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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 9. Januar 2017 um 8:47 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (CR/JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Sahra Wagenknecht
  2. § 80 StGB “Vorbereitung eines Angriffskriegs” ist seit 1. Januar 2017 gestrichen
  3. Jeffrey Sachs: Die multipolare Welt lieben lernen, Mr. Trump
  4. Trump nennt Russland-Kritiker “Dummköpfe”
  5. Thilo Sarrazin war “Türöffner” für neu-rechte Bewegungen
  6. Das grobe Foul der CDU-Politikerin Annegret Kramp-Karrenbauer
  7. Trumps Blick nach Deutschland
  8. China: Der Crash blieb mal wieder aus
  9. Das Krankenhaus als Fabrik
  10. Zu uns kommen Menschen mit eingewachsenen Socken
  11. Martin Schulz erhält Europäische Toleranz-Medaille
  12. Rot-Rot-Grün nicht einzige Option – Gabriel hat auch Ampel im Blick
  13. AfD will mit Stiftung an Steuergeld
  14. »Juncker sitzt weiter fest im Sattel«
  15. Neoliberalism – the ideology at the root of all our problems
  16. Programmbeschwerde: Gesiebte Information
  17. Fake News
  18. Die leisen Vordenker

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Sahra Wagenknecht
    1. “Wir wollen Menschen erreichen, die unzufrieden sind”
      Wenn Populismus bedeute, dass man mit Lügen arbeite, dann lehnten sie und ihre Partei das ab, sagte die Linke-Chefin Sahra Wagenknecht im DLF. Verständlich argumentieren und die Menschen ernst nehmen, sei “der Anspruch demokratischer Politik”. Ihre Hoffnung im Wahljahr 2017 sei es, Protestwähler zu gewinnen. (…)
      Steiner: Dann machen wir das doch mal etwas konkreter. Was wäre denn für Sie ein wirklich gutes Ergebnis für die Linkspartei bei der Bundestagswahl?
      Wagenknecht: Ja, das hieße, dass wir deutlich zweistellig werden. Also, wir sind ja jetzt schon in den meisten Umfragen eigentlich so um die 10 Prozent. Es gibt eine nette Umfrage, da sind wir bei 11,5. Das ist alles noch ausbaubar. Ich meine, wenn ich mir ansehe, 80 Prozent der Bundesbürger geben nach einer Umfrage an, dass sie sich mehr soziale Gerechtigkeit wünschen – und das ist nun wirklich unser Kernthema und unser Kernprogramm, da sind wir zurzeit die einzige Partei. Also, wenn wir von diesen 80 Prozent einen Gutteil erreichen und damit ein starkes Ergebnis bekommen, dann wäre das natürlich schon ein sehr wichtiges Signal.
      Weil, ich glaube, das wird auch im Wahlkampf sicherlich nochmal deutlicher werden: Wenn die AfD stark wird, wo ja auch zum Teil Protestwähler sagen: ‘Wir wollen, dass sich was ändert und deswegen wählen wir AfD’, ein starkes AfD-Ergebnis heißt, die Wahrscheinlichkeit einer neuen Großen Koalition steigt. Und die AfD hat ja auch kein soziales Programm. Und deswegen hoffe ich, dass wir auch viele von denen erreichen, die zurzeit aus Frust, aus Verärgerung über die bisherige Politik darüber nachdenken, AfD zu wählen, aber nicht, weil sie deren Parolen unbedingt gut finden, sondern wirklich nur, weil sie sagen: ‘Ich will deutlich machen, dass sich was ändern muss’. Und da werden wir versuchen, diesen Menschen zu signalisieren: Wenn ihr wirklich wollt, dass sich dieses Land sozial verändert, dann ist die Linke die einzige Option.
      Quelle: Deutschlandfunk
    2. »Merkels Politik hat die AfD groß gemacht«
      Im Wortlaut von Sahra Wagenknecht, stern, 05. Januar 2017 (…)
      Stern: Sie haben Merkels Satz „Wir schaffen das“ als „leichtfertig“ bezeichnet und der Kanzlerin vorgeworfen, viele Flüchtlinge erst ins Land gelockt zu haben. Das ist populistisch.
      SW: Nein, das ist die Wahrheit. Natürlich waren die unkontrolliert offenen Grenzen damals ein Anreiz.
      Stern: Nein, das ist infam.
      SW: Ich habe in Flüchtlingsheimen mit Syrern gesprochen, sie waren tief frustriert, weil sie nach Monaten immer noch dort saßen und teilweise noch nicht mal einen Deutschkurs machen konnten. Sie haben mich gefragt: Warum hat Frau Merkel uns eingeladen? Merkel hatte keinen Plan und kein Konzept, das war letztlich schlimmer als nur leichtfertig. Ihre Politik hat viel Unsicherheit und ängste erzeugt und die AfD groß gemacht.
      Stern: Von den Rechten ist Ihr Satz richtig verstanden worden. „Frau Wagenknecht, kommen Sie zur AfD!“, twitterte André Poggenburg, Wortführer des völkisch ­nationalen Flügels.
      SW: Sollen wir der AfD die Hoheit über unsere Positionen geben? Alles, wo irgendein Poggenburg aufjodeln könnte, darf nicht mehr gesagt werden, egal, ob es richtig oder falsch ist? Das ist absurd. Wir können doch nicht so tun, als sei es einfach, eine Million Menschen zu integrieren. Wenn wir die Benennung von Problemen der AfD überlassen, dann Gute Nacht!
      Stern: Mit Ihrer Kritik an Merkel unterstellen Sie, es seien zu viele Flüchtlinge im Land. Dann müssten Sie konsequenterweise auch sagen, wie viele gehen sollen.
      SW: Es geht um die unkontrollierte Grenzöffnung, die in ganz Europa kritisiert wurde. Es gibt in Deutschland ein Grundrecht auf Asyl. Aber es war unverantwortlich, eine Situation zuzulassen, in der wir noch nicht mal mehr wussten, wer ins Land kommt. Und natürlich ist Integration nur möglich, wenn es genügend Arbeitsplätze, genügend Wohnraum gibt. Merkel hat sich um all das kaum gekümmert. Außerdem: Wer trägt die Kosten? Werden sie auf Mittel- und Geringverdiener abgewälzt, führt das zu großer Abwehr, die sich dann von rechts instrumentalisieren lässt.
      Stern: Ist nach Ihrer Logik Angela Merkel etwa auch für den jüngsten Terroranschlag in Berlin verantwortlich? Der Täter war ein Flüchtling aus Tunesien, der zwar schon im Juli 2015 nach Deutschland kam, aber die Überforderung der Behörden infolge des Massenansturms im vergangenen Jahr ausgenutzt hat.
      SW: Es gibt eine Mitverantwortung, aber sie ist vielschichtiger. Neben der unkontrollierten Grenzöffnung ist da die kaputtgesparte Polizei, die weder personell noch technisch so ausgestattet ist, wie es der Gefahrenlage angemessen wäre. Ebenso fatal ist die Außenpolitik: die von Merkel unterstützten Ölkriege der USA und ihrer Verbündeten, denen der „Islamische Staat“ erst seine Existenz und Stärke verdankt.
      Das klingt nach: Alles hängt mit allem zusammen.
      SW: Seit 15 Jahren wird ein sogenannter Krieg gegen den Terror geführt, zuerst in Afghanistan, dann im Irak, in Libyen, in Syrien. Was ist die Bilanz all dieser Kriege, die mittlerweile 1,5 Millionen Menschenleben gekostet haben? Der islamistische Terror ist nicht schwächer, sondern sehr viel stärker geworden. Der IS ist ein Produkt des Irak-Kriegs von Bush und Blair. Und durch die Beteiligung der Bundeswehr an Kriegen in der islamischen Welt sind auch wir zur Zielschreibe des Terrors geworden.
      Stern: Sie glauben im Ernst, wenn Deutschland sich international raushielte, blieben wir vom Terror verschont?
      SW: Glauben Sie im Ernst, wir können dort bomben und morden – denken Sie an Kunduz – und bei uns geschieht nichts?
      Quelle: Stern via Fraktion der Linkspartei im Bundestag

      Anmerkung Jens Berger: Sahra Wagenknecht wegen dieser Äußerungen eine AfD-Nähe zu unterstellen, wie es zahlreiche Medien und der rechte SPD-Flügel getan haben, ist schon ziemlich abstrus und auch brandgefährlich. Denn wenn die Menschen, die Wagenknechts Äußerungen nachvollziehen können und teilen, permanent hören, sie seien rechts und AfD-nahe, könnten sie es vielleicht auch irgendwann glauben.

    3. Eine LINKE mit Sahra Wagenknecht kann ich nicht wählen
      Jan-Ole Arps sieht in der Rhetorik der Spitzenkandidatin das populistische Strickmuster der Rechten
      Anfang Dezember hat die Linkspartei ihre Spitzenkandidat_innen für die Bundestagswahl 2017 gekürt. Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch sind es geworden. Ich gehöre zu den Wählern, die die Linkspartei damit verliert.
      Sahra Wagenknecht bedient systematisch rassistische Ressentiments in der Bevölkerung, und das nicht erst seit gestern. Kritik prallt an ihr ab. Im Anschluss an die massive Gewalt gegen Frauen in der Kölner Silvesternacht 2015/2016 sagte sie inmitten einer von rassistischen Bildern bestimmten Debatte ihren inzwischen berühmten Satz: »Wer sein Gastrecht missbraucht, der hat sein Gastrecht eben auch verwirkt.« Beifall von der AfD kam sofort. Einen Tag später bekräftigte Wagenknecht ihre Aussage. Wenn nochmal eine Million Flüchtlinge kämen, würde »Deutschland zerreißen«. Besser als Milliarden für Integration auszugeben wäre es, Deutschland würde fünf oder zehn Milliarden Euro für Flüchtlingslager in der Region zahlen.
      Und: »Natürlich gibt es Kapazitätsgrenzen, wer das leugnet, ist doch weltfremd.« Das wiederholte sie im März. Im Sommer boten ihr dann die Anschläge von Ansbach und Würzburg Anlass, um einmal mehr geflüchtete Menschen als Sicherheitsproblem darzustellen. Nun müsse der Staat alles tun, »dass sich die Menschen in unserem Land wieder sicher fühlen können.« Und so ging es weiter, bis zum jüngsten Interview im »Stern«, das ihr erneut Applaus von ganz weit rechts einbrachte.
      Quelle: neues deutschland

      Anmerkung unseres Lesers K.B.: Ich fasse es nicht. Das soll ein “Debattenbeitrag” sein. Wie kann die Redaktion vom ND so eine Hetze veröffentlichten. Ein paar Äußerungen von Sahra Wagenknecht werden hier aus dem Zusammenhang gerissen. Alle Äußerungen, in denen sie ihre Solidarität mit den Geflüchteten bekundet, werden weggelassen. Solche Halbwahrheiten sind schlimmer als Lügen. Völlig unsinnig ist die Behauptung, der Nationalismus sei im Sozialstaat verankert, weil er Nichtdeutsche davon ausschließe. Im Gegenteil: Jeder ist unabhängig von seiner Herkunft arbeitslos-, kranken-, renten- und pflegeversichert, wenn er in die Sozialkassen eingezahlt hat.

      Ergänzende Anmerkung JK: Die Zeitung “Neues Deutschland” nennt sich im Untertitel “Sozialistische Tageszeitung”, betreibt aber mit solchen Kommentaren die Geschäfte der herrschenden Eliten, wenn darin Sahra Wagenknecht so undifferenziert niedergemacht wird. Alle Äußerungen, in denen sie ihre Solidarität mit den Geflüchteten bekundet und sich zu den Fluchtursachen äußert, werden weggelassen, Äußerungen aus dem Zusammenhang gerissen, Halbwahrheiten verbreitet. Die ökonomische Fundierung von Sahra Wagenknechts Kritik an Merkels Flüchtlingspolitik, die deutlich macht, dass das “Wir schaffen das” eigentlich nur meint, dass eben die sozial Schwachen, etwa durch eine von den Arbeitgebern freudig begrüßte Lohnkonkurrenz, wieder einmal die Folgen der hohen Flüchtlingszahlen auszubaden haben, ist für den Autor vermutlich zu hoch.
      Der Tenor lässt darauf schließen, dass der Autor dem Lager der sogenannten Antideutschen zu zuordnen ist. Deren neuste Leier ist die Kritik des Sozialstaates als im Kern rassistisch und nationalistisch. Klingelt es? Hier wird der Sozialstaat attackiert und madig gemacht, der den Neoliberalen ebenfalls seit jeher ein Dorn im Auge. Was an Instrumentarien zum Schutz der Arbeitnehmer und sozial Schwachen erkämpft wurde, wird nun nicht nur von Neoliberalen, sondern auch von vermeintlichen Linken desavouiert, im ND wird neoliberale Propaganda verbreitet. Wer ein wahrer Linker sein will muss heute also gegen den Sozialstaat sein!
      Erstaunlich zu dem, dass sich ein vorgeblich linker Autor gerade auf eine “Analyse” des Bayerischen Rundfunks beruft, aber im gleichen Atemzug RT Deutsch als russischen Propagandasender kritisiert und ein Interview Sahra Wagenknechts mit diesem als weiteren Beleg für ihren angeblichen Rechtspopulismus aufbläst. Der mediale Mainstream argumentiert nicht anders (siehe unten). Es sei der LINKEN (diese hält über eine Treuhandgesellschaft 50 Prozent der Verlags GmbH) dringend geraten in ihrem eigenen Haus aufzuräumen und die Antideutschen schleunigst loszuwerden.
      Man vergleiche dazu den Kommentar aus dem “Qualitätsblatt” Berliner Zeitung oder die Äußerungen des CDU-Generalsekretär Peter Tauber. Wo ist da noch ein Unterschied?

      • Sahra Wagenknecht passt besser zur AfD als zu den Linken
        Gerüchten zufolge wird Sahra Wagenknecht zur Bundestagswahl als Spitzenkandidatin der Links-Partei antreten – nicht der AfD. Aber es handelt sich nur um Gerüchte, die mit jedem Tag unwahrscheinlicher klingen, an dem Wagenknecht sich mit Bemerkungen über Flüchtlinge und AfD-Funktionäre mit Bemerkungen über Wagenknecht zu Wort melden.
        Für ihre Kritik an der Flüchtlingspolitik von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte Wagenknecht schon bisher euphorischen Applaus einschlägig berüchtigter AfD-Politiker erhalten, unter anderen von dem Vorsitzenden der AfD-Landtagsfraktion im Magdeburger Landtag, André Poggenburg, der sie folgerichtig eingeladen hatte, in seine Partei zu wechseln. Soweit bekannt, hat sie das Angebot nicht angenommen. Immerhin aber hat sie mit ihrer jüngsten Bemerkung ihre Attraktivität für alle Xenophoben im Land noch einmal bestätigt.
        Quelle: Berliner Zeitung
      • CDU-Generalsekretär vergleicht Lindner mit AfD-Vize Gauland
        Das Wahljahr 2017 nimmt Fahrt auf. In einem Gespräch mit der „Bild am Sonntag“ (BamS) macht CDU-Generalsekretär Peter Tauber Christian Lindner schwere Vorwürfe. Den Parteichef der FDP vergleicht Tauber mit dem Vize-Vorsitzenden der rechtspopulistischen Alternative für Deutschland, Alexander Gauland.
        Tauber kritisiert im selben Gespräch auch die Linkspartei und setzt sie mit der AfD gleich. SPD und Grüne forderte er in der „BamS“ auf, eine Koalition mit den Linken auszuschließen.
        Die Aussage von Linksfraktionschefin Sahra Wagenknecht, Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sei mitverantwortlich für den Anschlag in Berlin, mache „wieder mal deutlich, dass die Linkspartei eine rote AfD ist“, sagte Tauber. „Sahra Wagenknecht und Frauke Petry sind das doppelte Lottchen des Populismus in Deutschland.“
        Quelle: welt.de
    4. Dazu: Sahra Wagenknecht über Mainstream-Politiker und die AfD
      Jeden Tag trommeln Mainstream-Politiker verschiedener Parteien für die AfD. Heute CDU-Generalsekretär Tauber, bekanntermaßen kein allzu großes Licht. Als ich kürzlich den linken französischen Bestseller-Autor Didier Eribon im Bundestag zitierte, rief Tauber: “Klingt wie einer von der AfD”. Von gleichem Niveau ist seine heutige Einlassung bei BILD. Er nennt dort die AfD-Vorsitzende Petry und mich das „doppelte Lottchen des Populismus“. Aber auch der FDP Vorsitzende Lindner rede wie Alexander Gauland. Dass diese Kampagne, die die AfD faktisch zum Referenzpunkt der gesamten Politik erklärt, am Ende nur die Rechten stark macht, versteht sich. Erreichen wollen die AfD-Trottel in den etablierten Parteien damit offenbar dreierlei: Sie wollen davon ablenken, dass die AfD wie CDU/CSU, SPD, FDP und Grüne für unsoziale Politik, also für den Abbau des Sozialstaates, für Lohndrückerei durch Leiharbeit und Werkverträge und gegen eine Erbschafts- oder Vermögenssteuer für Millionäre steht und wie die etablierten Parteien militärische Aufrüstung und Interventionskriege befürwortet. Obwohl gerade die Kriege und Waffenexporte Hauptursache der Flüchtlingskrise sind. Zweitens soll verschleiert werden, dass es niemand anders als Angela Merkel und ihre Große Koalition war, die die AfD groß gemacht haben. Drittens schließlich soll die einzige soziale Opposition zu diesem neoliberalen Parteienkartell, die Linke, diffamiert werden. Nun kann man verstehen, dass der eifrige CDU-Generalsekretär die Linke nicht mag. Nicht nachvollziehbar aber ist, wenn Politiker unserer Partei sich an dieser Kampagne beteiligen. Als ich Merkel für die zunehmende Terrorgefahr in Deutschland mitverantwortlich machte, weil sie die Öl- und Gaskriege der USA unterstützt, die Bundesländer mit ihrem steuerpolitischen Wohlfühlprogramm für Konzerne und Superreiche zu Ausgabenkürzungen zwingt, was nicht zuletzt zu einem Kaputtsparen der Polizei geführt hat, und weil sie über mehrere Monate eine Situation zugelassen hat, in der wir noch nicht einmal wussten, wer ins Land kommt, meldeten sich leider auch aus meiner Partei die üblichen Verdächtigen zu Wort, um mich vehement zu kritisieren. Diesen Kollegen, die glücklicherweise nur eine verschwindende Minderheit in unserer Partei repräsentieren, ist eine gewisse CSU-nähe nicht abzusprechen, denn bei den Seehofers und Söders gilt seit langem: Feind, Erzfeind, Parteifreund… Ein Erfolgsrezept für eine linke Partei dürfte das allerdings nicht sein.
      Quelle: Sahra Wagenknecht via Facebook

  2. § 80 StGB “Vorbereitung eines Angriffskriegs” ist seit 1. Januar 2017 gestrichen
    Im Netz gibt es Aufregung, nachdem Meldungen umging, dass ab 1. Januar 2017 der § 80 StGB gestrichen wurde, worüber aber kaum berichtet worden sei. Das war der Paragraf, der die “Vorbereitung eines Angriffskrieges” unter Strafe stellte.
    Das regt, wenn man dies nur oberflächlich zur Kenntnis nimmt, angesichts der Bestrebungen der deutschen Regierung, mehr militärische “Verantwortung” übernehmen zu wollen, womöglich zu einem Verdacht an, dass die Bundesregierung vielleicht den rechtlichen Raum für militärische Interventionen und etwaige Angriffskriege schaffen will. Im Bayerischen Rundfunk versuchte man die Gemüter zu beruhigen und die Sachlage “richtig” zu stellen, mit dem Titel “Verschwörung um § 80 – Halbe Wahrheiten zum ‘Angriffskrieg'” goss man allerdings im “Staatsfunk” eher Wasser auf die Mühlen. Zudem heißt es lediglich, dass “das Delikt nur das Gesetz gewechselt” habe, auf die damit eingehenden Veränderungen wird aber nicht eingegangen.
    Wer einen Angriffskrieg (Artikel 26 Abs. 1 des Grundgesetzes), an dem die Bundesrepublik Deutschland beteiligt sein soll, vorbereitet und dadurch die Gefahr eines Krieges für die Bundesrepublik Deutschland herbeiführt, wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe oder mit Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren bestraft.
    Der gestrichene § 80 StGB
    Der Bundestag hat am 1. Dezember 2016 das entsprechende Gesetz zur Änderung des Völkerstrafgesetzbuches angenommen – dagegen stimmte nur die Linksfraktion. Der § 80 wurde nicht ersatzlos gestrichen, sondern in einer veränderten Form in das seit 2002 im Rahmen des Beitritts zum Römischen Statut und damit zum Internationalen Strafgerichtshof seit 2002 in Deutschland geltende Völkerstrafgesetzbuch (VStGB) als § 13 aufgenommen.
    Quelle: Telepolis
  3. Jeffrey Sachs: Die multipolare Welt lieben lernen, Mr. Trump
    Für die USA wäre es hoch an der Zeit, von einer hegemonialen Weltsicht auf eine partnerschaftliche umzuschwenken.
    Die US-Außenpolitik steht am Scheideweg. Amerika war seit 1789 eine expandierende Macht. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts erreichte es globale Vorherrschaft. Doch nun stößt seine Macht an Grenzen angesichts des Aufstiegs Chinas, der Dynamik Indiens, des steilen Bevölkerungsanstiegs und der wirtschaftlichen Regungen in Afrika, der Weigerung Russlands, sich seinem Willen zu unterwerfen, seiner Unfähigkeit, die Ereignisse im Nahen Osten zu kontrollieren, und der Entschlossenheit Lateinamerikas, sich seiner faktischen Hegemonie zu entledigen.
    Ein Weg, den die USA einschlagen können, ist der globaler Zusammenarbeit. Der andere ist ein militaristischer Schub in Reaktion auf ihr Scheitern beim Erreichen ihrer Ziele. Die Zukunft Amerikas und der Welt hängt davon ab, wie die USA sich entscheiden.
    Globale Zusammenarbeit ist in zweifacher Hinsicht lebenswichtig. Nur sie kann für Frieden sorgen und ein nutzloses, gefährliches und letztlich in die Pleite führendes Wettrüsten verhindern, das diesmal Cyberwaffen, Weltraumwaffen und die nächste Generation von Nuklearwaffen umfasst. Und nur sie ermöglicht es der Menschheit, sich den dringenden Herausforderungen zu stellen, vor denen unser Planet steht: der Vernichtung der Artenvielfalt, der Vergiftung der Meere und der globalen Erwärmung.
    Quelle: derStandard.at
  4. Trump nennt Russland-Kritiker “Dummköpfe”
    Wenn er erst Präsident ist, wird Russland die USA viel mehr respektieren, prophezeit Donald Trump. Nur “Idioten” würden ein gutes Verhältnis zu Russland schlecht finden.
    Einen Tag nach der Veröffentlichung eines US-Geheimdienstberichtes zu den russischen Hackerangriffen im Präsidentschaftswahlkampf hat der designierte US-Präsident Donald Trump Russland-Kritiker als “Dummköpfe” (fools) bezeichnet. “Wir haben genügend Probleme rund um die Welt.”
    “Ein gutes Verhältnis zu Russland ist eine gute Sache, nicht eine schlechte Sache”, schrieb Trump auf Twitter. “Nur ‘dumme’ Leute oder Idioten können glauben, dass das schlecht ist!”
    Wenn er erst Präsident sei, “wird Russland uns sehr viel mehr respektieren, als sie es jetzt tun, und beide Länder werden – vielleicht – zusammenarbeiten, um einige der großen und drängenden Probleme der WELT zu lösen!”, ergänzte Trump, der am 20. Januar sein Amt antritt.
    Quelle: Zeit Online

    Anmerkung JK: Zu köstlich, die Transatlantiker werden toben. Aber wo Trump recht hat, hat er recht. Eine Konfrontation mit der Atommacht Russland ohne jede Not ist völlig idiotisch.

  5. Thilo Sarrazin war “Türöffner” für neu-rechte Bewegungen
    Der Rechtspopulismus sei kein “Jungbrunnen der Demokratie”, sagt der Buchautor Andreas Speit. Die Folge neu-rechter Strömungen sei vielmehr, dass sie eine antidemokratische und antiemanzipatorische Politik vorantrieben, die dann von anderen Parteien umgesetzt werde. (…)
    Albath: Wer sind denn die Vordenker der Neuen Rechten?
    Speit: Ja, wir müssen leider feststellen, dass genau diese Vordenker in der Mitte der Gesellschaft in Medien und Politik kaum beachtet werden und man deswegen so unglaublich überrascht ist von dem, was wir in den letzten Jahren erleben konnten. Diese Vordenker der Neuen Rechten sind organisiert in Zeitungen, in Instituten und kleineren Zirkeln. Das Institut für Staatspolitik ist mittlerweile eines der zentralen Orte, wo die rechte Ideologie gebildet wird, Personen geschult werden und man auch ganz gezielt versucht, Einfluss auf die AfD zu nehmen.
    Albath: Jemand, der dort sehr entscheidend war, ist Götz Kubitschek, das ist auch für Sie eine zentrale Figur – warum?
    Speit: Götz Kubitschek ist einer der zentralen Vordenker, der in den letzten Jahren es wirklich geschafft hat, ein Netzwerk aufzubauen, wobei man auch eindeutig betonen muss, dass in diesem Netzwerk eben verschiedene Akteure zusammengekommen sind, die sonst nicht zusammengearbeitet haben, und das ist auch die neue Qualität. (…)
    Albath: Sie erwähnen, Andreas Speit, auch eine Studie, die sehr bekannt geworden ist, des Soziologen Heitmeyer über Menschenfeindlichkeit, der auch von einer Entkultivierung des Bürgertums spricht. Teilen Sie diese Einschätzung des Soziologen? (…)
    Speit: Ja, die teile ich. Die Studie lief über zehn Jahre, und wir müssen leider feststellen, dass die Daten, die dort über die Jahre erhoben worden sind, mehr und mehr auch wirklich zutreffend sich in der Politik widergespiegelt haben. Wir wussten quasi schon immer, dass es rechte Ressentiments in der Mitte der Gesellschaft gibt, es war nur eine Frage der Zeit, wann es vielleicht ein Angebot geben wird, eine Partei oder eine Bewegung, die es schafft, einerseits das als parlamentarische Option zu präsentieren oder eben als Kraft auf der Straße. Und genau diese Phase erleben wir in den letzten drei, vier Jahren mit dem Aufkommen der AfD.
    Die Studie belegt auch das, was die Neue Rechte selbst eigentlich offen zugibt. Götz Kubitschek sagt nämlich selber, sie selbst als Neue Rechte, zu der ja auch die “Junge Freiheit” und die “Blaue Narzisse” gehören, haben gar nicht so in der Mitte der Gesellschaft diesen großen Schlag geschafft. Der ist gekommen von Personen aus der Mitte der Gesellschaft wie Thilo Sarrazin. Das waren für sie Türöffner, wie sie selbst sagen, Rammböcke, und in diesem Fahrwasser der politischen Debatte, die diese Personen losgetreten haben, schwimmen sie sehr gut mit.
    Quelle: Deutschlandradio Kultur

    Anmerkung Christian Reimann: Bitte lesen Sie dazu auch Die AfD und unsere lieben Medien – ziemlich beste Freunde.

  6. Das grobe Foul der CDU-Politikerin Annegret Kramp-Karrenbauer
    In einem Interview behauptet die CDU-Politikerin Annegret Kramp-Karrenbauer (Ministerpräsidentin des Saarlandes), manche Forderungen der AfD und der Partei DIE LINKE seien sich verblüffend ähnlich. Annegret Kramp-Karrenbauer täuscht die Öffentlichkeit. Das ist unfairer Wahlkampf. Dabei hatte sie gerade noch zu einem fairen Wahlkampf aufgerufen. Ein Blick auf die Programme zeigt vielmehr eine große programmatische Überschneidung zwischen CDU und der AfD.
    In der Sozialpolitik (Rentenkürzung, Kürzung des Arbeitslosengeldes, Befürwortung prekärer Beschäftigung), in der Wirtschaftspolitik (Lohndrückerei, Niedriglohnsektor), in der Steuerpolitik (Ablehnung von Vermögens- und Erbschaftssteuer für Millionäre), sowie in der Außenpolitik (Befürwortung von Interventionskriegen) gibt es tatsächlich eine verblüffende Ähnlichkeit zwischen CDU und AfD, die von den Christdemokraten und den “Qualitätsmedien” kampagenartig geleugnet wird. Und auch in der Flüchtlingspolitik übernimmt die CDU nach der unkontrollierten Grenzöffnung und den mit den europäischen Nachbarn nicht abgestimmten Entscheidungen Angela Merkels jetzt AfD-Forderungen.
    Und das Wichtigste: Wie die AfD und im krassen Gegensatz zur Politik der Partei DIE LINKE täuscht die CDU die Wähler darüber hinweg, dass die Kriege im Vorderen Orient, die Angela Merkel unterstützt, Millionen Menschen in die Flucht treiben und die Terroranschlags-Gefahr in Deutschland erhöhen. Angesichts dieser zahlreichen Überschneidungen sitzt die CDU-Politikerin und gelehrige Schülerin Angela Merkels Annegret Kramp-Karrenbauer im Glashaus und wirft mit Steinen.
    Leider gibt es auch in der Partei DIE LINKE Dumpfbacken, die auf die Kampagne von Medien und etablierten Parteien, uns in die rechte Ecke zu stellen, hereinfallen und auch noch die Stichworte liefern.
    Quelle: Oskar Lafontaine via Facebook
  7. Trumps Blick nach Deutschland
    Donald Trump prangert die Chinesen wegen ihrer Exportstärke an. Das sollte uns alarmieren: Denn als Nächstes könnte Deutschland dran sein – der Exportweltmeister. […]
    China hat große Mengen Geld und Vermögen aus den Vereinigten Staaten herausgenommen, in einem total einseitigen Handel“, twitterte Trump erst vor wenigen Tagen wieder. Mit etwas Phantasie lässt sich das sehr leicht auch auf Deutschland ummünzen. Immerhin hat die Bundesrepublik die Volksrepublik China sogar gerade wieder als Exportweltmeister abgelöst. Und der deutsche Leistungsbilanzüberschuss, also die Differenz von Aus- und Einfuhren, lag 2016 nach vorläufigen Zahlen bei 8,6 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung. Das ist nicht nur ein Rekord für Deutschland – es ist auch viel mehr als die mickrigen 2,4 Prozent der Chinesen. […]
    “Man kann sich das so vorstellen: Ein Land wie Deutschland, das Maschinen ins Ausland liefert, gewährt im selben Zug auch noch einen Kredit zu deren Finanzierung. Wo nun ist das Problem? Lange Zeit hatte man mit diesen Ungleichgewichten halbwegs gelebt. Mit der Finanzkrise aber wurden sie als ein Risiko für die Stabilität des Weltfinanzsystems identifiziert. Da exportschwache Länder ihre Importe über Kredite finanzieren müssen, kann das die Schuldenberge gefährlich in die Höhe treiben. Gewaltige globale Ungleichgewichte, die sich nicht langsam abbauen, sondern schlagartig verschieben, können im schlimmsten Fall das ganze Wirtschaftssystem ins Wanken bringen oder zumindest eine Krise verstärken. […]
    Trotzdem muss man auf den Titel Exportweltmeister nicht ebenso stolz sein wie auf den des Fußballweltmeisters. Der frühere Chef des Münchener Ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn, verweist auf die Kehrseite des Leistungsbilanzüberschusses: den Überschuss in der Kapitalbilanz. Es fließt mehr Kapital aus Deutschland ab als hinein. […]
    Die Deutschen können nur hoffen, dass es Trump mit ihnen nicht so genau nimmt wie mit den Chinesen.
    Quelle: FAZ

    Anmerkung unseres Lesers F.C.: Anlass zu verhaltener Freude: In einem Artikel zu Trumps Wirtschaftspolitik räumt die FAZ-Wirtschaftsredaktion erstmals Probleme der deutschen “Exportweltmeister”-Rhetorik ein.

  8. China: Der Crash blieb mal wieder aus
    Kaum ein Jahr ist seit der großen Asien-Krise 1997/98 vergangen, in dem Chinas Wirtschaft nicht der große Crash vorhergesagt worden wäre. Im vergangenen Jahr war dieser Sport besonders beliebt. Doch wieder einmal lagen die Krisen-Propheten deutlich daneben. Wie zuvor schon einige seiner ost- und südostasiatischen Nachbarn vollbringt China das Kunststück eines lange anhaltenden Booms, der, sollte er noch ein paar Jahre so weiter gehen, das Land aus dem Status eines Entwicklungslandes herausheben wird.
    Derzeit sieht es ganz danach aus, als könnte dies gelingen. Die Nachrichtenagentur Reuters berichtet unter Berufung auf die chinesische Wirtschaftszeitung Caixin von einer deutlichen Zunahme der Aktivitäten im verarbeitenden Gewerbe. Der von der Zeitung erhobene Verkaufsmanagerindex liege seit sechs Monaten in Folge in einem Bereich, der Expansion signalisiere. Auch der Auftragseingang habe zugenommen. 2016 sei die Wirtschaft vermutlich im geplanten Bereich zwischen 6,5 und 7 Prozent gewachsen.
    Und profitabel scheint es auch zu sein: Die chinesische Nachrichtenagentur Xinhua berichtet von einem Anstieg der Gewinne der großen Industriebetriebe. Im Oktober hätten diese 9,8 Prozent über dem Vorjahresniveau gelegen und im November bereits 14,5 Prozent, so die Agentur unter Berufung auf das Nationale Büro für Statistik in Beijing (Peking).
    Die stärkere Konjunktur im verarbeitenden Gewerbe – in den Vorjahren war das chinesische Wirtschaftswachstum vor allem vom rasch expandierenden Dienstleistungssektor getragen worden – wird überwiegend vom Binnenmarkt befeuert. Reger Wohnungsbau und staatliche Ausgaben für Infrastrukturprojekte trugen maßgeblich zur gesteigerten Nachfrage bei.
    Quelle: Telepolis

    Anmerkung Christian Reimann: Kann es sein, dass entscheidende Mitglieder der Kommunistischen Partei Chinas mehr über das Funktionieren einer Marktwirtschaft gelernt haben als z.B. die hiesige Entscheidungsträgerschaft?

  9. Das Krankenhaus als Fabrik
    Die Einführung der Fallpauschalen ermöglichte den Zugriff des Kapitals auf die Kliniken – mit gravierenden Folgen für Personal und Patienten
    Mit der Einführung der Fallpauschalen, den sogenannten Diagnosis Related Groups (DRG), im Jahr 2004 wurde in der Bundesrepublik ein Paradigmenwechsel in der stationären Versorgung und damit einem Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge vollzogen. Ursprünglich zur Bekämpfung von tatsächlich oder vermeintlich bestehenden Fehlanreizen der Finanzierung über tagesgleiche Pflegesätze eingeführt, hat sich im Zuge der DRG-Einführung eine ökonomische Dynamik entfaltet, die alle Ebenen der stationären Versorgung gleichermaßen durchdringt: Krankenhäuser wurden zu Fabriken getrimmt, so dass ökonomische Interessen in inakzeptabler Weise mit medizinischen Entscheidungen verbunden wurden.
    Die betriebswirtschaftliche Ideologie bestimmt seitdem nicht nur das Leben und Arbeiten in den Kliniken egal welcher Trägerschaft. Sie ist auch zur zentralen Perspektive der Gesundheitspolitik geworden. Das hat unmittelbare Auswirkungen auf das öffentliche Gesundheitssystem, das als öffentliche, d. h. solidarische und demokratische Aufgabe in die Hand der Lohnabhängigen gehört, die es mit ihren Geldern in Form von Kassenbeiträgen und Steuern finanzieren
    Quelle: Junge Welt
  10. Zu uns kommen Menschen mit eingewachsenen Socken
    So etwas gibt es nur ein einziges Mal im reichen Deutschland: Eine Krankenstube, in der sich Obdachlose – auch ohne Versicherung – stationär pflegen lassen können – teilweise monatelang. Offene Beine, abgestorbene Zehen, faule Zähne: Die Mitarbeiter haben schon einiges gesehen. Oft geht die Hilfe über das Medizinische hinaus.
    “Das sind so schmerzhafte Wunden. Es brennt wie Feuer.” – “Das tut den ganzen Tag weh. Von morgens bis abends. Ich tue jetzt diese spezielle Wundauflage drauf, das ist speziell für Infektionen.”
    Der ganze Unterschenkel von Georg besteht aus einer einzigen, rosa fleischigen, sehr tiefen Wunde. Seit zwei Monaten ist Georg schon Patient in der Krankenstube der Caritas Hamburg.
    Ein Team aus sechs Pflegern und einem ehrenamtlich arbeitenden Arzt betreut hier rund um die Uhr die Patienten. Georgs eitrige Beine seien eine typische Wunde für Menschen, die auf der Straße leben, erklärt die Sozial- und Gesundheitsmanagerin der Krankenstube, Ingrid Kieninger.
    “Die Menschen, die haben oft monatelang ihre Schuhe an, die Menschen, die zu uns kommen, die haben eingewachsene Socken, die haben schwerst entzündete Beine. ”
    Die blonde, 50-jährige Frau leitet seit drei Jahren die Krankenstube, ein in dieser Form einmaliges Projekt in Deutschland. Hier werden die Menschen medizinisch versorgt, die ohne Papiere leben, die keine Krankenversicherung haben. Georg ist einer von 18 Patienten. Sein Gesicht ist zerfurcht, seine Kleidung sauber und ordentlich.
    Quelle: Deutschlandfunk

    Anmerkung Christian Reimann: Aber unsere Bundeskanzlerin wird nicht müde in ihrer Betonung, dass es uns allen so gut wie niemals zuvor gehe. Angesichts solcher Berichte müsste Frau Merkel ein Gefühl der Peinlichkeit oder Scham bekommen und sich für derartige Äußerungen entschuldigen.

  11. Martin Schulz erhält Europäische Toleranz-Medaille
    Der scheidende EU-Parlamentspräsident Schulz erhält die Europäische Toleranz-Medaille 2016.
    Die Organisation teilte in Brüssel mit, der SPD-Politiker werde für seinen persönlichen Beitrag zum Kampf gegen Fremdenhass und Intoleranz in Europa ausgezeichnet. Eines seiner größten Verdienste sei die Einführung des jährlichen Internationalen Tages des Gedenkens an die Opfer des Holocaust im Europäischen Parlament. Schulz soll die Auszeichnung in diesem Monat erhalten.
    Quelle: Deutschlandfunk

    Anmerkung unseres Lesers A.L.: Was werden viele Menschen in Griechenland darüber denken, wenn ihnen noch in den Ohren klingt, wie ihre Regierung im Jahr 2015 verbal von Martin Schulz zurechtgewiesen wurde?

  12. Rot-Rot-Grün nicht einzige Option – Gabriel hat auch Ampel im Blick
    Sigmar Gabriel will eine Neuauflage der Großen Koalition vermeiden. Der SPD-Vorsitzende kann sich eine Koalition mit Grünen und FDP vorstellen. Auch Rot-Rot-Grün hat er noch nicht abgeschrieben.
    Nach der Bundestagswahl im Herbst kann sich SPD-Chef Sigmar Gabriel auch eine Koalition mit den Grünen und der FDP vorstellen. Das bislang vor allem diskutierte Bündnis aus SPD, Linken und Grünen sei “keinesfalls die einzige Konstellation, die denkbar ist”, sagte Gabriel dem “Spiegel”. Er verwies auf das Beispiel Rheinland-Pfalz, wo die SPD eine Ampelkoalition anführe, also “letztlich mit zwei liberalen Parteien” regiere.
    Gabriel fügte hinzu: “Aber natürlich kann ich mir auch eine rot-rot-grüne Koalition vorstellen, wenn sich daraus eine stabile Regierung formen lässt.” Das liege aber “ausschließlich an der Linkspartei”: Ein Austritt aus dem Euro oder die Weigerung, an UN-mandatierten Einsätzen gegen Völkermord teilzunehmen, seien “mit der SPD nicht zu machen”.
    Eine Neuauflage der Großen Koalition will Gabriel vermeiden. “Wir werden alles tun, um das zu verhindern”, sagte er dem Nachrichtenmagazin. Auszuschließen sei ein solches Bündnis aber nicht, weil es sein könne, dass nur Union und SPD eine regierungsfähige Mehrheit im neuen Bundestag erreichen. Momentanen Umfragewerten zufolge hätten allerdings sowohl eine Ampelkoalition als auch Rot-Rot-Grün keine Mehrheit im Bundestag.
    Quelle: n-tv

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Bei Gabriel fällt einem irgendwann nichts mehr ein. Sicher sind Umfragen keine Wahlen, aber wo nach den aktuellen Umfragewerten eine SPD-Grüne-Linke-Koalition mit ca. 42 % der Wählerstimmen deutlich von einer absoluten Mehrheit entfernt ist, ist eine SPD-FDP-Grüne-Koalition auf der Basis von 37 % der Wählerstimmen schon mathematisch quasi ausgeschlossen. Wenn Gabriel mit diesen Fiktionen den Preis für die quasi unabwendbare Große Koalition ab 2017 hochtreiben will, ist das verrückt. Noch verrückter ist die politische Betrachtung: die neue FDP ist ganz die alte, neoliberal, feudalistisch, für noch mehr (!!) Steuersenkungen für Reichen. Eine solche Koalition – auch zusammen mit den konservativ-liberalen Grünen, die außer allen anderen Schweinereien (Hartz IV, Rentenkürzungen…) u. a. die Abschaffung der Erbschaftsteuer für Millionenerben befürworten – stünde exakt gegen die letzten Reste an sozialer Gerechtigkeit und alles, für das die SPD offiziell antritt. Interessanterweise werden an die FDP nicht einmal Forderungen gestellt, während für die erwähnte Rot-Rot-Grüne Koalition im Grunde SPD-Positionen 1:1 übernehmen müßte. Wobei die Forderung nach dem Austritt aus dem Euro und die Verweigerung der Teilnahme an Blauhelm-Einsätzen Minderheitenpositionen in der Partei DIE LINKE. sind, Gabriel also ein Strohmann-Argument vorbringt. Gabriels Interview-Aussagen sind insgesamt ein völlig sinnloses Selbstgespräch im luftleeren Raum. Ehrlich gesagt, hoffe ich, daß die sinnlosen Diskussionen über die Schimäre R2G in der Linken aufhören: egal, was die Partei tut, ohne vollständige Selbstaufgabe ist R2G nicht zu haben, und Gabriel schlägt noch die letzte Tür zu, wenn er die FDP als eher bevorzugten Partner erwähnt.

  13. AfD will mit Stiftung an Steuergeld
    Die AfD hat seit jeher das deutsche Parteiensystem und die Finanzierung über politische Stiftungen kritisiert. Nun will sie selbst die staatlichen Zuschüsse kassieren.
    Die AfD hat ihre seit Jahren geplante Parteistiftung im dritten Anlauf erfolgreich gegründet. Am 10. Dezember hätten die 34 Gründungsmitglieder in Frankfurt am Main über die Satzung abgestimmt und den früheren Co-Sprecher der AfD, Konrad Adam, zum Vorsitzenden gewählt, berichtete der Spiegel. Adam bestätigte ZEIT ONLINE seine Wahl.
    Die Neugründung trägt den Namen Desiderius-Erasmus-Stiftung. Sie soll sich zum großen Teil aus Zuschüssen des Staats finanzieren, wie das auch bei den meisten anderen Parteistiftungen der Fall ist. Die Partei erhofft sich aus der staatlichen Finanzierung für Parteistiftungen bis zu 80 Millionen Euro im Jahr. Nach Angaben aus der AfD stehen auf Bundesebene etwa 450 Millionen Euro zur Verfügung.
    Die Stiftung hat laut Adam die Rechtsform eines eingetragenen Vereins. Damit ist sie eine privatrechtliche Institution und soll über das Amtsgericht Bonn ins Vereinsregister eingetragen werden. Ob die Stiftung ein festes Kapital erhalten soll, steht noch nicht fest. Ein “niedriger fünfstelliger Betrag” soll nach Angaben Adams aus dem Vermögen des aufgelösten AfD-Gründungsvereines Wahlalternative 2013 an die Stiftung fließen. Der Verein habe beim zuständigen Finanzamt beantragt, als gemeinnützig anerkannt zu werden. Spenden wären dann steuerlich abzugsfähig.
    Ziele sind laut der Satzung die Förderung der “demokratischen und staatsbürgerlichen Bildung des deutschen Volkes”, die Förderung der Wissenschaft, der europäischen und internationalen Verständigung, der Entwicklungshilfe, von Begabten und der Kunst und Kultur sowie die Unterstützung des zivilgesellschaftlichen Engagements.
    Quelle: Zeit Online
  14. »Juncker sitzt weiter fest im Sattel«
    Der derzeitige EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker soll während seiner Zeit als Premierminister Luxemburgs Anstrengungen der EU blockiert haben, Steuerschlupflöcher für Konzerne zu schließen. Das geht aus einem Enthüllungsbericht der britischen Zeitung The Guardian vom Sonntag hervor. Bevor wir über die Rolle Junckers reden: Bitte führen Sie aus, welche Tricks von den Unternehmen angewandt wurden.
    Es wurden etwa Deals von Staaten mit Konzernen gemacht, sogenannte Steuervorbescheide. Mit ihnen konnten sich Konzerne bestimmte Steuertricks vorab absegnen lassen. Luxemburg hat den Austausch dieser Deals zwischen Steuerbehörden blockiert. Im Ergebnis haben Konzerne weniger als ein Prozent an Steuern auf ihre Gewinne in der EU gezahlt. Es geht auch auch um »hybride Steuertricks«: In Deutschland verbuchte der Konzern fiktive Zinsen an eine Briefkastenfirma in Luxemburg als Verlust. In Luxemburg wurden die Zinseinnahmen aber nicht versteuert, weil sie dort als Dividenden behandelt wurden. Gezielt wurden hier Unterschiede in den nationalen Rechtssystemen genutzt.
    Wie hat Jean Claude Claude Juncker den Kampf gegen diese Betrügereien behindert?
    Zusammen mit Sven Giegold, einem EU-Parlamentsabgeordneten der Grünen, habe ich die Dokumente um die es im Guardian-Artikel geht ausgewertet. Das ist alles nicht neu. Aus ihnen geht hervor, dass Luxemburg zu der Zeit, da Juncker Premier und Finanzminister war, immer wieder Versuche abwehrte, die übelsten Steuertricks der großen Konzerne einzuschränken. Über die Tricks wurde in einer der »Gruppe Verhaltenskodex« diskutiert. Aber immer wenn die Schlupflöcher auf die Tagesordnung gesetzt wurden, hat Luxemburg verhindert, dass darüber gesprochen wurde. Denn in der Gruppe gilt das Prinzip der Einstimmigkeit. Juncker hatte damals die Weisungsbefugnis in Luxemburg. Er kann sich also nicht hinstellen und sagen, er habe mit allem nichts zu tun gehabt.
    Ist der EU-Kommissionspräsident also der alleinige Schuldige für das mangelhafte Vorgehen des Staatenbunds gegen die Konzernmachenschaften?
    Juncker hat in einem Punkt recht: Es geht nicht nur um Luxemburg. Der Steuerwettbewerb der Staaten ist gewollt und im EU Binnenmarkt angelegt. Es ist aber nicht hinnehmbar, dass Millionen von Europäern unter der Kürzungspolitik leiden, während gleichzeitig den öffentlichen Kassen jedes Jahr hunderte Milliarden Euro durch Steuertricks der Konzerne entgehenm.
    Quelle: Die Linke. im Europaparlament
  15. Neoliberalism – the ideology at the root of all our problems
    Financial meltdown, environmental disaster and even the rise of Donald Trump – neoliberalism has played its part in them all. Why has the left failed to come up with an alternative? Imagine if the people of the Soviet Union had never heard of communism. The ideology that dominates our lives has, for most of us, no name. Mention it in conversation and you’ll be rewarded with a shrug. Even if your listeners have heard the term before, they will struggle to define it. Neoliberalism: do you know what it is? Its anonymity is both a symptom and cause of its power. It has played a major role in a remarkable variety of crises: the financial meltdown of 2007‑8, the offshoring of wealth and power, of which the Panama Papers offer us merely a glimpse, the slow collapse of public health and education, resurgent child poverty, the epidemic of loneliness, the collapse of ecosystems, the rise of Donald Trump. But we respond to these crises as if they emerge in isolation, apparently unaware that they have all been either catalysed or exacerbated by the same coherent philosophy; a philosophy that has – or had – a name. What greater power can there be than to operate namelessly?
    Quelle: The Guardian
  16. Programmbeschwerde: Gesiebte Information
    Tageschaus 5.1.17, 20 Uhr, tagesschau.de vom 5.1.17
    Sehr geehrte NDR Rundfunkräte, sehr geehrter Herr Intendant,
    Studio-Antext unter dem Fakten behauptenden Titel „Hackerangriffe im US-Wahlkampf“:
    „Die US-Geheimdienste bleiben bei ihrem Vorwurf, Russland stecke hinter den Hacker-Angriffen im US-Wahlkampf. Nur höchste Stellen in Moskau könnten für den Diebstahl von Daten und deren Veröffentlichung verantwortlich sein, erklärten die Chefs der Dienste bei der Anhörung im Senat. Sie sprachen von einer wachsenden Gefahr für die USA. Präsident Obama erhielt heute einen vertraulichen Bericht von den Vorwürfen gegen Moskau. Sein Nachfolger Trump wird morgen informiert.”
    Wir übergehen eine Erörterung, warum es „… Bericht über die Vorwürfe…“ hätte heißen müssen. Richtiges Deutsch können eben nicht alle ARD-aktuell –Redakteure, das wissen wir längst. Die Frage ist vielmehr, ob in diesem Laden die Rechte weiß, was die Linke tut, oder ob schon alle Sicherungen durchgeknallt sind.
    Zum „Hacken” heißt es nämlich auf der Internet-Seite tagesschau.de:
    (Der Direktor der US-Geheimdienste)…“ Clapper betonte, dass es keine Anzeichen dafür gebe, dass Russland aktiv in den Wahlvorgang in den USA eingegriffen habe. “Sie habe nicht die Stimmabgabe manipuliert oder so etwas”, sagte Clapper.
    Die Anhörung erfolgte nicht „im Senat“ (wie im Studio-Antext behauptet), sondern im Verteidigungsausschuss des Senats unter Vorsitz des Russland-Hassers McCain. Sie diente ersichtlich dem Versuch der Obama-Gefolgschaft, dem künftigen Präsidenten D. Trump noch einen großen Stein in den Weg zu einer Verständigung mit Moskau zu rollen.
    Die Redaktion unternahm keinen Versuch der Gegenrecherche bezüglich der beweislosen Beschuldigung, Russland habe sich in den US-Wahlkampf eingehackt. Sie bleibt beim Obama-gefügigen Verlautbarungsjournalismus. Russland wird, getreu auch der Berliner Regierungslinie, als aggressiver Feind in einem nicht erklärten Cyber-Krieg abgemalt, „eine wachsende Gefahr für die USA“ (Antext-Formulierung). Welch peinliche US-Hörigkeit; nichts wird hinterfragt, wesentliche Informationen/Überlegungen werden weggelassen, obwohl sie Voraussetzung für eine sachgerechte Einordnung der Story sind:
    Quelle: Seniora.org
  17. Fake News
    1. Große Koalition gegen Fake News: Globales Bündnis von über 40 Medien und Web-Konzernen geht an den Start
      Das Netzwerk soll die Kräfte der Partner bündeln, um in der Recherche und Verifikation von Geschichten aus dem Netz effizienter arbeiten zu können. So wollen sich die Partner über einen virtuellen Newsroom über Fake News austauschen, ihre Ergebnisse auch mit der Öffentlichkeit teilen und gemeinsame Standards für den Umgang mit Fake News erarbeiten. Dafür sollen über die Koalition beispielsweise Mitarbeiter-Schulungen organisiert werden, heißt es.
      Zum Jahreswechsel wächst das im vergangenen Jahr gegründete Netzwerk um rund 40 Medienpartner. Aus Deutschland engagieren sich beispielsweise die dpa sowie Zeit Online, auch internationale Medien wie die Associated Press, Reuters, AFP, Bloomberg, BBC, NBC, ABC, der Guardian oder Trinity Mirror steigen ein.
      In der First Draft Coalition sind nicht nur klassische Medienhäuser organisiert, sondern auch Distributoren Google, Facebook oder Twitter. Vor allem die Social Networks werden oft für die Weiterverbreitung von falschen Nachrichten kritisiert. Gegründet wurde die Coalition unter anderem vom Google News Lab, storyful dem Eyewitness Media Hub.
      Quelle: Meedia
    2. “Fake News” vom Entwicklungsminister?
      Gerd Müller (CSU) sprach heute davon, dass es “Zehntausende Fälle” von Sozialmissbrauch durch Asylbewerber geben würde. Interessante Zahlen, wenn sie denn stimmen würden. Nur konnte sein Ministerium heute überhaupt nicht erklären, wie der Entwicklungsminister auf diese Zahlen kommt… Vielleicht hat Müller die sich schlicht ausgedacht.
      Quelle: Jung & Naiv via Facebook
  18. Die leisen Vordenker
    Die neue Liste unserer wichtigsten Intellektuellen stellt auch die Frage, welche Bedeutung die Mahner hierzulande noch haben. Ihre heroische Epoche, in der sie privilegierte Meinungsführer waren, scheint beendet zu sein.

    Quelle: Rheinische Post

    Anmerkung Jens Berger: Ist das Satire und keiner merkt es? Wenn das unsere zehn „wichtigsten Intellektuellen“ sind, steht es um das Land wirklich schlecht.


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