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Titel: Sind der Westen und Russland in gleicher Weise schuld an der neuen Konfrontation und an einem möglichen Krieg in Europa? Ein Nachtrag zu Restle von Monitor.

Datum: 9. September 2016 um 16:45 Uhr
Rubrik: Außen- und Sicherheitspolitik, Audio-Podcast, Friedenspolitik, Strategien der Meinungsmache
Verantwortlich:

Mein Beitrag über die „Friedensrede“ des Monitor-Chefs hat viele Reaktionen ausgelöst: Mails an die NachDenkSeiten und eine Botschaft von Monitor-Moderator Georg Restle an mich auf der Facebook-Seite von Monitor. In diesem Disput wird sichtbar, dass selbst Zeitgenossen, die wie Georg Restle für den Frieden eintreten, daran glauben, dass Russland (mindestens) genauso schuld sei am neu ausgebrochenen West-Ost-Konflikt wie die NATO und die USA.. Meines Erachtens ist das eine gefährliche Fehleinschätzung; die ungerechte Schuldzuweisung verharmlost das Treiben der USA und wird voraussichtlich zu einer Verhärtung auf russischer Seite führen. Das ist absehbar und könnte tödlich enden. Albrecht Müller.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Auch deshalb komme ich auf das Thema und auf den Disput in diesem Nachtrag noch einmal zu sprechen.

Der Moderator von Monitor spricht in seiner Entgegnung auf den NachDenkSeiten-Beitrag von „expansiver Politik des russischen Präsidenten“. Auch mit dieser Formulierung hebt Georg Restle die Politik Russlands auf die gleiche Ebene wie jene der USA. Er unterstellt die gleichen imperialistischen Ziele.

Wir dokumentieren im Anhang B die an die NachDenkSeiten gerichteten Mails. Sie urteilen ziemlich verschieden, sind zugleich interessant. Deshalb werden nahezu alle wiedergegeben. Wer Zeit und Lust hat, möge sie lesen.

In vielen Mails wird an die Disputanten appelliert, wir – die NachDenkSeiten und Monitor – sollten doch am gleichen Strang ziehen. Bei vielen Themen geht das. Beim Thema Russland und dem neuen West-Ost-Konflikt wie überraschenderweise auch bei einigen anderen Themen ist das schwierig. Ich will das zusammenfassend vorweg beschreiben und begründen:

  • Restle fördert die Aggression gegen Russland und personalisiert – nicht nur in seiner Rede in Aachen. Auf Putin dreinzuschlagen ist einfältig, unfair und gefährlich. Die NachDenkSeiten können und werden dabei nicht mitmachen.
  • Monitor beteiligt sich mit dem Moderator Restle am groß angelegten Versuch, auch Russland eine imperiale Politik zu unterstellen und neutralisiert damit die notwendige Kritik am Imperium USA.
  • Der Moderator von Monitor beteiligt sich an der Kampagne gegen das zarte Pflänzchen einer neuen Friedensbewegung – daran beteilige ich mich nicht, im Gegenteil: ich habe schon zweimal im Kontext der Demonstrationen gegen den Drohneneinsatz in Ramstein gesprochen.
  • Restle beteiligt sich an der infam zu nennenden Querfront-Kampagne. Sollen die NachDenkSeiten mit Personen am gleichen Strick ziehen, die sich an einer clever ausgedachten Kampagne zur Störung und Zerstörung einer neuen Friedensbewegung beteiligen?

Im Anhang A sind einige wenige Dokumente und Texte angehängt und kommentiert, die das einschlägige Wirken des Monitor-Moderators Restle auch vor der Rede in Aachen zeigen.

So viel zur Einführung und jetzt im Einzelnen:

Ich wiederhole dem Sinne nach, was im Vorläufer-Artikel schon stand: Der Monitorchef hat in seiner Laudatio für den Aachener Friedenspreis engagiert für den Frieden gesprochen. Er hat nicht die falsche Parole verbreitet, wir im Westen seien die Guten. Das ist positiv zu bewerten und verdient Respekt und Anerkennung.

Er hat dann mit dem von mir zitierten Satz zu Putin gegen Ende seiner Rede signalisiert, die andere Seite sei genauso schlimm. Das Etikett für Putin lautete: „aggressiv-expansiver Machtmensch“.

Dieser Angriff wurde anders als bei den Klagen über die Kriege des Westens an einer Person festgemacht, an Putin. Wir wissen, wie stark Personalisierung wirkt. Das Böse wird an einer konkreten Person festgemacht und nicht allgemein an der NATO, am Westen, an den USA und so weiter.

Bei dieser Art von Gedankenführung und Argumentation bleibt hängen: Beide sind schuld an der neuen Konfrontation zwischen West und Ost, an Krieg und an der Gewalt in der Welt.

Restle schreibt in seiner Entgegnung auf Facebook denn auch, in seiner Rede sei es um eine „radikal gedachte Idee vom Frieden“ gegangen, „die immer weltoffen, immer universell ist – und die eben keinen Unterschied macht, ganz egal ob die Kriegsherren aus Washington, Berlin, Ankara oder Moskau kommen“. Restle wirft mir vor, diesen Satz nicht zitiert zu haben. In der Tat hätte ich diesen Satz zitieren sollen, weil man daran sehr schön sichtbar machen kann, in welcher wunderbaren Welt der Äquidistanz der Monitor Moderator lebt. Die Realität sieht aber ganz anders aus.

Solche schönen Sprüche werden der harten Realität der Interventionskriege und der Politik der Destabilisierung ganzer Staaten und ihrer Zerstörung nicht gerecht. Auch der wirkliche Ablauf der Geschichte in Europa, die Geschichte der Beendigung des Ost-West-Konflikts und der Wiederbelebung dieses gefährlichen Konflikts wird in der Welt des Georg Restle in den Hintergrund gedrängt und vergessen gemacht:

Nach dem Fall der Mauer 1989 und dem Ende der Ost-West-Konfrontation waren sich die Verantwortlichen einig,

  • dass es keine Konfrontation mehr geben solle,
  • dass wir in Europa einschließlich Russlands, das zu Europa gehört, unsere Sicherheit gemeinsam organisieren. „Gemeinsame Sicherheit“ war das wegweisende Stichwort.
  • Dass die NATO nicht über das Gebiet der DDR hinaus ausgedehnt werden sollte; die SPD schrieb sogar in ihr Berliner Grundsatzprogramm vom 20. Dezember 1989, dass die NATO wie der Warschauer Pakt aufgelöst werden sollte,
  • dass abgerüstet werden soll.

Die USA schwenkten dann schon in den 1990er Jahren um. Die NATO wurde ausgeweitet – bis an die Grenzen Russlands. Die imperiale Neigung der USA war deutlich zu spüren und zu erfahren.

Dazu gibt es Äußerungen von amerikanischen Strategen und angeblich großen Denkern wie Brzezinski und Dokumente. Zum Beispiel hat Willy Wimmer, der frühere Parlamentarische Staatssekretär im Verteidigungsministerium (CDU) davon berichtet, dass Helmut Kohl als amtierender Bundeskanzler anfangs der 1990er beunruhigt war über die Absichten der USA. Wimmer hat zudem nach einer Konferenz des US-State Departments und des American Enterprise Instituts in Bratislava am 2. Mai 2000 einen alarmierenden Brief zur vorgesehenen Konfrontationslinie an der Grenze Russlands an den damals amtierenden Bundeskanzler Schröder geschickt. (Siehe Anhang C.) Sein Bericht endet so:

„Die amerikanische Seite scheint im globalen Kontext und zur Durchsetzung ihrer Ziele bewusst und gewollt die als Ergebnis von 2 Kriegen im letzten Jahrhundert entwickelte internationale Rechtsordnung aushebeln zu wollen. Macht soll Recht vorgehen. Wo internationales Recht im Wege steht, wird es beseitigt. Als eine ähnliche Entwicklung den Völkerbund traf, war der Zweite Weltkrieg nicht mehr fern. Ein Denken, das die eigenen Interessen so absolut sieht, kann nur totalitär genannt werden.“

Die NATO hat ohne Rücksicht auf die Interessen Russlands im ehemaligen Jugoslawien einen völkerrechtswidrigen Krieg geführt. Dieser war mit Menschenrechtsverletzungen begründet worden, tatsächlich war es ein machtpolitischer, imperialer Vorstoß. Sein Nebenzweck war die Gewöhnung der Bundeswehr an die militärische Intervention außerhalb des NATO-Bereichs. Und übrigens damit auch der Bruch des Rechts in Deutschland – die Bundeswehr sollte eigentlich der Verteidigung unseres Landes dienen. Mit den Bomben auf Belgrad wurde Deutschland nicht verteidigt.

Die USA haben einen Raketenabwehrschild in Polen und Rumänien zu bauen begonnen und teilweise fertiggestellt, begründet mit der lächerlichen Behauptung, dieser sei als Abwehr gegen atomar bestückte Raketen des Iran gedacht.

Jetzt werden sogar mit deutscher Beteiligung Manöver in den baltischen Staaten und unmittelbar an der Grenze zu Russland abgehalten.

Der Westen und auch die NATO und die Europäische Union sind in der Ukraine zum Systemwechsel angetreten. 5 Milliarden US-$ haben die USA dort zur Pflege von Lobby und öffentlicher Meinung investiert, um auf diese Weise einen gewählten, russlandfreundlichen Präsidenten loszuwerden.

Überall war und ist spürbar, dass es um große Interessen, um Rohstoffe und wirtschaftlichen Einfluss geht.

Überall ist spürbar, dass es den USA darum geht, ihre Position als alleinige Weltmacht zu festigen.

Allzu oft ist spürbar, dass die Rüstungswirtschaft Kriege braucht und dass sie unter Politikern und Politikerinnen und auch unter Journalisten willige Helfer findet.

Zur Geschichte gehört auch, dass Russland versucht hat, die aufständischen Bewegungen wie etwa in Tschetschenien niederzuschlagen und dort wie auch in Georgien militärisch intervenierte. Die Intervention in Tschetschenien – zum Beispiel -kann man als Ausdruck imperialer Absichten interpretieren, man kann es auch als Versuch der Stabilisierung und des Zusammenhaltens einer sehr unterschiedlich bevölkerten Föderation sehen. In jedem Fall war es auch von russischer Seite militärische Gewalt und ist deshalb zu verurteilen.

Aber diese Vorgänge und Interventionen Russlands wie auch die Annexion der Krim auf die gleiche Ebene zu heben wie die imperialen Kriege der USA, wie z.B. die mit einer großen Lüge begründete Intervention im Irak, die Intervention in Libyen, die De-Stabilisierung Syriens, die Ausdehnung der NATO, der Drohnenkrieg und der Raketenschirm in Polen und Rumänien – dies auf die Ebene der Interventionen Russlands zu heben, ist schon die hohe Kunst der Irreführung.

Wie es auch sei, mit Georg Restle von Monitor kann ich mich sofort darauf verständigen, dass Putin – wie er in Aachen sagte – kein Friedensfürst ist. Aber die Feststellung, dass Putin kein Friedensfürst ist, ist keine Rechtfertigung für die Streichung des Versuchs, in Europa eine Zone gemeinsamer Sicherheit zu schaffen und mit Russland so zusammenzuarbeiten wie das 1990 verabredet worden war.

Wer in Putin den Gewalttäter und Imperialisten sieht, verzerrt den Ablauf der Geschichte seit 1990.

Putin, der Böse! Das ist ein Musterbeispiel dafür, dass die totale Manipulation heute möglich ist.

Bei dieser Ausgangslage ist es dann, wenn man ausreichend Medienschaffende zur Verfügung hat, die in das gleiche Horn blasen, möglich, aus einer Person wie Putin das Böse an sich zu machen. Das ist fantastisch gelungen.

Wenn Sie sich mit Leuten über Russland unterhalten und differenziert zu argumentieren versuchen, dann schallt es Ihnen an jeder zweiten Ecke entgegen: ‚Aber der Putin!‘. – Es wäre interessant zu erfahren, welche PR Agenturen und für wie viel Geld sie diese große Leistung der Manipulation vollbracht haben.

Sie haben es jedenfalls geschafft, dass in entscheidenden Phasen der jüngeren Entwicklung Entlastendes für Russland und für Putin nicht zur Sprache gebracht wird, auch nicht von Monitor: Nicht das Werben Putins um Freundschaft mit Deutschland und dem Westen bei seiner Rede im Deutschen Bundestag am 25.9.2001 (Wortprotokoll hier und youtube hier, ab Minute drei auf Deutsch) – Nicht beachtet hat man Putins Rede bei der Münchner Sicherheitskonferenz von 2007 . Sie war schon gezeichnet von Enttäuschung über die Vorstellung des Westens von einer monopolaren Welt. – Die Rede des russischen Ministerpräsidenten in München wurde Anfang dieses Jahres von Deutschlands führenden Medien in ihr Gegenteil verkehrt. (Siehe dazu Jens Berger am 15.2.2016 in den NachDenkSeiten „Wie unsere lieben „Qualitätszeitungen“ Medwedews Münchner Rede in ihr Gegenteil verdrehen“)

Jedenfalls ist heute nichts mehr geblieben vom Geist der Versöhnungs- und Entspannungspolitik. Sie war geprägt vom Geist der Verständigung, von aktiver, immer wieder versuchter Vertrauensbildung. Heute wird das Gegenteil gemacht. Heute wird Misstrauen gesät. Der Redaktionsleiter von Monitor beteiligt sich daran. Das ist zu kritisieren, trotz der sonstigen friedenspolitischen Bekenntnisse.

Vom „positiven Wandel durch Annäherung“ zum „negativen Wandel durch Konfrontation“

Die Entspannungs- und Vertragspolitik, die wesentlich dazu beigetragen hat, dass wir uns mit den Völkern im Osten und Südosten einschließlich Russlands nach dem zweiten Weltkrieg und nach dem Kalten Krieg vertragen haben, war auf einer strategischen Überlegung gegründet. Das ist bekannt. Die Formel lautete „Wandel durch Annäherung“. Wir im Westen wollten uns mit denen im Osten vertragen und Spannungen abbauen, damit sich dort auch ein innerer Wandel zeigen kann. Diesen inneren Wandel gab es, auch in Russland.

Mit der neuen Konfrontation besteht die Gefahr, dass ganz andere Kräfte die Oberhand gewinnen. Personen, die sich darauf berufen können, dass Sich-mit-dem-Westen-vertragen nichts bringt, dass man aufrüsten muss, dass man mit aller Gewalt das nationale Bewusstsein schärfen muss und sich ideologisch aufrüsten muss. Das ist genau die Entwicklung, die wir fürchten müssen.

Georg Restle betont in seiner Antwort an mich, er habe anders als die meisten Leserinnen und Leser der NachDenkSeiten längere Zeit in Moskau gelebt.. – Offenbar hat das Leben in Moskau jedoch ihn nicht zu der Einsicht gebracht, dass es schlimmere Alternativen als Putin geben könnte. Man muss deshalb seine Einlassungen als ziemlich blauäugig betrachten. Und eben als gefährlich, weil kurzsichtig. Den Strategen der Entspannungspolitik, Willy Brandt und Egon Bahr und uns allen, die wir in den sechziger und siebziger Jahren für die Friedenspolitik und das Konzept der gemeinsamen Sicherheit in Europa gearbeitet haben, ist diese Blauäugigkeit abgegangen. Das unterscheidet uns heute noch von Strategen des Typs Restle.

P.S.: Beim Pleisweiler Gespräch am 2. Oktober setzen wir die Debatte fort.

Das Thema: Nie wieder Krieg – Wie sähe eine vernünftige Strategie im Umgang mit Russland aus?

Zu Gast ist als Referent und Diskussionspartner Dr. Johannes Posth. Er war noch viel länger in Moskau als Georg Restle und auch lange Zeit in Kiew tätig. Der Moderator von Monitor ist jedenfalls herzlich eingeladen, mit dazu zu kommen. Hier ist die Einladung, die selbstverständlich für Sie alle gilt.

Anlage A:

Georg Restle – der Redaktionsleiter von Monitor – hat persönlich am Feindbild Putin mit gemalt.

Zu einem Beitrag auf Phoenix vom 4.12.2011 gibt es leider nur den Programmtext und nicht mehr die Sendung. Aber schon dieser Programmtext zeigt, dass wir es hier nicht mit einer vorurteilsfreien Berichterstattung zu tun haben.

Hier, die Ankündigung eines Beitrags vom 4.12.2011 bei Phoenix:

„Im Dezember wählen die Russen ein neues Parlament und die Welt schaut gebannt auf das Ergebnis. An der Wahl wird man die Zukunft des Landes ablesen können.

Die ARD-Korrespondenten Ina Ruck und Georg Restle liefern mit ihrer Dokumentation den Zustandsbericht eines Landes, das zwischen Terror im Kaukasus und der Politshow Putins gefangen ist. Parteitag von Russlands stärkster Partei “Einiges Russland”, im September wurde Präsident Dmitri Medwedew (l) von Regierungschef Wladimir Putin zum Spitzenkandidaten für die Duma-Wahl ernannt.“

Das Folgende ist der Text zu einer Sendung von Monitor mit dem Titel:

„Guter Putin, gute Bomben”

Von Georg Restle

vom 17.02.2016

Es rumort mal wieder kräftig in deutschen Talkshows und sozialen Medien: Der Putin ist los – und die Halsschlagadern schwellen reflexartig, links und rechts des Mainstreams. Wobei erstaunlich bleibt, dass Anhänger von AfD und Linken sich hier selten einig scheinen: Putin als falschverstandener Friedensfürst in Syrien, der alleine der Aggression des Westens und seiner Verbündeten trotzt, getötete Zivilisten Nebensache.“

Das ist typisch für die Manipulationsmethode, eine Geschichte verkürzt zu erzählen. Das geschieht regelmäßig bei Berichterstattungen und Kommentierungen zum schrecklichen Krieg in Syrien: Die Vorgeschichte, die Intervention der Saudis, der Türkei und der USA und damit das Öl für das Feuer eines Bürgerkrieges und für den Terror wird weggelassen. Die Erzählung der Geschichte beginnt mit der militärischen Intervention Russlands. Das ist typisch für die übliche Debatte um diesen Konflikt.

Es gibt glücklicherweise andere Dokumente wie etwa die Äußerungen des jüngeren Kennedy über die Entstehung jenes Konfliktes. Hier dokumentieren wir den entsprechenden Text.

Und hier noch etwas, an dem sichtbar wird, dass der Redaktionsleiter von Monitor sich in die Querfrontkampagne und die Diffamierung der Friedensbewegung als Veranstaltung von Verschwörungstheoretikern eingebaut hat.

Über die Demonstration mit dem Namen „Friedenswinter“ vom 13.12.2014 spricht er nach, was seine Kollegen von der Frankfurter Rundschau, der Zeit, der TAZ und der Berliner Zeitung, Spiegel Online und Tagesspiegel aufgeschrieben haben. Wir haben auf den NachDenkSeiten damals auf die Redner Eugen Drewermann und Daniela Dahn aufmerksam gemacht und Fotos von der Demonstration gebracht und damit belegt, dass die Vorwürfe, diese Friedensbewegung habe mit Rechten zusammengearbeitet, schlicht erfunden war. Ich habe mich dazu hier geäußert. Einen weiteren Bericht und Plakate der Demonstration vom 13. Dezember finden Sie auf den NachDenkSeiten hier. Georg Restle garniert seine nicht belegten Angriffe mit wunderbaren Worten. Siehe hier:

Friedenswinter und Verschwörungsphantasien

Den Bewunderern der Laudatio von Aachen ist anzuraten, den vorigen Link zu öffnen, den Text zu lesen und sich dann auch noch die Rede von Drewermann anzuhören. Siehe hier. Dann werden Sie ein bisschen besser verstehen, warum mich die Geschichte um die Rede Georg Restles in Aachen und auch manche Kommentare so sehr beschäftigen.

Anlage B:

Mails von Leserinnen und Lesern zum Beitrag in den NachDenkSeiten über die Friedensrede von Georg Restle, Monitor

Wir bringen nahezu alle Mails und unzensiert, mit Initialen, wenn nicht ausdrücklich angegeben worden ist, dass wir den Namen nennen dürfen.

  1. „Friedensrede“ des Monitor-Chefs Restle
    Sehr geehrter Herr Müller, Ihrer Anregung folgend möchte ich mich zur Laudatio von Herrn Restle äußern. Im Großen und Ganzen finde ich die Beiträge bei Monitor  von Herrn Restle objektiv und ausgewogen. Leider scheint aber auch jetzt bei ihm eine gewisse automatische Anpassung in Richtung negativer Argumentation nach Russland in Personifizierung „Putin“ statt zu finden. Dies bin ich bereits von Kontrovers, Quer und Panorama u.a. gewöhnt. Nachdem er am Anfang noch wie beiläufig in einer kurzen Abfolge von den Kriegsherren in Washington spricht und gezielt Moskau am Ende nennt, erfahren wir von den USA als weltweiten Aggressor und Terrorverbreiter in der weitern Rede nichts. Dafür muss zur Ablenkung mehrmals, aber zu Recht die NATO als Prügelknabe herhalten. Die Erwähnung der Übungsstadt „Schnöggersburg“ ist wichtig und richtig, aber warum hören wir nichts von Rammstein? Da ist, wie interessierte Menschen mittlerweile wissen, der „Dreh und Angelpunkt“ für weltweite Drohnenmorde ohne Gerichtsurteil mit permanenten unschuldigen Opfern. Nachdem Herr Restle sich ausgiebig und berechtigt über die fatale Entwicklung in der Türkei und die Ausfälle des Herrn Erdogan geäußert hatte, wäre eine ähnliche Aufzählung zu Saudi-Arabien oder auch den USA nicht ganz verkehrt gewesen. Auch die Aufrüstungsspirale sowie die Modernisierung der Atomraketen in der Eifel werden beiläufig und wie selbstverständlich, ohne Nennung der USA als treibende und ausführende Kraft erwähnt! Als besonders perfide empfinde ich daher auch den Angriff auf Herrn Putin kurz vor Ende der Laudatio.
    Ihn als aggressiv-expansiven Machtmenschen zu bezeichnen ist schon etwas schizophren. Aggressiv und expansiv kann man seit Jahrzenten die Politik der USA bezeichnen und sollte dies daher auch fairer Weise tun. Dies verpasst oder vermeidet Herr Restle leider und betreibt daher auch die Ausweitung des West-Ost-Konfliktes und reiht sich in die Reihe der „Lückenpresse“ ein, die durch das Weglassen bekannter Tatsachen eine andere Sicht der Dinge erzeugt.
    Übrigens war eine ähnliche Diffamierung von Herrn Putin vor kurzem der Aufmacher von „Welt der Wunder“. Er wird dort als Psychopath bezeichnet. Der Titel lautet: „Psychopathen der Weltgeschichte“ und als Ergänzung „Wenn eine Gehirnanomalie mächtige Menschen zu Monstern macht“. Ich habe eine Mail mit diesem Beitrag im August an Herrn Berger geschickt.
     
    Mit freundlichen Grüßen
    Ingo K.
  2. Lieber Herr Müller,
    liebes Nachdenkseiten-Team,
     
    Sie baten um Reaktionen auf Ihren Artikel zur Friedenspreis-Rede von Georg Restle. Mein Ergebnis vorweg: Ich denke ich muss Ihnen hier ausnahmsweise mal widersprechen. Auch wenn ich Ihren Analysen praktisch immer zuzustimmen vermag, fürchte ich, dass Sie in diesem konkreten Fall über das Ziel hinausschießen.
     
    Insbesondere treibt mich die Sorge um, dass Sie hier einen unnötigen Bruch mit (anderen) progressiven Kräften verursachen und sprichwörtlich das Kind mit dem Bade ausschütten. Ich kann hier nur eine ganz große Bitte an Sie richten: Verteufeln Sie nicht aufrichtige Progressive, mit denen man für die gute Sache streiten könnte, bloß weil diese nicht (wie Sie und ich) den vollständigen Durchblick haben und daher (in einzelnen Punkten) (noch) dem Mainstream hinterherlaufen, weil sie von diesem indoktriniert sind. Das heißt nicht, dass Sie zu jedem Gut-Freund sein sollen, der vordergründig auch progressive Versatzstücke verwendet, bloß um tatsächlich die neoliberale Linie durchzusetzen (z.B. Heinrich-Böll-Stiftung, u.ä.); bei solchen Fällen bin ich froh, dass Sie dies mit klaren Worten ansprechen. Ich hoffe nur, dass Sie dabei nicht über das Ziel hinausschießen und solche Fällen abzugrenzen vermögen gegenüber solchen, bei denen ganz überwiegend vernünftige Positionen vertreten werden und nur gelegentlich (wo die Propaganda dann doch wirkt) der Mainstream durchschlägt.
     
    Genau dies (letzteres) scheint mir sehr eindeutig bei Restle der Fall zu sein. Wenn ich die Rede lese, kann ich mir beim besten (oder schlimmsten?) Willen nicht vorstellen, dass die ganze Rede nur dazu dienen soll, einen Rahmen zu schaffen, um mit einem kurzen Satz dann Putin zu verdammen. Konkret: Wo im Mainstream finden Sie denn Formulierungen wie hier, die von den Kriegsherren (auch) aus Washington und Berlin sprechen, die offen aussprechen, dass es der Bundesregierung in Afghanistan nicht um Frieden geht, der ganz entschieden der Propaganda widerspricht, dass Kriege Frieden bringen, der anspricht, dass Kriege nur den (politischen) Eliten dienen, der anspricht, dass Kriege dazu dienen, um deutsche Wirtschaftsinteressen und die deutsche Exportorientierung zu sichern und Rohstoffe zu erkämpfen, der darauf hinweist, dass der Terror vom Westen strategisch genutzt wird, der sich klar nicht nur gegen TTIP, sondern auch gegen CETA stellt usw. “Die neue Rolle Deutschlands in der Welt, sie definiert sich danach vor allem militärisch.” – so spricht niemand, der eigentlich nur seine kriegstreibende Botschaft gegen Russland unterbringen will, so spricht ein wahrer Progressiver – der lediglich in diesem einen Punkt verblendet ist. Doch das sollte kein Anlass für Fundamentalkritik an dieser Stimme sein, sondern eher für Detailkritik nach der Sorte “Selbst die vernünftigsten Stimmen können mitunter falsch liegen”.
     
    Abgrenzung zu echten Kriegstreibern ist wichtig, gemeinsames Streiten (auch bei gewissen Abweichungen) aber auch – für eine Politik innerhalb der SPD befürworten Sie dies doch auch immer (“getrennt marschieren, vereint schlagen”). Machen Sie sich bitte nicht Verbündete zu Gegner, das können wir uns einfach nicht leisten – es gibt schon wenig genug Verbündete.
     
    Schöne Gruß
    Jan T.
  3. Sehr geehrter Herr Müller,
     
    zu Ihrem heutigen Beitrag in den NDS möchte ich bemerken, dass Georg Restle kurz nach dem Absturz der Malaysia-Airlines-Maschine (Flug MH 17) in einer TV-Sendung behauptete, dass kein Zweifel daran bestünde, dass Putin hinter diesem “Anschlag” stünde. Das war ein Wermutstropfen in meiner ansonsten positiven Einstellung gegenüber Herrn Restle, dessen kritischen Beiträgen in der Sendung MONITOR ich meistens nur zustimmen konnte. Bis dato ist ja nicht geklärt, wer oder was die Maschine zum Absturz brachte. Seine Haltung ist deshalb für mich völlig unverständlich.
     
    Mit freundlichen Grüßen

    Gertrude F.

  4. Sehr geschätzter Herr Müller,

    in Ihrem heutigen Beitrag auf den NDS stellen sie bezüglich der Laudatio beim Aachener Friedenspreis von Herrn Restle folgende Fragen:

    „Was würden Sie für die bessere und treffsichere Erklärung halten? Alibi oder Verbreitung und Vertiefung der Aggression und damit ein Beitrag zum Aufbau eines neuen West-Ost-Konfliktes?“

    Ich habe daraufhin die Verlinkung zu dieser Rede unter dem Gesichtspunkt Ihrer Fragen genutzt und die Laudatio zweimal gelesen. Ich komme nicht umhin, Ihnen eine gewisse Irritation mitzuteilen.

    Es liegt mir fern die Intention mit dieser Laudatio von Herrn Restle zu interpretieren, ich halte mich daher einfach einmal an den Text und versuche zwischen den Zeilen möglicherweise noch einen Subtext zu finden. Für mich ist nicht der Hinweis auf Putin die entscheidende Botschaft, sondern die folgenden Zeilen:

    Selten seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs hat Deutschland sich in einem solchen Ausmaß mitschuldig gemacht am Leiden und Sterben von Menschen, die Opfer geworden sind von geopolitischen Planspielen, und auch vom neuen Größenwahn einer deutschen Außenpolitik, die neue Stärke vor allem militärisch definiert.

    So etwas habe ich in den öffentlich-rechtlichen Medien selten oder bisher gar nicht gelesen oder gehört. Auch wenn diese Zeilen für kritische NDS-Leser nichts Neues bedeuten, sind sie für einen öffentlich-rechtlichen Journalisten beachtens- und bemerkenswert! Einfach aus dem Grund, weil die Aussage stimmt! Herr Restle erwähnt die aus europäischer Sicht im Moment wichtigsten Krisenherde und weist auf die Zusammenhänge und Verantwortung der bundesdeutschen und der Nato-Politik hin. Darüber hinaus erwähnt er auch noch die klerikal-faschistische Diktatur der Saudis als „zuverlässigen“ Partner des Westens und der Nato. Insgesamt tadelt oder verurteilt er auf über 2500 Worten den aufkommenden rechten Nationalismus und die wachsende Aufrüstung und appelliert an den Widerstand aus den Reihen der Zivilbevölkerung.

    Wenn ich mich nicht verzählt habe, gebraucht er 33 Worte, um davor zu warnen, den „Friedensfürsten“ Putin „auf dem Leim zu gehen“. (Wir sollten versuchen, niemanden auf dem Lein zu gehen) Das ist gemessen an der Menge des übrigen Textes doch viel zu wenig, um daraus die vermeintliche Botschaft „Wir müssen uns vor Putin schützen“ oder so ähnlich zu entnehmen. Aus meiner Sicht sind die Zeilen über Putin ein Bruch der inneren Logik dieses Textes und scheinen mir tatsächlich nachträglich eingeschoben zu sein. Ob die Zeilen über Putin die Meinung von Herrn Reste sind oder eine freiwillige Selbstzensur oder irgendein Vorgesetzter aus dem Bereich der ARD dies veranlasst hat, will ich nicht spekulieren. Für möglich halte ich durchaus alles.

    Ich würde meine Meinung dazu noch einmal überdenken, wenn Herr Restle bei der Aufzählung der Krisenherde auch die Ukraine mit einbezogen hätte, was er aber nicht getan hat. Insofern gibt die aus meiner Sicht aggressive Formulierung gegenüber Putin in diesem Gesamttext zusätzlich wenig Sinn und wirkt etwas fehl am Platz. (Vielleicht ist es die mögliche Angst vor der Reaktion auf seinen Text, unbedingt auch etwas kritisches über Putin anzubringen? Wir sind es ja leider gewohnt und darauf gedrillt, immer alles möglich ausgewogen und nicht einseitig zu sehen.)

    Ich sehe bei aller Mühe keine beabsichtigte „innere Mobilmachung“ gegen Russland in der Laudatio. Ganz im Gegenteil! Ich halte diesen Text für beachtenswert und im positiven Sinn für zitierfähig. Wir sollten uns daran gewöhnen, dass wir aus dem öffentlichen-rechtlichen Bereich der Medien zwischen den Zeilen zu lesen lernen und dass z.B. die Laudatio von Restle vielen Menschen auch schon viel zu weit geht. Dazu hier ein Kommentar (bisher der einzige!) von der WDR-Seite zu dieser Laudatio:

    Neuester Kommentar von “Ansgar”, heute, 09:52 Uhr:

    Harter Toback. Soll ein Journalist im Nebenberuf Agitator sein? Vielleicht schon, aber dann gehört das nicht aufs Blog eines Öffentlich-Rechtlichen Senders.

    Solange Herr Restle solche Reden schreibt, hat er aus meiner Sicht eher (kritische) Unterstützung und Respekt als verbale Haue verdient. Ich glaube, dass kritische Journalisten mit guten Texten die Unterstützung der Öffentlichkeit benötigen, damit sie nicht in totaler Selbstzensur verfallen.

    Mit den besten Wünschen und Grüßen

    Claus Hübner

    P.S.: Wenn Sie es wollen, kann meine Email mit Namensnennung gerne veröffentlicht werden.

  5. Lieber Herr Müller,

    ich habe die Rede von G. Restle nur gelesen. Man kann an der Beschreibung, dass Putin ein aggressiv-expansiver Machtmensch sei, Anstoß nehmen. Fragt sich nur, warum? Ein Friedensfürst ist er sicher nicht. Ein schon lange hier lebender Freund aus Syrien, berichtete mir vor einigen Tagen, dass die russische Armee im Verbund mit der syrischen Armee, Fassbomben und Napalm in Syrien eingesetzt habe. Ob das verifizierbar ist, weiß ich nicht. Aber, dass die russische Luftwaffe in Syrien dazu beiträgt, die Stadt Aleppo in Schutt und Asche zu Bomben, kann bei aller kritischen Vorsicht gegenüber der Medienberichterstattung, als gesichert gelten. Die Kriegsführung der russischen Armee unter der politischen Führung Putins im Tschetschenien-Krieg, und der “Einfluß” russischer Kombattanten in den militärischen Gefechten in der Ost-Ukraine (soweit wir darüber tatsächlich aufgeklärt werden), lassen ebenfalls keinen Willen der russischen Regierung zur Deeskalation erkennen. Wenn ich mich an der Formulierung, dass Putin ein aggressiv-expansiver Machtmensch sei, stoße, dann will ich eine Diskussion über sein politisches Gebaren vermeiden. Das ist angesichts des Krieges in Syrien und dem bewaffneten Konflikt in der Ost-Ukraine, aber nicht opportun. Wenn die amerikanische Kriegsführung – und die der beteiligten europäischen Armeen –  zu Recht kritisiert wird, dann muß der angewandte Maßstab daran auch für die russische Kriegsführung gelten. G. Restle hat m.E. eine gute Laudatio gehalten und ist seinem journalistischen Anspruch treu geblieben. Ob seine Äußerung über Putin der Versuch einer Manipulation ist, wage ich zu bezweifeln. Ob die Gespräche auf dem G-20-Gipfel zwischen Putin und Obama zur Lösung der genannten Kriege beiträgt, bleibt eine offene Frage.

    Herzlichen Gruß

    Ansgar L.

  6. Sehr geehrter Herr Albrecht Müller,

    da Sie in Ihrem Kommentar zur Friedensrede des Herrn Restle zu Leserreaktionen aufrufen, möchte ich Ihnen gerne meine Eindrücke von dieser Rede mitteilen.

    Die Ausführungen von Herrn Restle haben mich äußerst beeindruckt, und ich fragte mich bei der Lektüre mehrfach, warum die von ihm formulierten Feststellungen noch nicht einmal in Ansätzen in der medialen Berichterstattung angesprochen werden.

    Die Bevölkerung hätte eigentlich das Recht, diese Zusammenhänge häufig und klar erklärt zu bekommen.

    Die Anmerkung in der Rede gegen Ende, wo sich der Redner auf Putin bezieht, fällt in der rhetorischen Gestaltung in der Tat etwas aus dem Konzept der sonstigen Aussagen heraus.

    Der Redner vermeidet weitgehend personalisierende Schuldzuweisungen, spricht lieber von der NATO, der Bundesregierung oder der türkischen Regierung statt konkret Verantwortliche zu kritisieren. Dann plötzlich der Name Putin ist auffallend.

    Die Motive für diese Formulierung lassen sich, denke ich nur schwer erahnen. Vor allem möchte ich dem Redner nicht unterstellen wollen, dass dies seine Hauptbotschaft ist.

    Wenn ich überhaupt spekulieren wollte, würde ich eher vermuten, dass er sich nach all seiner Kritik an der westlichen Politik und speziell der Politik der Bundesregierung nicht dem Vorwurf ausgesetzt sehen will, einseitige Schuldzuweisungen vorzunehmen und auf dem russischen Auge blind zu sein. Die Art der Formulierung ist dann vielleicht den sprachlichen Gepflogenheiten der letzten Monate geschuldet.

    Keinesfalls sollte deshalb aber m.E. der Wert der Rede insgesamt in Zweifel gezogen werden.

    Mit freundlichen Grüßen

    Manfred C.

  7. WDR Rede
    Auch hier kein Wort gegen die Kanzlerin.
     
    R. beklagt die Rüstungsexporte, die Aufrüstung, die Übungsstadt für den Bürgerkrieg, 
    jedoch kein Sterbenswörtlein gegen die Kanzlerin , die sich hinter den Ministern verbirgt .
    Die ist außen vor. Wenn das die Führerin wüßte …
    Gruß Gr.
  8. Sehr geehrte Damen und Herren,
    sehr geehrter Herr A. Müller,  

    auf Ihre Frage nach meinem Eindruck möchte ich antworten:

    Günter Gaus hat bereits in den späten 70-er Jahren das Bild vom Grüßen des Gesslerhutes geprägt, also dass Politiker glauben, betonen zu müssen, auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung zu stehen, bevor sie etwas freieres sagen können.

    Die Frage “Wie hältst du es mit Putin?” ist spätestens seit Herbst 2014 zu der Gretchenfrage der dt. Außenpolitik geworden. Damals rückte der scheidende langjährige Chefredakteur Robert Leicht den Bundesaußenminister a.D. Genscher öffentlich in die Nähe altersbedigter Unzurechnungsfähigkeit, als dieser sich für Geduld und ein gewisses Verständnis für die Politik Russlands aussprach [Zeit online, 22.09.2014]. Eine ungeheure Anmaßung.  
    Leider war ich bei der Rede im Aachener Rathaus nicht dabei. Aus der Ferne und nach Durchlesen der Rede:
    Georg Restle ist weder ein Kind, noch ein Narr, noch alt noch journalistisch unabhängig. Seine Rede enthält sehr, sehr viel Gutes, und er hat den hier mit Recht aufgegriffenen Holzbalken wohl mit Absicht ausgelegt, quasi als Gruß des Gesslerhutes oder als Versicherung.   

    MfG, Bernd W.

  9. Hallo, lieber Herr Müller,
    habe die Rede gelesen, hätte ich nicht gewusst, auf was ich achten sollte, hätte ich es überlesen.
     
    Beim 3.Mal lesen meine ich, es ist bei allem Eifer, den die Rede ausstrahlt, keine gegen den Krieg und keine für den Frieden. Er ist ein Mitläufer und wollte agitieren.
    Also: Manipulation mit Hilfe dieser doppelzüngigen Rede. Wäre er eindeutiger gewesen mit den Stich-Worten: Neoliberalismus frisst alle auf, sogar die Gehirne der Elite, wäre er authentischer gewesen.  Das was der Mann sagte, weiß Merkel auch.
     
    Und – er hat keinen sofortigen Stopp der Kriege gefordert. Er hat überhaupt keine Namen genannt, also keinen Adressaten, womit die Rede eine Rede für die Luft war.
     
    Beste Grüße
    Karola S.
  10. Hallo liebe Redaktion der NDS,
    ich möchte meine Meinung zur o.g. Friedensrede kurz äußern:
    Für mich ist die Rede bis auf den Putinabsatz brillant und sehr aussagefähig, so dass es für mich in dem bewussten Absatz kein Manipulationsziel stecken kann, sondern fremd- oder eigenbestimmt dieser Absatz eher zum Erreichen einer vermeintlichen „Ausgewogenheit° eingefügt wurde.
    Er bricht m.E. auch nicht mit der Gesamtaussage des Textes zur fragwürdigen Politik unserer Bundesregierung.
    Mit freundlichen Grüßen und weiter so!
    Ihr U.L.
  11. Liebes Redaktions-Team,

    nachdem ich die Erwiderung von Georg Restle auf Facebook gelesen habe, habe ich auch seine vollständige Laudatio gelesen. Diese veranlasst mich dann doch, mich ebenfalls zu äußern:

    Georg Restle hat in seiner Laudatio das viele Unrecht auf unsere Mutter Erde und die zahlreichen Kriegsbestrebungen beim Namen genannt. Dabei hat er niemanden geschont und auch die Täter beim Namen genannt. Den einen, zitierten Satz zu Putin die “hohe Kunst der Manipulation” zu bezeichnen, halte ich für sehr überheblich und unsachlich. Ich denke, dass Ihr hier übers Ziel hinausgeschossen seid. Georg Restle hat seine Erwiderung schon auf Facebook geäußert. Ich hoffe und wünsche, dass sich daraus keine gegenseitigen Vorwürfe der Meinungs-Manipulation entwickeln, sondern eine fruchtbare, engagierte und sachliche Auseinandersetzung, was jeder von uns – gleich in welcher Weise – zur Friedensgestaltung beitragen kann. Und wirklich etwas beitragen können wir nur vor der eigenen Haustüre.

    Aus Georg Restles Laudatio möchte ich einen Satz hervorheben, der es mir wesentlich mehr wert ist, sich darüber öffentlich Gedanken zu machen und um Lösungen zu ringen: “Diese Republik braucht eigentlich eine starke Friedensbewegung.” Mit Georg Restle (Monitor) und den Nachdenkseiten und ihren Lesern begegnen sich Menschen, die politisch im selben Boot sitzen. Lasst uns deshalb den Aufruf der Nachdenkseiten nicht zu gegenseitigen Manipulations-Vorwürfen nutzen, sondern dazu, unser Boot schneller, zielsicherer und erfolgreicher als bisher mit gemeinsamer Kraft in Richtung Frieden zu steuern!

    Mit freundlichem Gruß
    Gerhard Hallstein

  12. Zum Artikel “Der doppelte Biss der NachDenkSeiten – erläutert an der Analyse einer „Friedensrede“ des Monitor-Chefs Restle” (Albrecht Müller, 5.9.2016):

    Sehr geehrter Herr Müller,

    ich finde es gut, dass Sie darauf aufmerksam machen, dass eine Rede ein Trojanisches Pferd sein kann. In der Tat ist die kritische Stelle etwas merkwürdig und somit ein Beispiel für ein mögliches (!) Trojanisches Pferd. Warum ist Putin der einzige “böse” Politiker, der mit Namen genannt wird? Aber:

    (Es folgen ein paar spontane Überlegungen, die keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder Ordnung haben. Sie sind vielleicht auch nicht bis ins letzte Detail durchdacht. Wenn, dann nur anonym zitieren!)

    1.) Halten Sie Putin für einen “neuen Friedensfürsten”? Ist Putin kein “Machtmensch”? Halten Sie Putin für “nicht aggressiv”? Ich bin jetzt in der Weltpolitik nicht so bewandert wie Sie, aber einen lupenreinen Pazifisten oder einen zweiten Mahatma Gandhi erkenne ich in Putin nicht — genauso wenig wie in Obama, Merkel, Hollande…

    Ihrem Text zufolge haben weder Sie noch Ihre Freundin Anstoß an der Formulierung “Kriegsherren aus Washington, Berlin, Ankara oder Moskau” genommen. Mit “Kriegsherr aus Moskau” kann ja nur Putin gemeint sein. Ist ein Kriegsherr nicht automatisch “aggressiv”, selbst wenn er sich/sein Land “nur” verteidigt?

    Im Fremdwörterduden heißt es unter “Aggression”: “1. rechtswidriger Angriff auf ein fremdes Staatsgebiet, Angriffskrieg. 2. [affektbedingtes] Angriffsverhalten, feindselige Haltung eines Menschen oder eines Tieres als Reaktion auf eine wirkliche oder vermeintliche Minderung der Macht mit dem Ziel, die eigene Macht zu steigern oder die Macht des Gegners zu mindern”. Unter “aggressiv” heißt es: “1. angriffslustig, herausfordernd, 2. rücksichtslos, 3. [Materialien] angreifend”.

    Aber ich fürchte, das läuft auf eine Wortklauberei hinaus, die uns nicht weiterbringt. Auch das Wörtchen “expansiv” ließe sich erörtern.

    Ich würde Georg Restles Formulierung nicht als “aggressiv” bezeichnen.

    2.) Man kann in jeder Suppe ein Haar suchen wollen und dann “Hurra!” schreien, wenn man ein Staubkorn gefunden hat.

    3.) Man muss nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen.

    4.) Es ist Spekulation und damit einigermaßen müßig zu überlegen, welches die “bessere und treffsichere Erklärung” ist. Fragen Sie doch den Redner: Inwiefern hält er Putin für aggressiv und expansiv? Wer will Putin zu einem “neuen Friedenfürsten” machen? Wie findet der Redner die NATO-Osterweiterung(spolitik)? Hält er diese nicht auch für aggressiv und expansiv?

    5.) Wie diese einzelne fragwürdige/missverständliche/uneindeutige Formulierung eine Aggression vertiefen und zum Aufbau des Ost-West-Konflikts beitragen kann, kann ich nicht erkennen, wenn man in Betracht zieht, dass die Kritik des Redners am Militarismus überwiegt. Wenn es sich um ein Trojanisches Pferd handeln sollte, ist es ein schlechtes, das sich selbst ins Knie schießt.

    Mit freundlichem Gruß
    A. R.

Anhang C:

Willy Wimmer, Mitglied des Bundestages,
Vorsitzender des CDU-Bezirksverbandes Niederrhein,
Vizepräsident der Parlamentarischen Versammlung der OSZE

Herrn Gerhard Schröder, MdB,
Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland,
Bundeskanzleramt, Schlossplatz 1, 10178 Berlin
Berlin, den 02.05.00

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler,

am vergangenen Wochenende hatte ich in der slowakischen Hauptstadt Bratislava Gelegenheit, an einer gemeinsam vom US-Außenministerium und American Enterprise Institute (außenpolitisches Institut der republikanischen Partei) veranstalteten Konferenz mit den Schwerpunktthemen Balkan und NATO-Erweiterung teilzunehmen.

Die Veranstaltung war sehr hochrangig besetzt, was sich schon aus der Anwesenheit zahlreicher Ministerpräsidenten sowie Außen- und Verteidigungsminister aus der Region ergab. Von den zahlreichen wichtigen Punkten, die im Rahmen der vorgenannten Themenstellung behandelt werden konnten, verdienen es einige, besonders wiedergegeben zu werden:

  1. Von Seiten der Veranstalter wurde verlangt, im Kreise der Alliierten eine möglichst baldige völkerrechtliche Anerkennung eines unabhängigen Staates Kosovo vorzunehmen.
  2. Vom Veranstalter wurde erklärt, dass die Bundesrepublik Jugoslawien außerhalb jeder Rechtsordnung, vor allem der Schlussakte von Helsinki, stehe.
  3. Die europäische Rechtsordnung sei für die Umsetzung von NATO-Überlegungen hinderlich. Dafür sei die amerikanische Rechtsordnung auch bei der Anwendung in Europa geeigneter.
  4. Der Krieg gegen die Bundesrepublik Jugoslawien sei geführt worden, um eine Fehlentscheidung von General Eisenhower aus dem 2. Weltkrieg zu revidieren. Eine Stationierung von US-Soldaten habe aus strategischen Gründen dort nachgeholt werden müssen.
  5. Die europäischen Verbündeten hätten beim Krieg gegen Jugoslawien deshalb mitgemacht, um de facto das Dilemma überwinden zu können, das sich aus dem im April 1999 verabschiedeten “Neuen Strategischen Konzept” der Allianz und der Neigung der Europäer zu einem vorherigen Mandat der UN oder OSZE ergeben habe.
  6. Unbeschadet der anschließenden legalistischen Interpretation der Europäer, nach der es sich bei dem erweiterten Aufgabenfeld der NATO über das Vertragsgebiet hinaus bei dem Krieg gegen Jugoslawien um einen Ausnahmefall gehandelt habe, sei es selbstverständlich ein Präzedenzfall, auf den sich jeder jederzeit berufen könne und auch werde.
  7. Es gelte, bei der jetzt anstehenden NATO-Erweiterung die räumliche Situation zwischen der Ostsee und Anatolien so wiederherzustellen, wie es in der Hochzeit der römischen Ausdehnung gewesen sei.
  8. Dazu müsse Polen nach Norden und Süden mit demokratischen Staaten als Nachbarn umgeben werden, Rumänien und Bulgarien die Landesverbindung zur Türkei sicherstellen, Serbien (wohl zwecks Sicherstellung einer US-Militärpräsenz) auf Dauer aus der europäischen Entwicklung ausgeklammert werden.
  9. Nördlich von Polen gelte es, die vollständige Kontrolle über den Zugang aus St. Petersburg zur Ostsee zu erhalten.
  10. In jedem Prozess sei dem Selbstbestimmungsrecht der Vorrang vor allen anderen Bestimmungen oder Regeln des Völkerrechts zu geben.
  11. Die Feststellung stieß nicht auf Widerspruch, nach der die NATO bei dem Angriff gegen die Bundesrepublik Jugoslawien gegen jede internationale Regel und vor allem einschlägige Bestimmungen des Völkerrechts verstoßen habe.

Nach dieser sehr freimütig verlaufenen Veranstaltung kommt man in Anbetracht der Teilnehmer und der Veranstalter nicht umhin, eine Bewertung der Aussagen auf dieser Konferenz vorzunehmen.

Die amerikanische Seite scheint im globalen Kontext und zur Durchsetzung ihrer Ziele bewusst und gewollt die als Ergebnis von 2 Kriegen im letzten Jahrhundert entwickelte internationale Rechtsordnung aushebeln zu wollen. Macht soll Recht vorgehen. Wo internationales Recht im Wege steht, wird es beseitigt. Als eine ähnliche Entwicklung den Völkerbund traf, war der Zweite Weltkrieg nicht mehr fern. Ein Denken, das die eigenen Interessen so absolut sieht, kann nur totalitär genannt werden.

Mit freundlichen Grüßen

W. Wimmer


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