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NachDenkSeiten – Die kritische Website
Titel: Clement bei Beckmann
Datum: 9. Dezember 2008 um 12:23 Uhr
Rubrik: Energiepolitik, Medienkritik, PR
Verantwortlich: Wolfgang Lieb
Wer sich Sendung Beckmann mit Wolfgang Clement angetan hat, wird erneut erkannt haben, was schlechter (uninformierter) Journalismus ist. Beckmann war in keiner Hinsicht in der Lage, Clements energiepolitischer Position auch nur ein einziges sachliches Argument entgegen zu setzen. Es wurde so z.B. im Raum stehen gelassen, dass das Wahlprogramm der hessischen SPD ausschließlich auf erneuerbare Energien setzte. Kein Einwand etwa, dass Blockheizkraftwerke (mit Kraftwärmekoppelung) einen nahezu doppelt so hohen Wirkungsgrad wie die (von den Energiekonzernen favorisierten) Großkraftwerke haben. Clement durfte zwar behaupten, dass alternative Energieerzeugung „nie“ wirtschaftlich würde, aber kein Wort zu den immensen (staatlichen) Kosten für die Kernenergie. Wolfgang Lieb
Dass Hermann Scheer im eingespielten Film Clement vorhielt, sich trotz mehrfacher Aufforderung nie einer energiepolitischen Debatte mit ihm gestellt zu haben, konnte Clement mit der Bemerkung abtun, dass man über Scheers Positionen nicht diskutieren könne. Denn Clements Meinung ist ja von vorneherein richtig.
Unwidersprochen blieb auch die von Clement in die Welt gesetzte Mär vom CO 2-freien Kohlekraftwerk (das, wenn ich das richtig verstanden habe, schon 2009 gebaut werden soll). Selbst die größten technologischen Optimisten gehen nicht davon aus, dass eine technische Realisierung in nennenswertem Umfang innerhalb der nächsten 10 Jahre möglich sein könnte. Kritiker gehen eher davon aus, dass die CO 2–freien Kohlekraftwerke wie die Atomkraft nur ein weiterer Versuch sind, das Zeitalter der zentralen Großkraftwerke über die Zeit zu retten.
Kein Einhaken Beckmanns, dass Clement einerseits ganz offensiv den Standpunkt vertrat, dass man als Aufsichtsrat offensiv die Interessen seines jeweiligen Unternehmens vertreten müsse und andererseits den Vorhalt des Lobbyismus für RWE als abwegig abtun konnte, weil er ja einstimmig von Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite (wohlgemerkt von RWE) in den Aufsichtsrat gewählt worden sei.
Clement konnte unwidersprochen erklären, dass die SPD so schlechte Ergebnisse erziele, weil sie von Schröders (und natürlich seinem Kurs) abgewichen sei, ohne auch nur in einem Halbsatz begründen zu müssen, wo Steinmeier oder Müntefering diese Linie verlassen hätten. Leider war da keine Grafik vorbereitet, wie die Wahlergebnisse der SPD mit der Ausrufung der Agenda und mit Clements Hartz-Gesetzen abgesackt sind.
Auch keine Frage zu den angeblichen Erfolgen der Clementschen Politik. Clement durfte sich so als der „Retter“ Deutschlands aufspielen. Kein einziges Beispiel für seine zahllosen hinterlassenen Baustellen und für seine vielen Flops wurde genannt.
Warum hat Beckmann nicht nach der Haltung Clements als „Chairman“ des Adecco-Instituts – also als Vertreter des weltweit größten Leiharbeitgebers – zur Ausweitung der Leiharbeit und zu den gegenwärtigen Entlassungen solcher prekär beschäftigten Arbeitnehmern gefragt?
Kritiklos konnte Clement auch den Drehtüreffekt von der Politik in die Wirtschaft loben und voller Stolz einige seiner Aufsichtsratsmandate aufzählen.
Typisch für Clement auch, dass er, als zu seiner Amtszeit die Arbeitslosigkeit über 5 Millionen anstieg, nie ernsthaft über ein Konjunkturprogramm nachdachte und jetzt plötzlich Investitionen in Infrastruktur und Bildung in Höhe von 50 Milliarden von der Bundesregierung fordert.
Perfide fand ich geradezu, wie Clement versuchte, sich in die Reihe der großen nordrhein-westfälischen Sozialdemokraten einzureihen. Wie erfolgreich er in NRW war, beweist die epochale Niederlage, dies sein Adlatus Steinbrück nach Clements Abgang nach Berlin in diesem sozialdemokratischen Kernland einstecken musste.
Die ganze Sendung war ein Musterbeispiel für den oberflächlichen Journalismus in solchen Talk-Shows, wo kritische Einwände allenfalls als kurze Statements oder als Zitate eingeblendet wurden, die Kritiker sich aber gegen Clements Konterattacken nicht mehr wehren konnten und Beckmann schon gar nicht. Journalismus als Stichwortlieferant zur Selbstdarstellung von Politikern eben.
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