Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (JK/JB)
Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:
- Die Grünen als Kriegstreiber – “Assad und Putin bomben Syrien zurück in die Steinzeit”
- Syrien
- E-Mails enthüllen aggressive Politik von Hillary Clinton gegenüber Lateinamerika
- Russia Today beklagt Kontensperrung in Großbritannien
- Merkel, die getreue Vasallin der USA
- Der Stoff, aus dem Nobelpreise sind
- Rückgang des Welthandels ist ein Warnschuss
- Fluchtursachen bekämpfen heißt EPAs abschaffen
- Voll auf Deregulierungskurs
- CETA-Zusatzerklärung ist nutzlos
- Die Pension aus Diktatorenzeiten
- Spiel mit dem Weltkrieg
- Die unerträgliche Demokratiefeindschaft des Kommando Spezialkräfte
- Gestückelt und geschleust: Skandale um Parteispenden belasten die GroKo
- „Plattform Keine Fernstrassengesellschaft“ warnt vor Blankoscheck bei Bund-Länder-Verhandlungen
- Ehefrau rechnet mit Berliner Polizei ab
- Redezeit auf Naxos
- Europas Sozialdemokratie muss sich gegen den Neoliberalismus stellen – sonst wird sie nicht überleben
- Das Letzte – Kanzlertauglich?
Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
- Die Grünen als Kriegstreiber – “Assad und Putin bomben Syrien zurück in die Steinzeit”
Im Syrienkrieg sterben Zivilisten durch Fassbomben und Bunkerbrecher, Machthaber Baschar al-Assads Truppen attackieren mit russischer Unterstützung sogar Schulen und Krankenhäuser. Doch die internationale Gemeinschaft scheint gelähmt, in Deutschland streitet Angela Merkels Koalition über eine gemeinsame Haltung.
Die Grünen legen sich jetzt fest: Neue EU-Wirtschaftssanktionen gegen Russland seien “die richtige Antwort auf die Unterstützung schlimmster Kriegsverbrechen”, sagt Bundeschef Cem Özdemir im SPIEGEL-ONLINE-Interview. Präsident Wladimir Putin wirft er Skrupellosigkeit vor.
Doch was kann der Westen konkret gegen das Sterben tun? Im Interview positioniert sich Özdemir auch zu militärischen Optionen wie einer Flugverbotszone. “Wegschauen dürfen wir nicht. Die Massaker von Srebrenica und Grosny wiederholen sich in Aleppo”.
SPIEGEL ONLINE: Warum protestieren die Grünen nicht gegen Russlands Bombardements in Syrien? Ist die Friedensbewegung tot?
Özdemir: Mit manchen Friedensdemos dieser Tage kann ich tatsächlich wenig anfangen, wenn sie Russland als Kriegshelfer ignorieren oder schönreden. Dabei müssen wir die Situation klar benennen: Wir haben es in Syrien mit schwersten Kriegsverbrechen zu tun. Baschar al-Assads Armee massakriert die Zivilbevölkerung, erstickt dabei auch den letzten Funken Humanität, den es in einem Krieg geben kann, nämlich das humanitäre Völkerrecht. Und Russland sorgt dafür, dass das Sterben weitergeht. Es ging Wladimir Putin nie darum, den “Islamischen Staat” zu besiegen. Er will einen Massenverbrecher, der eigentlich vor das Weltstrafgericht in Den Haag gehört, an der Macht halten.
Quelle: Spiegel
Anmerkung unseres Lesers K.K.: im neuesten SPON-Interview zum Syrien-Krieg fordert Cem Özdemir den Westen zum Eingreifen gegen Russland auf. Zudem erklärt er, die Libyen-Enthaltung der damaligen schwarz-gelben Koalition sei falsch gewesen. Zweifellos wird dieser Irrsinn die vollkommen entpolitisierte und selbstgefällige GRÜNEN-Wählerschaft nicht dazu bringen, der führenden Bellzisten- und Dummschwätzerpartei ihre Sympathien zu entziehen. Ob aber die Nachdenkseiten weiter für Rot-Rot-Grün werben wollen? Nachdem es Rot-Grün war, dass mit den Menschenrechtskriegen begonnen hat und sicherlich da gern wieder anknüpfen möchte?
Anmerkung JK: Unser Leser stellt die richtige Frage. Was soll sich mit solchen Kriegstreibern wie Özdemir, und Göring-Eckardt bei einer rot-rot-grünen Koalition ändern? Es ist natürlich reiner Zufall, das sich Özdemir im Spiegel und Göring-Eckardt in der FAZ gleichzeitig und fast völlig gleichlautend äußern.
- Syrien
- Good Deaths in Mosul, Bad Deaths in Aleppo
As the U.S.-backed offensive in Mosul, Iraq, begins, the mainstream U.S. media readies the American people to blame the terrorists for civilian casualties but the opposite rules apply to Syria’s Aleppo, reports Robert Parry.
Note how differently The New York Times prepares the American public for civilian casualties from the new U.S.-backed Iraqi government assault on the city of Mosul to free it from the Islamic State, compared to the unrelenting condemnation of the Russian-backed Syrian government assault on neighborhoods of east Aleppo held by Al Qaeda.
In the case of Mosul, the million-plus residents are not portrayed as likely victims of American airstrikes and Iraqi government ground assaults, though surely many will die during the offensive. Instead, the civilians are said to be eagerly awaiting liberation from the Islamic State terrorists and their head-chopping brutality.
“Mosul’s residents are hoarding food and furtively scrawling resistance slogans on walls,” writes Times’ veteran war correspondent Rod Nordland about this week’s launch of the U.S.-backed government offensive. “Those forces will fight to enter a city where for weeks the harsh authoritarian rule of the Islamic State … has sought to crack down on a population eager to either escape or rebel, according to interviews with roughly three dozen people from Mosul. …
Quelle: Robert Parry auf Consortiumnews
- Amnesty warnt vor Menschenrechtsverletzungen im Kampf um Mossul
- Durch den Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) in Mossul könnte es zu Menschenrechtsverletzungen kommen, fürchtet Amnesty International.
- Sunnitischen Zivilisten im Irak könnten von schiitischen Milizen und Regierungstruppen für Taten des IS verantwortlich gemacht und misshandelt werden.
- EU-Sicherheitskommissar King hält es für möglich, dass aus der IS-Hochburg Mossul gewaltbereite IS-Kämpfer nach Europa zurückkommen.
Angesichts der Großoffensive zur Rückeroberung der irakischen Stadt Mossul aus den Händen der Terrormiliz Islamischer Staat warnt Amnesty International vor schweren Menschenrechtsverletzungen. Bei der Rückeroberung von Falludscha im Mai und Juni seien Tausende fliehende Zivilisten Opfer von Folter, willkürlicher Inhaftierung und außergerichtlichen Hinrichtungen geworden, heißt es in einem Bericht der Menschenrechtsorganisation, der auf Gesprächen unter anderem mit ehemaligen Gefangenen und Augenzeugen basiert.
Quelle: Süddeutsche Zeitung
- E-Mails enthüllen aggressive Politik von Hillary Clinton gegenüber Lateinamerika
Angesichts der nahenden Präsidentschaftswahlen in den USA weisen Lateinamerika-Experten in den USA auf die zu erwartende aggressive Lateinamerika-Politik der Kandidatin der Demokratischen Partei, Hillary Clinton, hin. Eine interventionistische Linie gegenüber den Staaten Lateinamerikas habe bereits ihre Amtszeit als Außenministerin (2010-2013) bestimmt. Verwiesen wird dabei vornehmlich auf ihre öffentlichen Äußerungen und Entscheidungen, aber auch auf Informationen aus geleakten E-Mails der Politikerin.
Nun wurden von Aktivisten im “Hillary Clinton Email Archiv” der Enthüllungsplattform Wikileaks umfangreiche Mailwechsel gesichtet und online gestellt. Sie offenbaren, welche Ansichten die damalige Ministerin und wohl auch breite Kreise des außenpolitischen Establishments in Washington vertreten haben und wahrscheinlich immer noch vertreten. In einem Blog aus den USA wurden nun Auszüge daraus zitiert und kritisch kommentiert. Aus dem Material geht ungeschönt hervor, welche strategischen außenpolitischen Ziele die US-Administration verfolgte und mit welchen Maßnahmen dies durchgesetzt werden sollte.
Hervorzuheben ist vor allem, dass das linksgerichtete Venezuela unter dem damaligen Präsidenten Hugo Chávez als Gegner angesehen wurde. Und es wird deutlich, dass eine direkte Konfrontation als nicht möglich und nicht sinnvoll erachtet wurde. Vielmehr wurde versucht, andere Regierungen der Region gegenüber Venezuela aufzuwiegeln. Sie sollten dazu gebracht werden, sich für politische Veränderungen in Venezuela einzusetzen.
Quelle: amerika21
- Russia Today beklagt Kontensperrung in Großbritannien
Der TV-Sender Russia Today steht dem Kreml sehr nahe. In Großbritannien kommt die Station nun offenbar nicht mehr an ihr Geld heran – wegen einer Kontensperrung ohne Möglichkeit zum Widerspruch.
Die britische Bank NatWest hat offenbar Konten des staatlichen Fernsehsenders Russia Today (RT) gesperrt. “Sie haben unsere Konten in Großbritannien geschlossen. Alle unsere Konten”, zitiert der britische Rundfunk BBC einen Tweet der RT-Chefredakteurin Margarita Simonyan. Ein Widerspruch sei nicht zulässig, schreibe sie weiter, und ende mit den Worten: “Gelobt sei die Meinungsfreiheit!” […]
Gründe für die Kündigung werden nicht genannt. Es heißt lediglich, die Bank sei nach “einer Überprüfung der Bankvereinbarungen” mit RT zu dem Schluss gekommen, dass sie “diese Einrichtungen” nicht weiter zur Verfügung stellen werde. Die Bank äußerte sich auf Anfrage nicht zu dem Brief.
Quelle: SPIEGEL Online
Anmerkung Jens Berger: Good bye Pressfreiheit. Nun stellen wir uns einmal für einen Moment vor, wie groß die mediale Empörung wäre, wenn Russland die Konten des Russlanddienstes der Deutschen Welle oder gar der BBC sperren würde.
- Merkel, die getreue Vasallin der USA
Kanzlerin Merkel hat US-Präsident Obama zugesichert, den Militär-Etat von 1,2 Prozent auf 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu erhöhen – auf mehr als 60 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Für Entwicklungshilfe gibt Deutschland zurzeit gerade einmal 0,4 Prozent des Bruttoinlandsproduktes aus, deutlich weniger als die eigentlich international zugesagten 0,7 Prozent und verglichen mit den Ausgaben für Rüstung und Krieg beschämend.
Mit ihrer jahrelangen Weigerung, mehr Geld für den Kampf gegen den millionenfachen Hungertot in Afrika bereitzustellen, ihren Waffenexporten, ihrer Unterstützung des „großen Bruders“ USA bei seinen Öl- und Gaskriegen und ihrem Festhalten an „Freihandelsabkommen“, die die Wirtschaft ärmerer Länder niederkonkurrieren, schafft Frau Merkel Tag für Tag die Voraussetzungen dafür, dass immer mehr Menschen vor Krieg, Hunger und Armut fliehen müssen. Wann lernt sie es endlich?
Welch eine Veränderung: Der Friedensnobelpreisträger Willy Brandt warb als deutscher Bundeskanzler dafür, die weltweiten Rüstungsausgaben zu kürzen und mit den freiwerdenden Milliarden Krankheit und Hunger in den Ländern Afrikas und Asiens zu bekämpfen. Die völlig überschätzte heutige Amtsinhabern will jetzt, nach dem Abbau des Sozialstaates, der Gefährdung der europäischen Einheit durch ihre Alleingänge und der Aufgabe der Ost- und Entspannungspolitik, die Militärausgaben deutlich steigern.
Willy Brandt stand für Frieden, Entspannung, Abrüstung und Hilfe für die Dritte Welt. Merkel steht für Aufrüstung, Waffenexporte, Unterstützung der Öl- und Gaskriege der USA und Konfrontation mit Russland.
Quelle: Oskar Lafontaine
- Der Stoff, aus dem Nobelpreise sind
Trotz gelegentlicher Kritik gilt der Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften immer noch als die höchste Auszeichnung, die einem Ökonomen zuteilwerden kann. Der Eindruck, dass die Geehrten einen immensen Beitrag zum Erkenntnisfortschritt geleistet haben, beruht darauf, dass sich kaum jemand näher mit deren Arbeiten beschäftigt und die Medien häufig nur sehr oberflächlich darüber berichten. Hier soll etwas genauer hingeschaut werden.
Heiner Flassbeck hat in der letzten Woche die Verleihung des diesjährigen Nobelpreises für Wirtschaftswissenschaften an Oliver Hart und Bengt Holmström kommentiert. Er stellt fest, dass es eigentlich keinen Grund gibt, sich mit dieser zweifelhaften Ehrung intensiv auseinanderzusetzen, die übrigens gar nicht – wie die fünf „echten“ Nobelpreise – auf Alfred Nobel, sondern auf die extrem konservative Schwedische Reichsbank zurückgeht und erst 1969 ins Leben gerufen wurde.
Da aber von der Vergabe des Wirtschaftsnobelpreises hierzulande immer noch in fast allen Medien geradezu ehrfürchtig berichtet wird, ist es vielleicht doch noch einmal geboten, sich etwas ausführlicher mit der Thematik zu beschäftigen. Dabei soll nicht bestritten werden, dass unter den Wirtschaftsnobelpreisträgern durchaus einige sind (z.B. Gunnar Myrdal 1974, William Vickrey 1996 oder Joseph Stiglitz 2001), die sehr konstruktive Beiträge zur Weiterentwicklung der Wirtschaftswissenschaften geleistet haben, auch wenn wir längst nicht mit allem übereinstimmen, was sie vertreten.
Leider aber wurde der Nobelpreis bislang weit überwiegend an Ökonomen vergeben, die der Neoklassik und dabei speziell dem „Monetarismus“ oder der „Neuen Klassischen Makroökonomik“ zuzuordnen sind oder dieser Theorierichtung zumindest nahestehen (wir sind auf diese Theorien hier kurz eingegangen), beispielsweise an Milton Friedman 1976, Robert Lucas 1995 oder Thomas Sargent 2011, um nur einige wenige zu nennen.
Quelle: Makroskop
- Rückgang des Welthandels ist ein Warnschuss
Weltweit seien die Exporte zurückgegangen, sagte der Ökonom Heribert Dieter im Deutschlandfunk. Dies berge ein ökonomisches und auch ein politisches Risiko – denn Staaten, die weniger miteinander Handel trieben, gerieten eher in Konfliktsituationen. Trotzdem sei in vielen OECD-Ländern keine Bereitschaft zu einer Handelsliberalisierung zu erkennen.
Quelle: Deutschlandfunk
Anmerkung JK: Oh je, was für eine durchsichtige Propaganda für TTIP und Ceta. Deutschland hat im vergangenen Jahr den höchsten Exportüberschuß aller Zeiten erzielt. Irgendwie kann an der Aussage etwas nicht stimmen? Wenn das so ist, dass Staaten, die weniger miteinander Handel treiben, eher in Konfliktsituationen geraten, warum hebt man dann nicht alle Sanktionen gegen Russland auf?
- Fluchtursachen bekämpfen heißt EPAs abschaffen
Anlässlich des Welternährungstages am vergangenen Sonntag weist Attac auf die erwarteten Auswirkungen der in dieser Woche in Kraft getretenen Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (EPAs) der EU mit Namibia, Botswana, Swasiland, Südafrika und Lesotho hin: Durch die Freihandelsabkommen werden Entwicklungschancen, Lebensgrundlagen und Märkte zerstört, wodurch weiter Menschen in die Flucht getrieben werden. Weitere afrikanische Länder, die noch nicht unterzeichnet haben und Einwände erheben, werden durch die EU massiv unter Druck gesetzt.
Die Auswirkungen der EPAs ist bereits aus anderen afrikanischen Ländern bekannt: Durch die erzwungene Öffnung der jeweiligen Märkte für europäische Produkte verdrängen EU-Importe lokal produzierte Waren, da sie meist wettbewerbsfähiger und teils stark subventioniert sind. Dies
führt zu einer existenziellen Bedrohung und Zerstörung der schwächeren kleinindustriellen und landwirtschaftlichen Produktion. “In Deutschland und Europa werden Menschen, die aufgrund von Perspektivlosigkeit, Hunger und Armut die Flucht antreten, abgewiesen, obwohl die EU mit ihrer
Handelspolitik viele Gründe für die Flucht der Menschen schafft”, kritisiert Thomas Eberhardt-Köster, Mitglied im Attac-Koordinierungskreis. Des Weiteren führt der Zollabbau für 86 Prozent der Einfuhren zu finanziellen Lücken in den jeweiligen Haushalten.
Noch nicht alle afrikanischen Länder haben sich dem erpresserischen Verhandlungsdruck der EU gebeugt. So gibt es beispielsweise in Tansania Widerstand gegen eine Unterzeichnung der EPAs. “Zu den umstrittenen Klauseln gehört die sogenannte Meistbegünstigungsklausel, die strategische Partnerschaften Ostafrikas mit Schwellenländern faktisch verhindert”, stellt Roland Süß, Attac-Handelsexperte, fest. “Vor allem die Liberalisierung des industriellen Sektors würde alle Bemühungen um eine weitere Industrialisierung in Ostafrika zunichtemachen”, führt Süß fort. Dabei fällt vor allem der erpresserische Umgang der EU mit den Ländern auf, die Einwände gegen eine Unterzeichnung der
Freihandelsabkommen erheben. „Immer wieder legte die EU einseitig neue Fristen fest, bis zu denen die Verhandlungen abgeschlossen sein mussten und drohte den präferenziellen Zugang zu Europas Märkten zu entziehen“, so Süß. Dass Tansania kein Einzelfall sei, zeigen auch die Verhandlungen mit Nigeria, das sich noch gegen eine Unterzeichnung wehrt.
Quelle: attac
- Voll auf Deregulierungskurs
Die EU fordert bei den Verhandlungen über das geplante Dienstleistungsabkommen Tisa entgegen bisherigen Aussagen die „Liberalisierung“ aller öffentlichen Dienstleistungen. Dabei geht es um Privatisierung, Deregulierung und möglichst uneingeschränkten Zugang für ausländische Unternehmen, insbesondere in Ländern des Südens. Das geht aus einem von der EU Ende Juni am Genfer Verhandlungstisch präsentierten Forderungskalatog hervor, den Wikileaks kurz vor der am Montag in Washington eröffneten 27. Tisa-Verhandlungsrunde ins Internet gestellt hat.
Weitere Dokumente belegen zudem, dass die seit der Weltwirtschaftskrise von 2008 verstärkt geforderte Regulierung von Finanzdienstleistungen nach dem für kommenden Dezember angestrebten Abschluss eines Tisa-Abkommens zumindest in den 50 Vertragsstaaten kaum mehr möglich wäre. Zudem könnten die Regierungen selbst kleine lokale einheimische Unternehmen nicht mehr bevorzugt behandeln und vor übermächtiger Konkurrenz ausländischer Konzerne schützen.
An den 2012 von der EU, den USA und Australien initiierten Tisa-Verhandlungen sind 20 weitere Länder beteiligt. Das EU-Dokument nennt im Detail die Forderungen Brüssels an die anderen Staaten. Von Chile etwa verlangt die EU-Kommission die „Liberalisierung“ etwa von Post, Telekommunikation und Abfallsammlung. Ähnliche Forderungen – zum Beispiel nach Übernahme von bis zu 100 Prozent lokaler Fernseh- und Radiostationen durch ausländische Konzerne – richtet die EU an Kolumbien, Costa Rica, Mexiko, Pakistan, Panama, Paraguay und Peru. Ausdrücklich verlangt die EU von diesen Ländern, Bestimmungen abzuschaffen, wonach Privatisierungen etwa der kommunalen Wasserversorgung, die sich als schädlich für Verbraucher oder Umwelt erweisen, wieder rückgängig gemacht werden können.
Die EU-Kommission und auch die deutsche Bundesregierung haben bislang immer behauptet, öffentliche Dienstleistungen seien von den Tisa-Verhandlungen ausgenommen. Der Trick ist: Im allgemein gehaltenen Haupttext des geplanten Abkommens werden öffentliche Dienstleistungen eng als solche definiert, die für die Verbraucher völlig kostenfrei sind. Das trifft heute in den meisten Staaten aber höchstens noch auf die Feuerwehr oder den Katastrophenschutz zu.
Quelle: taz
- CETA-Zusatzerklärung ist nutzlos
Die Befürworter von CETA verweisen gern auf eine sogenannte Auslegungserklärung von EU und Kanada, mit dem auf die Kritik gegen das umstrittene Freihandelsabkommen reagiert werden soll. Doch diese Auslegungserklärung ist laut einem von den Grünen beauftragten Rechtsgutachten offenbar nutzlos: Wesentliche Kritikpunkte an dem umstrittenen Pakt könnten so nicht ausgeräumt werden, heißt es in einer Expertise des Nürnberger Völkerrechtlers Markus Krajewski, über die die »Rheinische Post« berichtet. »Im Ergebnis lässt sich festhalten, dass die Gemeinsame Auslegungserklärung die bisherige Kritik am CETA-Kapitel zum Investitionsschutz nicht relativiert, da für keine der umstrittenen und kritischen Punkte rechtssichere Verbesserungen oder Lösungen angeboten werden«, heißt es darin unter anderem.
SPD-Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel will dem vorläufigen Inkrafttreten von CETA bereits am Dienstag im EU-Handelsministerrat zustimmen. Das Abkommen ist weithin umstritten, erst am Samstag haben in mehreren europäischen Ländern tausende Menschen dagegen protestiert. In Deutschland richtet sich unter anderem die Linkspartei gegen CETA. Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter sagte nun mit Blick auf das Gutachten, »die Bewertung lässt an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig: Die hektischen Rettungsversuche von Herrn Gabriel für CETA sind auf ganzer Linie unglaubwürdig«. Die nachträgliche Erklärung »entpuppt sich immer mehr als Luftnummer«, so die Grünen-Expertin Katharina Dröge.
Quelle: neues deutschland
Anmerkung Christian Reimann: Bedauerlich ist auch, dass sich auf dem SPD-Parteikonvent eine Mehrheit der Delegierten von dieser “Luftnummer” hat überzeugen lassen.
- Die Pension aus Diktatorenzeiten
Tausende Menschen gingen in vielen Städten auf die Straße. Die Rentner erhalten weniger, als sie eingezahlt haben. Fast die Hälfte lebt unter der Armutsgrenze.
In Chile haben tausende Menschen zum dritten Mal innerhalb weniger Monate für ein Ende des privaten Rentensystems protestiert. Trotz Regens gingen nach Angaben der Veranstalter am Sonntag rund 70.000 Menschen in der Hauptstadt Santiago auf die Straße, wie die Zeitung El Mostrador in ihrer Onlineausgabe berichtete. Die Polizei sprach von lediglich 5.000 Teilnehmern.
Auch in zahlreichen anderen Städten gab es Protestmärsche. Die Demonstranten forderten die Abschaffung des kapitalgedeckten Rentensystems, das in den 1980er Jahren unter Diktator Augusto Pinochet eingeführt wurde und viele Menschen in die Altersarmut drängt.
Bereits im Juli waren rund 750.000 Menschen für eine staatlich finanzierte Rente auf die Straße gegangen. Präsidentin Michelle Bachelet legte im August Reformvorschläge vor, welche die Demonstranten allerdings nicht überzeugten.
Chile ist eines der wenigen Länder weltweit, das sein Sozialversicherungssystem privatisiert hat. Mehrere Studien haben die großen Defizite des Rentensystems mit hohen willkürlich festgesetzten Verwaltungskosten belegt. Zudem bekommen Rentner weit weniger als die eingezahlten Beiträge heraus. Nach Angaben der Protestbewegung erhalten knapp 80 Prozent der Senioren weniger Rente als der gesetzlich festgelegte Mindestlohn (rund 340 Euro), 44 Prozent leben demnach unter der Armutsgrenze.
Quelle: taz
- Spiel mit dem Weltkrieg
Hochrangige Militärs und Experten warnen mit Blick auf Forderungen nach der Verhängung einer Flugverbotszone über Syrien und nach der Lieferung von Flugabwehrraketen an aufständische Milizen vor einem offenen Krieg zwischen Russland und den USA. Entsprechende Forderungen sind auch von prominenten deutschen Politikern erhoben worden. Wie der Vorsitzende der US Joint Chiefs of Staff feststellt, würde die Ausrufung einer Flugverbotszone über Syrien “es erforderlich machen, gegen Russland Krieg zu führen”. Dmitri Trenin, ein prominenter Außenpolitik-Experte vom Carnegie Moscow Center, warnt, Syrien könne sich, liefere man den Aufständischen Flugabwehrraketen, “in ein Schlachtfeld” zwischen Russland und den Vereinigten Staaten verwandeln. Trenin zufolge ist der Machtkampf um Syrien auch das Ergebnis des russischen Wiederaufstiegs in den vergangenen Jahren, der es Moskau erlaubt, zum ersten Mal außerhalb der Grenzen der ehemaligen Sowjetunion militärisch zu intervenieren und damit “das faktische Monopol” der USA “auf den weltweiten Einsatz von Gewalt” zu brechen. In der Bundesrepublik erhobene Forderungen nach einer Verschärfung der Russlandsanktionen zielen darauf ab, Moskaus Wiederaufstieg zu stoppen und die westliche Hegemonie zu bewahren.
Quelle: German Foreign Policy
- Die unerträgliche Demokratiefeindschaft des Kommando Spezialkräfte
Mit verdeckten Gesichtern werden sie losgelassen, um tabula rasa zu machen. Sie gehen bis zum Ende, töten, verletzen und fühlen sich dabei noch als selbstlose Kämpfer für Freiheit, Demokratie und das deutsche Grundgesetz. Dessen Boden haben sie jedoch mit jedem ihrer Einsätze hinter sich gelassen: die Rede ist vom Kommando Spezialkräfte (KSK) der Bundeswehr.
1996 gegründet, sollte es zuvorderst eingesetzt werden, um deutsche Geiseln aus Kriegsgebieten zu befreien. Es galt die deutsche Flagge in den Boden der internationalen Spezialkräfte zu stecken, um für den Fall, dass Deutsche befreit werden müssen, nicht auf ausländische Spezialkräfte angewiesen zu sein. Wie viele Menschen jedoch mit Hilfe des KSK tatsächlich befreit wurden und nicht etwa durch Lösegeldzahlungen oder Verhandlungen ist unbekannt. Ob dafür die Millionen für das KSK tatsächlich sinnvoll waren, und nicht lieber das gleiche Geld in gute Diplomat_innen und Lösegelder investiert worden wäre, bleibt also ein Geheimnis. Erst 2015 zeigte das Beispiel einer entführten Entwicklungshelferin in Afghanistan, dass trotz großen Aufgebots vom KSK und dem Hackerkommando der Bundeswehr, die gleich Teile des ganzen afghanischen Mobilfunknetzes angriff, zum Schluss die Rettung der Person über eine Lösegeldzahlung erfolgte – vermutlich mit einem Bruchteil dessen, was der ganze Einsatz des Militärs gekostet hat.
Quelle: Informationsstelle Militarisierung e.V.
- Gestückelt und geschleust: Skandale um Parteispenden belasten die GroKo
Ein Jahr vor der Bundestagswahl belasten zwei Parteispendenskandale die Große Koalition. SPD und CDU sollen illegale Spenden angenommen haben, auch gegen die CSU wird ermittelt. Beide Fälle wurden durch Schwachstellen im Parteiengesetz ermöglicht – und beide flogen nur durch Zufall auf.
In Regensburg soll Oberbürgermeister Joachim Wolbergs (SPD) für seinen Wahlkampf rund 600.000 Euro von drei Bauunternehmenerhalten haben. Das Geld soll teils über Strohleute geflossen sein, in Tranchen unter 10.000 Euro – also unterhalb der Schwelle, ab der Parteien die Namen von Spendern veröffentlichen müssen. Die Bundestagsverwaltung prüft, ob die SPD gegen das Parteiengesetz verstoßen hat. Dies besagt, dass Parteien keine Spenden annehmen dürfen, die offensichtlich zur Umgehung der Transparenzpflicht gestückelt wurden. Der SPD drohen Strafzahlungen von mehr als einer Million Euro.
Auch die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Verdachts auf Korruption. Die von ihr beschlagnahmten Unterlagen sollen dabei auch jahrelange Spenden derselben Bauunternehmen an die bis 2014 regierende CSU betreffen. Der Verdacht: Durch Spenden und die Vergabe lukrativer Posten entstand ein besonders dichter Bau-Filz made in Regensburg. So erhielt der frühere CSU-Oberbürgermeister Schaidinger nach dem Ausscheiden aus dem Amt einen gut dotierten Beratervertrag bei einer der Baufirmen. Und noch nach Beginn des Ermittlungsverfahrens machte OB Wolbergs den mutmaßlichen „Architekten“ (Spiegel) des Spendensystems zum neuen Technischen Leiter der kommunalen Wohnungsgesellschaft Stadtbau GmbH – obwohl es zwei Bewerberinnen mit höherer Qualifikation gab.
Quelle: Lobbycontrol
- „Plattform Keine Fernstrassengesellschaft“ warnt vor Blankoscheck bei Bund-Länder-Verhandlungen
Bei den Verhandlungen über den Bund-Länder-Finanzausgleich soll auch über die Gründung einer Bundesfernstraßengesellschaft und damit über die Übertragung der Auftragsverwaltung von den Ländern auf den Bund entschieden werden. Der zugehörige Punkt steht ganz oben auf einer 15-Punkte-Liste des Finanzministeriums, das dem Bündnis vorliegt. Dabei gibt es nach Auskunft der Bundesregierung auf eine schriftliche Frage der Abgeordneten Sabine Leidig, Fraktion DIE LINKE, keinen abgestimmten Entwurf der Bundesregierung zur Frage.
Für die Reform wird eine Änderung des Grundgesetzes erforderlich sein. Wie der fehlende abgestimmte Entwurf zeigt, wird von den Ländern offenbar erwartet, dass sie einen Blankocheck unterschreiben. Gegen die Reform gibt es in den Länder seit längerem erheblichen Widerstand. Auch die in der „Plattform gegen eine Bundesfernstraßengesellschaft“ zusammengeschlossenen Gewerkschaften, Umweltverbände und Bürgerinitiativen lehnen das Vorhaben ab.
Laura Valentukeviciute von Gemeingut in BürgerInnenhand:
“Die Zentralisierung führt direkt in die Privatisierung des Autobahnbaus. Private Investoren könnten sich beteiligen, entweder direkt oder in einzelnen Autobahnprojekten. Beides wird richtig teuer, zudem geht die demokratische Kontrolle verloren. Die letze Haushaltsdebatte hat deutlich gezeigt, dass schon jetzt genug Steuergelder bereitgestellt werden, um die vorgesehenen Ausgaben im Straßenbau zu tätigen – 27 Milliarden Euro. Weitere Kredite sind dafür nicht nötig – und erst recht keine riesige Strukturreform, um Kapitalmarktkredite zu ermöglichen. Damit wird deutlich, dass, Schäuble, Dobrindt und Gabriel reine Klientelpolitik betreiben. Wollen sie Versicherungen und Banken noch kurz vor der Abwahl der Gro-Ko Geschäfte beschaffen?”
Die Bundestagsabgeordnete und verkehrspolitische Sprecherin der LINKEN, Sabine Leidig äußerte großes Unverständnis über das Vorgehen der Bundesregierung:
“So haben unsere Anfragen ergeben, dass nicht einmal ausreichend Kenntnisse über die Mitarbeiterschaft vorliegen. So weiß die Bundesregierung nicht, um wie viel Beschäftigte es geht, um wie viel jährliche Gehaltszahlungen und auch nicht um wie hohe Pensionsverpflichtungen. Der wissenschaftliche Dienst des Bundestages hat zudem von den Ländern die Auskunft bekommen, dass diese dem Bund zu diesen Fragen Auskunft geben würden – wenn sie gefragt würden. Das hat offensichtlich nicht stattgefunden.“
Quelle: scharf links
Anmerkung JK: Das ist nichts anderes als die Veruntreuung öffentlicher Mittel. In das Autobahnnetz sind über die Jahre Milliarden an Steuergeldern geflossen. Diese Infrastruktur soll nun ohne jede Not der Finanzindustrie überantwortet werden. Wem soll das nutzen? Die Regierung handelt hier klar gegen die Interessen der Mehrheit der Bürger dieses Landes und dann wird permanent der Vertrauensverlust gegenüber der Politik beklagt. Die Menschen haben jeden Grund der deutschen Polit-Elite nichts mehr zu glauben.
Dazu:
- Ehefrau rechnet mit Berliner Polizei ab
Schlechte Bezahlung und mangelhafte Ausstattung: Ein offener Brief, verbreitet von der GDP, zeigt dramatische Zustände bei der Berliner Polizei. Manche Beamte arbeiten sieben Wochen – ohne freien Tag.
„Ich habe Reste von Toten aus der Uniform gewaschen, ich habe das Blut meines Mannes aus der Uniform gerieben“: In einem offenen Brief, den die Gewerkschaft der Polizei “GDP“ im Netz verbreitete, hat die Ehefrau eines Berliner Polizisten von dramatischen Zuständen im Alltag ihres Mannes und der Familie berichtet. Darin beklagt sie Anfang Oktober, dass der Einsatz ihres Partners und dessen Kollegen in keinem Verhältnis zu den Arbeitsbedingungen stehe.
„Zur Vereidigung meines Mannes sprach Frank Henkel in der Philharmonie, Polizist- und Polizistin-Sein sei viel mehr als nur ein Beruf. Es sei eine Berufung, die mehr von dem Menschen erfordere“, beginnt sie. Wie viel er wirklich erfordert, erklärt sie nur wenige Zeilen später: „Mein Mann arbeitet durch das aktuelle Arbeitszeitenmodell und die Unterbesetzung pausenlos durch. Unser fragwürdiger Rekord liegt bei sieben Wochen am Stück, ohne auch nur einen freien Tag! Zudem sind es durchweg zehn und zwölf Stunden Schichten, Überstunden nicht mitgerechnet. Ist ein freier Tag möglich, passiert es immer häufiger, dass doch ein Dienst übernommen werden muss.“ Inzwischen sei sie „quasi alleinerziehend“.
Hinzu komme, dass ihr Mann brutto weniger verdiene als sie mit ihrer 75-Prozent-Stelle bei einem kleinen, gemeinnützigen Verein. Dennoch hätten sie eigenes Geld investieren müssen, um „durch Zukäufe oder Ersatz der dienstlich gelieferten Grundausstattung wirkliche Sicherheit zu gewährleisten“.
„Wütend und traurig“ sei sie angesichts dieser Zustände. Von Polizeipräsident Klaus Kandt fordert sie, dass er seiner Fürsorgepflicht nachkommt.
Quelle: WELT
Anmerkung unseres Lesers J.A.: Der Brief richtet sich wohl kaum gegen die Berliner Polizei, die für diese Zustände nichts kann, sondern vielmehr gegen die Politik des Lohndumpings und des bewußten Kaputtsparens durch riesige Steuergeschenke an Unternehmen und Reiche.
- Redezeit auf Naxos
Mi 19.10.2016 19:30 (Eintritt frei)
Programmierte Moral für autonome Maschinen
Diskussionsveranstaltung mit den Gästen:
- Prof. Dr. Catrin Misselhorn, Direktorin des Instituts für Philosophie der Universität Stuttgarts , Lehrstuhl für Wissenschaftstheorie und Technikphilosophie;
- Prof. Dr. Oliver Bendel, Maschinenethik am Institut für Wirtschaftsinformatik der Fachhochschule Nordwestschweiz;
- Peter Weibel, Medienkünstler und Medientheoretiker, Direktor des Zentrums für Kunst- und Medientechnologie Karlsruhe;
Moderation: Florian Rötzer, Chefredakteur von Telepolis.de.
Veranstalter: Westendverlag, Telepolis und Theater Willy Praml
Die REDEZEIT AUF NAXOS ist ein Diskussionsformat zu gesellschaftlichen Themen zwischen dem Westendverlag und dem Theater Willy Praml.
- Europas Sozialdemokratie muss sich gegen den Neoliberalismus stellen – sonst wird sie nicht überleben
Sobald beim berühmten Stierrennen in Pamplona die Stiere losgelassen werden, ist es völlig egal, wie fein gekleidet oder sportlich jemand ist: Man wird immer wie ein völlig verängstigter Mensch aussehen, der vor Stieren davonläuft. So wie in Pamplona, war es jetzt auch für den abgesetzten Chef der Spanischen Sozialisten (PSOE), Pedro Sánchez, in Madrid. Er wählte den Moment sorgfältig, um es mit den tobenden Bullen seiner Parteioligarchie aufzunehmen. Aber sie schafften es trotzdem, ihn zu zertrampeln – und das gnadenlos.
Sánchez´ Fehler war, die Tradition des „turnismo“ in Frage gestellt zu haben. Diese steht für die in Spanien übliche Praxis, dass sich Konservative und PSOE an der Macht abwechseln und ihre Günstlinge mit Posten versorgen, während 20 Prozent der spanischen Bevölkerung keinen Job haben. Nach zwei Wahlen ohne klaren Ausgang, blieb Sánchez dabei, eine rechtskonservative Regierung zu verhindern und Wege für eine Regierungsübernahme mit der Unterstützung der Linkspartei Podemos zu suchen. Dafür wurde er nun in einem chaotischen Coup seiner Position enthoben, ausgeführt von den mächtigen Häuptlingen in den Regionalregierungen.
Sánchez´ Schicksal ist ein weiterer Ausdruck der Krise der europäischen Sozialdemokratie. Drei Jahrzehnte lang wurde sie von den vorherrschenden neoliberalen Rahmenbedingungen deformiert. Nun, da das neoliberale Modell gescheitert ist, scheint die Sozialdemokratie der intellektuellen Ressourcen beraubt, sich selbst zu erneuern.
Der ungarisch-amerikanische Historiker Karl Polanyi argumentiert, dass der Kapitalismus auf einer Art „Doppelbewegung“ aufgebaut ist: Dem Druck nach freien Märkten und Deregulierung auf der einen und einem Gegendruck, der danach schreit, die Märkte nach den Interessen der Gesellschaft zu regulieren. Polanyis Ideen haben der Linken seit den 1980er Jahren eine Rechtfertigung gegeben, den Niedergang der Arbeiterklasse zu überleben. Anstatt „die Arbeiterklasse zu beschützen“, wurde das Ziel der Sozialdemokratie die „Regulierung des Kapitalismus zu seinem eigenen Wohl“.
Jetzt ist allerdings nicht mehr klar, wie das funktionieren kann und das ist die Wurzel für die Probleme sozialdemokratischer Parteien seit der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008. Bisher gab es die rechte, konservative Version eines blutrünstigen Neoliberalismus und eine progressive, sozialdemokratische Version, die mit liberalen Themen wie Homo-Ehe und einem Leistungs-Ehos in den Bereichen Bildung, Gesundheit und Sozialpolitik verbunden war.
Die zentralen Grundsätze des neoliberalen Systems wurden im Lissabonvertrag in Stein gemeißelt: die Verordnung strikter Austerität und das Verbot des Schutzes von Schlüsselindustrien gegen den globalen Markt.
Quelle: kontrast blog
Anmerkung JK: Nachfolgender Hinweis zeigt, dass der Appel auf taube Ohren stoßen wird.
- Das Letzte – Kanzlertauglich?
Die SPD-Linken, zusammengekommen in der holzgetäfelten Aula der Evangelischen Schule in Berlin-Mitte, sind neugierig. Sie wollen den beschnuppern, der immer offensiver als möglicher Kanzlerkandidat der Sozialdemokraten gehandelt wird. Martin Schulz aber möchte erst einmal klar machen, dass er nicht das Messer gegen Parteichef Sigmar Gabriel in der Tasche trägt: “Das ist einer meiner engsten Freunde. Und ich bin vorsichtig mit dem Begriff des Freundes. Es gibt auch in der Politik Freundschaften – und Sigmar Gabriel ist mein Freund.”
Am Ende gibt es für Schulz, der auf dem rechten SPD-Flügel der Seeheimer zu Hause ist, langen Beifall der SPD-Linken. Und in der anschließenden Publikumsrunde traut sich Serkan Bicen aus Hamburg anzusprechen, was vielen im Saal auf der Zunge liegt: “Ich würde Dich klar fragen: Würdest Du Bundeskanzler würden wollen?”
In diesem Moment schaltet Schulz aus dem Pathos seiner Rede drei Gänge zurück und ist wieder loyaler Parteisoldat, der gekommen ist, um seine Ideen zu präsentieren, und nicht, um Ansprüche zu stellen: “Die SPD hat einen Fahrplan, wie sie ihren Kanzlerkandidaten bestimmt. Und an diesen Fahrplan halten wir uns alle.” Das heißt, Parteichef Gabriel macht spätestens in den ersten Monaten 2017 einen Vorschlag.
Die Bilanz des Schulz-Auftritts vor den SPD-Linken: Auch dieser sehr einflussreiche Flügel könnte damit leben, sollte der Vorschlag Martin Schulz heißen. Matthias Miersch, der Sprecher der Parlamentarischen Linken, sagt am Ende über den Noch-EU-Parlamentspräsidenten: “Mit Sicherheit kann er Kanzlerkandidat. Aber er hat zu Recht darauf hingewiesen, dass die SPD sich ja einen Zeitplan gegeben hat – und der wird sicherlich auch eingehalten.”
Quelle: tagesschau
Anmerkung JK: Ist es die Mühe wert überhaupt noch ein Wort über die Agonie der SPD zu verlieren? Die sogenannte „SPD-Linke“ jubelt Schulz zu, den neoliberalen Einpeitscher gegen Griechenland, den Einpeitscher gegen Russland, den Juncker-Freund und Repräsentanten einer arroganten Brüsseler Polit-Elite und trägt ihn fast die Kanzlerkandidatur an. Es ist nur noch zum Weinen.