft; erst als sich dieser Versuch als aussichtlos erwies, haben sie militärisch eingegriffen und den Krieg in Aleppo vorerst beendet. Dafür Russland nun zu verurteilen, wie es die westlichen Mainstream-Medien fast einhellig tun, halten wir für absurd, genauso wie die einseitige Schuldzuweisung jener Gruppe von Prominenten aus Kultur und Politik, die am 7.Dezember 2016 vor der russischen Botschaft in Berlin unter dem Motto „Aleppo-Putins Schande!“ demonstriert haben. Wir fordern die Initiatoren und UnterzeichnerInnen des betreffenden Aufrufs zu einer öffentlichen Debatte über den tatsächlichen Hergang des Syrienkonflikts auf. Zu diesem Zweck rufen wir einige Fakten in Erinnerung:
    Quelle: Aus dem wiss. Beirat von attac Deutschland

    dazu: Who supplies the news?
    All wars always produce phony atrocity stories – along with real atrocities. But in the Syrian case fabricated news and one-sided reporting have taken over the news agenda to a degree probably not seen since the First World War. The ease with which propaganda can now be disseminated is frequently attributed to modern information technology: YouTube, smartphones, Facebook, Twitter. But this is to let mainstream media off the hook: it’s hardly surprising that in a civil war each side will use whatever means are available to publicise and exaggerate the crimes of the other, while denying or concealing similar actions by their own forces. The real reason that reporting of the Syrian conflict has been so inadequate is that Western news organisations have almost entirely outsourced their coverage to the rebel side.
    Quelle: London Review of Books

  15. Strahlendes Erbe, teuer bezahlt – Wie Atomkonzerne den Staat schröpfen
    Es geht um mindestens 169 Milliarden Euro: Im Dezember hat der Bundestag entschieden, wer die Kosten des Atomzeitalters in Deutschland trägt, für den Rückbau der 27 deutschen Atomstandorte und für die Endlagerung des Atommülls. Eigentlich müssten diese Kosten ausschließlich die Konzerne übernehmen, so gibt es das Atomgesetz klar vor. Doch Bundesregierung und Bundestag befürchten, dass die wirtschaftlich angeschlagenen Energiekonzerne dadurch pleite gehen könnten – und der Staat dann auf den kompletten Kosten des Atomzeitalters sitzenbleiben würde. Um das zu verhindern, werden die Konzerne nun entlastet. Und ein großer Teil des Kostenrisikos wird von vorneherein auf den Steuerzahler übertragen.
    Quelle: die story im Ersten via WDR
  16. Regulierungsdauerfeuer gegen Fake News und Social Bots ohne empirische Grundlage
    Als würden Falschmeldungen und Meinungsroboter die Demokratie im Wahljahr 2017 umstürzen, überschlägt sich die Bundespolitik mit immer neuen Vorschlägen. Dabei könnte die Regulierung selbst mehr Schaden an Grundrechten anrichten als die Phänomene, die bekämpft werden sollen. Ein Kommentar.
    Es vergeht momentan kein Tag ohne neue Vorschläge gegen Fake News und Social Bots. Gestern forderten die Grünen eine Kennzeichnungspflicht für Social Bots, heute fordert die Union eine Gegendarstellungspflicht bei Fake News in sozialen Netzwerken. Obwohl es sehr wenig bis keine empirischen Erkenntnisse zum Themenfeld gibt. Das bestätigt auch das 16-seitige Thesenpapier des Büros für Technikfolgen-Abschätzung. Dort heißt es zum Thema Social Bots:

    Es gibt lediglich eine begrenzte Anzahl prominenter Beispiele der Einflussnahme durch Social Bots, auf die sowohl in der Presse als auch in wissenschaftlichen Artikeln immer wieder Bezug genommen wird. Der in den Artikeln beschriebene Wirkungsraum ist an erster Stelle Twitter und schon seltener Facebook. Das Ausmaß der tatsächlichen Einflussnahme ist allerdings noch kaum belegt.

    Auch sind die Beispiele von Fake News in Deutschland relativ dürftig. Die meisten Falschmeldungen hierzulande kommen aus dem fremdenfeindlichen Spektrum und sind Versuche, Ausländer und Geflüchtete als Kriminelle darzustellen. Gesammelt werden sie unter anderem von einer Initiative, die auf Hoaxmap.org diese Fake News dekonstruiert.

    In der teilweise hysterisch geführten Diskussion kommt erschwerend hinzu, dass der Begriff der Fake News mittlerweile zum Kampfbegriff mutiert ist, den alle Seiten benutzen, um ihnen nicht genehme Nachrichten zu diskreditieren.
    Quelle: Netzpolitik.org

  17. Zu guter Letzt: Exklusiv-Interview: So erklärt Sigmar Gabriel seinen Verzicht auf die Kanzlerkandidatur
    Mit seiner Ankündigung, auf die Kanzlerkandidatur sowie den Parteivorsitz der SPD zu verzichten, hat Sigmar Gabriel heute das Land überrascht. Im exklusiven Gespräch mit dem Postillon erklärt er die Beweggründe hinter seinem Entschluss und wirft einen Blick auf das Wahlkampfjahr 2017: […]
    Postillon: Und dann dachten Sie sofort an Martin Schulz als Kanzlerkandidat?
    Gabriel: Nee, Schulz war nicht meine erste Wahl. Ich dachte ja eigentlich, wir lassen mal wieder einen richtigen Sozialdemokraten antreten, der den Wählern vermitteln kann, dass er für ihre Interessen kämpft. Aber dann musste ich diese Woche feststellen, dass der letzte Sozialdemokrat in der SPD bereits 2013 verstorben ist. Ein gewisser Ottmar Schreiner war das.
    Quelle: Der Postillon


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