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NachDenkSeiten – Die kritische Website
Titel: Hinweise des Tages
Datum: 7. Oktober 2008 um 9:09 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
Verantwortlich: Kai Ruhsert
(KR/WL)
Heute unter anderem zu diesen Themen:
Vorbemerkung: Dieser Service der NachDenkSeiten soll Ihnen einen schnellen Überblick über interessante Artikel und Sendungen verschiedener Medien verschaffen.
Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
Effiziente Finanzsysteme sollten das Wachstum in der realen Wirtschaft fördern und keine riesige Steuerlast erzeugen. Und der US-Finanzsektor hat, während er die Räder der realen Wirtschaft geölt hat, erstaunliche 30 % der Unternehmensgewinne und 10 % der Löhne aufgesogen. Somit haben es die USA anders als in den 1930er Jahren mit einem übersättigten, aufgeblähten Finanzsystem zu tun. Ist es dann nicht möglich, dass ein bedeutsames Schrumpfen des Finanzsektors keine Große Depression auslöst, sondern tatsächlich Effizienz und Wachstum steigert, insbesondere wenn es von einer verbesserten Regulierungsstruktur gefördert wird?
Gewiss muss der Staat auch bessere Möglichkeiten finden, um Hausbesitzer und ihre Kreditgeber bei der Ausarbeitung von Vorgehensweisen im Konkursfall zu unterstützen. Es ist sinnlos, dass die Banken eine Zwangsvollstreckung von Hypotheken betreiben, wenn es andere Möglichkeiten gibt, bei denen die Menschen in ihren Wohnungen bleiben und die Banken wesentlich mehr Geld zurückgewinnen könnten. Am Ende werden die USA nach weiteren Drehungen, Wendungen und riesigen Ausgaben aus ihrer langen und abenteuerlichen Finanzkrise herausfinden. Doch besteht das große Risiko, dass dieser letzte Schritt, wie gewaltig er auch sein mag, am Ende mehr für die Profite und Bonusse im Finanzsektor tun wird als für den Rest der Wirtschaft. Von Kenneth Rogoff.
Quelle: Project Syndicate
Wenn die Übernahmen abgeschlossen sind, gibt es neben den Sparkassen und Genossenschaftsbanken im Geschäft mit deutschen Privatkunden faktisch nur noch zwei große Spieler: die Commerzbank und die Deutsche Bank. Beide werden sich nicht allein darauf konzentrieren, ihren Marktanteil von zusammen knapp 30 Prozent auszudehnen, sondern sie wollen vor allem ihre Margen nach oben treiben. Das setzt eine Zerschlagung des öffentlich-rechtlichen Sektors voraus.
Genau darauf zielt der Rürup-Plan, der im Übrigen nicht einmal neu ist, sondern zu wesentlichen Teilen einfach von Italien abgekupfert wurde. Wie von Rürup vorgesehen, wurden die öffentlichen Anteile an den Sparkassen in Italien bereits in den Neunzigern zunächst in Stiftungen eingebracht und dann schrittweise privatisiert. Die Profiteure dieser Entwicklung liegen heute auf der Hand. Die Sparkassen sind weithin verschwunden und wurden durch private Großbanken abgelöst. Insgesamt sank der Marktanteil des staatlichen Bankensektors in Italien infolge dieser Entwicklung von 75 Prozent Anfang der neunziger Jahre auf nur noch zehn Prozent. Parallel dazu explodierten die Gebühren für Bankdienstleistungen. Im Ergebnis kostet ein Girokonto heute doppelt soviel wie im europäischen Durchschnitt.
Quelle: Junge Welt
Hinter vorgehaltener Hand weisen Aufsichts- und Notenbankkreise darauf hin, dass “die guten Ratschläge von früheren Aufseher-Kollegen kommen, die vor ihren neuen Funktion ausgerechnet bei den heutigen Problemadressen viele Millionen Dollar verdient haben.” Als Lobbyisten ihrer Branche hätten Schlüsselfiguren der G30 erst für eine breite Deregulierung gesorgt. Jetzt wollten sie der Öffentlichkeit sagen, wie der Billionen-Schaden für Kapitalmärkte und Finanzindustrie wieder gut zu machen ist.
Quelle: Handelsblatt
Die Finanzmarktkrise ist nicht Ursache für den Abschwung, sondern eine falsche Wirtschaftspolitik der Regierung. Jedoch droht, daß die wirtschaftliche Talfahrt durch die Finanzmarktkrise massiv verschärft wird. Die Ausfuhren werden einbrechen; für den Exportjunkie Deutschland eine verheerende Perspektive. Und es droht eine deutliche Verschlechterung der Kreditversorgung bis hin zur Kreditklemme. Zwischen den Banken ist diese bereits eingetreten. Soll ein Aufschwung anhaltend sein, muß er – wie in früheren Konjunkturzyklen – zeitversetzt auch von der inländischen Konsumnachfrage getragen werden. Voraussetzung dafür wäre ein deutlicher Anstieg der Löhne gewesen.
Quelle: junge Welt
Danach solle der Beitrag auf 3,0 Prozent steigen, wenn dann nicht neu entschieden werde. Dies hätten die Spitzen von Union und SPD beim Treffen des Koalitionsausschusses am Sonntag im Kanzleramt vereinbart. Durch die Beitragssenkungen der vergangenen Jahre wurden die Beitragszahler damit insgesamt um 30 Milliarden Euro entlastet.
Quelle: n-tv
Anmerkung WL: Ich halte die weitere Senkung der Beiträge für die Arbeitslosenversicherung für falsch. Schon Anfang des Jahres stieg das Defizit der Bundesagentur wieder an. Die Senkung der Beiträge wird eine weitere Senkung der Leistungen nach sich ziehen. So wurden u.a. schon im Verlauf der bisherigen Senkungen der Arbeitslosenversicherungsbeiträge die Ausgaben der Bundesagentur etwa für die berufliche Weiterbildung trotz des angeblichen Facharbeitermangels von 7,8 im Jahr 1999 auf 2,3 Milliarden Euro im Jahre 2005 (also um 70 %) vermindert. Im Jahre 2006 gingen sie laut Bildungsbericht weiter auf 1,6 Milliarden zurück.
Die Befristung macht aber ganz deutlich, dass es sich hier um einen Bauernfängertrick handelt. Man will suggerieren, dass man an die „heilige Kuh“ der Senkung der Lohnnebenkosten nicht herangeht, deswegen will man den Eindruck erwecken, dass die Erhöhung der Krankenkassenbeiträge durch die Senkung der Beiträge für die Arbeitslosenversicherung kompensiert würde. Das ist aus unterschiedlichen Gründen eine Milchmädchenrechnung: Ein Großteil der gesetzlich Krankenversicherten zahlt überhaupt keine Arbeitslosenversicherung (u.a. die Rentner). Die Senkung der Beiträge für die Arbeitslosenversicherung um weitere 0,5 Prozent gleicht für den größten Teil der Krankenversicherten die Erhöhung der Beiträge nicht aus. Eine Tatsache gerät dabei völlig aus dem Auge, nämlich dass am Anfang der sog. Gesundheitsreform versprochen wurde, dass sich die Beiträge senken sollten.
Dazu auch:
Gefährliche Gefahrenabwehr
Zwar rückt damit ein Einsatz der Bundeswehr im Innern nicht so nah, wie es mancher Unionspolitiker gern gehabt hätte. Allerdings werden die Grenzen zwischen äußerer und innerer Sicherheit durch den Beschluss weiter aufgeweicht – mit nicht absehbaren Folgen.
Quelle: FR
Anmerkung Orlando Pascheit: Immer wieder, wenn irgendwo Nazi-Parolen gegrölt werden, befleißigen sich Politiker und Journalisten, mit Nie-Wieder-Parolen dagegen zu halten. Warum erfasst nicht heute ein zumindest leichter Schauder des Erinnerns die Bürger dieses Landes. Das “Gesetz zur Behebung der Not von Volk und Reich” hatte auch einen sehr fürsorglichen Titel. Fürsorglich klingt auch die Formulierung, dass die Bundeswehr “zur Abwehr eines besonders schweren Unglücksfalls” eingesetzt werden darf. Neu ist, dass die Streitkräfte militärische Mittel einsetzen dürfen, wenn der “Unglücksfall” eine Bedrohung durch Terroristen darstellt. Natürlich ist die Ermächtigung der Bundeswehr zum Einsatz gegen Terror nicht mit dem Ermächtigungsgesetz vom 1933 zu vergleichen. Nur sollten wir Deutsche sehr hellhörig und wachsam sein, wenn sich der Staat immer mehr Befugnisse aneignet, um seine Bürger zu “schützen”. Wer sagt denn, dass unsere relativ ruhige Sonntagsdemokratie ewig anhält? Unsere Regierung schickt bereits ohne echte demokratische Debatte mit ein bisschen pathetischem Wortgeklingel unsere jungen Leute in den Tod beziehungsweise, selbst wenn wir die edelste Begründung der Welt hätten, in einen nicht zu gewinnenden, sinnlosen Krieg.
Die Frage ist doch, wer definiert in der Zukunft, was Terror und wer ein Terrorist sei? Das sind sehr dehnbare Begriffe. Wir haben doch im Vorfeld von Heiligendamm erlebt, wie schnell die Bundesanwaltschaft unter dem Deckmäntelchen des Terrorparagraphen 129a in Aktion getreten ist und in einer landesweiten Razzia einen nicht vorhandenen Linksterrorismus gejagt hat. Noch funktionierte unsere Justiz und der Schlag gegen eine angebliche “terroristischen Vereinigung” wurde vom Bundesgerichtshof später für rechtswidrig erklärt, aber hat sich die Regierung distanziert? Lassen wir einmal einige Jahre Wirtschaftskrise in das Land ziehen, mit all den dazugehörigen Erscheinungen wie Massenstreiks, aggressiven außerparlamentarischen Aktionen, einer tiefen Infragestellung unserer politischen und ökonomischen Eliten. Da ließe sich der Unglücksfall in Grundgesetzartikel 35 vielleicht auch auf die Bedrohung der inneren Sicherheit ausdehnen. Es werden sich schon Verfassungsjuristen finden lassen. Vielleicht haben wir dann aber auch schon eine ordentlich Rechtsregierung, die all diese schönen Schutzparagraphen für ihre Zwecke zu gebrauchen weiß. – Bei den derzeitigen Gesetzen sollte nicht nur der einmal unterstellte gute Wille, sondern auch das missbräuchliches Potential berücksichtigt werden.
Viele Argumente des Bundesinnenministers können als falsch widerlegt werden. Die Fehler beruhen aber nicht darauf, dass Schäuble sich in der Sache irrt. Sie sind Teil einer kalkulierten politischen Strategie. Schäubles falsche Argumente sollen eine Wirklichkeit suggerieren, in der seine Vorstellungen von Sicherheitspolitik realistisch, dringend geboten und vernünftig erscheinen.
Quelle: Telepolis
Anmerkung unseres Leser M.W.: Die heute ausgestrahlte Story ordne ich in die Kategorie “Perlen” öffentl.- rechtl. Dokumentationen ein, von denen es in der heutigen Zeit leider viel zu wenige gibt und von denen ich mir deutlich mehr wünschen würde. Bei allem positiven bleibt jedoch ein Wermutstropfen: wer die Sendung verpasst hat, muss sich an den Mitschnittservice des WDR wenden, da die Sendung weder wiederholt noch im Web-Angebot der ARD-Mediathek im Internet zu finden ist (Stand 6.10.08-23:45). Vielleicht könnten wir ja mit einem Hinweis auf den Nachdenkseiten auf “die story” und auf das Gästebuch erreichen, dass der WDR die Reportage online stellt.
Anmerkung WL: Wir haben auf den NachDenkSeiten schon seit langem darauf hingewiesen, dass der irische Tiger eher ein aufgeblasener Luftballon als ein wirtschaftspolitisches Vorbild ist. Irland hatte, einmal abgesehen von den hohen Subventionen der EU, wegen sehr niedriger Steuersätze ein besonders hohes Wachstum des Bruttosozialproduktes, weil viele ausländische Konzerne ihre Gewinne dorthin verschoben. Außerdem war es wegen seiner besonders liberalen Bankaufsichtsregeln ein beliebter Standort von Investmentbanken bzw. deren Ablegern.
Mit der Finanzkrise verliert der Luftballon plötzlich seine Luft.
Ganz ähnlich sieht es in Island aus:
Island kämpft gegen Zusammenbruch
Die Bankenkrise droht nun auch das erste Land in die Tiefe zu reißen: Nach der Verstaatlichung der drittgrößten Bank droht Island die Zahlungsunfähigkeit. Die Regierung hat nun ein Rettungspaket angekündigt, der Handel mit isländischen Bankaktien wurde ausgesetzt. Die Währung ist auf Talfahrt.
Quelle: FTD
… Das Arzneitelegramm kommt zur Schlussfolgerung, die Einführung der HPV-Impfung ohne systematische wissenschaftliche Begleitung stelle “ein unkontrolliertes Experiment mit der weiblichen Bevölkerung dar” (AT 2008,3). Und ein Editorial im renommierten New England Journal of Medicine stellt fest: “Da so viele essentielle Fragen noch unbeantwortet sind, gibt es gute Gründe zur Vorsicht bei der Einführung umfangreicher Impfprogramme. Wir sollten uns darauf konzentrieren, durch weitere Forschung stichhaltigere Antworten zu bekommen, und nicht weitreichende und kostspielige Entscheidungen fällen, die sich auf noch unbewiesenen Annahmen stützen” (HAUG 2008 )…
… Rolf Rosenbrock, Professor für Gesundheitspolitik an der TU Berlin und Mitglied des Sachverständigenrates im Gesundheitswesen, schreibt zu diesem Problem:”Stellt man sich die – aus Systemsicht bereits stark eingeengte – Frage, wo und wie mit 200 Mio. Euro für die Krebsprävention die größte gesundheitliche Wirkung zu erzielen wäre, dann hätte die HPV-Impfung wahrscheinlich keinen guten Stand. Es böte sich vielmehr an, zunächst die Früherkennung auf Cervix-Karzinom in ihrer Reichweite und Qualität zu verbessern (die Krankheit kann – theoretisch – zu mehr als 90% durch Früherkennung verhindert werden) und – da dies gewiss keine 200 Millionen Euro kosten würde – das restliche Geld in partizipativ gestaltete Setting-Projekte in sozial benachteiligten Orten bzw. Stadtteilen bzw. Schulen zu stecken…
… Im US-Staat Texas ist die HPV-Impfung seit 2008 Pflichtimpfung für alle 11-12jährigen Mädchen. Der Entscheidung hierzu ging ein intensives finanzielles und logistisches Engagement des Gardasil-Herstellers Merck voraus, mit Lobbyarbeit bei Krankenversicherungen und Laiengruppierungen (BLAKE 2007, KAISERNETWORK 2007). In der New York Times wurde Diane Harper, die an der Erforschung der HPV-Impfstoffe beteiligt war, mit den Worten zitiert: “Mercks Lobbyarbeit schloss jeden Meinungsbildner, jede Frauengruppe, jede medizinische Fachgesellschaft sowie Politiker ein, und sie gingen direkt auf die Leute zu – es entstand ein Gefühl der Panik, die besagte, du musst diese Vakzine jetzt haben” (ROSENTHAL 2008)…
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