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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 20. Januar 2017 um 8:43 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (JW/JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Talkshows: Bühne frei für Populisten
  2. Das Trump-Kabinett: Milliardäre, Generale – der Ausschuss des 1%
  3. Markus Lanz-Markus Lanz vom 19. Januar 2017
  4. A Demand for Russian ‘Hacking’ Proof
  5. Causa Holm
  6. “Dazu kann ich nichts sagen” – Winterkorn windet sich aus der Diesel-Affäre
  7. Jüdische Organisationen verklagen Deutsche Bank auf drei Milliarden Dollar
  8. Übernahme von Flughäfen – EU-Kommission findet Fraport-Deal in Griechenland okay
  9. Ausrichtung der europäischen Wirtschaftspolitik: Anker oder Mühlstein für mehr Wohlstand?
  10. Arbeitnehmerbeteiligung in Boards und Aufsichtsräten: Kein Konflikt mit Europarecht
  11. Eigentlich darf es die doch gar nicht mehr geben. Menschen ohne Krankenversicherungsschutz
  12. Deutschland steigert Rüstungsausgaben um mehr als zehn Prozent
  13. Abschiebung von afghanischem Künstler – Integrierter geht’s nimmer
  14. Obamas tödliches Erbe
  15. Erdogans Präsidialsystem wäre »Sultanat«
  16. Die Einstufung nach »Bleibeperspektive« ist bewusste Integrationsverhinderung
  17. Die Wahrheit über die Lügenpresse
  18. Wie Marx das Phänomen Trump erklären würde

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Talkshows: Bühne frei für Populisten
    Das Wahljahr 2017 ist auch eine Herausforderung für uns Journalisten: Insbesondere die Debatte um die Flüchtlingspolitik hat die Gesellschaft polarisiert und den rechten politischen Rand gestärkt. Der Wahlkampf dürfte diese Entwicklung eher verstärken. Die Erfahrung des vergangenen Jahres hat gezeigt, wie geschickt gerade rechte Vereinfacher die mediale Bühne für ihr Agenda-Setting nutzen. Eine besondere Rolle spielen dabei die Fernseh-Talkshows, die wöchentlich von Millionen Zuschauern gesehen werden.
    Quelle: WDR Monitor

    Lesen Sie dazu bitte auch unseren Artikel „Die AfD und unsere lieben Medien – ziemlich beste Freunde“, den man als Vorlage für den Monitor-Beitrag sehen kann.

  2. Das Trump-Kabinett: Milliardäre, Generale – der Ausschuss des 1%
    In „Der Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staats“ schreibt Friedrich Engels, der Staat „ist in der Regel Staat der mächtigsten, ökonomisch herrschenden Klasse, die vermittelst seiner auch politisch herrschende Klasse wird und so neue Mittel erwirbt zur Niederhaltung und Ausbeutung der unterdrückten Klasse“. Danach hat in den USA mit dem Trump-Triumph das superreiche 1% der Bevölkerung die Macht in Washington übernommen. Und im Gegensatz zu den Beschwörungen der Medien, nun müsse man erstmal sehen, wohin die Reise Trumps und der Seinen gehe, hat die Kabinettsriege längst kundgetan, dass es im Kern darum geht, die „Niederhaltung und Ausbeutung der unterdrückten Klasse“ noch zu verschärfen, sowohl im nationalen wie im globalen Maßstab.
    Die Washingtoner Insider-Zeitung „Politico“ rechnet vor, dass an Trumps Kabinettstisch rund 35 Milliarden Dollar Privatvermögen sitzen. Dazu zählt in erster Linie die Trump-Familie selbst. Ob der neue Präsident, wie er selbst behauptet, 10 Milliarden US-Dollar schwer ist, wird von manchen bezweifelt. Aber auch Skeptiker schätzen sein Vermögen auf 2 bis 3 Milliarden US-Dollar. Sein Schwiegersohn Jared Kushner, der zusammen mit seiner Frau Ivanka zum engsten Beraterkreis Trumps gehört, hat ein Immobilienvermögen von mindestens 7 Milliarden US-Dollar aufzuweisen.
    Quelle: Conrad Schuhler auf den Seiten des ISW

    passend dazu: Donald Trump: Präsident der Banken
    Er ist angetreten mit markigen Sprüchen: Er wolle den Wall-Street-Sumpf trockenlegen. Jetzt beruft Trump einen Investmentbanker nach dem anderen in sein Team, Manager aus einer Branche, die die Finanzmarktkrise von 2008 hauptsächlich verschuldet hat. Die Börsen reagieren begeistert, die Bankenkurse sind seit Trumps Wahl steil nach oben gegangen. Besonders eine Bank könnte Hilfe von Trump besonders gut gebrauchen: die Deutsche Bank. Sie war über Jahre Trumps wichtigster Kreditgeber. Von einer Deregulierung könnte sie besonders profitieren. Experten warnen schon vor einer neuen Finanzmarktkrise.
    Quelle: WDR Monitor

  3. Markus Lanz-Markus Lanz vom 19. Januar 2017
    Zu Gast sind Politikerin Sahra Wagenknecht, Manager Martin Richenhagen, Schauspieler Henry Hübchen sowie Myriam von M., die über ihre Krebserkrankung spricht.
    Quelle: ZDF

    Dazu schreibt uns unser Leser M.H.: Sie war brillant und der Lanz hat erfolglos versucht, sie in AfD-Nähe zu rücken, sozusagen der alte Querfrontmist. Der hat keinen Stich gemacht und es war ihm eindeutig zu politisch. Das Publikum da beklatscht ja normalerweise jede Plattitüde, diesmal hat es aus sehr gutem Grund applaudiert. Hat mir gut getan, sollten Sie sich ansehen.

    Anmerkung Albrecht Müller: Habe ich getan. Lohnt sich.

  4. A Demand for Russian ‘Hacking’ Proof
    More than 20 U.S. intelligence, military and diplomatic veterans are calling on President Obama to release the evidence backing up allegations that Russia aided the Trump campaign – or admit that the proof is lacking.
    MEMORANDUM FOR: President Barack Obama
    FROM: Veteran Intelligence Professionals for Sanity (VIPS)
    SUBJECT: A Key Issue That Still Needs to be Resolved
    As President-elect Donald Trump prepares to take the oath of office Friday, a pall hangs over his upcoming presidency amid an unprecedentedly concerted campaign to delegitimize it. Unconfirmed accusations continue to swirl alleging that Russian President Vladimir Putin authorized “Russian hacking” that helped put Mr. Trump in the White House.
    As President for a few more days, you have the power to demand concrete evidence of a link between the Russians and WikiLeaks, which published the bulk of the information in question. Lacking that evidence, the American people should be told that there is no fire under the smoke and mirrors of recent weeks.
    We urge you to authorize public release of any tangible evidence that takes us beyond the unsubstantiated, “we-assess” judgments by the intelligence agencies. Otherwise, we – as well as other skeptical Americans – will be left with the corrosive suspicion that the intense campaign of accusations is part of a wider attempt to discredit the Russians and those – like Mr. Trump – who wish to deal constructively with them.
    Quelle: Consortiumnews

    Anmerkung: Am 17.1.2017 veröffentlichte Consortiumnews ein an Präsident Obama gerichtetes „Memorandum“ der VIPS („Veteran Intelligence Professionals for Sanity“, „Nachrichtendienstveteranen für die Vernunft“).
    Die Gruppe fordert Präsident Obama auf, Beweise für die Anschuldigung vorzulegen, Präsident Putin habe die Wahlkampagne von Donald Trump unterstützt. Anderenfalls solle Präsident Obama zugeben, dass es keine Beweise gebe.
    Die Stellungnahme wurde von zwanzig ehemals hochrangigen US-Diplomaten, sowie US-Nachrichtendienst- und Militärangehörigen, u. a. aus den Bereichen Spionageabwehr und elektronische Überwachung, unterzeichnet. Zu den Unterzeichner gehört William Binney, ehem. Technical Director NSA, welcher im NSA-Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestags ausgesagt hat.
    Ein vorangegangenes VIPS-Memorandum zum selben Thema finden Sie in deutscher Übersetzung auf den NachDenkSeiten

  5. Causa Holm
    1. Studenten-Aufstand an Humboldt-Universität wegen Entlassung von Stadtsoziologen Holm
      Dutzende von Studenten haben gestern ein Gebäude der Humboldt-Universität in Berlin besetzt, nachdem das Präsidium bekannt gab, Andrej Holm als wissenschaftlichen Mitarbeiter entlassen zu wollen. Ihm wird vorgeworfen, dass er über seine Vergangenheit in der DDR gelogen hätte. Die Studenten kündigten an, auch über Nacht zu bleiben.
      Eine von ihnen, Zoe Geiselmann, übte Kritik am Präsidium der Universität, das behaupte, dass Holms Entlassung rechtlich unumgänglich sei. „Das ist falsch, denn nicht nur wir, sondern auch Juristen sagen, dass es andere Möglichkeiten gegeben hätte“, so die Studentin. Andrej Holm soll hauptamtlicher Stasi-Mitarbeiter gewesen sein, was er in einem Personalfragebogen an der Humboldt-Universität verneinte. Holm erklärte seine falsche Antwort damit, dass er Erinnerungslücken gehabt habe und keine wissenschaftlich falschen Angaben gemacht hätte. Er habe vor, gegen seine Entlassung zu klagen.
      Er war erst vor wenigen Wochen zum Staatssekretär für Wohnen unter der rot-rot-grünen Landesregierung in Berlin ernannt worden. Als seine Ernennung wegen seiner DDR-Vergangenheit breit kritisiert wurde, kündigte Berlins regierender Bürgermeister, Michael Müller, seine Entlassung wegen mangelnder Vergangenheitsbewältigung an. Holm entging der Entlassung, indem er vorher zurücktrat.
      Quelle: RT Deutsch
    2. Humboldt-Universität Berlin: Kritische Wissenschaft unerwünscht?
      Die Entlassung von Andrej Holm erinnert an den Fall Heiner Fink. In beiden Fällen sind Menschen betroffen, die für Kritik an allen Systemen stehen
      Es ist schon einige Jahre her, dass Studierende in Berlin Universitätsräume besetzt haben, um für Verbesserungen ihrer Studienbedingungen einzutreten. Seit dem 17. Januar sind in Berlin allerdings wieder Räume des Instituts für Sozialwissenschaft in Berlin besetzt. Sie protestieren damit gegen die Entlassung des Stadtsoziologen Andrej Holm, der am Montag nach einer Kampagne nach wenigen Wochen als Staatssekretär zurücktreten musste. Die Präsidentin der Humboldt-Universität Sabine Kunst erklärte, dass nicht die kurzzeitige Stasi-Mitgliedschaft von Holm der Grund für die Entlassung sei, sondern Falschangaben:
      Die Kündigung beruht nicht auf der Tätigkeit von Herrn Dr. Holm für das Ministerium für Staatssicherheit (MfS), sondern einzig darauf, dass Herr Dr. Holm die HU hinsichtlich seiner Biographie getäuscht und auch an dem wiederholt vorgebrachten Argument der Erinnerungslücken festgehalten hat. Sabine Kunst
      Warum werden Erinnerungslücken ausgeschlossen?
      Diese Erklärung ist aber selber ein Beispiel für bürokratische Willkür, an der die Stasi wie alle Geheimdienste dieser Welt ihre Freude hätten. Das beginnt schon mit dem Vorwurf an Holm, er habe an dem Argument der Erinnerungslücken festgehalten. Wie wurde festgestellt, dass Holm diese Erinnerungslücken nicht tatsächlich hatte. Er erklärte wiederholt, er habe erst nach den ersten Vorwürfen und nach dem die Akte öffentlich bekannt wurde, registriert, dass er bereits beim MFS angestellt war, wo er noch dachte, er sei Mitglied des Wachregiments “Feliks Dzierzynski” gewesen.
      Quelle: Telepolis
    3. Holm ist weg, jetzt kommen die Koalitionsprobleme
      Es war ein Akt der politischen Hygiene unseres Berlins. Der verhinderte Stasi-Offizier Andrej Holm ist vom Amt des Staatssekretärs zurückgetreten. Lange genug hat es ja gedauert.
      Quelle: BILD

      Anmerkung JK: „Politische Hygiene“? Das ist Nazi-Jargon! Wie auch der Rausschmiss durch die Humboldt Universität zeigen, wer sich offen gegen die finanziellen Interessen der herrschenden Eliten stellt, muss mit seiner kompletten beruflichen Vernichtung rechnen.

  6. “Dazu kann ich nichts sagen” – Winterkorn windet sich aus der Diesel-Affäre
    Der Auftritt des Ex-VW-Chefs vor dem Bundestag ist symptomatisch für den Diesel-Skandal: Das Versprechen “lückenloser Aufklärung” ist heiße Luft. Medien und Ermittler treiben Winterkorn und VW weiter vor sich her. […]
    Winterkorn nutzt die große Bühne zunächst, um sich demütig zu geben. Er bittet “in aller Form um Entschuldigung” für den Abgas-Betrug. Er bekennt: “Lückenlose Aufklärung ist das Gebot der Stunde”. Er habe vollstes Verständnis, dass Medien und Ermittler seine Rolle hinterfragten. Er sei immer geradlinig gewesen, jede Form der Täuschung liege ihm fern.
    Doch schon nach wenigen Minuten wird klar, dass dieses Versprechen nur heiße Luft ist. Zur Aufklärung trägt Winterkorn nichts bei. Vielleicht habe er “einzelne Signale übersehen”, das ist auch schon das ganze Ausmaß der Selbstkritik des einst wichtigsten deutschen Managers. Er und sein Team hätten zehntausende neue Jobs geschaffen, “nicht durch Betrug, sondern harte Arbeit”.
    Seine wichtigste Botschaft: Er sei nicht frühzeitig über den Skandal informiert gewesen, auch wenn Medienberichte das suggerierten. Winterkorn nennt die Liebe zum Detail sein “Markenzeichen”, will aber trotzdem vom jahrelangen Betrug mit illegaler Motor-Software bei VW nichts gewusst haben. Schuld seien seine Mitarbeiter: “Es ist nicht zu verstehen, warum ich nicht frühzeitig und eindeutig über die US-Probleme aufgeklärt worden bin.”
    Quelle: n-tv

    Anmerkung unseres Lesers S.L.: War was anderes zu erwarten? Das sind unsere Vorbilder von heute – verantwortungslos, egoistisch, gierig. Dafür zahlen dann Tausende Mitarbeiter mit ihrer Existenz. Die Politik muss sich auch nicht echauffieren – immerhin hat das Land Niedersachsen im Konzern eine Sperrminorität! Aber wie so oft: niemand wusste was. Wer´s glaubt, der glaubt auch an den Osterhasen…

  7. Jüdische Organisationen verklagen Deutsche Bank auf drei Milliarden Dollar
    Neue Milliardenklage gegen die Deutsche Bank in den USA: Jüdische Wohlfahrtsinstitutionen erheben Anspruch auf das Milliardenerbe der Unternehmerfamilie Wertheim.
    Die Deutsche Bank Chart zeigen sieht sich mit einer neuen Milliardenklage in den USA konfrontiert: Jüdische Wohlfahrtsorganisationen beanspruchen das Erbe der Frankfurter Unternehmerfamilie Wertheim und haben vor einem Gericht in Florida Klage eingereicht. Sie verlangen die Rückerstattung von drei Milliarden Dollar und Herausgabe von Kontounterlagen. Das berichtet das manager magazin in seiner neuen Ausgabe (Erscheinungstermin: 20. Januar).
    Lässt der District Court die Klage, die manager magazin vorliegt, zu, könnte es bitter werden für den Konzern: US-Gerichte gelten als sehr klägerfreundlich.
    Der Fall, der auch deutsche Gerichte beschäftigt, ist komplex. Die jüdischen Wertheims, deren Berliner Verwandte als Kaufhausgründer (“KaDeWe”) bekannt sind, wurden im 19. Jahrhundert mit dem Verkauf von Nähmaschinen reich und siedelten rechtzeitig vor der Machtergreifung der Nationalsozialisten nach Spanien über. Ihre Hausbank war laut Klageschrift die Credit Suisse Chart zeigen, gegen die ebenfalls Klage eingereicht wurde.
    Quelle: SPIEGEL Online
  8. Übernahme von Flughäfen – EU-Kommission findet Fraport-Deal in Griechenland okay
    Erbittert kämpft die griechische Luftfahrt-Gewerkschaft gegen die Übernahme 14 griechischer Flughäfen durch Fraport – und hofft auf Hilfe von der EU. Doch die Kommission versteht die Aufregung nicht.
    In wenigen Wochen übernimmt Fraport die Kontrolle über 14 griechische Flughäfen – sehr zur Empörung der griechischen Luftfahrt-Gewerkschaft. Sie hatte gegen die Privatisierung gekämpft und sie als “deutsche Kolonialisierung” bezeichnet.
    Jetzt hat die EU-Kommission die Übernahmen für rechtens erklärt. EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager teilte mit, dass die Übernahme nicht gegen EU-Recht verstößt. Denn die Konzession sei in einer gewöhnlichen privaten Ausschreibung vergeben worden. Und die dominante Marktstellung der Flughafengesellschaft Fraport in Griechenland verletze keine EU-Regeln.
    Zuvor hatte die Gewerkschaft argumentiert, das Geschäft verstoße gegen Artikel 106 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union. Denn Fraport erlange durch die Konzession “eine Monopolstellung in fast allen Flughäfen.”
    Quelle: SPIEGEL Online
  9. Ausrichtung der europäischen Wirtschaftspolitik: Anker oder Mühlstein für mehr Wohlstand?
    Das Regelwerk der europäischen Wirtschafts- und Währungsunion (WWU) ist wesentlich von der Sorge der wirtschaftlich stärkeren Mitgliedstaaten (MS) geprägt, von ökonomischen Problemen anderer Teilnehmer belastet zu werden. Die daraus resultierende Fokussierung auf einzelstaatliche „Disziplin“ hatte eine restriktive Grundausrichtung der europäischen Wirtschaftspolitik zur Folge. Während sich diese Ausrichtung im Wachstumsumfeld des ersten Jahrzehnts bewährt hat, hat sie seit Ausbruch der Finanzkrise die wirtschaftliche Erholung nachhaltig behindert und zur politischen Polarisierung beigetragen. Ein Ausbrechen aus diesem Korsett ist daher dringend erforderlich. Mögliche Ansätze sind die Einrichtung oder Ausweitung gemeinsamer konjunkturstützender Instrumente oder die Schaffung von Spielräumen für entsprechende Maßnahmen auf Ebene der Mitgliedsstaaten. (…)
    Die Frage, welche Konsequenzen die weitgehende Zentralisierung der wesentlichsten makropolitischen Steuerungshebel hinsichtlich der Verfolgung der Ziele Wirtschaftswachstum, Vollbeschäftigung und breiter Wohlstand hat, fand keinen vertraglichen Niederschlag. Damit blieben bei Einrichtung der WWU Zuständigkeiten und Instrumente zur Erreichung der „expansiven“ Vertragsziele offen.
    Nach dem Grad der rechtlichen Verbindlichkeit ergibt sich folgende Zielhierarchie:

    1. Haushaltsdisziplin (hohe rechtliche Verbindlichkeit; Sanktionsmöglichkeit bei Überschreitung von Defizit- und/oder Schuldenplafonds; hohes politisches Augenmerk; zentrale Kondition bei Hilfskrediten);
    2. Außengleichgewicht (rechtlich verbindlich, aber weniger griffig; Sanktionsmöglichkeit; Kondition bei Hilfskrediten);
    3. Preisstabilität (EZB-Inflationsziel von knapp 2 % für Länderdurchschnitt; für MS rechtliche Bedeutung nur hinsichtlich WWU-Beitritt; doch keine direkten wirtschaftspolitischen Instrumente);
    4. Beschäftigung (Koordination von „Beschäftigungsstrategien“ der MS; Zuschüsse aus EU-Haushalt);
    5. Wachstum (strukturpolitische Initiativen, z. B. Binnenmarkt oder Forschung);
    6. Einkommenskonvergenz zwischen reicheren und ärmeren MS (Kohäsionspolitik im Rahmen des EU-Haushalts);
    7. breiter Wohlstand (keine direkten Initiativen, doch punktuell rechtlich nicht bindende Ziele, z.B. in EU-2020).

    Es sind also jene makroökonomischen Ziele am verbindlichsten und wirksamsten verankert, welche grundsätzlich restriktiv angelegt sind oder wirken.
    In allen EU-Grundsatzdokumenten findet sich aber weiterhin die breitere Zielpalette der Eingangskapitel der Grundverträge, wobei die Bedeutung von Wirtschaftswachstum, Vollbeschäftigung und breiterem Wohlstand gerade in den letzten Jahren besonders betont wurde. (…)
    Nach acht Jahren Quasi-Stagnation, regelmäßig nach unten revidierten Prognosen und ausgereizter Geldpolitik wird offensichtlich, dass sich die europäische Wirtschaftspolitik in einem Dilemma befindet. Dieses besteht darin, dass ein Instrument fehlt, um aus dem Teufelskreis „Stagnation – neuerliches Konsolidierungserfordernis“ auszubrechen.
    Es erscheint daher ökonomisch sinnvoll, Instrumente zu schaffen, welche einen entsprechenden Nachfrageschub erlauben. Ein möglicher Ansatz ist die Einrichtung neuer Steuerungsinstrumente auf Ebene der Union. Ein zweiter – und vermutlich zielführenderer – Ansatz wäre, den budgetären Manövrierspielraum der MS auszudehnen.
    Quelle: blog.arbeit-wirtschaft.at

  10. Arbeitnehmerbeteiligung in Boards und Aufsichtsräten: Kein Konflikt mit Europarecht
    Verstößt die Unternehmensmitbestimmung gegen Europarecht? Darüber entscheidet bald der Europäische Gerichtshof. Ein neues Rechtsgutachten hält die Argumente des Klägers für wenig stichhaltig.
    Die deutsche Mitbestimmung kann nicht durch europäisches Recht ausgehebelt werden. Zu diesem Ergebnis kommt Prof. Dr. Johann Mulder, Rechtswissenschaftler an der Universität Oslo. In seinem Gutachten bezieht er sich auf einen Fall, der aktuell durch den Europäischen Gerichtshof (EuGH) geprüft wird: Ein Kleinaktionär des Reisekonzerns TUI hatte geklagt, die Beteiligung von Arbeitnehmern im Aufsichtsrat verstoße gegen den Grundsatz der Arbeitnehmerfreizügigkeit. Sein Argument: Ein deutscher Arbeitnehmer mit Sitz im Aufsichtsrat könne nicht zu einer Auslandstochter seines Arbeitgebers wechseln, ohne sein Mandat zu verlieren. Dadurch sei er in der Wahl seines Arbeitsplatzes eingeschränkt. Außerdem würden Auslandsbeschäftigte deutscher Unternehmen diskriminiert, weil sie bei den Wahlen für den Aufsichtsrat weder mitwählen noch selbst gewählt werden dürfen.
    Nach Mulders Analyse sind diese Behauptungen nicht stichhaltig. Dass sich bestimmte Rechtsansprüche verändern, wenn Beschäftigte zu einem Betrieb in einem anderen Land wechseln, sei rechtmäßig und völlig normal. „Es kann nicht als Diskriminierung angesehen werden, wenn ein Arbeitnehmer, der ins Ausland wechselt, nicht mehr unter die Gesetzgebung seines Heimatlandes fällt“, so der Jurist in seiner von der Hans-Böckler-Stiftung geförderten Expertise.
    Quelle: Hans Böckler Stiftung
  11. Eigentlich darf es die doch gar nicht mehr geben. Menschen ohne Krankenversicherungsschutz
    Während in den USA derzeit die nach langen Widerständen unter dem Namen “Obamacare” eingeführte Möglichkeit einer Krankenversicherungspflicht für Millionen armer Bürger wieder vor der Zerschlagung steht, ohne dass klar ist, ob überhaupt und wenn ja welche Alternative für die betroffenen Menschen von der neuen Trump-Administration ins Leben gerufen wird (immerhin geht es um 20 Mio. Menschen in den USA, die unter den Affordable Care Act (ACA) fallen), kann sich Deutschland im Bereich der Absicherung der Krankheitsrisiken eines umfassenden und auch Menschen mit niedrigen oder gar kein Einkommen einbeziehenden Schutzssystems rühmen. Hier bei uns sind ausnahmslos alle Menschen in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) oder unter bestimmten Voraussetzungen in der Privaten Krankenversicherung (PKV) abgesichert – wobei “ausnahmslos” im Sinne der Rechtslage gilt. Denn immer wieder gab es in der Vergangenheit Berichte, dass es Menschen gab ohne irgendeinen Krankenversicherungsschutz. Die Berichte haben dazu geführt, dass man durch das Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung seit dem 1.4.2007 alle im Inland wohnenden Personen in die Versicherungspflicht einbezogen hat (§ 5 SGB V Versicherungspflicht). Die Krankenkassen sprechen hier von einer im § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V normierten “Auffangversicherungspflicht” der GKV. Seit 2009 gibt es auch für die PKV eine Versicherungspflicht.
    Quelle: Aktuelle Sozialpolitik
  12. Deutschland steigert Rüstungsausgaben um mehr als zehn Prozent
    Die Bundeswehr investierte im vergangenen Jahr 5,1 Milliarden Euro – eine Steigerung um mehr als zehn Prozent. Vom gemeinsamen Nato-Ziel ist sie aber noch weit entfernt. (…)
    In diesem Jahr sollen die Ausgaben für die Bundeswehr sogar noch einmal erhöht werden: Der Haushalt 2017 sieht Investitionen von 37 Milliarden Euro in die Armee vor, knapp zwei Milliarden mehr als im vergangenen Jahr.
    Mit einer Steigerung von 5,4 Prozent legt der Wehretat damit wesentlich stärker zu als der Gesamthaushalt des Bundes. Deutschland verfehlt so zwar immer noch das gemeinsame Ziel der Nato-Staaten, zwei Prozent ihres Bruttoinlandsproduktes (BIP) für die Verteidigung auszugeben. Es rückt aber näher: Der Anteil am BIP wächst 2017 auf 1,22 Prozent nach 1,19 Prozent im vergangenen Jahr. Der deutsche Wehretat soll bis 2020 gegenüber früheren Planungen um insgesamt 10,6 Milliarden Euro auf dann 39,2 Milliarden Euro wachsen.
    Den künftigen US-Präsidenten Donald Trump dürfte die Nachricht freuen. Er hat Grundpfeiler der Militärallianz wie die gegenseitige Beistandsverpflichtung infrage gestellt, falls die Bündnispartner nicht mehr für ihre Verteidigung ausgeben. Die USA selbst wollten nach Nato-Angaben im vergangenen Jahr 3,6 Prozent ihres BIP für Verteidigung ausgeben.
    Quelle: Spiegel Online

    Lesen Sie dazu bitte auch den Artikel „Höhere Rüstungsausgaben wegen Trump? Es ist an der Zeit, die Weichen neu zu stellen“ auf den NachDenkSeiten

  13. Abschiebung von afghanischem Künstler – Integrierter geht’s nimmer
    Da hat ein aus Afghanistan geflohener Künstler sich so integriert, wie es die CSU will. Trotzdem schickt Bayern Ahmad Shakib Pouya zurück nach Kabul.
    Ob doch noch ein Wunder passiert? Natürlich hofft Ahmad Shakib Pouya. Aber die Hoffnung schwindet immer mehr, je näher der Termin rückt. Heute Abend, um 18.30 Uhr, wird das Flugzeug Richtung Kabul abheben. Und wenn es nicht passiert, das Wunder, dann wird auch er darin sitzen. Pouya hat sich schon ein Ticket gekauft, seine Ausreise ist freiwillig. Freiwillig – was für ein tückischer Begriff, denn es gibt eine Sache, die der 33-jährige Afghane auf gar keinen Fall will – nach Kabul fliegen. Er macht es trotzdem. Nur indem er seiner Abschiebung zuvorkommt, kann er ein Wiedereinreiseverbot vermeiden. Und Bayerns Behörden sind fest entschlossen, den Afghanen abzuschieben, falls er nicht freiwillig geht.
    Ahmad Shakib Pouya ist das Paradebeispiel eines erfolgreich integrierten Flüchtlings. Er spricht Deutsch, er arbeitet als Dolmetscher. Pouya engagiert sich in kulturellen Projekten, tritt als Schauspieler und Sänger auf. Und Pouya hat in Deutschland geheiratet – wenn auch nur vor einem islamischen Geistlichen, für eine standesamtliche Trauung, so sagt er, habe ein Papier gefehlt. Bei Markus Lanz saß er in der Talkshow, in Schloss Bellevue trat er vor Bundespräsident Joachim Gauck auf. Integrierter als Pouya – das geht nicht.
    Quelle: taz
  14. Obamas tödliches Erbe
    Am 7. September 2013 hat Aisha alles verloren, was ein Kind verlieren kann. Nachdem eine US-Drohne den Pick-Up von Aishas Familie im ostafghanischen Kunar anvisiert hat, brach das Feuer einer Hellfire-Rakete über sie herein. Vierzehn Menschen, die meisten Frauen und Kinder, wurden getötet. Die damals vierjährige Aisha überlebte, doch sie verlor bei dem Angriff ihre gesamte Familie – und ihr Gesicht. Der Drohnenangriff hatte es zerfetzt, bis zur Unkenntlichkeit entstellt. Später traf der damalige afghanische Präsident Hamid Karzai Aisha in einem Krankenhaus in Kabul. Ihm kamen die Tränen, als er das erblickte, was einst Aishas Gesicht darstellte.
    Afghanistan ist das am meisten von Drohnen bombardierte Land der Welt. Unzählige Menschen wurden bei diesen Angriffen getötet oder verloren ihre Liebsten. Aisha ist nur eine von ihnen. Doch im Gegensatz zu den Geschichten anderer Opfer fand ihre Geschichte den Weg in die Öffentlichkeit. Aisha wurde damit zum entstellten Gesicht des US-amerikanischen Drohnenkrieges. Ein Krieg, der während der Präsidentschaft Barack Obamas seinen bisherigen Höhepunkt erreicht hat.
    Quelle: Deutschlandradio Kultur
  15. Erdogans Präsidialsystem wäre »Sultanat«
    Der Chef der türkischen Anwaltskammer befürchtet unter dem von Staatschef Recep Tayyip Erdogan angestrebten Präsidialsystem ein Ende der Demokratie in dem Land. »Die Türkei wurde fast 600 Jahre lang mit solch einem System regiert«, sagte der Jurist Metin Feyzioglu am Mittwochabend in Ankara. »Wir haben in unserer Literatur einen Fachbegriff dafür: Das nennt sich Sultanat.« Feyzioglu zeigte sich allerdings zuversichtlich, dass die Verfassungsänderungen bei einem Referendum keine Mehrheit erhalten würden. »Dieses Volk wird keinen Selbstmord begehen«, sagte er.
    Seit Mittwoch stimmt das Parlament in Ankara in zweiter Lesung über die insgesamt 18 Änderungs-Artikel ab, die Erdogan mit deutlich mehr Macht ausstatten würden. Die ersten sieben Artikel erhielten in der Nacht zu Donnerstag nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu jeweils die notwendige Dreifünftelmehrheit. In Artikel sieben wird unter anderem festgelegt, dass der Präsident künftig einer Partei angehören kann.
    Über das Gesamtpaket soll voraussichtlich in der Nacht zum Samstag abgestimmt werden. Auch dafür ist die Zustimmung von mindestens 330 der 550 Abgeordneten notwendig. Sollten die jeweiligen Mehrheiten erzielt werden, soll es im Frühjahr zu einem Referendum kommen.
    Quelle: Neues Deutschland
  16. Die Einstufung nach »Bleibeperspektive« ist bewusste Integrationsverhinderung
    Zugang zu Integrationskursen während des laufenden Asylverfahrens erhalten nur Flüchtlinge mit »guter Bleibeperspektive«. Diese Sortierung sorgt in vielen Fällen dafür, dass die Integration von Menschen, die dauerhaft in Deutschland bleiben werden, unnötig verschleppt wird. Das kann man auch an den kürzlich veröffentlichten Asylzahlen 2016 sehen.
    Ob ein Flüchtling in Deutschland eine »gute« oder »schlechte« Bleibeperspektive hat, hängt nach Ansicht des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) erstmal nur vom Herkunftsland ab. Das ist allein deshalb unsinnig, weil der Kern des Asylsystems eine individuelle Prüfung von Fluchtgründen vorsieht, keine pauschale anhand des Herkunftslandes. An einigen Beispielen wird aber besonders deutlich, warum diese Vorsortierung falsch ist.
    Quelle: Pro Asyl
  17. Die Wahrheit über die Lügenpresse
    Lauterecken ist ein Dorf bei Kaiserslautern. Mehrere Tage hatten die Einsatzkräfte dort zu tun. Die Polizei hatte entdeckt, dass zwei junge Männer Explosivstoffe eingelagert hatten. Zeitweise mussten die Anwohner aus Sicherheitsgründen während der Aufräumarbeiten ihre Häuser verlassen. Unklar ist das Motiv. Aber selbst wenn – es interessiert sich eh nur die Regionalpresse dafür. Wären die beiden Männer nicht Deutsche, kämen sie stattdessen aus Tunesien oder Syrien, hätten wir schon lange das Motiv im Mainstream präsentiert bekommen. Dann wäre auch ein Reporter vor Ort und würde ins Mikrofon stammeln: »Noch wissen wir nichts Genaues, aber es wird vermutet, dass die beiden Männer einen Sprengstoffanschlag planten. Die Polizei ermittelt noch.« So aber thematisiert man das nur im Flüsterton und erwähnt nebenbei, dass es vielleicht einen rechten Hintergrund gäbe. Für eine überregionale Verbreitung reicht es nicht mal dafür.
    Quelle: Neues Deutschland
  18. Wie Marx das Phänomen Trump erklären würde
    Karl Marx war nicht nur ein Kenner der amerikanischen Politik, sondern auch glühender Anhänger Abraham Lincolns und der Republikanischen Partei. Wie Tausende Deutsche übrigens, die sogenannten Forty-Eighters – jene “Achtundvierziger”, die nach dem Scheitern der Deutschen Revolution 1848/49 nach Amerika geflohen waren und sich dort später, im Bürgerkrieg, auf die Seite der Partei der Sklavenbefreiung und ihres Präsidenten stellten.
    “Die Arbeit in weißer Haut kann sich nicht dort emanzipieren, wo sie in schwarzer Haut gebrandmarkt wird,” schrieb Marx an Lincoln.
    Diese Begeisterung würde heute dem Entsetzen weichen. Denn aus der Partei der Sklavenbefreiung, in der sich einst deutsche Sozialisten engagierten, ist längst die Partei der ehemaligen Sklavenhalter geworden, in der auch Rassisten eine politische Heimat gefunden haben.
    Quelle: Deutschlandradio Kultur


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