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Titel: Die Verflechtung der Politik mit dem Casino-Betrieb der Finanzwirtschaft ist enger und älter als wir denken – wir zahlen schon seit 2000 für die Wettschulden

Datum: 19. November 2008 um 9:09 Uhr
Rubrik: Banken, Börse, Spekulation, Bundesregierung, Finanzkrise
Verantwortlich:

Professor Schmelz, engagiert im Aufspüren der Machenschaften um „innovative Finanzprodukte“, schickte gestern einen neuen und, wie ich finde, aufregenden Fund: einen Artikel aus dem Handelsblatt vom 24.2.2003 (siehe Anhang). Dort wird von einem Treffen Schröders, Eichels und Clements mit Spitzenvertretern der Banken- und Versicherungsbranche berichtet. Bei diesem Treffen war der Vorschlag gemacht worden, für notleidende Kredite deutscher Institute eine Auffanggesellschaft zu gründen, für deren Risiken letztlich der Staat, also wir Steuerzahler, einstehen soll. Dieses Dokument zeigt, dass die hohen Risiken der Politik spätestens seit dem Jahr 2000 bekannt sind, dass also Steinbrück die Unwahrheit sagt, wenn er von einem Spring-ins-Feld-Teufel erzählt, einer Überraschung durch die Finanzkrise. Es zeigt zweitens weiter, dass die Bundesregierung in die kriminellen Machenschaften des Verpackens und Weiterverkaufens notleidender Kredite in Wertpapiere schon früh involviert war. Albrecht Müller.

Einige Anmerkungen dazu:

Erstens: Das Bundesfinanzministerium und damit das Ministerium des Peer Steinbrück war in der Person des damaligen Ministers Hans Eichel präsent, als folgendes besprochen wurde (siehe Markierung mit (1) in der Anlage, dem Artikel im Handelsblatt):

Nach Informationen des Handelsblatts schlug der Vorstandssprecher der Deutschen Bank, Josef Ackermann, in der hochrangigen Runde die Gründung einer Auffanggesellschaft vor.Diese Kreditwerkstatt wird auch als Bad Bank bezeichnet und soll dazu dienen, die Kredite Not leidender Banken zu bündeln, als Wertpapier zu verpacken und wieder zu verkaufen. Zur Entlastung solle der Staat für die Risiken einstehen und eine Garantie abgeben, hieß es weiter.

Zweitens: Einen solchen Vorgang haben wir am 17. August 2007 als kriminellen Akt bezeichnet. Wer Not leidende, das heißt faule Kredite verpackt und sie als Wertpapiere weiterverkauft, die dann wieder weiterverkauft werden, ist am Beginn einer betrügerischen Kette beteiligt. Im konkreten Fall waren die Spitzen von Politik und Finanzwirtschaft in solche Überlegungen einbezogen. Das Dokument widerlegt im übrigen auch die Behauptung, solche kriminellen Akte hätten nur in den USA stattgefunden.

Drittens: Es gab etwas zu verbergen. Das Bekanntwerden dieser Vorgänge hatte für „helle Aufregung“ (2) gesorgt. „Die Großbanken und Berlin sind über die Veröffentlichung massiv verärgert.“ (3)

Viertens: Der Artikel im Handelsblatt zeigt auch, dass schon damals private Bankinstitute von hohen Verlusten bedroht waren – Dresdner Bank, Commerzbank und HypoVereinsbank.

Ich zitiere (4):
Die “Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung” hatte berichtet, dass in der Bad Bank zunächst die Kreditrisiken von Dresdner Bank, Commerzbank und Hypo-Vereinsbank in deren Mittelstandsgeschäft gebündelt werden sollen. Es kämen leicht 7 Mrd. zusammen.
Und dennoch hält sich bis heute die immer wieder wiederholte Version, vor allem öffentliche Banken und nicht private hätten sich verspekuliert.

Fünftens: Wir zahlen über die staatliche KfW schon seit dem Jahr 2000 Wett- und Casinoschulden des privaten Bank -und Versicherungsgewerbes ab. Wörtlich aus dem Papier (siehe Anlage Markierung mit (5)):
Bei der Kanzlerrunde, an der auch KfW-Chef Hans W. Reich teilnahm, wurde nach Informationen des Handesblatts unter anderem darüber gesprochen, wie die Verbriefung von Bankkrediten über die KfW rasch weiterentwickelt werden kann. Durch die Verbriefung können Kredite an Großanleger verkauft und gleichzeitig die Bankbilanzen entlastet werden. Künftig sollen offenbar mehr Banken in größeren Volumina die KfW-Verbriefungen in Anspruch nehmen.

Und weiter heißt es (6):
Die KfW hat in den vergangenen drei Jahren für diverse Privatbanken Kredit-Verbriefungen im Gesamtwert von 28,7 Mrd. Euro vorgenommen. Das geschieht über die zwei Plattformen “Provide” (Wohnungsbau) und “Promise” (Mittelstand). Provide kam 2001 und 2002 auf zehn Transaktionen im Wert von 14,8 Mrd. Euro, Promise auf neun Transaktionen im Wert von 13,9 Mrd. Euro. Die beiden Institute mit den größten Ertragsproblemen nutzen die KfW-Plattform intensiv: Die Gruppe Hypo-Vereinsbank mit 7,62 Mrd. Euro, Commerzbank und ehemalige Tochter Rheinhyp (heute Teil der neuen Eurohypo) 5,5 Mrd. Euro.

Sechstens: Die Bundesregierung hat nicht nur von der Auslagerung von Risiken und von den Verschiebungen auf Zweckgesellschaften gewusst. Sie hat diesen Betrug auch noch steuerlich gefördert (7):

In einem Gespräch mit dem Handelsblatt hatte Reich (Chef der KfW, AM)) bereits angekündigt, dass der Bund an der Verbesserung der rechtlichen Rahmenbedingungen für Verbriefungen arbeitet. Reich sagte: “Der deutsche Markt wird bald einen weiteren Schritt nach vorne machen können, weil die Bundesregierung die für diese Transaktionen nötigen Zweckgesellschaften von der Gewerbesteuer befreit.

Heute tut die Bundesregierung so, als habe sie mit diesen Zweckgesellschaften nichts zu tun. Es ist wie mit der Agitation des Franz Müntefering gegen die Heuschrecken – eine Agitation, die zugleich die Stellwand war, hinter der die Steuerbefreiung der Gewinne beim Verkauf von intakten Unternehmen an ausbeuterische Heuschrecken versteckt wurde.

Auch die weiteren Teile des Artikels im Handelsblatt von 2003 sind reine Aufklärung – und insgesamt bedrückend.

Fazit: Wir haben nichts zurückzunehmen, wenn wir feststellen, dass uns unser Führungspersonal in die Irre führt, nicht die Wahrheit sagt und obendrein schon seit Jahren in kriminelle Machenschaften verstrickt ist, jedenfalls davon wusste und sich daran beteiligte.

Das zweite Fazit: Zorn allein bringt noch nichts. Bitte nutzen Sie den Artikel aus dem Handelsblatt, um in Ihrem Umfeld aufzuklären. Ich erinnere an eine oft schon formulierte Regel: Nur wenn wir sichtbar machen, wie wir belogen und betrogen werden, wird die aufklärende Bewegung, die ja weder über publizistische Mittel, weder über BILD noch über den SPIEGEL noch über Finanzen verfügt, dem großen Strom der herrschenden Lehre widerstehen können. Es kommt darauf an, die Menschen zu immunisieren gegen die gängigen Parolen. Der Artikel aus dem Handelsblatt vom 24. Februar 2003 ist hervorragend geeignet, um diese immunisierende Aufklärungsarbeit zu leisten. Machen Sie bitte davon Gebrauch. Wenn Ihnen dieser Text geholfen hat, hinter die Kulissen zu schauen, dann vervielfältigen Sie ihn bitte und geben ihn weiter.

Und nutzen Sie Ihre E-Mail-Verteiler, um auf diesen und andere Beiträge in den NachDenkSeiten aufmerksam zu machen.

Anlage:

24.02.2003 | Aktualisiert 23.10.2008, 12:14 Uhr
Indiskretion nach Spitzentreffen
„Bad Bank“ sorgt für Aufregung
von H.-J. Knipper, R. Langraf, M. Maisch, Handesblatt

Diskussionen um eine Auffanggesellschaft für notleidende Kredite deutscher Institute schrecken die gesamte Finanzbranche auf. Der hochbrisante Vorschlag wurde bei der jüngsten Kanzlerrunde mit Spitzenkräften aus der Banken- und der Versicherungsbranche gemacht.

FRANKFURT/M. Eine Indiskretion über das Treffen von Bundeskanzler Gerhard Schröder, Finanzminister Hans Eichel und Wirtschaftsminister Wolfgang Clement mit Spitzenvertretern der deutschen Banken und Versicherungen sorgte am Wochenende für helle Aufregung. (2) Nach Informationen des Handelsblatts schlug der Vorstandssprecher der Deutschen Bank, Josef Ackermann, in der hochrangigen Runde die Gründung einer Auffanggesellschaft vor.

Diese Kreditwerkstatt wird auch als Bad Bank bezeichnet und soll dazu dienen, die Kredite Not leidender Banken zu bündeln, als Wertpapier zu verpacken und wieder zu verkaufen. Zur Entlastung solle der Staat für die Risiken einstehen und eine Garantie abgeben, hieß es weiter. (1) Die Großbanken und Berlin sind über die Veröffentlichung massiv verärgert. (3)

“Damit ist der deutschen Finanzindustrie ein Bärendienst erwiesen worden”, kommentierte ein Banker. Das sei eine massive Rufschädigung. Der Sprecher der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), Matthias Fritton, wies Spekulationen, die bundeseigene Bank arbeite am Aufbau einer Bad Bank, kategorisch zurück: “Die KfW ist an derartigen Überlegungen nicht beteiligt.” Aus Berlin war zu hören, dass die Kreditinstitute ihre Probleme selbst schultern müssten. Sie könnten nicht beim Staat abgeladen werden.

Die “Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung” hatte berichtet, dass in der Bad Bank zunächst die Kreditrisiken von Dresdner Bank, Commerzbank und Hypo-Vereinsbank in deren Mittelstandsgeschäft gebündelt werden sollen. Es kämen leicht 7 Mrd. zusammen. (4) Die Deutsche Bank selbst wolle ihre Darlehen nicht in die Auffanggesellschaft einbringen. “Die Deutsche Bank will auf Grund der Vertraulichkeit des Gespräches mit dem Kanzler keinen Kommentar dazu abgeben”, erklärte Banksprecher Detlev Rahmsdorf. Aus dem Bundesfinanzministerium hieß es, die derzeit angespannte Situation der Banken berge kein Gefährdungspotenzial für die den Finanzplatz Deutschland. Die regelmäßigen Treffen auf höchster Ebene von Regierung, Banken und Versicherungen würden fortgeführt. Es habe beim letzten Gespräch keinen aktuellen Anlass gegeben. Die Regierung will am Dienstag einen Zehn- Punkte-Plan vorstellen, der einem verbesserten Anlegerschutz und einer erhöhten Transparenz in den Unternehmen Rechnung tragen soll.

Bei der Kanzlerrunde, an der auch KfW-Chef Hans W. Reich teilnahm, wurde nach Informationen des Handesblatts unter anderem darüber gesprochen, wie die Verbriefung von Bankkrediten über die KfW rasch weiterentwickelt werden kann. Durch die Verbriefung können Kredite an Großanleger verkauft und gleichzeitig die Bankbilanzen entlastet werden. Künftig sollen offenbar mehr Banken in größeren Volumina die KfW-Verbriefungen in Anspruch nehmen. (5)
In einem Gespräch mit dem Handelsblatt hatte Reich bereits angekündigt, dass der Bund an der Verbesserung der rechtlichen Rahmenbedingungen für Verbriefungen arbeitet. Reich sagte: “Der deutsche Markt wird bald einen weiteren Schritt nach vorne machen können, weil die Bundesregierung die für diese Transaktionen nötigen Zweckgesellschaften von der Gewerbesteuer befreit. (7)

Die KfW hat in den vergangenen drei Jahren für diverse Privatbanken Kredit-Verbriefungen im Gesamtwert von 28,7 Mrd. Euro vorgenommen. Das geschieht über die zwei Plattformen “Provide” (Wohnungsbau) und “Promise” (Mittelstand). Provide kam 2001 und 2002 auf zehn Transaktionen im Wert von 14,8 Mrd. Euro, Promise auf neun Transaktionen im Wert von 13,9 Mrd. Euro. Die beiden Institute mit den größten Ertragsproblemen nutzen die KfW-Plattform intensiv: Die Gruppe Hypo-Vereinsbank mit 7,62 Mrd. Euro, Commerzbank und ehemalige Tochter Rheinhyp (heute Teil der neuen Eurohypo) 5,5 Mrd. Euro. (6)
Die Banken entlasten ihre Bilanzen auch auf anderen Wegen. So betonte Commerzbank-Chef Klaus-Peter Müller gegenüber dem Handelsblatt, dass das Institut im vergangenen Jahr seine Risikoaktiva (vor allem Kredite) deutlich reduziert und so die für das Geschäft wichtige Kapitalquote gesteigert hatte. Neben Kreditverbriefungen habe auch die Entkonsolidierung der Rheinhyp eine wichtige Rolle gespielt. “Außerdem haben wir im vergangenen Jahr vor allem großvolumiges, margenarmes Kreditgeschäft abgebaut. Bei Adressen, denen es nichts ausmacht, haben wir Kredite nicht verlängert,” betonte er.

Auch die Dresdner Bank hat mit dem Abbau von Kreditrisiken begonnen. Wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtete, wurden laut Bankkreisen 17 Mrd. Euro ausfallgefährdete oder strategisch unwichtige Kredite auf die dafür gebildete “Institutionelle Umstrukturierungseinheit” (IRU) überführt. 40 % seien Not leidende Kredite, für die es nur zu einem Teil eine Risikovorsorge gebe.
Link zum Artikel : “Bad Bank” – Handelsblatt


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