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NachDenkSeiten – Die kritische Website
Titel: Hinweise des Tages
Datum: 26. November 2008 um 9:47 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
Verantwortlich: Wolfgang Lieb
(WL)
Heute unter anderem zu folgenden Themen:
Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind.
Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
Nach einem Gesetzentwurf zur Neuregelung von Arbeitsmarktinstrumenten sollen künftig alle Arbeitslosen, die durch private Träger betreut werden, nicht mehr als arbeitslos gezählt werden. Im Oktober fielen darunter noch rund 149.000 Arbeitslose, insgesamt waren es 2008 rund 300.000 Erwerbslose.
Dass die Statistik nicht alle Arbeitslosen benennt, ist bekannt. So wurden im Oktober rund eine Million Arbeitslose statistisch nicht als solche gezählt, obwohl sie keinen regulären Job haben. Als Begründung gilt, dass sie dem Arbeitsmarkt nicht voll zur Verfügung stünden, weil sie etwa an einer Weiterbildung teilnehmen. Diese statistische Möglichkeit will die Regierung nun ausweiten.
Quelle: FTD
Anmerkung: Nein, Sie lesen richtig, diese Meldung erscheint nicht in „tacheles“ oder die „junge Welt“, es ist eine Wirtschaftszeitung.
Dazu auch:
Geschönte Statistik
Die Regierung hat sich ein ehrgeiziges Ziel gesetzt, das sie verbissen verfolgt: Vollbeschäftigung. Davon war Deutschland aber trotz der Jubelmeldungen in den vergangenen Monaten weit entfernt. Vollbeschäftigung herrscht bei einer Arbeitslosigkeit von drei bis fünf Prozent. Im Oktober lag die Quote aber noch bei 7,2 Prozent – und da lag die Arbeitslosigkeit auf dem niedrigsten Stand seit 16 Jahren.
Berücksichtigt man noch diejenigen, die in staatlichen Programmen stecken – beispielsweise als Ein-Euro-Jobber in Großküchen arbeiten – dann wäre die Arbeitslosigkeit ohnehin deutlich höher. Dass künftig auch Zeitarbeitsfirmen bei den Arbeitsagenturen Kurzarbeitergeld beantragen können und dass das Kurzarbeitergeld auch länger als bisher gezahlt werden kann, ist ein weiteres Stück Zahlenakrobatik: Wer in Programmen der Kurzarbeit steckt, der gilt nicht als arbeitslos – und schönt so die Arbeitsmarktstatistik
Quelle: SZ
Quelle 2: doku.iab.de [PDF – 816 KB]
Anmerkung Orlando Pascheit: Die sehr regierungsnahe Analyse (Erfolg der Agenda 2010) nennt Prognosen bei einem stärkeren Konjunktureinbruch “Kaffeesatzleserei”. Anscheinend sieht das die OECD anders:
OECD sieht schwarz für Deutschland
Die deutsche Konjunktur ist von der weltweiten Wirtschaftskrise besonders hart getroffen und wird frühestens nach fünf Quartalen aus der Rezession kommen. Dem aktuellen Ausblick zufolge wird die deutsche Wirtschaft im kommenden Jahr um 0,9 Prozent schrumpfen. Den Tiefpunkt des Wirtschaftsabschwungs sieht die OECD Mitte kommenden Jahres, allerdings werde der Arbeitsmarkt wesentlich länger stark belastet. “Bis Ende 2010 wird die Quote in Deutschland von 7,7 auf knapp über neun Prozent steigen”, sagte der OECD-Deutschland-Experte Felix Hüfner voraus. Die Zahl der Arbeitssuchenden werde um 700.000 steigen.
Quelle 1: FR
Quelle 2: OECD
In der Zeitarbeitsbranche drohen in den kommenden Monaten Massenentlassungen. Im schlimmsten Fall könnten bis zu 250 000 der insgesamt rund 750 000 Leiharbeiter bis zum Tiefpunkt der Krise betriebsbedingt gekündigt werden, befürchtet der Arbeitsmarktexperte der gewerkschaftsnahe Hans-Böckler-Stiftung, Hartmut Seifert. Vielfach werden Aufträge von Entleihbetrieben aufgrund der einsetzenden Wirtschaftsflaute nicht verlängert oder sogar storniert. Beim Marktführer Randstadt brach das Umsatzwachstum von elf Prozent im zweiten Quartal auf gerade einmal ein Prozent im abgelaufenen dritten Quartal ein.
Quelle: Berliner Zeitung
Unterdurchschnittliche Arbeitskostenzuwächse haben sich in den vergangenen Jahren vorteilhaft auf die deutschen Exporte ausgewirkt. Gesamtwirtschaftlich haben sie das Wachstum aber eher gebremst: Länder mit vergleichbaren Arbeitskostenniveaus, aber höheren Zuwachsraten, sind in den vergangenen zehn Jahren deutlich stärker gewachsen als Deutschland. Angesichts der globalen Rezession im Zuge der Finanzkrise dürfte noch deutlicher werden, dass die starke Konzentration auf ein Export getriebenes Wachstum riskant ist: Die niedrigen Lohnsteigerungen der vergangenen Jahre erweisen sich jetzt als Belastung, da sie Deutschland besonders abhängig von der weltwirtschaftlichen Entwicklung gemacht haben. Eine kräftigere Binnennachfrage, auf die es jetzt um so mehr ankäme, wurde dadurch verhindert.
Quelle: IMK- Report Nr. 34 [PDF – 2 MB]
Dazu auch:
Die Kluft zwischen den Einkommen wächst
Internationale Arbeitsorganisation warnt davor, bei den Konjunkturpaketen gegen die Krise die Löhne zu vergessen
Quelle 1: taz
Quelle 2: ILO
Doch sind die Verträge eine gute Investition? Oder sackt die Rendite durch die Finanzmarktkrise ab? Die Antwort der Bundesregierung ist
einfach: Sie weiß es nicht. “In welchem Umfang Riester-Verträge in Form von Fondssparplänen und fondsgebundenen Rentenversicherungen konkret betroffen sind, ist der Bundesregierung […] nicht bekannt”, antwortet sie auf eine Anfrage der Linken-Fraktion, die der taz vorliegt. Das Risiko hänge vom Produkt ab…
Für den Fall, dass ein Rentenanbieter pleitegeht, verweist die Regierung auf die üblichen Sicherungen. Wie bei Tagesgeld oder Sparbüchern gelte hier die gesetzliche Einlagensicherung. Sie sichert bei jedem Betroffenen bis zu 20.000 Euro ab, bei einem Vertrag kann sich jedoch sehr viel mehr Kapital ansammeln. Dann verspricht die Regierung den Riester-RentnerInnen das, was sie den Sparern versprochen hat – sie übernimmt für höhere Sparguthaben selbst die Garantie.
Quelle: taz
Anmerkung M.B:: Danke für die Warnung. Und danke für die Aufklärung; dass Versicherungskonzerne mit Sozialversicherungsbeiträgen subventioniert werden, lesen wir nicht so oft: „Die steuerlich geförderte Entgeltumwandlung wurde 2002 gleichzeitig mit der Riester-Rente eingeführt. Sie sollte vor allem dazu beitragen, der damals stagnierenden betrieblichen Altersversorgung neuen Schub zu geben.“
Da beitragsfreie Entgeltumwandlungen auch weniger Beiträge in den anderen Sozialversicherungszweigen bedeuten, heißt das auch:
Na ja, und Bert Rürup, der hier im Artikel zitiert wird, trat ja schon öfter als Werbemaskottchen für Betriebliche Altersvorsorge auf und wird es wieder tun – dann allerdings als AWD-Versicherungsvertreter.
Quelle 2: Handelsblatt-Tagung Betriebliche Altersvorsorge 2008
Quelle 3: Handelsblatt-Tagung Betriebliche Altersvorsorge 2009
Der promovierte Volkswirt und Politologe war etwa an dem Umbau der Bundesanstalt für Arbeit zur Bundesagentur für Arbeit oder der Sanierung der Berliner Verkehrsbetriebe beteiligt und berät international Spitzenbürokraten: etwa bei Privatisierungen, Public-Private Partnerships oder der Frage, wie Informationstechnologie in der Verwaltung besser eingesetzt werden kann. Entsprechend soll Klimmer Steinmeier vor allem bei sämtlichen Themen mit Ideen helfen, die die Rolle des Staates und der öffentlichen Verwaltung für die Wirtschaft berühren.
Klimmers Schritt ähnelt dem des Investmentbankers Dirk Notheis im vergangenen Wahlkampf. Der Vorstand der Deutschlandtochter von Morgan Stanley ließ seinen Job einige Wochen ruhen, um der CDU-Kanzlerkandidatin Merkel zu helfen. Allerdings war Notheis’ Rolle deutlich weniger zentral als die Klimmers bei Steinmeier.
Quelle: FTD
Anmerkung AM: Da kann man als Sozialdemokrat nur noch abschnallen. Ein Vertreter einer Beratungsfirma, der nicht ordentlich entlohnt wird. Gut, dass die FTD auf die Parallele Notheis hinweist. Das Ergebnis war: Bahn-Börsengang ohne jegliche sachliche Vernunft betrieben
Die Fußböden sind von Rissen durchzogen, die Fensterrahmen faulig. “Das ist nicht Russland, das ist eine ganz normale Schule in Deutschland”, stöhnt Martin Wagener, der Bürgermeister von Osterholz-Scharmbeck, einer Kleinstadt unweit von Bremen. Wagener will das nicht länger hinnehmen.
Er plant eine radikale Lösung. Als erster Bürgermeister Deutschlands will er eine staatliche Schule in die Hände eines privaten Bildungsunternehmens geben. “Es ist doch absurd, dass der Staat mehr Geld einsetzt und dabei zu schlechteren Ergebnissen kommt als ein privater Anbieter.” (…)
Schon heute gibt es Public-Private-Partnership-Projekte (PPP) an Schulen, doch sie beschränken sich auf Bau und Betrieb. Phorms will aber nicht nur Heizungen warten, sondern auch bei Unterrichtsinhalten und Personalführung mitreden. Experten halten das für möglich, wenn die Hoheit des Staates gewährleistet bleibt. “Der Staat darf öffentliche Aufgaben an Private delegieren”, sagt der Verfassungsrechtler Friedhelm Hufen. “Er muss jedoch die Rechts- und Fachaufsicht übernehmen, zum Beispiel bei der Lehrerbezahlung oder -ausbildung.”
Quelle: FTD
Anmerkung WL: Das ist die ideale Form der Privatisierung der Schulen. Der Investor braucht noch nicht einmal die Grundinvestitionen zu übernehmen.
Anmerkung WL: So kann man die privaten Schulen für die höheren Söhne und Töchter auch fördern. Aber Kinder von Hartz IV-Empfängern sollen pro Schuljahr gerade mal 100 Euro Schulgeld bekommen.
Quelle: Zeitgeistlos
Anmerkung WL: Auf die bindenden gesetzlichen Vorschriften des Strafgesetzbuches (§§ 57a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, 57 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB) wird in den seltensten Fällen verwiesen. Siehe den Beschluss des Oberlandesgerichts Stuttgart
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