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NachDenkSeiten – Die kritische Website
Titel: Interview mit James Galbraith
Datum: 28. September 2016 um 16:09 Uhr
Rubrik: Friedenspolitik, Interviews, Wirtschaftspolitik und Konjunktur
Verantwortlich: Albrecht Müller
James Galbraith, ist ein US-amerikanischer Wirtschaftswissenschaftler. Auf dem IPB Weltkongress „Disarm! For a Climate of Peace – Creating an Action Agenda“ vom 30. September bis 3. Oktober an der TU Berlin wird er zu „The Price of War and Peace“ referieren. Galbraith ist Vorsitzender der Ökonomen für Frieden und Sicherheit (Economists for Peace and Secrurity).
Ihr neuestes Buch heißt “Rethinking Growth“ (Wachstum überdenken). Was können wir als Laien von der Wirtschaftskrise lernen?
Mein neuestes Buch heißt “Welcome to the Poisoned Chalice: The Destruction of Greece and the Future of Europe“ (Willkommen zum vergifteten Kelch: Die Zerstörung Griechenlands und die Zukunft Europas), Yale University Press, 2016. Es ist ein Bericht über meine fünfmonatige enge Zusammenarbeit mit der griechischen Regierung bezüglich ihrer Bemühungen im Jahr 2015, einen akzeptablen wirtschaftlichen Deal von ihren Gläubigern zu erhalten.
Die jüngste Veröffentlichung in deutscher Sprache ist „Wachstum neu denken: Was die Wirtschaft aus den Krisen lernen muss“, basierend auf meinem 2014 erschienenen Buch “The End of Normal“ (Das Ende von Normal). Dieses Argument spricht für sich selbst, glaube ich, und ist zugänglich auch für Laien.
Was bedeutet „normal“ und was kommt danach?
Für diese Frage gibt es so eine lange Antwort, dass ich ihr ein ganzes Buch gewidmet habe. Was ich meinte war, dass die üblichen Praktiken von Ökonomen und Statistikern, die daraus bestehen, aus der Vergangenheit die Zukunft zu extrapolieren, in die Irre führen, wenn sich die grundlegenden Bedingungen ändern. Und ich bin der Meinung, dass man wichtige Veränderungen identifizieren kann; sie führen zurück bis in die Mitte der 1970er Jahre in fast der ganzen Welt und schließen sich an die 2000er Jahre in den Vereinigten Staaten an.
Sind die wirtschaftlichen Eliten (noch) vertrauenswürdig?
Warum „noch“? Es liegt in der Natur einer wirtschaftlichen Elite, besorgt zu sein, und zwar in erster Linie, besorgt um die Akkumulierung von Reichtum. Wissenschaftliche, technische, künstlerische und religiöse Eliten haben Standards, dazu gehört auch Vertrauenswürdigkeit. Wirtschaftseliten nicht. Ich kann mich an keine Zeit erinnern, in der Wirtschaftseliten als vertrauenswürdig angesehen wurden, und mir ist auch kein Grund ersichtlich, warum sie heute vertrauenswürdig seien sollten.
Wie kann ein alternatives und nachhaltiges Wirtschaftssystem durchgesetzt und etabliert werden?
Durch eine demokratische Regierung. Es kann sein, dass es nicht funktioniert. Aber es ist der einzige Weg.
Was sind die Hindernisse für die Errichtung eines solchen nachhaltigen Wirtschaftssystems? Und was müssen wir verändern?
Das erste, was sich ändern muss, sind die autokratischen, reaktionären und dysfunktionalen Ideen, die derzeit die Diskussionen in der Wirtschaftspolitik dominieren. Die zweite Sache, die wir ändern müssen, sind die Institutionen, die derzeit daran arbeiten, konstruktive Änderung zu verhindern.
“Das Militär ist nutzlos”, sagen viele, aber die Gewinnraten des militärisch-industriellen Komplexes sind fast so hoch wie die Gewinne von Spekulanten. Ist das ein Widerspruch?
Nein. Der Goldbergbau ist nutzlos, aber profitabel. Ähnliches gilt für viele andere Aktivitäten. Bezeichnend für das moderne Militär ist: Es ist nicht nur weitgehend nutzlos, es ist auch sehr destruktiv.
Aber profitabel. Was muss getan werden, um die Militärausgaben zu reduzieren? Oder besser: Was muss getan werden, um die „demokratischen“ Regierungen zu überzeugen, die Militärausgaben zu reduzieren?
Eine starke Volksbewegung, die nationale Ressourcen in produktiver Weise nutzt, wäre ein Anfang. Und beachten Sie, da Militärausgaben im historischen Vergleich in vielen europäischen Ländern und Japan nicht gerade sehr hoch sind, sollte der Vorstoß sein, dem Druck zur Erhöhung der Militarisierung in diesen Ländern zu widerstehen. Und vor allem: die Atomwaffenabschaffung.
Jean Jaurès, der große französische Sozialist, der infolge des Ersten Weltkriegs getötet wurde, erklärte, dass der Kapitalismus den Krieg trägt wie eine Wolke den Regen. Also, müssen wir den Kapitalismus überwinden, wenn wir den Militarismus überwinden möchten? Oder gibt es andere (wirtschaftliche) Möglichkeiten, Frieden zu fördern?
Jean Jaurès wurde bei Ausbruch des Ersten Weltkrieges getötet, und zwar am 31. Juli 1914. Der Krieg brach einen Tag danach aus. Adam Smith stimmte, nebenbei bemerkt, mit seiner Position überein, als er schrieb, dass „die kapriziösen Ambitionen der Könige und Minister während des gegenwärtigen und vergangenen Jahrhunderts nicht fataler für die Ruhe Europas waren, als die unverschämte Eifersucht der Händler und Hersteller.“
Was sind die Alternativen?
Im Gegensatz zu dem, was allgemein gesagt wird, gibt es viele Alternativen.
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