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- François Fillon: Der lange Arm des lieben Wladimir
Wer den französischen Präsidentschaftskandidaten verstehen will, muss auf sein ungewöhnliches Freundesnetzwerk schauen. Es bewegt sich zwischen strengen Christen und bekennenden Russlandfreunden. Seinen Sieg bei den Vorwahlen hat François Fillon in minutiöser Arbeit vorbereitet. Eine Schlüsselfigur auf dem Weg zu seiner Kandidatenkür bildet Henri de Castries, der langjährige Chef des Versicherungsunternehmens Axa. Die beiden überzeugten Katholiken schätzen sich seit langem. Als Vorsitzender des liberalen Think Tank „Institut Montaigne“ hat de Castries vielfältige Reformansätze in die öffentliche Debatte einbringen lassen. Die eigentliche Denkfabrik zugunsten Fillons tagte hingegen in einem Jagdpavillon im Anjou, der zu dem Anwesen Castries gehört. Castries ist 62 Jahre alt und hat zusammen mit François Hollande die Elitekaderschmiede Ena besucht. Es entbehrt deshalb nicht der Brisanz, dass er aktiv auf einen Machtwechsel hinarbeitet. Seit drei Jahren haben sich unter seiner Obhut in regelmäßigen Abständen die Mitglieder des geheimen „Fillon-Teams“ getroffen. An dem abgelegenen Ort, fernab der Presse, diskutierten sie mit dem früheren Regierungschef die Ideen für ein Reformprogramm, das Frankreich wirtschaftlich und moralisch wieder aufrichten soll.
Quelle: FAZ
Anmerkung Paul Schreyer: Der Artikel der erfahrenen Frankreich-Korrespondentin der FAZ, Michaela Wiegel, titelt zwar mit einer vermeintlichen Russland-Connection Fillons. Viel interessanter ist aber der im Text ausführlich beschriebene enge Draht des Präsidentschaftskandidaten zu Henri de Castries. Castries lenkte von 2000 bis 2016 den Axa-Konzern, mit einem Jahresumsatz von gut 100 Milliarden Euro eine der größten Versicherungen der Welt. Darüber hinaus fungiert Castries als Chef der Bilderberg-Konferenzen, dem verschwiegenen jährlichen Stelldichein der westlichen Elite aus Wirtschaft und Politik. Diese Kreise lenken offenbar das „Reformprogramm“ des Kandidaten entscheidend mit.
dazu: Fillons Wirtschaftspläne: Jedes Sparprogramm wird scheitern
Der frisch gewählte Präsidentschaftskandidat Fillon will Frankreichs Wirtschaft „liberalisieren“. Was bedeutet sein Sieg aus ökonomischer Sicht? Das Rezept ist so schlicht wie falsch: Der konservative Präsidentschaftskandidat François Fillon will Frankreichs Wirtschaft „liberalisieren“. Reiche und Unternehmen sollen entlastet werden – was der Rest der Bevölkerung finanziert, weil die Mehrwertsteuer steigen würde. Zudem soll ein „schlanker“ Staat 500.000 Beamtenposten streichen. Dieses Programm kann nicht funktionieren, denn es hat einen Staat noch nie reich gemacht, die Reichen zu beschenken und Ausgaben zu kürzen. Stattdessen setzt eine Spirale nach unten ein: Wenn die „normalen“ Bürger ihren Konsum einschränken müssen, setzen die Firmen weniger ab und entlassen Angestellte. Es wird noch weniger konsumiert – was weitere Stellen kostet.
Quelle: Ulrike Herrmann in der taz
und: Mann der unbequemen Wahrheiten
François Fillon hat einen steinigen Weg vor sich. (…) Sein Programm verlangt den Franzosen erhebliche Opfer ab: tiefe Einschnitte in die Staatsausgaben, Beamtenabbau, Steuersenkungen für Unternehmen, Erhöhung der Mehrwertsteuer, Abschaffung der 35-Stunden-Woche und der Vermögensteuer, Heraufsetzung des Rentenalters von 62 auf 65 Jahre, finanzielle Eigenbeteiligung im Gesundheitswesen, weniger Kündigungsschutz der Arbeitnehmer und im Zeitablauf sinkende Arbeitslosenhilfe. (…) Doch erfreulich ist, dass Fillon nun über ein Mandat der Kompromisslosigkeit verfügt. Seine Wähler fanden den Mut, zu ihren Werten zu stehen, statt ihre Ideen auf der Suche nach einem Konsens in der politischen Mitte zu verwässern. Sie wagen sich auf ein Feld vor, das in Frankreich bisher brach lag: der wirtschaftliche Liberalismus, der westlich des Rheins weitgehend ungetestet ist. (…) Als Hauptgegner liberaler Wirtschaftsreformen dürfte sich zudem der Front National profilieren. Er gebärdet sich als Verteidiger der Globalisierungsverlierer, er will den Sozialstaat mit seinem aufgeblähten öffentlichen Dienst erhalten und Frankreich hinter protektionistischen Mauern einigeln. Tatsächlich stehen Marine Le Pens Abschottungsideen aber für Stagnation und eine Fortsetzung des Niedergang Frankreichs. Fillon muss dafür das Bewusstsein schärfen. Sein Ergebnis in der Vorwahl ist aber ein helles Zeichen für die Aufbruchsbereitschaft eines erheblichen Teils der französischen Bevölkerung. Fillons Wähler lehnen die Verführer mit den einfachen Rezepten ab und stimmten für einen Mann der unbequemen Wahrheiten. Hoffentlich erhalten seine vorgeschlagenen Lösungen eine Chance.
Quelle: FAZ
Anmerkung J.K.: Wie nicht anders zu erwarten bejubelt die deutsche “Qualitätspresse” den Neoliberalen Fillon. Unschwer zu erkennen, dass hier, wenn es nach den deutschen “Qualitätsjournalisten” ginge, bereits der zukünftige Präsident der Republik vorgestellt wird. Aus dem Desaster bezüglich Clinton, die für die deutschen “Qualitätsjournalisten” bereits Wochen vor der Abstimmung gewählt war, hat man also nichts gelernt. Weshalb sollten die Bürger Frankreichs jemanden zum Präsidenten wählen, der offen ankündigt, die Lebensumstände der Mehrheit der Bevölkerung verschlechtern zu wollen? Ach so, weil die neoliberale Agenda nach wie vor “alternativlos” ist und deutsche “Qualitätsjournalisten” über die alleinige Wahrheit verfügen. Siehe dazu nochmals: Fake News und Penetranz als Medienstrategie
- BND-Präsident warnt vor Cyberangriffen aus Russland
Hacker und Trolle haben die US-Wahl beeinflusst – die Spur führt nach Russland. Der neue BND-Präsident Bruno Kahl sieht solche Störkampagnen im Wahljahr 2017 auch auf Deutschland zukommen. (…) Es gebe “Erkenntnisse, dass Cyber-Angriffe stattfinden, die keinen anderen Sinn haben, als politische Verunsicherung hervorzurufen”, sagte Kahl der Süddeutschen Zeitung im Hinblick ausdrücklich auf russische Internet-Aktivitäten. Der BND-Chef sprach von gezielten Störkampagnen, die von außen gesteuert würden. “Hier wird eine Art von Druck auf den öffentlichen Diskurs und auf die Demokratie ausgeübt, der nicht hinnehmbar ist.” Der BND-Präsident bestätigte, es gebe bei den Störungen der US-Wahl “Anhaltspunkte” für eine Spur nach Russland. “Die Zurechnung zu einem staatlichen Akteur ist technisch naturgemäß schwierig. Aber es spricht einiges dafür, dass das von staatlicher Seite zumindest geduldet oder gewünscht wird.” Auch in Deutschland, wo im kommenden Jahr gewählt wird, wachse diese Bedrohung. “Europa ist im Fokus dieser Störversuche, und Deutschland ganz besonders.” Seit dem Ukraine-Konflikt ist auch das deutschsprachige Internet zunehmend im Visier sogenannter Troll-Fabriken, die gezielt Desinformation verbreiten.
Quelle: Süddeutsche
Anmerkung Paul Schreyer: Ein weiteres Beispiel für „Fake News“ – Spekulationen, weitgehend ohne Belege, um eine Stimmung der Verunsicherung zu schaffen und ein äußeres Feindbild zu festigen.
- Dumpfbacken-Presse: Trump ist das Idol der Linken!
Unsere „Qualitätsmedien“ drehen immer mehr am Rad. Nachdem Politiker der Partei DIE LINKE lange Zeit als „Putin-Versteher“ geächtet wurden, haben die Dumpfbacken jetzt eine neue Masche: Trump ist das Idol der Linken, weil er sich für bessere Beziehungen zu Russland ausgesprochen hat und ein Infrastruktur-Programm auflegen will, wobei jeder halbwegs Informierte damit rechnen muss, dass er morgen wieder das Gegenteil sagt. Als nächste Masche schlage ich vor, DIE LINKE in die „Fillon-Versteher“ einzureihen, weil der neue Präsidentschafts-Kandidat der französischen Rechten (Republicains), eine Wiedergeburt von Maggie Thatcher, sich auch für bessere Beziehungen zu Russland ausgesprochen hat. Erbärmlicher geht’s jetzt wirklich nicht mehr. Trump will:
- höhere Militär-Ausgaben
- die Steuern für Reiche senken
- die bescheidene Regulierung des US-Finanzsystems wieder zurücknehmen
- die unzureichende Gesundheitsreform Obamas wieder zurückdrehen
- ist für unbegrenzten Waffenbesitz, usw.
Diese „typischen Forderungen der Linken“ könnte man endlos fortsetzen, um die Idiotie, die im deutschen „Qualitätsjournalismus“ groß wird, zu karikieren. Vielleicht muss man die „Qualitätsjournalisten“ auch bemitleiden, weil sie so viel schreiben müssen, dass sie überfordert sind? Sonst wäre Ihnen vielleicht aufgefallen, dass es mit Jill Stein in den USA eine Grüne gibt, die im Gegensatz zu den deutschen Grünen tatsächlich grün ist und die für eine Kampagne taugen würde, sie sei das Idol der Linken.Jill Stein will:
- die US-Militärausgaben halbieren
- die Kampfdrohnen abschaffen
- die Militärbasen im Ausland schließen
- die Atombomben aus dem Ausland zurückholen
- die US-Truppen aus dem Irak und Afghanistan zurückziehen• keine Öl- und Gaskriege mehr führen, usw.
Sie weiß sogar, dass es in Syrien um zwei Gasleitungen geht: Die eine, von Assad abgelehnt, befürworten die USA, Saudi-Arabien und die Golf-Emirate. Die andere, von Assad akzeptiert, befürworten Russland und der Iran. Aber der deutsche „Qualitätsjournalismus“ wäre hoffnungslos überfordert, hier Ähnlichkeiten zum Programm der LINKEN zu entdecken.„Journalismus ist etwas zu veröffentlichen, von dem andere nicht wollen, dass es veröffentlicht wird. Alles andere ist Propaganda“, hat George Orwell gesagt. Wie kommt es nur, dass im deutschen „Qualitätsjournalismus“ so oft nur das geschrieben wird, von dem die Mächtigen wollen, dass es veröffentlicht wird?
Quelle: Oskar Lafontaine via Facebook
- Streit bei der Lufthansa: “Selbst das Bodenpersonal schüttelt den Kopf über die Piloten”
Die Piloten der Lufthansa ärgern Konzern und Kunden mit immer neuen Streiks. Ex-Lufthansa-Manager Thomas Sattelberger sieht die Schuld bei einer sturen Gewerkschaft, die liebgewonnene Besitzstände verteidige. Thomas Sattelberger, 67, war von 1994 bis 2003 Top-Manager bei der Lufthansa und wurde später Personalvorstand bei der Deutschen Telekom. Seit 2012 ist er im Ruhestand. Bei der Bundestagswahl 2017 will er im Wahlkreis München-Süd für die FDP kandidieren. […] Sattelberger: Die Rücksichtslosigkeit der Pilotenstreiks ruiniert den Markenkern der Lufthansa. Ich fliege drei bis vier Mal die Woche und bin derzeit kaum noch arbeitsfähig. Anderen Geschäftsreisenden geht es ähnlich. […] Sattelberger: Wenn Streiks das von jeder guten Airline gelebte Grundversprechen von Zuverlässigkeit ruinieren, braucht man über das Lächeln der Stewardess, Sitzkomfort und das Kulinarische gar nicht erst nachzudenken […] Sattelberger: Die beiden ehemaligen Staatsunternehmen hatten teilweise fürstliche Regelungen für die Belegschaft – und besonders veränderungsunwillige Gewerkschaften. Da ist die Stimmung dann schon emotional aufgeheizt. Liebgewonnene Besitzstände abzubauen ist nun mal keine schöne Aufgabe, das ist schmerzhaft für alle Beteiligten und Betroffenen.
Quelle: Spiegel Online
Anmerkung unseres Lesers J.A.: Darf man im Jahr 22 der endlosen Diskussion über die angeblich mangelnde deutsche Wettbewerbsfähigkeit und “Reformunfähigkeit” immer noch die öden Dauerbrenner von wegen “liebgewonnene Besitzstände” und “schmerzhaft[e Reformen] für alle Beteiligten” bringen (außer für Vorstände und Eigentümer), um Arbeitnehmern ihr Recht auf Gehaltserhöhungen oder vertraglich zugesagte (!!) und von ihnen selbst bezahlte Altersvorsorge abzusprechen? Man muss! Zumindest, wenn man SPIEGEL heißt und seit vielen Jahrzehnten die neoliberale Agenda pusht. Was ist denn mit den “liebgewonnenen Besitzständen der Aktionäre”, die jedes Jahr eine hohe Dividende erwarten? Dass die Lufthansa z.B. für 2015 einen Gewinn von 1,7 Milliarden Euro ausweist, fällt mal eben unter den Tisch.
- Prognose: Auf die Deutschen wartet die Rente mit 71 – mindestens
Eine neue Analyse offenbart, dass das Rentensystem nur funktionieren kann, wenn die Deutschen deutlich später in den Ruhestand gehen. Noch problematischer ist ein anderer Teil der Prognose. Die große Koalition muss eine große Niederlage schon jetzt, rund 300 Tage vor ihrem Ende, eingestehen. Union und SPD waren mit dem Vorsatz angetreten, die Altersvorsorge der Deutschen zukunftssicher zu machen. Doch das Ergebnis ist mager. Mehr als ein paar kleine, aber dennoch teure Kompromisse hat die Regierung nicht zustande gebracht. Eine neue Analyse zeigt, dass der große Rentendeal eigentlich nur unter einer Bedingung zum Erfolg werden kann. Nämlich dann, wenn das Renteneintrittsalter auf 71 Jahre angehoben wird. „Ohne eine weitere Anhebung des gesetzlichen Renteneintrittsalters nach 2030 ist das Umlagesystem der gesetzlichen Rente wegen der demografischen Entwicklung langfristig nicht zu stabilisieren“, erklärt Lars Feld, Mitglied des Sachverständigenrates der Bundesregierung.
Quelle: Welt Online
Anmerkung unseres Lesers J.A.: Die interessierten Lobbyisten versuchen’s halt immer wieder. Interessant, dass nur Optionen mit einem Rentenbeitragssatz von maximal 24 Prozent durchgerechnet werden. Bei 28 Prozent läge das Sicherungsniveau nämlich auch im Jahr 2080 (OK, die Vorhersage ist absurd genug…) noch bei den 53 Prozent, die von der Linkspartei gefordert wären und im Jahr 1999 Standard waren, also auf einem akzeptablen Rentenniveau, Problem gelöst. 28 Prozent, also 14 Prozent hälftig für Arbeitnehmer und Arbeitgeber, bedeuten gegenüber dem heutigen Zustand eine minimale Mehrbelastung für die Arbeitnehmer (aktuell 9,35 Prozent Rentenbeitrag + 4 Prozent private Vorsorge), die nicht durch Rentenbeiträge, sondern durch Niedriglöhne gebeutelt werden. Für die Arbeitgeber bedeutete das 4,7 Prozentpunkte Beitragserhöhung in über 60 Jahren (!!!), nicht einmal 0,1 Prozentpunkte pro Jahr, das ist selbst bei einem Produktivitätszuwachs von nur 1 Prozent pro Jahr vernachlässigbar. Aber “Problem gelöst” ist natürlich nicht im Sinne der Arbeitgeberpropaganda, die sich noch Über-70-Jährige als Niedriglohn-Reservearmee sichern möchte.
- Änderungen bei Grundsicherung umstritten
Die von der Bundesregierung geplanten Änderungen der Regelsätze in der Grundsicherung (…) stoßen auf ein unterschiedliches Echo. Das wurde während einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales am Montag deutlich. (…) Kritik an der Regelung gab es durch Michael David von der Diakonie Deutschland. Für Alleinstehende und Alleinerziehende müsse seiner Ansicht nach der Regelsatz 150 Euro höher liegen, bei Paargemeinschaften bei 143 Euro mehr und bei Kindern zwischen 18 und 80 Euro. David bemängelte zudem, dass schulische Bedarfe im Teilhabepaket nicht ausreichend bedacht seien. Nach Meinung der Einzelsachverständigen Irene Becker genügt die Vorgehensweise zur Ermittlung des soziokulturellen Existenzminimums “nicht den wesentlichen Anforderungen der angeblich gewählten empirisch statistischen Methode”. Der Spielraum des Gesetzgebers, den es zweifelsfrei gebe, sollte laut Becker an anderer Stelle als bei “Herausnahmen und Kürzungen” liegen. Der Entwurf führe in seiner jetzigen Form zu einer massiven Bedarfsunterdeckung.
Quelle: Deutscher Bundestag
- Greenpeace-Experte zu Tschernobyl: Warum der alte Sarkophag gefährlich bleibt
Löst die neue Schutzhülle über den verstrahlten Überresten des Atomkraftwerks Tschernobyl alle Probleme? Nein, meint Tobias Münchmeyer von Greenpeace: Wenn die alte Hülle darunter auseinanderbreche, drohe neue Strahlengefahr. Die Ruine müsse schnellstmöglich komplett beseitigt werden.
Quelle: Deutschlandradio Kultur
- Aktivisten reichen Verfassungsbeschwerde gegen Vorratsdatenspeicherung ein
Ein breites Bündnis von Bürgerrechtlern und Datenschützern hat am Montag in Karlsruhe Verfassungsbeschwerde gegen das neue Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung eingelegt. Die Kläger übergaben dem Bundesverfassungsgericht ihre Beschwerdeschrift zusammen mit mehr als 32.000 Unterstützungsunterschriften. Die Initiative wird unter anderem unterstützt vom Verein Digitalcourage, dem Arbeitskreis gegen Vorratsdatenspeicherung und rund 20 Persönlichkeiten aus Politik, Kultur, Nichtregierungsorganisationen und anderen Fachverbänden. Unter den Unterstützern finden sich etwa die Schriftstellerin Juli Zeh, der Kabarettist Marc-Uwe Kling, ver.di-Chef Frank Bsirske, der Ökonom Friedhelm Hengsbach sowie Bundestagsabgeordnete, Journalisten und Rechtsanwälte. In Karlsruhe zugegen war am Montag auch der Rechtsanwalt und Vizevorsitzende der Internationalen Liga für Menschenrechte (ILM), Dr. Rolf Gössner. Er war bereits Beschwerdeführender gegen die erste Vorratsdatenspeicherung und hatte 2010 zusammen mit 35.000 Gleichgesinnten Erfolg vor dem Bundesverfassungsgericht. Alle angehäuften Datenvorräte mussten damals unverzüglich gelöscht werden, weil das zugrunde liegende Gesetz zur Zwangsspeicherung weitgehend verfassungswidrig und nichtig war. Im Rahmen des neuen »Gesetzes zur Einführung einer Speicherpflicht und einer Höchstspeicherfrist für Verkehrsdaten« soll ab Sommer 2017 gespeichert werden, wer wann wo mit wem per Telefon kommuniziert und im Internet unterwegs ist. Die jetzige Verfassungsbeschwerde richtet sich »gegen das Prinzip der neuen, restriktiveren Vorratsdatenspeicherungsregelung von Ende 2015, weil dadurch die Telekommunikation aller Menschen in der Bundesrepublik nicht mehr vertraulich« sei, wie die Beschwerdeführer am Montag monierten. »Der Tagesablauf von allen Mobilfunknutzern wird genauso vollständig erfasst und ausforschbar wie die individuelle Internetnutzung – und auch die Kommunikation mit Berufsgeheimnisträgern, etwa mit Ärzten, Rechtsanwälten, Geistlichen und Journalisten«, warnte die ILM in einer Erklärung. Damit stelle dies einen unverhältnismäßigen Eingriff in Grundrechte dar, währenddessen »der tatsächliche Nutzen (…) bislang nicht nachgewiesen« worden sei.
Quelle: junge Welt
- Wie der BND mit 150 Millionen Euro im Namen der Sicherheit Unsicherheit schaffen wird
Während sich die Bundesregierung hinstellt und bei jeder Gelegenheit betont, an den Grundfesten der Kryptopolitik werde sich nichts ändern und in der Digitalen Agenda das Versprechen ausgegeben wurde, Deutschland werde zum „Verschlüsselungsstandort Nummer 1“, sieht die Realität ganz anders aus. Anstatt konkret Verschlüsselung über Lippenbekenntnisse hinaus zu fördern, wird mit ZITIS eine neue Behörde aufgebaut, die mit bis zu 400 Beamten Wege gegen Verschlüsselung finden soll. Die heute von uns dokumentierten zusätzlichen 150 Millionen Euro für den BND sind ein weiteres Puzzle-Stück in der „Verschlüsselungsstrategie“.
Der BND soll 150 Millionen Euro Steuergelder bekommen, um damit im Namen der Sicherheit massive Unsicherheit zu schaffen. Während die Bundesregierung die Bedeutung von IT-Sicherheit erkennt und dazu Strategien entwickelt, soll der Geheimdienst nach Sicherheitslücken suchen, diese auf Schwarzmärkten kaufen und anwenden. Jede Sicherheitslücke, die nicht geschlossen wird, bleibt aber für viele andere nutzbar: für fremde Geheimdienste, für Wirtschaftsspionage und für andere Kriminelle. Sicherer wird unsere digitale Welt mit einer solchen Strategie nicht.
Quelle: netzpolitik
- Ein Binnenmarkt für Afrika
Der Kontinent sollte seine Partnerschaftsabkommen mit der EU auf Eis legen. Der Gesamtanteil Subsahara-Afrikas am Welthandel dümpelt bei lächerlichen 2,2 Prozent vor sich hin. Dies bremst maßgeblich die Entwicklung der Region. Daher müssen die Staaten südlich der Sahara ihre Exporte ausweiten. Dadurch würden Arbeitsplätze geschaffen, die Einkommen erhöht und letztlich Armut und die Abhängigkeit von ausländischer Hilfe abgebaut. Dafür aber brauchen die afrikanischen Produzenten einen großzügigen Zugang zu unseren reichen Märkten. (…) Wenn Europa die wirtschaftliche Entwicklung Afrikas fördern und Millionen von Menschen aus der Armut holen will, sollte es aufhören, EPAs einzurichten, und stattdessen sämtlichen Ländern südlich der Sahara mit niedrigem oder sehr niedrigem Einkommen denselben Zugang zu seinen Märkten zugestehen, den es den am wenigsten entwickelten Ländern einräumt.
Quelle: IPG Journal
- Mehr als 1.400 Menschen im Mittelmeer gerettet
Die italienische Küstenwache hat etwa 1.400 Flüchtlinge vor der Küste Libyens aus dem Mittelmeer gerettet. Die meisten von ihnen seien in überfüllten Schlauchbooten zur Überfahrt nach Italien aufgebrochen, teilte die Küstenwache mit. An der Rettungsaktion hätten sich auch die irische Marine, zwei Handelsschiffe sowie ein Boot von Hilfsorganisationen beteiligt. Damit erreichten seit Jahresbeginn bereits mehr als 171.000 Bootsflüchtlinge Italien. Nach UNO-Angaben kamen im selben Zeitraum mindestens 4.690 Menschen bei der Überfahrt ums Leben.
Quelle: Deutschlandfunk
dazu: Zurück in den Krieg
Am 13. Oktober trafen sich die EU-Innenminister in Luxemburg. Wieder einmal forderte Thomas de Maizière (CDU), dass die im Mittelmeer geretteten Flüchtlinge nach Nordafrika zurück gebracht werden. In „sicheren Unterbringungsmöglichkeiten“ solle dort ein Asylanspruch geprüft werden. 2003 hatte SPD-Innenminister Otto Schily das erstmals vorgeschlagen. Seither tauchte die Idee immer wieder auf. Tunesien war als möglicher Ort für die Aufnahmelager im Gespräch. Aber wie wäre es zu rechtfertigen, Hunderttausende Menschen, die aus Libyen kommen, im Mittelmeer zu stoppen und im winzigen Tunesien abzuladen? (…) Und so verlangte de Maizières österreichischer Kollege Wolfgang Sobotka in Luxemburg „Abkommen, damit Europa Flüchtlinge sofort auch wieder nach Libyen zurückschicken“ könne. Ungarn hatte sich ähnlich geäußert. 256.000 Migranten halten sich nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration derzeit in Libyen auf. Die libysche Regierung GNA (Government of National Accord), die auf einer Marinebasis in Tripolis residiert, lehnt dies bislang ab. Die Regierung und der 7-köpfige Präsidialrat wurden von der EU und UN anerkannt, spielen aber im Land kaum eine Rolle.
Quelle: taz
- Abschiebung von Kriegsflüchtlingen: Willkür in deutschen Amtsstuben
Die Verschärfung des Asylrechts durch die Bundesregierung wird offenbar wirksam. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge verschickt zunehmend Ablehnungsbescheide. Wie willkürlich die Sachbearbeiter dabei vorgehen, zeigt der Fall einer irakischen Familie in Berlin.
Quelle: Deutschlandradio Kultur
- Europas Fahnenträger: Traditionen der deutschen Europapolitik: gegen die USA
Die aktuellen Bemühungen Berlins um den Aufbau einer unabhängig von den USA einsatzfähigen EU-Militärmacht dienen der Realisierung eines der ältesten Ziele der deutschen Außenpolitik. Dies belegen Dokumente aus den verschiedensten Phasen der deutschen Expansion. Dabei geht es darum, sich in der globalen Mächtekonkurrenz gegen die Vereinigten Staaten durchsetzen zu können. Bereits einer der ersten deutschen Expansionsstrategen, Friedrich List, hatte im Jahr 1841 – weit in die Zukunft ausgreifend – gemutmaßt, nur ein Zusammenschluss der “vereinigten Mächte von Europa” könne langfristig “Schutz, Sicherheit und Geltung gegen die amerikanische Übermacht” bieten. 1944 plädierte ein Experte im Reichswirtschaftsministerium angesichts der herannahenden Kriegsniederlage dafür, einen “Weg zu wirklicher europäischer Zusammenarbeit zu finden”, um sich gegen die USA und die Sowjetunion zu behaupten; Berlin solle dabei nicht blutig regierender “Herr”, sondern “Fahnenträger Europas” sein. In den 1960er Jahren konstatierte der CSU-Politiker Franz Josef Strauß, nur ein “vereinigtes Europa” könne “die Position einer eigenständigen Macht zwischen den Vereinigten Staaten und der Sowjetunion einnehmen”; er plädierte für “ein europäisches Atomwaffenpotenzial”. Jüngere Analysen halten es für möglich, eine deutsch dominierte “Supermacht Europa” aufzubauen, warnen jedoch, der totale Zerfall der EU inklusive des damit verbundenen Einflussverlusts sei nicht auszuschließen. Diese Ambivalenz umschreibt die aktuellen Perspektiven der Berliner Politik.
Quelle: German Foreign Policy
- Bundesregierung zahlte Millionen an Clinton-Stiftung
Die Familienstiftung der Clintons war schon vor Beginn des amerikanischen Präsidentschaftswahlkampfs mehrfach ins Gerede gekommen. Politiker, Staatsoberhäupter und Lobbyisten hätten sich mit Geldspenden an die Clinton Foundation Termine bei der früheren amerikanischen Außenministerin Hillary Clinton praktisch kaufen können, lautete der in US-Medien geäußerte Verdacht. (…) Dass allerdings auch die deutsche Bundesregierung zu den Geldgebern der Stiftung zählte, ging im Getöse des Wahlkampfs unter. Erst jetzt wird in der aktuellen Spendenliste der Foundation sichtbar, dass das Bundesumweltministerium einen Millionenbetrag überwiesen hatte. Im dritten Quartal 2016, also auf dem Höhepunkt des Wahlkampfs, flossen deutsche Steuergelder von bis zu fünf Millionen Dollar an die Familienstiftung. (…) Das Bundesumweltministerium dagegen teilte auf Nachfrage der „Welt“ mit, dass es „grundsätzlich keine Spenden vornimmt“. Bei dem genannten Betrag handele es sich um „Finanzierungen im Rahmen der Internationalen Klimaschutzinitiative (IKI)“. Demnach dienten die deutschen Steuergelder der „Unterstützung von Forst- und Landschaftsrenaturierung in Ostafrika“. Dies sei ein Projekt, das mit deutscher Kofinanzierung „unmittelbar von der Clinton Foundation in Kenia und Äthiopien durchgeführt“ werde, erklärte ein Sprecher von Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD). (…) Gleichwohl wirft das Engagement des Bundesumweltministeriums erneut die Frage auf, wie stark und unter welchen Bedingungen Nichtregierungsorganisationen (NGOs) mit Steuergeldern finanziert werden sollten. Insbesondere bei schwer zu kontrollierenden ausländischen NGOs mit großer Nähe zur aktiven Politik könnte eine besondere Vorsicht angebracht sein.
Quelle: Welt Online
- Silicon Valley: Obdachlose suchen Zuflucht in der Nachtbuslinie 22
Erfolgreiche Internetfirmen, gut bezahlte Mitarbeiter, Wohlstand: Dafür steht das Silicon Valley. Doch es gibt eine andere Seite in dem Tal südöstlich von San Francisco: Menschen fahren nachts Bus, damit sie ein Dach über dem Kopf haben und schlafen können.
Quelle: Deutschlandfunk
- Merkels neue Sympathisanten
Merkels Flüchtlingspolitik bietet die Chance, Wähler zu gewinnen, die mit der CDU bisher wenig anfangen konnten. Das stellt die Partei zugleich aber vor ein Dilemma. Neulich in der Kantine. Ein Kollege hebt sinnierend den Blick von seinem Gemüserisotto. “Ich glaube”, sagt er, “ich werde im nächsten Jahr mal was ganz Verrücktes machen. Etwas, das ich noch nie in meinem Leben getan habe.” Interessierte Gesichter wenden sich ihm zu. Der Kollege macht eine bedeutungsvolle Pause, dann liefert er die Auflösung: “Ich glaube, ich wähle CDU.” Diese Anekdote wäre nicht weiter erwähnenswert, wenn sie ein Einzelfall wäre. Ist sie aber nicht. Es ist ein Erlebnis, dass sich derzeit immer häufiger wiederholt, wenn in eher links-liberalen oder auch links-alternativen Kreisen die Rede auf die anstehende Bundestagswahl kommt. Immer wieder überraschen dann Menschen, von denen man es wahrlich nicht erwartet hätte, mit dem Bekenntnis, diesmal vielleicht CDU wählen zu wollen: von der feministisch eingestellten Freundin über die sozial engagierte Schwiegermutter bis hin zu der jungen Studentin, die bisher ihr Kreuz bei den Grünen gemacht hat. Weit mehr als all die gesellschaftspolitischen Reformen, die Merkel ihrer Partei in den vergangenen Jahren aufzwang, scheint ihre Flüchtlingspolitik geeignet zu sein, der Partei neue Wählerschichten in der Mitte zu erschließen. So jedenfalls der subjektive Eindruck. Das gilt sogar noch jetzt, wo immer behauptet wird, Merkel habe ihren ursprünglichen Kurs von Offenheit und Freundlichkeit klammheimlich längst revidiert.
Quelle: Zeit Online
Anmerkung unseres Lesers J.A.: Dann ist das Kalkül von Merkel ja aufgegangen. Anscheinend fällt von ihren neuen Anhängern niemand auf, dass Merkel ausnahmsweise einmal human gehandelt hat, aber eben zuvorderst – und bei der Behandlung der Flüchtlinge gleich wieder – für Niedriglöhne, Sozialabbau, enorme Steuergeschenke an Vermögende, Vernachlässigung und Privatisierung von Bildung und Infrastruktur steht. Und übrigens auch für einen immer militanteren Kurs in der Außenpolitik.
Anmerkung J.K.: Hat noch jemand Zweifel, dass Merkels Grenzöffnung politischem Kalkül entsprang? Damit ist es gelungen, die Linke völlig zu paralysieren und die soziale Frage, falls überhaupt noch relevant, aus dem politischen Diskurs verschwinden zu lassen.
- Zu guter Letzt: Regime-/Regierungstruppen zerbomben/besiegen Opposition/Terroristen in Aleppo/Mossul
Aleppo/Mossul (dpo) – Assads Schergen/irakische Soldaten haben bei der Rückeroberung der Stadt Aleppo/Mossul einen brutalen/bedeutenden Sieg erkämpft. Dabei gelang es den Regime-/Regierungstruppen, das Gebiet der Rebellen/Terrormiliz in zwei Teile zu zerschlagen. Ein Sieg von Machthaber Assad und Putin/der irakischen Regierung und ihrer Verbündeten scheint damit unaufhaltbar/greifbar nahe. In einem Propaganda-/offenbar authentischen Video ist zu sehen, wie die Bewohner der zerstörten/befreiten Gebiete das Ende der Gewalt feiern.
Quelle: Der Postillon
Anmerkung André Tautenhahn: Die Satireseite trifft den Nagel mal wieder auf den Kopf und zeigt die doppelten Standards in der Berichterstattung. Während der UN-Sicherheitsrat gerade eine Dringlichkeitssitzung einberufen hat, um über das befürchtete „Massaker in Aleppo“ zu diskutieren und um Appelle an Russland zu formulieren, berichtet Georg Mascolo, der gerade als embedded journalist aus dem irakischen Mossul zurückgekehrt ist, über ein mehr oder weniger behutsames Vorrücken der „Regierungstruppen“ und von vielen zivilen Opfern, die gezielt von den IS-Terroristen beschossen würden.