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Titel: Der Fluch der bösen Tat. Von Oskar Lafontaine.

Datum: 1. Dezember 2016 um 15:03 Uhr
Rubrik: Globalisierung, Kampagnen/Tarnworte/Neusprech, Lobbyorganisationen und interessengebundene Wissenschaft
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„Das eben ist der Fluch der bösen Tat, dass sie, fortzeugend, immer böses muss gebären.“ (Schiller)

Die Globalisierung ist die Ursache für das Erstarken der Rechten, hat die Bertelsmann-Stiftung (!) jetzt festgestellt. Das ist aber eine Überraschung!

Man erinnert sich, wie die Bertelsmann-Stiftung in den 80er und 90er Jahren mit Henkel (damals Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie), Stihl (damals Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages) und Hundt (damals Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände) getrommelt hat, um durch „Reformen“ Deutschland „fit“ für die Globalisierung zu machen. Die Arbeits- und Finanzmärkte wurden „dereguliert“ der Sozialstaat wurde „schlank gemacht“, die öffentlichen Einrichtungen wurden privatisiert und die Steuern für Wohlhabende und Konzerne wurden gesenkt, damit die „Leistungsträger unserer Gesellschaft“ nicht die Lust an der Arbeit verlieren.

Ob Tony Blair, Bill Clinton oder Gerhard Schröder – die sozialdemokratischen Parteien wechselten ins Arbeitgeber-Lager und wurden die fleißigsten „Reformer“. Die Arbeitnehmer rieben sich die Augen, dass vor allem die Parteien den Sozialstaat demolierten und Arbeitnehmer-Schutzrechte abbauten, die einmal gegründet worden waren, um die Interessen der Arbeitnehmer zu vertreten und sie vor der Willkür des Kapitals zu schützen.

Im Gegenzug wurden rechte Parteien groß, während die Führer der teilweise bis zur Einflusslosigkeit geschrumpften sozialdemokratischen Parteien immer noch nichts gemerkt haben.

Die Bertelsmann-Stiftung – wen wundert’s – zieht allerdings nicht die naheliegende Konsequenz aus dieser Analyse: Wenn die Zerstörung des Sozialstaates und die De-Regulierung der Arbeitsmärkte rechte Parteien groß gemacht haben, dann ist die Wiederherstellung des Sozialstaates und des Normalarbeitsverhältnisses das Mittel, um den Aufstieg der Rechten und den Zerfall der Demokratie aufzuhalten.

Doch Vorsicht: Auch in den verbliebenen linken Parteien hat sich die Erkenntnis der Bertelsmann-Studie nicht durchgesetzt. Immer öfter taucht in den Papieren sich als links verstehender Politiker das Wort Weltoffenheit auf. Weltoffenheit aber ist für den Politikwissenschaftler und Soziologen Colin Crouch ein zentraler Begriff des Neoliberalismus.

Und in der Tat: Wenn die Konzern-Strategen für Weltoffenheit werben, meinen sie freien Kapitalverkehr, freien Warenverkehr und freien Personenverkehr. Das Kapital soll nicht daran gehindert werden, dorthin zu „fliehen“, wo es die größte Rendite hat und wo die Steuern am niedrigsten sind. Der freie Warenverkehr dient den Konzernen dazu, jede aufkommende Konkurrenz in den Entwicklungsländern niederzumachen. Und der freie Personenverkehr dient dazu, ausgebildete Fachkräfte aus weniger entwickelten Ländern abzuwerben und durch verstärkte Zuwanderung von Arbeitskräften die Löhne zu drücken.

Gerade heute hat die Sozialexpertin der Fraktion DIE LINKE, Sabine Zimmermann, das erfolgreiche Wirken der deutschen Sozialdemokratie zusammengefasst: Deutschland hat den größten Niedriglohnsektor in Europa. Was meinen eigentlich sich als links verstehende Politiker, wenn sie die Weltoffenheit beschwören? Der Begriff klingt so gut und verheißungsvoll. Aber das war auch einst der Sound der Globalisierung. Das Problem ist, dass beispielsweise diejenigen, die im Niedriglohnsektor arbeiten, diese „frohe Botschaft“ linker Vordenker nicht so recht verstehen.

Anmerkung Albrecht Müller zur Berichterstattung deutscher Medien über die Bertelsmann-Studie:

Gestern war davon im Fernsehen und im Rundfunk an jeder Ecke zu hören, garniert mit Interviews mit den Verantwortlichen bei Bertelsmann. Und immer wurde so getan, als wäre die Bertelsmann-Stiftung eine gesellschaftspolitisch und wirtschaftspolitisch neutrale wissenschaftliche Einrichtung. Die Verdummung des Publikums durch unsere famosen Medien kennt offensichtlich keine Grenzen.


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