NachDenkSeiten – Die kritische Website

Titel: Über die verschiedenen Varianten antidemokratischer Machteroberung bzw. Machterhaltung. Thailand – Modell für andere Gelegenheiten?

Datum: 17. Dezember 2008 um 17:10 Uhr
Rubrik: Länderberichte, Strategien der Meinungsmache
Verantwortlich:

Die herrschenden Kreise – in Variationen: die Oberschicht, das große Geld, die Wirtschaft, feudale Gruppen – haben verschiedene Methoden entwickelt, wie sie sich die Macht auch in demokratisch verfassten Gesellschaften erhalten beziehungsweise zurück erobern können, auch gegen eine vorläufige Mehrheit der Wahlstimmen. Albrecht Müller

Bei uns geht das über Meinungsmache und – wie man im Falle Hessens sieht – auch mithilfe der Beeinflussung gegnerischer Parteien beziehungsweise einzelner Personen in gegnerischen Parteien. Auch in Italien und anderen europäischen Ländern haben jene die Macht erobert, die die publizistische und finanzielle Macht besitzen. Damit verschaffen sie sich die Mehrheit unter jenen, die sich noch am politischen Geschehen durch Abgabe der Wahlstimme beteiligen. Berlusconi hat gezeigt, wie man das macht.

In Thailand kam es jetzt zu einer besonderen Variante. Die Rückeroberung der Macht durch die Etablierten wurde von massiven Demonstrationen eines Teils der Ober- und Mittelschicht vorbereitet und dann durch Überläufer gesichert. Dieser Vorgang wurde in der „Rheinpfalz“ gerade gut beschrieben. Auszüge siehe unten.

Man muss damit rechnen, dass alle diese Varianten künftig mehr und mehr ins Spiel kommen. Auch in anderen Ländern, zum Beispiel in Lateinamerika, werden die Oberschichten sorgfältig beobachten, wie in Thailand die Herrschaft der Oberschicht gegen mehrheitlich anders lautende Wahlentscheidungen zurück erobert worden ist. In Venezuela gab es schon mehrmals ähnliche Versuche.

Es empfiehlt sich, solche Vorgänge zu beobachten und einzuordnen.

Auszug: „Die Rheinpfalz“ vom 16.12.2008, Seite 2

Bezahlter Aufstieg
Hintergrund: Überläufer der bisherigen Regierung sichern Thailands neuem Premier die Macht

Von Moritz Kleine-Brockhoff

Thailands Premier Abhisit Vejjajiva ist ein smarter, fähiger Mann. Nur war sein Weg an die Spitze alles andere als elegant.

Abhisit sprach kurz und sagte nichts: „Ich danke Ihnen, den Abgeordneten, die für mich gestimmt haben. Ich danke für geschenktes Vertrauen.” Kein Wort von Thailands nächstem Premier zur Spaltung des Landes. Doch die Zurückhaltung hat einen Grund: Abhisit wird erst offiziell Regierungschef, wenn Thailands König Bhumibol zugestimmt hat.

Die Zustimmung des Monarchen gilt als Formalie, der König dürfte zufrieden sein. Es kommt das politische Lager an die Macht, das sich die Achse Monarchie-Militär und die von ihr geduldeten Flughafenblockierer wünschten. Und mit Abhisit wird ein Mann an der Regierungsspitze stehen, den die Elite schätzt.

Schließlich gehört Abhisit dazu. Er wurde in England geboren. Seine Eltern stammen aus reichen Familien. Der Vater war Vizegesundheitsminister. Er schickte seinen Sohn nach England auf die renommierte Eton-Schule. „Ich erlebte den Optimismus der demokratischen Revolution im Fernsehen”, sagt Abhisit und meint die Studenten, die 1973 in Thailand Demokratie forderten. Interessierte sich der designierte Premier schon als Neunjähriger für Politik? Nach Eton besuchte Abhisit die Universität Oxford.

Ende der 80er Jahre kehrte er als selbstbewusster Gentleman zurück nach Thailand, kurze Zeit später gelang ihm der Einzug ins Parlament. Gerade mal 27 Jahre jung war Abhisit da. Bildung, gutes Aussehen, Eloquenz, Kompetenz, Ehrgeiz – ihm wurde eine steile Karriere vorausgesagt. Und so kam es auch. Parteisprecher, Regierungssprecher, Minister, Parteichef – es schien nur eine Frage der Zeit, bis Abhisit das höchste politische Amt übernehmen sollte. Nur fehlte eine Kleinigkeit: die Mehrheit der Wählerstimmen. Das Volk mochte den populistischen Milliardär Thaksin Shinawatra lieber als den sachlichen Abhisit. „Ich bin bereit, Premier zu werden”, sagte er 2006, obwohl er laut Umfragen hoffnungslos zurücklag. Abhisit kann nicht begeistern. Schließlich boykottierten er und seine Partei die freie Wahl. Dass er nun, mit 44, doch Premier wird, hat er nicht Wählerstimmen zu verdanken, sondern Flughafenblockaden, Parteienauflösungen, Berufsverboten seiner politischen Gegner und Überläufern aus Thaksins Lager. Diese müssen belohnt werden, mit Geld oder mit Posten.

Quelle: rheinpfalz.de (Nur mit Login)


Hauptadresse: http://www.nachdenkseiten.de/

Artikel-Adresse: http://www.nachdenkseiten.de/?p=3670