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Titel: Merkels Hin und Her bei der Atomenergie kostet uns Milliarden. Sie müsste dafür bestraft, sanktioniert, werden.
Datum: 7. Dezember 2016 um 16:18 Uhr
Rubrik: Atompolitik, Audio-Podcast, Bundesverfassungsgericht, Verfassungsgerichtshof
Verantwortlich: Albrecht Müller
Aber das Gegenteil findet statt: nur wenige Medien und wenige Politiker machen darauf aufmerksam, dass wir Steuerzahler diese Sonderbelastung einem „beispiellosen Aktionismus“ der bis 2013 amtierenden schwarz-gelben Regierung Merkel zu verdanken haben. Für solches Fehlverhalten müssten die verantwortlichen Politiker zur Kasse gebeten werden. Das geschieht nicht, sie werden nicht einmal medial und politisch sanktioniert, also bestraft. Das Medienecho auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes von gestern ist ausgesprochen schwach. Offenbar will man Merkel schützen. Albrecht Müller.
Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.
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Wer das für eine Fehleinschätzung hält, sollte sich mal vorstellen, Sahra Wagenknecht wäre Bundeskanzlerin. Dann würden in der deutschen Medienlandschaft die Hunde von der Kette gelassen werden.
Unter den wenigen Medien, die die Verantwortung einigermaßen ehrlich beschreiben, ist ausgerechnet das zur Funke Mediengruppe gehörende Hamburger Abendblatt. Es ist mir ein Vergnügen, dieses Blatt positiv zu zitieren. Ich tue es ausreichend, weil der Text des Kommentars von Christian Kerl die notwendigen Informationen enthält:
06.12.16
Kanzlerin Merkels teure Kehrtwende beim Atomausstieg
Mit dem Urteil zum Atomausstieg hat das Verfassungsgericht einen GAU verhindert. Ein bitterer Beigeschmack bleibt aber. Ein Kommentar.
Berlin. Die Kanzlerin ist im Streit um Milliarden-Entschädigungen für Atomkonzerne mit einem blauen Auge davongekommen. Fünf Jahre nach Angela Merkels eiliger Ausstiegswende hat das Verfassungsgericht den Unternehmen zwar Ausgleichszahlungen grundsätzlich zugesprochen – den politischen GAU, den größten anzunehmenden Unfall in der Atompolitik, wussten die Richter aber abzuwenden. Hätten sie den beschleunigten Atomausstieg von 2011 als Enteignung bewertet, müsste der Steuerzahler Milliarden aufbringen.
Teuer wird das Urteil dennoch, peinlich für die Kanzlerin ist es sowieso: Das Gericht hat die Quittung ausgestellt für einen beispiellosen Aktionismus der bis 2013 amtierenden schwarz-gelben Regierung. Zur Erinnerung: Rot-Grün hatte 2002 einen Atomausstieg im Konsens mit den Energiekonzernen ausgehandelt.
Merkel kassierte Ausstieg vom Ausstieg
Schwarz-Gelb warf alles über den Haufen. Erst verlängerten Union und FDP die Laufzeiten der Meiler. Wenige Monate später kassierte Merkel unter dem Eindruck der Atomkatastrophe von Fukushima den Ausstieg vom Ausstieg.
Bei der panischen Gesetzgebung wurden dann auch handwerkliche Fehler gemacht, wie das Gericht nun nachweist – die Energiekonzerne können für die Stilllegung einzelner Atommeiler Entschädigungen einklagen. Die Richter bestätigten jedoch auch ausdrücklich, dass der Staat das Ende der Atomkraftnutzung bestimmen kann.
Konzerne sollten Klagen zurückziehen
Nächste Woche wird der Bundestag ein Gesetz verabschieden, mit dessen Hilfe sich Unternehmen für eine Milliarden-Zahlung von der Endlos-Haftung für den Atommüll freikaufen können. Dennoch sind noch zwei Dutzend Klagen der AKW-Betreiber gegen den Atomausstieg anhängig. Die Konzerne sollten diese Klagen schnell zurückziehen.
Ein Konsens in der Atompolitik ist ohne Rechtsfrieden nicht möglich, das ist die eine Lehre aus diesem Urteil. Die andere heißt: Panik ist ein schlechter Ratgeber – nicht nur in der Energiepolitik.“
Soweit der Text aus dem Hamburger Abendblatt. Im Text wird mit Recht der Zusammenhang mit der Befreiung der Atomenergiewirtschaft von der Endloshaftung für den Atommüll und die damit zusammenhängenden Unsummen von Risiken und Belastungen hergestellt. Dazu zwei Anmerkungen:
Erstens: Aus meiner Sicht besteht die Gefahr, dass die Berechnung des Schadens, den die Bundeskanzlerin durch ihr Hin und Her verursacht hat, jetzt so runtergerechnet wird, um die Bundeskanzlerin vom Makel einer Milliarden Belastung freizusprechen. Der Ausgleich zu Gunsten der Atomenergiewirtschaft findet dann auf dem Buckel der Steuerzahler über den anderen Deal statt: Wir Steuerzahler und vor allem die künftigen Steuerzahler werden dazu gezwungen, die Entsorgungslasten nahezu komplett zu übernehmen. Über Hunderte von Jahren wird das so stattfinden. Die Großzügigkeit wird dann so viele Spielräume erkennen, dass der jetzt angestellte Schaden von Frau Merkel klein gerechnet werden kann.
Die zweite Bemerkung richtet sich an alle Fans der Kernenergie: Von wegen ökonomisch! Der Atomstrom kommt nicht nur nicht aus der Steckdose; er wird uns und unsere Kindeskinder noch ewig lange belasten und beschäftigen. Das war absehbar und die Bewunderer und Gläubigen der Atomwirtschaft sollten deshalb im weiteren Verlauf in Sack und Asche gehen. Das Minimum: Schweigen.
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