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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 25. November 2016 um 8:49 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (JW/AT)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Infrastruktur
  2. Cum-Ex-Affäre: Banken bezahlten offenbar Maulwurf im Ministerium
  3. Nur noch schnell Europa retten
  4. Bröckelt die deutsche Hegemonie in Europa?
  5. Flüchtlinge retten Deutschland vor der Rezession
  6. “Merkel muss über die Wirklichkeit in Deutschland reden”
  7. “Arbeitgeber müssen voll in die Verantwortung gehen”
  8. Zweiter Brief an den IG Metall Vorsitzenden Jörg Hofmann zur betrieblichen Altersversorgung
  9. Kniefall vor dem Auto
  10. Abschiebung nach Afghanistan heißt Deportation in den Krieg
  11. Peruanischer Kleinbauer verklagt Großkonzern RWE
  12. “Ich bin für die Auflösung des Verfassungsschutzes”
  13. Der Sozialdarwinismus und die CSU
  14. Butterwegge über Bundespräsidentschaft: „Ich vertrete SPD-Überzeugungen“
  15. Das Allerletzte: EU-Parlament wirft Russland anti-europäische Propaganda vor

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Infrastruktur
    1. Privates Kapital für Infrastruktur: Kommunen als Melkkühe der Finanzbranche?
      Für Investitionen von Städten und Gemeinden könnten verstärkt private Anleger mobilisiert werden. Dabei sind höhere Kosten sehr wahrscheinlich.
      Nachdem die Politik den riesigen Investitionsstau, der sich seit den frühen 2000er Jahren insbesondere bei den Kommunen aufgebaut hat, lange ignoriert hat, ist mit der Fratzscher-Kommission beim Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) Bewegung in die Sache gekommen. Nun soll im großen Stil in öffentliche Infrastruktur investiert werden, aber die Bundesregierung will dazu weder Steuern erhöhen noch neue Schulden machen. Wie soll das gehen? Das wird zur Preisfrage – im doppelten Sinne. “Privates Kapital” heißt die vermeintliche Zauberformel. Während bei der Bundesautobahngesellschaft eine private Beteiligung nun doch vom Tisch ist, könnten private Anleger nun verstärkt für kommunale Investitionen mobilisiert werden. Der Bericht der Fratzscher-Kommission hatte hier schon eine Fondslösung ins Spiel gebracht, deren konkrete Ausgestaltung aber noch unklar blieb. Ein Konzept dafür hat jüngst die Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers Legal AG (PWC) im Auftrag des BMWi erarbeitet.
      Quelle: n-tv

      Anmerkung JK: Es ist nicht ganz nachvollziehbar, warum die Erkenntnis, dass sich die sogenannte öffentlich-private Partnerschaften (ÖPP) für die öffentlichen Haushalte nicht lohnen, am Ende des Artikels relativiert wird? Der eigentliche Skandal ist aber, dass der famose Herr Gabriel mit seiner sogenannten Fratzscher-Kommission offensichtlich wieder einmal die Interessen der Finanzindustrie höher bewertet als die der Bürger dieses Landes.

      dazu auch: Paul Krugmann: Infrastructure Build or Privatization Scam?
      You should immediately ask three questions about all of this.
      First, why involve private investors at all? It’s not as if the federal government is having any trouble raising money — in fact, a large part of the justification for infrastructure investment is precisely that the government can borrow so cheaply. Why do we need private equity at all?
      One answer might be that this way you avoid incurring additional public debt. But that’s just accounting confusion. Imagine that you’re building a toll road. If the government builds it, it ends up paying interest but gets the future revenue from the tolls. If it turns the project over to private investors, it avoids the interest cost — but also loses the future toll revenue. The government’s future cash flow is no better than it would have been if it borrowed directly, and worse if it strikes a bad deal, say because the investors have political connections.”
      Second, how is this kind of scheme supposed to finance investment that doesn’t produce a revenue stream? Toll roads are not the main thing we need right now; what about sewage systems, making up for deferred maintenance, and so on? You could bring in private investors by guaranteeing them future government money — say, paying rent in perpetuity for the use of a water system built by a private consortium. But this, even more than having someone else collect tolls, would simply be government borrowing through the back door — with much less transparency, and hence greater opportunities for giveaways to favored interests.
      Quelle: Paul Krugmann in der New York Times

    2. Privatisierung klingt nicht schön
      Damit das Vorhaben aber nicht unter dem unbeliebten Label Privatisierung läuft, hat Gabriel sich öffentlichkeitswirksam gegen den Verkauf von Anteilen gewehrt und die Debatte auf die direkte Privatisierung verengt. Zwar ist eine bundeseigene Gesellschaft gegenüber einer teilprivatisierten die bessere Alternative. Als Kreditgeber und als Betreiber im Rahmen öffentlich-privater Partnerschaften wird die Privatwirtschaft jedoch wieder ins Boot geholt. Ein Gutachten empfahl deshalb, auch die Schaffung einer öffentlich-rechtlichen Anstalt in Betracht zu ziehen und großflächige ÖPPs im Grundgesetz zu beschränken. Für beides macht sich Gabriel nicht stark. Denn nun, da er die Privatisierungssorgen erst einmal zerstreut hat, kann das Vorhaben seelenruhig Fahrt aufnehmen.
      Quelle: Neues Deutschland

      Anmerkung André Tautenhahn: Es ist das bekannte Spiel über Bande in der Großen Koalition. Schäuble prescht mit einer Aussage zur Teilprivatisierung vor, die für Kritik sorgt und dann wieder zurückgenommen wird, um den Menschen weißzumachen, dass ja gar nichts schlimmes passiert ist. In Wirklichkeit wollen der Finanzminister, der sich ja sonst immer durchzusetzen weiß, wie auch der Wirtschaftsminister nur davon ablenken, dass die Privatisierung auch dann noch blendend funktioniert, wenn „bundeseigen“ auf dem Firmenschild der neuen Gesellschaft steht.

    3. Niemand will das Geld
      Weil Planer und Bauarbeiter fehlen, werden Fördermittel für die Sanierung von Schulen und Straßen nicht abgerufen – jetzt reagiert die Politik. In Berlin hat das Elend jetzt einen Namen. Er lautet: Siwa. Das ist die Kurzform für “Sondervermögen Infrastruktur der wachsenden Stadt” – eine Art Bankkonto, auf das die Landesregierung einen Teil ihrer ansehnlichen Haushaltsüberschüsse einzahlt, um damit marode Schulen, Brücken und Straßen zu sanieren.
      Quelle: Zeit Online

      Anmerkung unseres Lesers J.A.: Eine wirklich absurde Politik, angeblich im Namen der Schwarzen Null, in Wahrheit aber, um immer größere und groteskere Steuergeschenke an Vermögende und Großkonzerne scheinbar finanzieren zu können. Nämlich auf Kosten einer verrottenden Infrastruktur. Davor ist jetzt mindestens seit der Agenda 2010 gewarnt worden. Und wenn es zu wenig Verwaltungspersonal für Bauprojekte gibt, dann ist auch davor jahrelang gewarnt worden und ist auch das politisch gewollt. Die indiskutabel niedrigen Gehälter und die Nichtbesetzung von Stellen sind nicht vom Himmel gefallen. Insofern ist auch der Titel falsch: das Geld ist schon gewollt, kann aber nicht sinnvoll ausgegeben werden. Aber genau diese Politik ist tatsächlich demokratisch legitimiert, weil von der übergroßen Mehrheit der Menschen gewählt, die immer auf den “verschwenderischen Staat” schimpfen und neidvoll auf den angeblich überbezahlten Öffentlichen Dienst blicken.

  2. Cum-Ex-Affäre: Banken bezahlten offenbar Maulwurf im Ministerium
    In der Affäre um krumme Steuergeschäfte der Banken gerät das Finanzministerium in Erklärungsnot. Dort soll man sich jahrelang auf den Rat eines Mannes verlassen haben, der sein Gehalt von den Geldhäusern bezog.
    Quelle: Spiegel Online

    dazu: Vorsicht Ironie!

    dazu auch: Was Carsten Maschmeyer über Gerhard Schröder aussagte …
    Es ging um Altkanzler Gerhard Schröder, als Carsten Maschmeyer eine klare Aussage machte. Das ARD-Magazin “Panorama” hat Zweifel an dieser Aussage. Doch Maschmeyer beharrt darauf, die Wahrheit gesagt zu haben. Die besten Fragen kommen oft am Schluss. Nach mehr als eineinhalb Stunden Befragung vor dem “4. Untersuchungsausschuss”, der die Cum-Ex-Geschäfte zu Lasten deutscher Steuerzahler aufklären soll, wurde der Zeuge Carsten Maschmeyer nach seinen Freunden gefragt. Und er kam ins Plaudern. Da war Clemens Tönnies, der Fleischunternehmer und Schalke-Boss, auch er hatte über eine Firma, an der er beteiligt war, Cum-Ex-Deals getätigt. Maschmeyer sagte, dass er mit Tönnies erst später gesprochen habe. Beim Hamburger Medienanwalt Matthias Prinz sah es anders aus. Prinz, berichtete Maschmeyer dem Ausschuss, habe zur “Fußballrunde” gezählt. Gemeinsam sah man Spiele der Champions League, sprach auch über Finanzdinge. Mitglied der Fußballrunde war auch der Banker Eric Sarasin, über dessen Institut die Cum-Ex-Deals liefen.
    Quelle: Stern

  3. Nur noch schnell Europa retten
    Eine Antwort auf die K-Frage hat er nicht gegeben. Martin Schulz hat an diesem grauen Novembermorgen im VIP-Bereich des Europaparlaments überhaupt keine Antworten gegeben. Denn es waren keine Fragen zugelassen. Der SPD-Politiker gab keine Pressekonferenz, sondern nur ein Statement, in drei Sprachen.
    Offenbar war die Erklärung kurzfristig vorbereitet worden. Denn noch 24 Stunden zuvor hatte Schulz’ Pressesprecher in Straßburg betont, sein Chef werde in Brüssel bleiben. Doch dann sickerte in Düsseldorf durch, dass ihn die Genossen auf Platz eins der NRW-Landesliste für die Bundestagswahl gesetzt haben.
    Da hatte er keine Wahl, er musste sich erklären. Um 9.42 Uhr war es schließlich so weit. Dunkelblauer Anzug, Krawatte in Europablau. Schulz wirkt entspannt, mit sich im Reinen. „Es hat Spekulationen gegeben“, setzt er an. Deshalb habe er sich äußern müssen. „Die Entscheidung ist mir nicht leicht gefallen“, sagt Schulz. (…)
    Aber Außenminister? Kanzlerkandidat? Schweigen. Nachfragen lässt Schulz nicht zu, nach knapp zehn Minuten ist der Auftritt beendet. Die Karawane zieht weiter – zum EU-Ukraine-Gipfel, an dem Schulz selbstverständlich noch teilnimmt, um Europa zu retten, wie immer.
    Quelle: Eric Bonse in der taz

    Anmerkung unseres Lesers A.L.: Die SPD in NRW schickt zur BT-Wahl ihr letztes Aufgebot ins Rennen.

  4. Bröckelt die deutsche Hegemonie in Europa?
    Zwischen der EU Kommission und Deutschland, genauer dem deutschen Finanzminister Wolfgang Schäuble eskaliert ein Streit um die Grundsätze der Wirtschaftspolitik. Es ist die Rede von “Kompetenzüberschreitung” und “Verstoß gegen das europäische Recht”. Starker Tobak.
    Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hat Forderungen der EU-Kommission scharf zurückgewiesen, mit höheren Ausgaben das Wirtschaftswachstum in Europa anzukurbeln. Er warf der Brüsseler Behörde am Freitag vor, ihre Kompetenzen zu überschreiten und damit gegen europäisches Recht zu verstoßen. Ihre Aufgabe sei es, die Haushaltsentwürfe der Länder am Maßstab des Stabilitätspakts zu prüfen, nicht aber den finanzpolitischen Spielraum in der Euro-Zone. “Dazu hat sie gar nicht das Mandat.”, schreibt Reuters.
    Schäuble hat am Freitag, so die Welt, in einem “internen Schreiben an die EU-Kommissionen” Protest gegen die Vorschläge erhoben. Die Rede ist von einem “geharnischten Brief” und einem “Brandbrief”.
    In der Bundestagsdebatte über den Etat des Bundesministeriums der Finanzen am Dienstag den 22. November 2016 wiederholte Schäuble seine Kritik an der Kommission an prominenter Stelle, wenn auch etwas abgeschwächter.
    Quelle: Telepolis

    dazu: Wirtschaftswachstum in der EU schwächt sich ab – neue Impulse nur durch Investitionspolitik
    Das Wirtschaftswachstum in der Europäischen Union wird in den kommenden beiden Jahren etwas zurückgehen. Dadurch dürfte sich der Rückgang der Arbeitslosigkeit weiter abschwächen, der bislang ohnehin nur moderat ist: Selbst beim gegenwärtigen Tempo würde es bis 2023 dauern, bis die Arbeitslosigkeit in der EU wieder das Niveau vor der internationalen Finanz- und Wirtschaftskrise erreicht. Besonders stark betroffen sind junge Menschen – mit schwer wiegenden individuellen und gesellschaftlichen Folgen: „Auf lange Sicht reduziert das das Zugehörigkeitsgefühl junger Leute zu Europa, was die politische Krise weiter anfeuern wird.“ Daher wird es immer dringlicher, dass die europäischen Staaten durch nachhaltig verstärkte öffentliche Investitionen neue Impulse setzen. Zu diesem Ergebnis kommen das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung und seine Partnerinstitute in ihrer neuen Prognose und Analyse der europäischen Wirtschaftspolitik.
    Die Wirtschaft wird danach 2016 im EU-Durchschnitt um 1,9 Prozent wachsen. 2017 verlangsamt sich die Zunahme des Bruttoinlandsprodukts (BIP) auf 1,6 Prozent. 2018 wird das BIP um 1,5 Prozent zunehmen, prognostizieren das IMK, das Observatoire Francais des Conjonctures Economiques (OFCE, Paris), der Economic Council of the Labour Movement (ECLM, Kopenhagen) und die Arbeiterkammer Wien (AK Wien) in ihrer „Independent Annual Growth Survey“ (IAGS). Die Studie stellt eine Alternative zur gerade veröffentlichten „Annual Growth Survey“ (AGS) der EU-Kommission dar. „In einem zentralen Punkt liegen wir und die AGS in diesem Jahr aber ziemlich nahe beieinander: Die europäischen Staaten müssen dringend mehr investieren und dafür muss der finanzpolitische Gürtel gelockert werden“, sagt Dr. Andrew Watt, Abteilungsleiter des IMK. „Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble irrt sich, wenn er das abstreitet, die Kommission kritisiert und stattdessen auf weitere Konsolidierung und sogenannte Strukturreformen setzt.“
    Quelle: Hans Böckler Stiftung

  5. Flüchtlinge retten Deutschland vor der Rezession
    Das Plus bei der deutschen Wirtschaftsleistung hat sich im dritten Quartal halbiert. Dass es überhaupt noch einen Zuwachs gibt, liegt an den Staatsausgaben für die Versorgung der Flüchtlinge. Einer der häufigsten Vorwürfe an Deutschland lautet, das Land nutze seinen finanziellen Spielraum zu wenig. Nun zeigt sich, dass die Bundesrepublik als Prügelknabe nicht taugt. Immerhin legte der Staatskonsum im dritten Quartal um ein Prozent zu. Das geht aus den aktuellen Daten des Statistischen Bundesamtes hervor. Demnach stieg das Bruttoinlandsprodukt (BIP) zwischen Juli und September insgesamt nur noch um 0,2 Prozent zum Vorquartal und damit nur noch halb so stark wie im Frühjahr, als das BIP 0,4 Prozent zulegte. Zu Jahresbeginn war die deutsche Wirtschaft sogar noch um 0,7 Prozent gewachsen.
    Quelle: Welt Online

    Anmerkung JK: Wäre doch wieder ein schönes Beispiel der Meinungsmache. Nicht die “Flüchtlinge retten Deutschland vor der Rezession” sondern die “Staatsausgaben für die Versorgung der Flüchtlinge”, welche so quasi wie ein staatliches Investitionsprogramm wirken und somit die Austeritätspolitik konterkarieren. Aber das zuzugeben wäre für Neoliberale der Super-GAU.

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Ein Haufen offensichtlicher Absurditäten, der in komplettem Widerspruch zur sonstigen WELT-Propaganda steht. Lassen wir mal die Frage beiseite, ob ein einzelnes Quartal mit schrumpfender Wirtschaft eine Rezession bedeutet. (Nach der mir bekannten Definition wird eine Rezession diagnostiziert, wenn die Wirtschaft in zwei Quartalen hintereinander schrumpft.) Also erstens erfahren wir, dass Deutschland kurz vor einer Rezession (!!!) stand oder steht, dabei wird doch sonst immer vom Gegenteil, von einem Wirtschaftsboom gefaselt. Dann bestand die “Rettung” vor der Rezession in staatlichen Konsumausgaben, die, im Gegensatz zur üblichen WELT-Ideologie, tatsächlich die Wirtschaft befeuern. Dann wäre die nächste Frage, warum der Staat an der Schwarzen Null festhält, anstatt, ganz unabhängig von den Flüchtlingen, durch Konsumausgaben (z. B. höhere Sozialleistungen, Wiedereinführung einer lebensstandardsichernden Arbeitslosenhilfe o. ä.) und Investitionen die Wirtschaft anzukurbeln; denn warum soll der Trick nur mit Flüchtlingen funktionieren??? Dann wird hier behauptet, das deutsche Wirtschaftswachstum stütze sich zunehmend auf die Binnenwirtschaft; wie ist dann erklärbar, dass die Außenhandelsüberschuss für 2015 alle Maßen gesprengt hat und für 2016 ein noch viel höherer Rekord von etwa 9 Prozent des BSP angepeilt wird? Unlogik und Propaganda, Dein Name sei WELT. Oder heißt das heutzutage “postfaktisch”? Ist die WELT gar populistisch?

  6. “Merkel muss über die Wirklichkeit in Deutschland reden”
    Bundeskanzlerin Angela Merkel habe in ihrer Rede zum Haushalt 2017 nicht die richtigen Worte gefunden, sagte der frühere Regierungssprecher Uwe-Karsten Heye im DLF. Es gebe eine tiefe Spaltung in der Gesellschaft. Man habe aber nicht das Gefühl gehabt, “dass hier jemand ist, der etwas verändern will”.
    Quelle: Deutschlandfunk
  7. “Arbeitgeber müssen voll in die Verantwortung gehen”
    DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach fordert eine schnelle Einigung beim heutigen Rentengipfel in Berlin. Das Rentenniveau müsse dringend stabilisiert werden, um die Menschen vor Altersarmut zu schützen, sagte sie im DLF. Dabei sieht sie auch die Arbeitgeber in der Pflicht.
    Quelle: Deutschlandfunk
  8. Zweiter Brief an den IG Metall Vorsitzenden Jörg Hofmann zur betrieblichen Altersversorgung
    Kollege Jörg Hofmann, „Zielrenten“? – Du solltest schnell antworten.
    Ich hatte Dir vor drei Wochen einen offenen Brief zu Deiner Position zur betrieblichen Altersversorgung geschickt (hier).
    Offene Briefe muss man nicht beantworten, das mag wohl stimmen.
    Aber offene Briefe können die Erwartung nach einer Antwort enorm befördern. Und das hat mein Brief getan. Das kann ich Dir sehr nachdrücklich versichern. Ich habe viel Empörung, Erstaunen, Zustimmung und Schulterklopfen erfahren. Niemals Kritik oder Korrekturen.
    Immer, Jörg, wirklich immer wurde die Erwartung geäußert, dass der Vorstand darauf ja wohl antworten müsse.
    Aber Du, oder ihr im Vorstand, antwortet nicht. Mittlerweile liegt der Referentenentwurf zu einem „Betriebsrentenstärkungsgesetz“ vor. Alle Welt äußert sich dazu, vor allem aus dem Unternehmer- und Versicherungslager – meist überaus zustimmend.
    Du, oder ihr, schweigt. Man muss das schon als dröhnendes Schweigen wahrnehmen. Dieses Schweigen ist ja nicht neu. Seit zwei Jahren wurden im Sozialministerium Verhandlungen hinter verschlossenen Türen durchgeführt. Von gewerkschaftlicher Seite, die beteiligt war, ist nicht ein Sterbenswörtchen durchgesickert.
    Quelle: Reiner Heyse auf Makroskop

    Anmerkung Christian Reimann: Die NachDenkSeiten hatten auf den Offenen Brief von Reiner Heyse an den IG Metall Vorsitzenden Jörg Hofmann hingewiesen.

  9. Kniefall vor dem Auto
    Die Vorstandsvorsitzenden der drei großen Automobilkonzerne Daimler, Volkswagen und BMW regieren in Deutschland durch. Die Herren Dieter Zetsche, Matthias Müller und Harald Krüger haben den Direktdurchgriff ins Kanzleramt, in Ministerien und Behörden. Sie diktieren Gesetzesinhalte und verhindern die Kontrolle und Ahndung von Gesetzesverstößen. In ihrem Auftrag forderte Bundeskanzlerin Angela Merkel in Kalifornien vor einigen Jahren persönlich weniger strenge Abgasbestimmungen für Dieselfahrzeuge.
    Jüngstes Beispiel: Im Oktober verhinderte Staatssekretär Matthias Machnig in Brüssel, unter Hinweis auf BMW, strengere Grenzwerte für Rußpartikel bei Direkteinspritzern und deren Kontrolle auf der Straße. Der einflussreichste Vertreter der Autokonzerne und gleichzeitig ihr Sprecher ist Dieter Zetsche, der Daimler-Chef.
    Quelle: Kontext: Wochenzeitung

    dazu: EU-Beschluss: Neue Regeln für bessere Atemluft
    “Dabei ist laut einem Bericht der Europäischen Umweltagentur (EUA) die Luftqualität in Europa bereits besser geworden. Eine Verbesserung sei vor allem da spürbar, “wo Kohlekraftwerke geschlossen und mehr auf erneuerbare Energien gesetzt wird”, sagte der Leiter der Untersuchung, Martin Adams. Trotzdem seien immer noch zu viele Menschen gesundheitsgefährdendem Feinstaub ausgesetzt.
    Im Jahr 2014 mussten demnach 85 Prozent der städtischen Bevölkerung eine Feinstaubbelastung hinnehmen, die nach Erkenntnissen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) schädlich ist. Gemessen an den Grenzwerten der EU, die höher liegen, waren bis zu 17 Prozent der Stadtbewohner zu hohen Feinstaubkonzentrationen ausgesetzt. Die EUA schätzt, dass jedes Jahr 467.000 Menschen aufgrund von Luftverschmutzung vorzeitig sterben. Feinstaubpartikel können Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Asthma und Lungenkrebs verursachen oder verschlimmern. Der Bericht stützt sich auf Messungen von 2014 in mehr als 400 Städten in 41 europäischen Ländern.
    Nach Aussage der EUA würden bei der Emissionsreduzierung viele Bereiche außerhalb der Industrie vernachlässigt – private Haushalte etwa. “In einigen Ländern ist das Heizen mit Holz ein großes Problem, in anderen die Verwendung von Düngemitteln in der Landwirtschaft”, so Adams. In Deutschland, Großbritannien, den Niederlanden und Griechenland sei zum großen Teil der Verkehr für die schlechte Luft verantwortlich.”
    Quelle: Tagesschau

  10. Abschiebung nach Afghanistan heißt Deportation in den Krieg
    Shokat Ali Walizadeh ist einer der Gründer des Vereines „Afghanische Jugendliche – Neuer Start in Österreich“. Der Verein setzt sich für die Integration von Flüchtlingen in Österreich ein und positioniert sich klar gegen Abschiebungen. Ein Gespräch mit ihm über die Situation in Österreich und die aktuelle politische Entwicklung Afghanistans.
    Quelle: Die Freiheitsliebe
  11. Peruanischer Kleinbauer verklagt Großkonzern RWE
    Wenn Saul Luciano Lliuya, 36, morgens in seinem Haus nahe der Stadt Huaraz in den peruanischen Anden aufwacht, kann er froh sein, dass es überhaupt noch steht.
    Er will dafür sorgen, dass das so bleibt. Deswegen hat der Bergführer den Energieriesen RWE als „Teilverursacher“ des Klimawandels verklagt. Zum Prozessbeginn am Donnerstag ist er aus Peru angereist und sitzt im Essener Landgericht gegenüber den Wirtschaftsbossen auf der Klägerbank.
    Der Bergführer und Kleinbauer hat jeden Tag Angst, dass sein Haus von einer 30 Meter hohen Flutwelle weggespült wird, die durch den ansteigenden Wasserpegel des nahegelegenen Gletschersees entsteht. Die Ursache sei der Klimawandel, sagen er und seine Vertreter. Die steigenden Temperaturen lassen die Schneemassen langsam schmelzen und drohen ins Tal zu stürzen.
    Dass dies ein reales Risiko ist, haben wissenschaftliche Simulationen der Universität Texas ergeben. Lliuya wird von der Umweltschutzorganisation Germanwatch und der Hamburger Rechtsanwältin Roda Verheyen unterstützt. „Dies ist ein Präzedenzfall, der bei einem Erfolg weltweit weitere Klagen gegen Mitverursacher des Klimawandels nach sich ziehen könnte“, sagt sie.Verheyen hat bereits weitere Anfragen ähnlicher Art aus Nepal, Bangladesch und Indien erhalten.
    Quelle: Berliner Zeitung
  12. “Ich bin für die Auflösung des Verfassungsschutzes”
    Kerem Schamberger möchte wissenschaftlicher Mitarbeiter der LMU München werden. Der Verfassungsschutz blockiert das, weil Schamberger sich in linken Organisationen engagiert. (…)
    Kerem Schamberger sollte eigentlich am 1. Oktober eine Stelle als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der LMU München antreten. Doch der bayrische Verfassungsschutz kam ihm in die Quere. Die Behörde sieht in dem bekennenden Kommunisten einen Verfassungsfeind. Und nun löscht auch noch Facebook sein Profil, weil er über kurdische Angelegenheiten in der Türkei berichtet. Im Gespräch mit Telepolis übt Schamberger scharfe Kritik an der Behörde, an Facebook und an der AKP, die in der Türkei eine Eskalationspolitik betreibt.
    Quelle: Telepolis
  13. Der Sozialdarwinismus und die CSU
    Kürzlich hat die CSU via Facebook mal wieder gegen Hartz-IV-Leistungsberechtigte ausgeteilt. Eigentlich wollte sie damit vor den Grünen warnen, denn die würden nämlich damit drohen, »Sanktionen für Hartz IV-Schmarotzer [zu] lockern«. Eine derartige Ausdrucksweise hat man zuletzt so ungeniert in den 1930er-Jahren in Deutschland gebraucht. Nun gut – und als Clement Superminister war. Aber das nur nebenbei. Die bayerische Staatspartei strampelt sich offenbar an allen Fronten ab. Sie muss gegen Flüchtlinge mobilisieren und vor Arbeitslosen warnen. Sie wähnt sich umstellt und eingekreist. Und dass es ausgerechnet diese beiden Gruppen sind, gegen die sie keilt, also Fremde und Menschen ohne Job, das ist keine Beliebigkeit. Das sind Anklänge einer alten Theorie, die wissenschaftliche Thesen falsch deutete: Des Haeckelismus nämlich. Falschen Prämissen zu folgen, das kann Wahnvorstellungen erzeugen. Wäre ja nicht das erste Mal, dass Haeckels Grundlagen in den Wahnsinn treiben …
    In Großbritannien nahmen die Thesen Charles Darwins anfangs eigentlich nur die Form einer religiösen Auseinandersetzung an. Die Evolution galt als Angriff auf die Schöpfungslehre und auf diese Weise behandelte man die Theorie. Anders in Deutschland: Da ging man recht flott über die religiösen Bedenken hinweg und man versuchte, den so genannten Darwinismus für die bürgerliche Gesellschaft verwertbar zu machen. Besonders Ernst Haeckel, ein Zoologe, den Darwins Sohn Francis anfangs noch einen »begeisterten Verbreiter« der Idee seines Vaters nannte, sah in der Evolutionstheorie eine Grundlage, die man auf menschliche Gesellschaft anwenden könne. Hatte Darwin noch beschrieben, wie Anpassung zum Überleben der Spezies führte, war es nach Haeckels Deutung mehr oder weniger das Privileg des Leistungsfähigen, sich nachhaltig zu etablieren. Diesem Sinne nach gab es natürlich Individuen und Gruppen, die sich gewissermaßen überlebt hatten. Das waren vor allem Landstreicher, Faulenzer und natürlich auch Mitglieder von Völkern, die im Zuge kolonialer Politik unterjocht wurden. Sie alle trugen in sich das Erbe des Ungeeignetsten.
    Quelle: Heppenheimer Hiob
  14. Butterwegge über Bundespräsidentschaft: „Ich vertrete SPD-Überzeugungen“
    Christoph Butterwegge ist sicher, dass man Reichtum antasten muss. Rechtspopulisten würde er als Präsident klare Kante zeigen.
    taz: Herr Butterwegge, Sie sind bei der Wahl für das Amt des Bundespräsidenten chancenlos. Warum tun Sie sich das an?
    Christoph Butterwegge: Nicht nur ein Bundespräsident kann öffentlich wirken und auf bestimmte Probleme in der Gesellschaft hinweisen, sondern auch ein Kandidat für dieses Amt. Ich begleite als Forscher seit Jahrzehnten bestimmte Entwicklungen – etwa den Rechtspopulismus, die vermehrte Fluchtmigration sowie die wachsende Kluft zwischen Arm und Reich – und schöpfe nun daraus, um für solche Probleme und Prozesse zu sensibilisieren oder die Menschen aufzurütteln. […]
    Sind Sie ein besserer Kandidat als Frank-Walter Steinmeier, der das politische Establishment repräsentiert?
    Steinmeier hat mit der Agenda 2010 und den Hartz-Gesetzen neoliberale Reformen angeschoben. Ich war immer ein Gegner dieser Politik, durch die Deutschland nicht eben gerechter, humaner oder demokratischer geworden ist. 2005 bin ich genau deshalb aus der SPD ausgetreten und seitdem parteilos. Denn die Grundüberzeugungen der SPD vertrete ich immer noch: mehr soziale Gerechtigkeit, Umverteilung von oben nach unten, die Macht des großen Kapitals beschränken. Eigentlich habe ich mich nicht von der SPD abgewandt, sondern sie hat ihre Ideale verraten.
    Trotzdem könnte man Sie sich gut als Kandidaten für Rot-Rot-Grün vorstellen …
    Ich fühle mich zwar als ideeller Gesamtlinker, erinnere SozialdemokratInnen und Grüne jedoch an ein dunkles Kapitel ihrer Geschichte, was sie lieber mir anlasten, als nötige Selbstkritik zu üben und Konsequenzen zu ziehen.
    Quelle: taz
  15. Das Allerletzte: EU-Parlament wirft Russland anti-europäische Propaganda vor
    In einer Resolution heißt es, der Kreml verunglimpfe die EU und ihre Mitgliedstaaten mit dem Ziel, den Einfluss Russlands zu stärken. Die russische Regierung unterstütze rechtsextreme, populistische und europafeindliche Parteien innerhalb der EU. Weitere Intstrumente seien der mehrsprachige Fernsehsender “Russia Today” und die sozialen Netzwerke im Internet. Besonders stark sei die russische Propaganda in den östlichen Nachbarländern der EU. Dort seien die nationalen Medien oft sehr schwach und nicht in der Lage, sich gegen den Einfluss der russischen Sender durchzusetzen. Die Parlamentarier riefen die EU-Kommission auf, Abwehrstrategien zu entwickeln. Der russische Präsident Putin wies die Vorwürfe zurück.
    Quelle 1: Deutschlandfunk
    Quelle 2: Europaparlament

    dazu: „Strategische Kommunikation der EU, um gegen sie gerichteter Propaganda von Dritten entgegenzuwirken“
    Gestern verabschiedete das EU-Parlament die Resolution „Strategische Kommunikation der EU, um gegen sie gerichteter Propaganda von Dritten entgegenzuwirken“. Es stimmten 304 Abgeordnete für die Resolution, 179 dagegen, 208 enthielten sich. Die Resolution adressiert zwei Propagandaquellen: Russland und den Islamismus.
    In einer Situation, in der a) die EU selbst wie b) ihre neoliberale und außenpolitisch Nato-hörige Konfrontationspolitik von den Bevölkerungen zunehmend abgelehnt wird, und c) die Deutungshoheit der Mainstream-Medien schwindet, versucht das EU-Parlament mit dieser Resolution die Meinungsbildungsfreiheit einzuschränken. Beunruhigend und entlarvend ist, dass zu den Propaganda-Tätern an vorderster Stelle der Kreml namentlich genannt wird (Punkt E), vor islamistischen Terrororganisationen (Punkt J). Ohne einen Hauch von Selbstkritik stilisiert sich die EU, die Nato-Truppen an die russische Grenze schickt, den Regime-change in der Ukraine unterstützt und Sanktionen gegen Russland erlassen hat, als Opfer hybrider (Informations)-Kriegsführung. Als Begründung für die wachsende Distanzierung der Bevölkerungen von den Mainstream-Medien nennt die Resolution „dass die Finanzkrise und das Vordringen neuer Formen digitaler Medien hochwertigen Journalismus vor ernsthafte Herausforderungen stellt, was eine Abnahme des kritischen Denkens bei den Zielgruppen und somit deren stärkere
    Anfälligkeit für Desinformation und Manipulation zur Folge hat“ (Punkt G, S.4). Das heißt im Klartext, die Bevölkerungen seien zu dumm, sich eine eigene Meinung zu bilden und die medialen Leithammel seien nach der Finanzkrise und durch das Internet zu geschwächt, um dem entgegenzutreten.
    Die 15-seitige Resolution ist ein Brandtext, der den Konflikt gegen Russland gezielt anheizt, indem Russland unterstellt wird, es betreibe eine Destabilisierungspolitik gegenüber der EU.
    Quelle: Linke Zeitung


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