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Titel: Endlich Steuernachzahlung durch Apple gefordert. Der Fisch stinkt vom Kopf. Juncker sollte seinen Hut nehmen.
Datum: 31. August 2016 um 9:37 Uhr
Rubrik: Audio-Podcast, Aufbau Gegenöffentlichkeit, Europäische Union, Steuerhinterziehung/Steueroasen/Steuerflucht
Verantwortlich: Albrecht Müller
Seit Jahren zahlen US-amerikanische und andere Großkonzerne in Europa kaum Steuern. Apple zum Beispiel zahlte bei fast 50 Milliarden Auslandsgewinnen nur 4 % Steuern. Dank EU-eigener Steuerparadiese zum Beispiel in Irland, in den Niederlanden und in Luxemburg. Die EU-Kommission hat jetzt beschlossen, ca. 13 Milliarden + Zinsen zurückzufordern. Warum so spät? Warum nicht gleich bei anderen Unternehmen? Wo bleiben die Konsequenzen für die Steuerparadiese und die dafür Verantwortlichen, zum Beispiel den Kommissionspräsidenten Juncker, der die Geschäfte für sein Land, für Luxemburg, als dessen Ministerpräsident und Finanzminister jahrelang betrieben hat? Albrecht Müller.
Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.
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Im Anhang finden Sie unter A einen Artikel der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und unter B eine Pressemitteilung des einschlägig tätigen SPD-Europa-Abgeordneten Peter Simon und unter C eine Meldung des ZDF-Heute, mit dem Hinweis darauf, dass sich Irland und Apple gegen die Entscheidung wehren werden
Die von der EU geförderte Steuervermeidung hatte und hat immer noch Folgen
Das hat die Brüsseler Kommission, die Brüsseler Administration und der Ministerrat seit Jahren zugelassen. (Seit 1980 verfahren Irland und Apple so.) Das ist der eigentliche Skandal an diesem Vorgang.
Und die Konsequenzen?
Der erwähnte frühere Luxemburger Ministerpräsident und Finanzminister und heutige Kommissionspräsident Juncker ist einer der Hauptverantwortlichen. Er kennt die Zusammenhänge, vermutlich wie keiner sonst. Er sollte gehen, vielleicht vorher noch beim Aufräumen helfen.
Diese Konsequenz wird auch vom Herausgeber der FAZ Steltzner gefordert. Siehe Anhang A. Das ist ja immerhin ein Fortschritt. Der Europa-Abgeordnete Simon fordert diese Konsequenz seltsamerweise nicht.
Wenn Europa, wenn die Europäische Union ihren Ruf wiederherstellen will, dann müssen alle Skandale dieser Art – Apple und Irland sind ja nur die Spitze des Eisbergs – aufgearbeitet werden. Die Öffentlichkeit, wir Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union haben ein Recht darauf, zu erfahren, warum der jetzt offensichtlich gewordene Skandal seit Jahrzehnten existiert und nichts dagegen unternommen wurde. Wer hat verhindert, dass Forderungen auf Steuernachzahlung, wie jetzt gegenüber Apple, nicht schon früher beschlossen worden sind? Welche anderen Konzerne und welche Länder sind ähnlich tätig?
Zum Aufräumen gehört auch die Beendigung der Verhandlungen mit den USA über TTIP und mit Kanada über CETA. Wenn diese Abkommen nämlich verhandelt sind und in Kraft treten, dann werden sich ähnliche Skandale auch auf anderen Feldern als auf dem Gebiet der Steuern massenhaft einstellen. Und wir sind dann insgesamt noch ohnmächtiger, als wir das bisher in der Steuerpolitik waren und sind.
Nachtrag 11:45 Uhr: Mit Recht weisen einige Leserinnen und Leser der NachDenkSeiten daraufhin, dass die Forderung nach Steuernachzahlung noch lange nicht heißt, dass die begünstigten Unternehmen auch wirklich zahlen. Dieser Hinweis kommt zwar im obigen Text schon vor. Er soll aber noch einmal betont werden.
Anhang:
Mitglied des Europäischen Parlaments
EU-Kommission / Beihilfeverfahre Apple Brüssel, 30.08.2016
Peter SIMON:
“Die EU schlägt zurück – Apples Steuersparmodell in Irland ist illegal”
EU-Kommission fordert Nachzahlungen in Milliardenhöhe
Die Europäische Kommission hat nach mehrjährigen Ermittlungen das Steuersparmodell von Apple in Irland am Dienstag für illegal erklärt. Der Vorwurf: Die Sonderbehandlung des Unternehmens durch irische Steuerbehörden stellt eine unerlaubte staatliche Beihilfe dar und die entsprechenden Steuern müssen deshalb nachgezahlt werden. Die Nachzahlungen sollen bis zu 13 Milliarden Euro zuzüglich Zinsen betragen, da Apple in bestimmten Jahren Unternehmensteuersätze von lediglich 0.005 bis 0.05 Prozent zugestanden wurden.
“Die von der EU-Kommission vorgelegten Zahlen zu den effektiven Unternehmenssteuersätzen von Apple sind beispielslos: Auf 1 Million Gewinn zahlte Apple unfassbare 50 Euro Steuern. Aber jetzt hat Apple ausgetrickst! Die EU schlägt zurück.
Daran ändert auch das Säbelrasseln der amerikanischen Regierung von letzter Woche nichts. Der Kampf gegen Steuervermeidung von Multis geht nach den Präzedenzfällen gegen Fiat und Starbucks in die nächste Runde und erreicht eine neue Dimension. Die von der EU-Kommission eingeleitete und vom Europaparlament uneingeschränkt unterstützte Zeitenwende in der internationalen Unternehmensbesteuerung macht auch vor den größten Unternehmen der Welt nicht halt”, begrüßt der baden-württembergische SPD-Europaabgeordnete Peter SIMON, Sprecher der sozialdemokratischen Fraktion im EPUntersuchungsausschuss zu den Panama Papers und im Sonderausschuss zu Luxleaks, die Entscheidung der EU-Kommission.
„Die EU-Kommission als Hüterin der Verträge stellt ein weiteres Mal klar: Solche Steuerabsprachen sind nicht „nur“ illegitim, sie sind schlicht und ergreifend illegal. Das ist eine eindeutige Botschaft sowohl an die Multis als auch an die Mitgliedstaaten, die solche Steuerdeals auf Kosten der anderen eingehen“, so Peter SIMON weiter. „Für den ehrlichen Steuerzahler inklusive der Unternehmen, die keine solche Sonderbehandlung erhielten sowie für die Steuergerechtigkeit ist das ein entscheidender Meilenstein.”
“Allerdings ist das EU-Beihilferecht kein Allheilmittel im Kampf gegen Steuervermeidung von Multis. Zumal die EU-Kommission für eine flächendeckende Kontrolle der multinationalen Unternehmen mit zu wenigen Ressourcen ausgestattet ist. Hier müssen die Mitgliedstaaten die notwendigen finanziellen Ressourcen zur Verfügung stellen“, stellt Peter SIMON klar.
„Für eine faire Unternehmensbesteuerung müssen Gewinne automatisch dort versteuert, wo sie geschaffen werden. Deshalb brauchen wir endlich eine einheitliche Bemessungsgrundlage für die Körperschaftssteuer. Der noch in diesem Jahr erwartete Vorschlag der EU-Kommission dafür könnte den Systemwechsel einläuten”, so Peter SIMON abschließend. Die zeitnahe Einführung einer gemeinsamen Körperschaftssteuerbemessungsgrundlage gehört zu den zentralen Forderungen der sozialdemokratischen Fraktion im vor kurzem angenommenen Abschlussbericht des TAXE2-Sonderausschusses gegen Steuervermeidung von multinationalen Unternehmen.
Zudem fordern die Sozialdemokraten u.a. einen klaren rechtlichen Rahmen für konzerninterne Verrechnungspreise und für Sanktionen gegen Berater, die illegale oder illegitime Steuerpraktiken fördern.
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