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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 16. Dezember 2008 um 9:16 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
Verantwortlich:

(KR/WL)
Heute unter anderem zu diesen Themen:

  • Krugman versus Frau Nein: European Crass Warfare
  • Peter Bofinger: “Wir müssen mehr im Inland investieren”
  • »Jeder verplemperte Tag kostet Arbeitsplätze«
  • Das Echo des “Wortbruchs”
  • Staatsanwältin im Krieg
  • Die Wut einer enttäuschten Generation
  • Das Netzwerk für eine gerechte Rente stattete Rürup einen Besuch ab
  • Abschied von der Riester-Rente
  • Wiesbaden: Kein Zuschuss für Kleider
  • Die Daten und ihr Schutz
  • Haltet die rechten Terroristen!
  • Zum Vorschlag des FDP-Rattenfängers aus Berlin


Vorbemerkung: Dieser Service der NachDenkSeiten soll Ihnen einen schnellen Überblick über interessante Artikel und Sendungen verschiedener Medien verschaffen.

Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Paul Krugman: European Crass Warfare
    Europe’s economy is in trouble. But Angela Merkel, the German chancellor, and her economic officials stand in the way of a much-needed European rescue plan.
    Quelle: The New York Times
  2. “Wir müssen mehr im Inland investieren”
    Deutschland droht eine schwere Rezession: die Bundeskanzlerin rief deshalb zum Krisengipfel. Warum dabei erwartungsgemäß wenig herauskam und weshalb jetzt schnell gehandelt werden muss, erklärt der Wirtschaftsweise Peter Bofinger im Interview mit tagesschau.de.
    Quelle: Tagesschau
  3. »Jeder verplemperte Tag kostet Arbeitsplätze«
    „In Deutschland gelten dieselben ökonomischen Gesetze wie in der übrigen Welt. Alle großen Industriestaaten entscheiden zügig, aber die große Koalition streitet sich und palavert. Wer jetzt nicht handelt, ist verantwortlich für einen zusätzlichen Anstieg der Arbeitslosigkeit (…) Der Rettungsschirm für die Banken war schon in einer Woche da – bis für die Arbeitnehmer etwas getan wird, werden aber wohl Monate vergehen. (…) Es fällt doch auf, dass weder auf internationaler noch auf nationaler Ebene eine durchgreifende Regulierung der Finanzmärkte in Gang kommt. Einfach gesagt: Die Verantwortlichen bereiten jetzt schon die nächste Krise vor. Und in Deutschland kommt hinzu, dass wir den SPD-Politiker Peer Steinbrück als Finanzminister haben, dem der Nobelpreisträger Paul Krugman mit Recht Dummheit vorgeworfen hat. Ihm muss schnell Einhalt geboten werden, bevor die Krise Deutschland stärker als andere Industriestaaten erfasst.“ Ein Interview mit Oskar Lafontaine.
    Quelle: Junge Welt
  4. Das Echo des “Wortbruchs”
    Der Schulterschluss der Agenda-Fraktion mit den Ideologen des Kapitalismus, der gerade an sich selbst zugrundegeht, ist in jeder Hinsicht fatal für die SPD. Was die Führung ihre “Politik” nennt, kann man bei CDU und FDP besser haben. (…) Dass die Legende vom “Wortbruch” Ypsilantis so völlig ungehemmt kommuniziert wurde und wird, hat die Rechte in der SPD maßgeblich zu verantworten. (…) Die im Zusammenhang ihrer Entstehung verlogene und tendenziöse Vokabel “Wortbruch” wird der SPD noch viel schlimmer zu schaffen machen: Dort, wo sie mit Recht angebracht werden wird. Die SPD hat in beinahe jedem Detail und allen Wahlkampfaussagen Wortbruch begangen. Die große Koalition, die nicht in Frage kam, regiert. Der Wahlkampfschlager “keine Erhöhung der Mehrwertsteuer” (wie die CDU dies ankündigte) mündete in einer noch drastischeren Erhöhung als je geplant. Die Rente mit 67 wurde beschlossen. Es ist erschütternd zu sehen, wie Müntefering ohne mit der Wimper zu zucken erst seine Wähler belügt und dann ungerührt das Gegenteil verkündet.
    Die SPD hat sich ihren Niedergang redlich verdient, für sie wird es keine Gnade geben. (…) Eine der großen Herausforderungen für eine kritische Öffentlichkeit wird es sein, zu verhindern, dass die unsoziale und inkompetente Politik der Großen Koalition nicht allein an der SPD hängen bleiben wird und die Wähler nicht obendrein der schlimmstmöglichen “Alternative” in die Arme treibt: Der FDP.
    Quelle: Feynsinn
  5. Staatsanwältin im Krieg
    In Margrit Lichtinghagen wissen die Steuerfahnder eine kompetente Staatsanwältin. Sie war selbst eine Steuerfahnderin, bevor sie 1993 zur Staatsanwaltschaft wechselte. Auch wenn in Bochum kaum einer der Fälle angesiedelt ist, wird der bundesweite Feldzug von dort aus organisiert. Denn aus Sicht der Steuerfahndung ergibt nur eine Bündelung Sinn – zu komplex, zu verwoben die Fälle.
    “Die letzten großen Fälle hat alle Frau Lichtinghagen an Land gezogen. Sonst war da nichts mehr”, sagt ein ehemaliger Staatsanwalt der Behörde. Dass die streitbare Staatsanwältin jetzt abgesägt werden soll, wundert ihn nicht. “In Bochum arbeiten nur noch im Windkanal erprobte Leute. Querdenker werden rausgemobbt.”
    “Führung durch Mobbing” beschreibt ein Mitarbeiter der Behörde das Betriebsklima. Allein sieben Wirtschaftsreferenten bekämen seit Jahren keine Arbeit mehr zugeteilt. Intern würde von der “Muppet Show” geredet, davon, “sich den ganzen Tag die Eier zu schaukeln”. Mitarbeiter brächten ihre privaten Laptops mit und würden den ganzen Tag spielen. Von “Psychokrieg” ist die Rede, von gebrochenen Menschen. Grund für die Abstrafung durch Nichtstun sei Engagement in Fällen gewesen, die ruhen sollten, so der Mitarbeiter. “Von Leichen im Keller” ist die Rede, von Verfahren, bei denen es um Subventionsbetrug in dreistelliger Millionenhöhe gehe, denen nie mehr nachgegangen wurde. Von Fällen, die man “gegen die Wand laufen lässt”. Kritische Mitarbeiter lasse man doppelt arbeiten, an Fällen, die nie zur Anklage kommen, an denen nichts dran ist. Wenn einer die Fälle durchgearbeitet habe, dann bekomme sie der nächste. Wir reden hier von 180 Aktenordnern. “Wir reden hier von einem System, um die Leute kaputt zu machen. Und wir reden von Steuergeldverschwendung.”
    Ein anderer Mitarbeiter erzählt von Fällen, in denen Behördenleiter Schulte mit Personen, gegen die ein Ermittlungsverfahren wegen Korruption lief, Tennis spielte und Kontakte über den Rotary-Club unterhält.
    Ein Sprecher des Justizministeriums in Nordrhein-Westfalen spricht nebulös von “hohen Interessen”, die bei solchen Ermittlungen dahinter stehen. “Da wird alles versucht.” Bis spätestens Dienstag will das Ressort klären, was hinter den Anschuldigungen gegen Lichtinghagen wirklich steckt.
    An persönlichen Animositäten zwischen Lichtinghagen und der Behördenspitze allein kann die versuchte Absetzung nicht liegen. Zu brisant der Fall, zu heikel der Zeitpunkt, zu intelligent die Beteiligten. Kurz vor der Eröffnung des mit Spannung erwarteten Zumwinkel-Prozesses am 22. Januar wäre eine solche Personalentscheidung medialer Selbstmord. Da muss unheimlich Druck hinter sein”, sagt ein Steuerfahnder.
    Quelle: FTD
  6. Die Wut einer enttäuschten Generation
    Prekarisierung und Frust über eine erstarrte politische Klasse sind keine hellenische Spezialität. Vor allem in Südeuropa sehen selbst gut ausgebildete Jugendliche einer ungewissen Zukunft entgegen. Die Weltwirtschaftskrise dürfte das noch verschärfen. Von Paris bis Moskau, von Kopenhagen bis Istanbul haben die griechischen Proteste einen deutlichen Widerhall gefunden.
    Quelle: Telepolis
  7. Das Netzwerk für eine gerechte Rente
    veranstaltete im November ein Symposium „Zur politischen Ökonomie des Rentenbetrugs an Jung und Alt“. Die Dokumente sind im Web zugänglich, die Forderungen lesenswert: „Mit staatlicher Subventionierung wandern Rentenbeiträge, die im solidarischen Umlagesystem fehlen, in private Pensionsfonds auf den Finanzmärkten Die Rürup-Riester-Förderung kapitalgedeckter Systeme muss wieder zugunsten der gesetzlichen Rente zurückgeführt werden. – Durch die schrittweise Einbeziehung aller Erwerbstätigen in die gesetzliche Rentenversicherung muss eine solidarische Erwerbstätigenversicherung auf der Grundlage eines neuen Generationenvertrages geschaffen werden, die Schutz für alle und eine nachhaltige Finanzierung garantiert.“
    Nach Abschluss des Symposiums wurden die Darmstädter Thesen in der TU Darmstadt
    an Herrn Rürups Diensttür angebracht, siehe Foto.
    Quelle 1: gerechterente.net
    Quelle 2: Darmstädter Thesen – für einen neuen Generationenvertrag – gegen den Rentenbetrug an Jung und Alt [PDF – 20 KB]
    Quelle 3: Foto zur Aktion

  8. Abschied von der Riester-Rente
    Fast eine Million Riester-Rentenversicherungen wurden gekündigt. Ein Produkt in der Kritik. Zu Recht?
    Quelle: Ihre Vorsorge

    Anmerkung KR: Wir empfehlen erneut einen Besuch der Website von Gerhard Krug: „Die Riester Rente lohnt sich nicht“

  9. Wiesbaden: Kein Zuschuss für Kleider
    Die Stadtverordneten haben Bekleidungshilfen für Kinder in Hartz-IV-Haushalten abgelehnt. Weder die Jamaika-Regierungskoalition noch die SPD-Opposition wollte einen jährlichen zweckgebundenen Zuschuss für Kinder bis 14 Jahren von 250 Euro gewähren. Beantragt hatte dies die Fraktion der Linken Liste.
    Quelle: FR

    Anmerkung des NDS-Unterstützers P.K.: Dass die CDU und FDP für die Kinder von Hartz I- Empfängern nichts übrig haben, wundert den Beobachter sicher nicht. Die Partei die GRÜNEN in Wiesbaden und anderswo haben für ein Magistratspöstchen schon lange Ihre sozialpolitische Ignoranz bewiesen und nur auf Druck von links folgenlose verbale Sozialrhetorik produziert. Im Wiesbadener Rathaus hat das angekündigte Versprechen der Ypsilanti-SPD für einen Politikwechsel im Land Hessen nie große Begeisterung ausgelöst. Da werden linke Genossen wie Veit Wilhelmy lieber aus der Fraktion gedrängt, weil dieser sich kritisch mit dem missbräuchlichen Einsatz von 1 € Jobbern in der Landeshauptstadt auseinandergesetzt hat.
    Und zur Landtagswahl werden alle diese gemeinsam das Hohelied singen: Die Kinder sind unsere Zukunft!

  10. Die Daten und ihr Schutz
    Die Verächtlichmachung des Datenschutzes hat das Bewusstsein über das Wesen von Persönlichkeitsdaten verschwinden lassen. Diese Daten werden behandelt, als wären sie nicht Ausdruck, sondern Abfall der Persönlichkeit.
    Datenschutz ist der Schutz der Menschen in der digitalen Welt. Er ist das zentrale Grundrecht, das Ur-Grundrecht der Informationsgesellschaft. Er schützt nicht abstrakte Daten, sondern konkrete Bürger.
    Quelle: SZ
  11. Haltet die rechten Terroristen!
    Fände man bei einem muslimischen Mitbürger auch nur einen Stadtplan, auf dem die Wohnung eines Polizeichefs mit einem Kreuz markiert wäre, das “Haltet den Terroristen” ertönte lautstark in der Republik. Von Innenminister Schäuble abwärts würden mehr Befugnisse für Polizei und Geheimdienste, ein Bundeswehreinsatz im Innern und der ganz große Horch- und Guck-Angriff gefordert. Wenn aber ein Neonazi – und wer sonst sollte bei der Tat “Grüße vom Nationalen Widerstand” ausrichten? – einen Polizeichef an seiner Wohnungstür niedersticht, passiert nur das Übliche: Ein NPD-Verbot wird gefordert.
    Mannichl wurde angriffen, weil er seinen Job tat. Anders als jener Polizeifunktionär aus Sachsen-Anhalt, der seinen Leuten sagte, sie müssten am rechten Rand nicht so genau hinsehen.
    Anders als Beamte, die volksverhetzende Sprüche bei Demonstrationen gegen eine Moschee in Frankfurt ignorierten. Anders als Innenministerien, die Opferzahlen schönrechnen und rechte Gewalt kleinreden. Anders als jene Politiker, die zuletzt zum Jahrestag der Pogromnacht von 1938 mehr Anstrengungen gegen Antisemitismus ankündigten, aber immer noch nicht dafür gesorgt haben, dass eine vom Bundestag schon im Jahr 2000 beschlossene Beobachtungsstelle gegen Rechtsextremismus, Antisemitismus und Ausländerfeindlichkeit auch eingerichtet wird. Die zulassen, dass Projekte wie die Aussteiger-Initiative “Exit” wegen Finanzierungslücken ihren Mitarbeitern kündigen müssen. Die nach Gewalttaten stets behaupten, gerade in ihrer Stadt gebe es nun gar keine rechte Szene – und das womöglich sogar glauben.
    Quelle: FR
  12. Zum Medien-Hit des Tages, dem Vorschlag des FDP-Rattenfängers aus Berlin …

    … den wir nicht verlinken wollen, eine Anmerkung von Martin Betzwieser: Wenn wir noch etwas warten, könnte der Vorschlag folgen, die toten Ratten als Fleisch an Tafeln und Suppenküchen zu liefern. Arbeitslose aus dem Bereich der Lebensmittelwirtschaft bekämen ein neues Betätigungsfeld. Mit der Zeit könnten Ratten-Kochbücher unserer Starköche von Schubeck bis Mälzer folgen. Und VOX, der Marktführer bei Kochsendungen aller Art, wird sicher noch ab und zu einen Sendeplatz freimachen können, um die ultimative Kochsendung für Obdachlose und Hartz-IV-Empfänger zu präsentieren.

    Anmerkung KR: Merkwürdig, von Thilo Sarrazin war dazu noch nichts zu hören …


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