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- Erträge der staatlichen Pensionsfonds brechen ein
Wegen der niedrigen Zinsen am Kapitalmarkt sind die Erträge der staatlichen Pensionsfonds in Deutschland drastisch abgestürzt. Das ist das Ergebnis einer Umfrage der Süddeutschen Zeitung bei den Finanzministerien der 16 Bundesländer. Danach haben sich die Renditen der Fonds im vergangenen Jahr im Vergleich zu 2014 teilweise auf unter zwei Prozent halbiert. 2016 hat sich der negative Trend fortgesetzt. In den Pensions- beziehungsweise Versorgungsfonds der Länder wird Geld zurückgelegt, das für die Auszahlung von Beamtenpensionen verwendet werden soll.
Die Bundesländer sind verpflichtet, Rücklagen für die Altersversorgung ihrer Beamten zu bilden. Zusätzlich können sie mit Geld aus dem eigenen Landeshaushalt Versorgungsfonds gründen, was aber nur zum Teil geschieht. In Niedersachsen, Berlin, Saarland, Schleswig-Holstein oder Bremen gibt es zum Beispiel keine solchen Einrichtungen. Die Länder mit solchen Fonds legen das Geld in festverzinslichen Wertpapieren wie Staatsanleihen oder Pfandbriefen, teilweise auch in Immobilien- und Aktienfonds an. Die künftigen Pensionslasten lassen sich mit den Rücklagen aber nur zum Teil stemmen. Ein Großteil der Beamtenpensionen wird auch in Zukunft aus Steuermitteln finanziert werden müssen.
Quelle: Süddeutsche
dazu: Kein Finanzmarktpoker mit der Altersvorsorge
„Man darf jetzt nicht große Tränen darüber weinen, dass Geld sich nicht mehr verwertet. Der Einbruch der Pensionskassen sollte vielmehr Anlass sein, die Altersvorsorge dem privaten Kapitalmarkt zu entreißen“, kommentiert Klaus Ernst, stellvertretender Vorsitzender der Fraktion DIE LINKE, einen Bericht der Süddeutschen Zeitung, dem zufolge die derzeitigen Niedrigzinsen die Erträge staatlicher Pensionsfonds abstürzen lassen. Demnach sind die Renditen der Fonds 2015 teilweise auf unter zwei Prozent gesunken. 2016 habe sich der Negativtrend fortgesetzt. […]
Die Rente muss als öffentliches Umlagesystem organisiert sein. Das hat sich über Jahrzehnte bewährt, das sollte für alle Erwerbstätigen gelten. Private Sondersysteme und Finanzmarktpoker sollten für die Altersvorsorge schlicht abgeschafft werden. Auch die geplante Reform der Betriebsrente ändert am Dilemma nichts. Der Flop der Riesterrente hat bewiesen, dass private Versorgungssystem zunächst dem Interesse des Finanzmarktes dienen, und die decken sich nicht mit den Interessen von Erwerbstätigen für ihre Altersvorsorge. Man darf den gleichen Fehler nicht zweimal machen, sondern muss die gesetzliche Rentenversicherung für alle öffnen und über die Anhebung des Leistungsniveaus wieder wetterfest machen.
Quelle: Klaus Ernst (MdB, die Linke)
- Zynismus als Staatsräson
Aleppo: Die Freundin der Terror-Paten
Zynismus wirft die Bundeskanzlerin der russischen Regierung vor. In den Kämpfen um das syrische Aleppo seien die von Russland eingeräumten Feuerpausen zu kurz, „um eine Versorgung der verzweifelten Menschen wirklich aufzubauen.” Wer sitzt denn da im Glashaus und wirft mit Dynamitstäben? Das ist jene Dame, die noch als Oppositionsführerin den mörderischen US-Krieg gegen den Irak befürwortete, in dessen Ergebnis unter anderem der „Islamische Staat“ den Nahen Osten terrorisiert. Das ist jene Dame, die auf dem Schoß islamistischer Staaten wie Katar und Saudi Arabien sitzt, die in Syrien den Krieg finanzieren und Hauptverantwortliche für das Leid der syrischen Bevölkerung sind. Das ist jene Dame, die dem türkischen Terror-Paten Erdogan das Händchen hält, um ihr fatales Flüchtlingsversprechen zu kaschieren. Das ist jene Frau, hinter deren harmlosem Hausfrauenlächeln der Zynismus zur deutschen Staatsräson geworden ist,
Eine ganze Medienfront im teuren Dreiteiler weiß sich kaum zu lassen, vor lauter Friedens-Empörung gegen Russland: Die „armen Menschen in Syrien“, rufen deutsche Hundeseelen aus den sicheren Redaktionsräumen, der „brutale Assad!“ stöhnen sie auf, um ein rituelles „gräßlicher Putin!“ hinterherzuschicken. Das ist jene korrupte Front, die den Krieg im Irak bis zu seinem bittern Ende als irgendwie notwendig charakterisierte und die bis heute die 50.000 Toten im Ergebnis des libyschen Krieges als Kollateralschaden ignoriert und in Syrien nur tapfere Oppositionelle, kühne Rebellen und edle Aktivisten gegen das Assad-Regime erkennen will, während an der Seite der syrischen Regierung im Spiegel deutscher Medien nur Gewohnheitsverbrecher unterwegs sind.
Die „Oppositionellen“ rund um Aleppo und in anderen Gegenden Syriens heißen Al-Nusra-Front, Jabhat Fatah al-Sham, oder Al–Kaida, sogenannte Dschihadisten, deren angeblicher Glaubenskampf im Rauben, Morden und brutaler Unterdrückung besteht. Ein Verbrechergesindel, dem man in deutschen Redaktionen das Blut abwischt, die hassverzerrten Züge überschminkt und deren feige Finanziers nicht Drecksbande heißen dürfen sondern mit König oder Emir betitelt werden. Ihre Komplizen heißen mit bürgerlichem Namen Mister President oder Frau Kanzler und stehen im Ruche der Wohlanständigkeit, während ihr „oppositionelles“ Fußvolk in Syrien den Gestank von Giftgas verbreitet.
Quelle: Rationalgalerie
Anmerkung Christian Reimann: Bitte schauen Sie sich dazu erneut das Kulturzeit-Gespräch mit Günter Meyer von Februar 2016 an. Waffenstillstand war auch damals das Thema.
- Noch nicht kapiert? Deutschland geht es gut
Das Jammern ist eine Meisterübung in Deutschland. Aber wir haben eigentlich keinen Grund: In kaum einem anderen Land dieser Welt geht es der Bevölkerung im Durchschnitt so gut wie hierzulande.
Quelle: Welt Online
Anmerkung unseres Lesers J.A.: Steht es wirklich so schlimm? Aus einer einzigen mehr als dubiosen Bertelsmann-Studie macht die WELT am selben Tag gleich *zwei* Artikel über die tolle Lage in Deutschland (der zweite Artikel, “Warum es Deutschland so gut geht wie noch nie”, ist hier. Wenn es die Deutschen im Durchschnitt wirklich so gut hätten, dann wüßten sie das selbst, und man müßte es ihnen nicht jeden Tag mehrfach einbläuen. Diese Flut von Propaganda-Artikeln ähnelt immer fataler den hohlen SED-Parolen in der Endphase der DDR.
dazu: Studie: Soziale Ungleichheit in Industriestaaten nimmt zu
Populistische Strömungen, die Folgen der Wirtschafts- und Finanzkrise und schwächelnde Skandinavier: Eine Studie der Bertelsmann Stiftung zeichnet ein zum Teil düsteres Bild der Industrienationen weltweit.
Quelle: Deutsche Welle
Anmerkung JK: Wenn das nicht wieder der Brüller ist. “Eine Studie der Bertelsmann Stiftung zeichnet ein zum Teil düsteres Bild der Industrienationen weltweit.” Genau jener neoliberale Think Tank, der einer der Hauptantreiber bei der Durchsetzung der Agenda 2010 war, beklagt sich nun über die Folgen der Durchsetzung der neoliberalen Agenda.
- Mittelschicht: “Uns geht es deutlich besser”
Die Angst vor dem sozialen Abstieg ist in Deutschland stark gesunken, sagt der Soziologe Holger Lengfeld. Den Erfolg von Pegida und AfD müsse man anders erklären.
ZEIT ONLINE: Herr Lengfeld, Sie beschäftigen sich seit Jahren mit der Gefühlslage der Deutschen. Wie geht es uns gerade?
Holger Lengfeld: Uns geht es deutlich besser. Die Sorge um den eigenen Arbeitsplatz ist in der Mittelschicht geradezu dramatisch zurückgegangen. Im Jahr 2005 haben sich noch 64 Prozent in der Mitte davor gefürchtet, ihren Job zu verlieren. 2014 waren es nur noch 41 Prozent. In den neuen Bundesländern war der Rückgang noch stärker. Die Abstiegsangst ist insgesamt über alle Schichten hinweg deutlich zurückgegangen. Das zeigt die Langzeitanalyse, die wir in unserem Team mit meiner Mitarbeiterin Jessica Ordemann erarbeitet haben.
ZEIT ONLINE: Sind 41 Prozent nicht trotzdem für ein relativ reiches Land wie Deutschland ein hoher Wert?
Lengfeld: Da haben Sie recht. Verglichen mit anderen wohlhabenden Ländern sind diese Sorgen bei uns viel mehr verbreitet. Offenbar ist das Teil unserer deutschen Mentalität, wir sehnen uns stark nach Sicherheit. […]
Quelle: Zeit Online
Anmerkung unseres Lesers J.A.: Schön, daß wir mal wieder die gute alte “Reform”-Luft schnuppern dürfen: Minijobs und befristete Arbeitsverträge sind Ergebnis der “zunehmende[n] Globalisierung” und des “Wettbewerbsdruck[s] für die deutschen Firmen”, nicht von intensiver Lobbyarbeit und einer korrupten Schröder-Regierung. “Aber die Welt geht ja nicht unter, wenn man nur einen befristeten Vertrag bekommt”; “die jüngere Generation […] musste lernen, mit dieser neuen Unsicherheit umzugehen”. Das scheint funktioniert zu haben, denn wenn die Leute keine Angst mehr vor dem Abstieg haben, der nach allen statistischen Daten objektiv erfolgt ist (90 Prozent der Menschen geht es heute schlechter als im Jahr 2000, teilweise deutlich schlechter), dann haben die Menschen vielleicht deshalb keine Angst mehr vor dem Abstieg, weil sie gar nicht mehr absteigen können oder schon resigniert haben. “Umverteilung” und “Gleichheit” sind out, stattdessen bietet Lengfeld das INSM-Placebo “Chancengerechtigkeit” an – neoliberal durchkonditioniert bis zum Gehtnichtmehr.
- Gleichberechtigung: AGG: Zehn Jahre und ein bisschen weiser
Als im Winter 2005 die rote-grüne Bundesregierung den Entwurf des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) vorlegte, beschworen Arbeitgeberverbände und Versicherungswirtschaft das Ende der Privatautonomie und den Beginn einer Klageflut vor den Gerichten. Zivilgesellschaftliche Organisationen wiederum kritisierten den Entwurf als zu schwach, um auf Diskriminierung rechtlich effektiv und wirksam reagieren zu können. Der DGB begrüßte, dass endlich „Benachteiligungen wirksam bekämpft“ werden könnten und Arbeitgeber verpflichtet würden „die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen und im Betrieb darauf hinzuwirken, dass Benachteiligungen unterbleiben.“ Die Gewerkschaften kritisierten aber auch‚ dass durch zahlreiche und weitergehende Ausnahmeregelungen (wegen beruflicher Anforderungen, Religion, Weltanschauung, Alter) der Rechtsschutz durchlöchert werde. Die schwarz-rote Bundesregierung der folgenden Legislaturperiode verabschiedete dann im August 2006 das Gesetz, das zum 18. August 2006 als politischer Kompromiss in Kraft trat.
Zehn Jahre später lassen sich sowohl Befürchtungen als auch Wirksamkeit des Gesetzes realistischer einschätzen. „Von einer Klageflut kann keine Rede sein“ fasst DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach zusammen. „Das Gesetz hat vielmehr gezeigt, dass auf gesetzlichem Wege Diskriminierung sanktioniert oder beseitigt werden kann. Die Rechtspraxis zeigt, wie Diskriminierung im Sinne des Gesetzes verstanden wird und bietet den Betroffenen die Möglichkeit, sich dagegen zu wehren.“
Quelle: DGB
- Tausche CETA gegen TTIP
Wenige Wochen vor ihrem Parteikonvent spitzt sich innerhalb der SPD das Thema Freihandel zu. Noch scheint Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel überzeugt, dass er die Parteilinke in Sachen CETA auf Linie bringen kann. Unterstützt wurde er dabei am Mittwoch von seinem Parteikollegen Martin Schulz, der von einem »europäisch-kanadischen Fortschrittsprojekt« sprach. Nicht endgültig festlegen wollte sich sein Parteikollege Stephan Weil, dessen Stimme als Ministerpräsident von Niedersachsen für die Beratung im Bundesrat Gewicht hat. »CETA ist sicherlich wesentlich akzeptabler, als es TTIP gewesen wäre. TTIP ist aus heutiger Sicht gescheitert«, erklärte er am Mittwoch und gab damit eine mögliche Kompromisslinie vor: CETA statt TTIP.
Nun ist es einfach, etwas zu den Akten zu legen, das bereits im Papierkorb gelandet ist. Auch als 1998 unter Kanzler Kohl das Multilaterale Investitionsabkommen (MAI) am Widerstand aus Frankreich gescheitert war, holten es die Sozialdemokraten nicht wieder ans Licht. Das MAI hatte ebenso wie CETA und TTIP das Primat der Politik in Frage gestellt, hatte doch die Wirtschaft weitreichenden Investitionsschutz gefordert.
Sollte TTIP tatsächlich in den Schubladen verschwinden – die Sozialdemokraten wären gut beraten, sich nicht auf das vermeintlich bessere Abkommen zurückzuziehen. Denn in Ziel und Wirkung unterscheiden sie sich nicht.
Quelle: Neues Deutschland
Anmerkung Christian Reimann: Bitte lesen Sie dazu erneut Europa tappt in die TTIP-Falle. Wollen Gabriel und Schulz in diese Falle hineintappen oder liegen Angebote aus Unternehmen oder Lobbyverbänden für einen Anschluss nach der politischen Karriere vor?
dazu: Gabriel will durch die Wand
Wirtschaftsminister Gabriel will unbedingt ein Ja der SPD zum Handelsabkommen Ceta – doch der Widerstand aus den eigenen Reihen wird immer stärker. Vorsichtshalber kommen die Delegierten rund 200 Kilometer entfernt von der Hauptstadt zusammen. Wenn der Parteikonvent der SPD am 19. September in Wolfsburg tagt, sind Journalisten nicht zugelassen. Möglichst unauffällig soll die Positionierung der Partei zum umstrittenen europäisch-kanadischen Freihandelsabkommen Ceta nach dem Willen der Verantwortlichen über die Bühne gehen. Doch daraus wird nichts werden. Während SPD-Chef Sigmar Gabriel vehement für Ceta wirbt, wird der Widerstand in den eigenen Reihen immer stärker. Der kleine Parteitag droht für den Wirtschaftsminister zum Showdown zu werden.
„Wenn Gabriel mit dem Kopf durch die Wand will, wird die Wand stärker sein“, formuliert es ein Mitglied der Parteispitze im Gespräch mit der Frankfurter Rundschau ebenso offen wie schonungslos.
Quelle: FR Online
dazu auch: CETA in der derzeitigen Form ablehnen
Die SPD hat stets auf Verhandlungen gesetzt, ohne pauschal Ja oder Nein zu dem Vertrag zu sagen. Sozialdemokraten haben wichtige Änderungen erreicht. Allerdings konnten die grundsätzlichen Probleme nicht beseitigt werden – es wurden lediglich so genannte Klarstellungen eingezogen, die letztlich zu weiterer Rechtsunsicherheit führen und nicht die Qualität erreichen, die für einen fairen Handel nötig ist. In zentralen Bereichen wie Investitionsschutz, öffentlicher Daseinsvorsorge und Verbraucherschutz sind die von der SPD gezogenen roten Linien klar überschritten worden. Aus meiner Sicht kann kein sozialdemokratisches Mitglied eines Parlaments CETA in der vorliegenden Fassung zustimmen.
Quelle: Matthias Miersch (MdB, SPD)
- Ex-US-Handelsbeauftragter Zoellick: TTIP kommt nicht
Robert Zoellick, ehemaliger Präsident der Weltbank und US-Handelsbeauftragter glaubt nicht an eine Einigung beim umstrittenen TTIP-Abkommen zwischen den USA und der EU. „Das halte ich für sehr unwahrscheinlich“, sagte Zoellick der „Wirtschaftswoche“. Zoellick ist sogar für die Jahre danach skeptisch: „Theoretisch reicht die Ermächtigung zum Aushandeln des Abkommens bis ins Jahr 2018. Aber ich fürchte, dass Freihandelsgegner auch unter einer Präsidentin Clinton viele Gründe gegen TTIP finden werden – einfach weil sie den Wettbewerb scheuen.“ Zoellick sprach sich stattdessen für ein Freihandelsabkommen zwischen Großbritannien und den USA aus: „So ein Abkommen müsste sich ja gar nicht gegen den Rest der EU richten, sondern würde im Gegenteil sicherstellen, dass uns die Briten als internationaler Akteur erhalten bleiben“, so Zoellick. „Natürlich würde es lange dauern, das auszuhandeln, weil die Briten ja erst mal ihren Status nach dem Brexit klären müssen. Aber überhaupt darüber nachzudenken, könnte auch endlich einen Schub für TTIP bedeuten -– weil die Europäer vielleicht begreifen, was ihnen blüht, wenn sie nicht in die Gänge kommen.“
Quelle: Wirtschaftswoche
Anmerkung Paul Schreyer: Der Widerstand gegen TTIP ist auch in den USA groß, und zwar quer durch alle Lager. Im US-Wahlkampf konnten sowohl Trump als auch Sanders mit ihrer Ablehnung einer Ausweitung des Freihandels so stark punkten, dass auch Kandidatin Clinton mittlerweile vorsichtig zurückrudert.
- Im Dauerregen der Probleme
Beim Gauck-Besuch in Chile wurde der Bundespräsident noch von einer strahlenden Präsidentin empfangen. Wenige Wochen später steht Bachelet das Wasser bis zum Hals. […]
Auch beim zweiten Reformpaket sieht sich Bachelet wachsendem öffentlichen Druck ausgesetzt, ohne dass sie über die politische Gestaltungskraft verfügen würde, um das aus der Zeit der neoliberalen Wirtschaftspolitik unter Pinochet in den achtziger Jahren geerbte Rentensystem grundständig überarbeiten zu können. Ende Juli demonstrierten in Chile insgesamt rund 750.000 Menschen für ein Ende des privaten Rentensystems. Unter dem Motto „Für eine würdige Rente“ hatten Gewerkschaften und Sozialverbände zu den Protesten in mehr als vierzig Städten aufgerufen. Die Demonstranten forderten auch ein Ende der Privilegien für Militärs und hohe Staatsangestellte, die mit teilweise sehr hohen Pensionen in den Ruhestand gehen. Chile ist eines der wenigen Länder weltweit, das sein Sozialversicherungssystem fast vollständig privatisiert hat. Arbeitnehmer müssen monatlich 13 Prozent ihres Lohns in einen privaten Rentenfonds zahlen, doch viele Rentner rutschen in die Altersarmut, weil das ausgezahlte Ruhestandsgeld oftmals unter dem Niveau des gesetzlichen Mindestlohns liegt. Die durchschnittliche Rente aus dem privaten Fonds für Arbeiter und Angestellte beträgt dagegen umgerechnet nur rund 437 Euro. Etwa eine Million Ruheständler erhalten nur eine Mindestrente von gerade einmal etwa 125 Euro monatlich. Bachelet strebt die Schaffung eines parallelen staatlichen Pensionssystems an, das auf dem Solidarprinzip beruht und für bedürftige Senioren eine ausreichende Mindestrente garantiert.
Quelle: FAZ
Anmerkung unseres Lesers J.A.: Spannend, in der FAZ zu lesen, daß das privatisierte Rentensystem in Chile eine Katastrophe ist, teuer und gleichzeitig armutsfördernd. Warum fordert die FAZ dann ohne Unterlaß so ein System für Deutschland?
- CCC-Stellungnahme: Staatstrojaner sind Hochrisiko-Schadsoftware
Anders als die Justizministerkonferenz spricht sich der Chaos Computer Club gegen eine Ausweitung des Einsatzes von Staatstrojanern aus. Der CCC begründet seine Ablehnung mit den entstehenden technischen Gefahren und unvermeidbaren Interessenkonflikten.
Der Chaos Computer Club hat heute auf Anfrage der Linksfraktion im Thüringer Landtag eine Stellungnahme zum Staatstrojaner veröffentlicht. Der Club kommentiert darin die Forderung der Justizministerkonferenz vom Juni 2016, den Einsatz der Spionagesoftware auszuweiten.
Die Analyse des CCC bezieht sich auf die so genannte Quellen-TKÜ (Quellen-Telekommunikationsüberwachung), also einen staatlichen Trojaner zum Abhören von Kommunikation direkt auf dem Computer von Betroffenen. Das informationstechnische System wird dafür infiltriert, um danach unbemerkt Kommunikationsinhalte an Ermittlungsbehörden auszuleiten. (…)
Der CCC argumentiert, dass die Kommunikationsüberwachung mit Spionagesoftware eine Reihe sicherheitsrelevanter Risiken, aber auch beweistechnische und rechtliche Probleme erzeugt. Seit der CCC-Analyse des DigiTask-Trojaners zur „Quellen-TKÜ“ vor fünf Jahren hat sich allerdings auch der kommerzielle Handel mit Überwachungssoftware gewandelt. Der CCC verweist in seiner Stellungnahme daher auf die inhärenten Interessenkonflikte des Staates, wenn er für die Trojanisierung Sicherheitslücken aufkauft oder nutzt:
Quelle: Netzpolitik.org
- Der Pokémon-Wahnsinn
„Die Pokémon-Jäger verbindet überhaupt keine Idee, die diesen Namen verdient. Sie sind Kinder des Konsumismus; Lemminge, die sich auf Kommando von der digitalen Klippe stürzen; Hanswurste der Geräte, hinter denen sie herlaufen und in deren Anhängsel sie sich verwandeln“, meint Landbote-Autor Götz Eisenberg. Mit Pokémon-Go würden „die Überflüssigen bei Laune gehalten“.
Quelle: Götz Eisenberg auf Der neue Landbote
- Reden, wir müssen reden
Über Depressionen müssen wir reden. Jetzt! Das fand der »Stern« nachdem bekannt wurde, dass der Münchner Amokläufer psychische Probleme hatte. So müssen wir das also? Müssen wir wieder mal darüber reden, ja? Machen wir das dann so wie damals, als sich ein Nationaltorhüter das Leben nahm, indem er sich vor einen fahrenden Zug stellte? Da wollten wir auch reden, ganz viel reden. Jede Zeitung trug ihr Scherflein dazu bei, dass diese kalte Republik sich endlich mal durch Reden therapiert von dem Vorurteil, dass Depressionen nur ein Ausdruck individueller Charakterschwäche seien. Nein, wir sollten darüber reden, dass wir es hier mit einer Krankheit zu tun haben. Mit einer, die Leidensdruck verursacht. Einer, die einer physischen Sache ebenbürtig ist. Und diese Kälte, der Leistungs- und Erfolgsdruck sollte auf den Prüfstand. Hierzu sollten wir über Depressionen reden müssen, hieß es auch damals. Nun ist es wieder mal so weit, wir sollten wieder mal darüber reden.
Alle sieben Jahre scheint das ein Thema zu werden. So lange ist es her, dass Robert Enke aus dem Leben schied. Zwischenzeitlich haben wir darüber wenig gesprochen. Selbst als ein Bundesliga-Schiedsrichter versuchte, sich aus dem Leben zu nehmen und später als Motiv Depressionen angab, haben wir nicht mehr darüber gesprochen. Wir hatten keine Zeit dazu. Der Druck auf den Märkten hat seither nicht abgenommen und wir haben sogar akzeptiert, dass der Markt ein Recht dazu hat, uns unter Druck zu setzen. Die Arbeitswelt brennt die Arbeitnehmer aus, psychische Erkrankungen sind massiv angestiegen, nur wer leistet, bekommt gesellschaftliche Anerkennung. Psyche hin, Psyche her. Wir haben, wenn überhaupt, so nur ganz kurz davon gesprochen – und es gleich wieder vergessen oder verdrängt.
Quelle: ad sinistram
- Die Scham des Scheiterns
Afghanen werden in Deutschland nur noch selten als Asylberechtigte anerkannt. Manche kehren in ihre Heimat zurück, bevor sie zurückgeschickt werden. Wenn sie dort ankommen, ist ein Neuanfang schwierig. Ihnen schlägt Misstrauen und Feindschaft entgegen. Ein Entwicklungshelfer erzählt. Ein afghanischer Entwicklungshelfer für internationalen Hilfsorganisationen, 33 Jahre, Jurist mit Bachelor-Abschluss. Das ist mein Gesprächspartner. Nennen wir ihn Farhad, zu seinem Schutz. Er erzählt: “Zwei meiner guten Freunde sind jüngst zurückgekehrt. Der eine aus Bielefeld, der andere aus einem Vorort von Stuttgart. (…) Beide waren die Fremde nicht gewohnt. Der eine ist aus Shindand, in der afghanischen Provinz. Der andere hatte in Afghanistan studiert, kannte nur den Iran. Beide waren fast ein Jahr in Deutschland, haben Deutsch gelernt. Aber sie merkten: Es wird sehr lange dauern, bis sie Fuß fassen. Kann ich jemals als Arzt hier arbeiten?, fragte sich der eine. Bis sie realisiert haben: lass uns zurückgehen. Beide sind erwachsene Singles. Sie haben Familie, Eltern und Geschwister vermisst. Auch deshalb sind sie zurück.”
Quelle: Deutschlandfunk
- Agrargift zerstört Tiergedächtnis – Ursache für Sterben der Wildbienen geklärt
Lange Zeit waren die Ursachen für das weltweit verbreitete Bienensterben nicht geklärt. Neueste Untersuchungen können nun den Grund benennen. Es ist derselbe, der auch die Schmetterlingspopulationen schrumpfen lässt.
Pflanzenschutzmittel aus der Gruppe der Neonikotinoide können Studien zufolge nicht nur Honigbienen, sondern auch Wildbienen und Schmetterlinge gefährden. Ihre Ergebnisse veröffentlichten zwei Forscherteams jetzt in Fachjournalen. Eine Studie des britischen Zentrums für Ökologie und Hydrologie (NERC) legt einen Zusammenhang zwischen dem Einsatz von Neonikotinoiden und dem Rückgang von Wildbienen-Populationen nahe.
Quelle: n-tv
- Bundeswehreinsätze im Inneren gefährden die Demokratie
Nach den Gewalttaten von München, Ansbach und Würzburg hat Ministerin von der Leyen angekündigt, gemeinsame Antiterror-Übungen von Bundeswehr und Polizei noch in diesem Herbst abhalten zu wollen. Seit langem findet ein politischer Streit um den Einsatz der Bundeswehr im Inneren statt. Über den Amtshilfe-Artikel 35 GG wurden bereits in der Vergangenheit die Einsätze der Bundeswehr im Inneren stets weiter ausgebaut, bis hin zu Einsätzen gegen Demonstrierende, etwa beim G-8-Gipfel in Heiligendamm.
Bislang verbietet das Grundgesetz Bundeswehreinsätze im Inneren bis auf wenige Ausnahmeregelungen strikt. Amtshilfe-Einsätze dürften höchstens mit polizeilichen Mitteln durchgeführt werden. Vor einer Grundgesetzänderung ist man bislang zurückgeschreckt, da die dafür notwendigen Mehrheiten wohl nicht zustande kommen würden. Stattdessen beruft man sich jetzt auf einen rechtlich höchst umstrittenen Plenar-Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 3. Juli 2012 (2 PbvU 1/11).
Quelle: Grundrechtekomitee
- In Ecuadors Botschaft: Schweden dürfen Assange verhören
Schwedische Staatsanwälte dürfen den WikiLeaks-Gründer Julian Assange nach langem Hin und Her in Ecuadors Botschaft in London zu einem Vergewaltigungsvorwurf befragen. Die ecuadorianischen Behörden hätten einem Verhör zu dem Vorwurf aus dem Jahr 2010 zugestimmt, sagte eine Sprecherin der Anklage. Zwischen Ecuador und der schwedischen Staatsanwaltschaft werde ein Termin vereinbart werden, teilte das Außenministerium in Quito mit.
Schon letztes Jahr schien es kurz so, als könnten die schwedischen Behörden Assange in der Botschaft Quitos in London vernehmen. Dazu kam es aber nicht, da Ecuador den Fragenkatalog der Schweden zurückgewiesen hatte.
Quelle: Spiegel Online
Anmerkung unseres Lesers M.W.: Das ehemalige investigative Nachrichtenmagazin DER SPIEGEL berichtet, die Verzögerungen der Befragung gehen auf das Konto von Assange und Ecuador, die schwedische Staatsanwaltschaft dürfe ihn “endlich” dort verhören: Unglaublich. Wer das ganze verfolgt hat, weiß: Jahrelang hatte sich die schwedische StA geweigert! Hingegen der Guardian (UK): Danach lag es an der Schwedischen Staatsanwaltschaft, dass es so lange gedauert hat. Hier wird auch vollständig über die Hintergründe (UNO-Beschluß) berichtet, nicht aber im ehemaligen investigativen Nachrichtenmagazin aus Deutschland, das die Nachrichtenlage sogar ins Gegenteil verkehrt. Richtig übel.
- Yemen Press Reader
Jemen: Die schlimmste humanitäre Krise – Jemens neue Regierung – UN: saudis wieder auf Schwarze Liste? – “Westliche Werte” und Jemen – Amerikas journalistische Heuchler
Quelle: Dietrich Klose auf freitag.de
Anmerkung Jens Berger: Dietrich Kloses Projekt “Yemen Reader” erscheint nun bereits in der 185. Ausgabe! Klose hat es sich zur Aufgabe gemacht, Hinweise und Links über ein Thema zu sammeln, das in den deutschen Medien fast vollkommen ignoriert wird: der grausame Krieg im Jemen. Wenn Sie mehr über dieses Thema in Erfahrung bringen wollen, schauen Sie doch einfach mal vorbei. Die NachDenkSeiten ziehen den Hut vor dieser akribischen Zusammenstellung.
- Trotz VW-Affäre: Hoeneß will Winterkorn als Bayern-Aufsichtsrat behalten
Ex-VW-Chef Martin Winterkorn bekommt Rückendeckung von Uli Hoeneß. Der künftige Bayern-München-Präsident will den gefallenen Top-Manager im Aufsichtsrat behalten – und rät ihm, sich nicht zu verstecken.
Quelle: Spiegel Online
Anmerkung unseres Lesers H.M.: Nach Beckenbauer (Steuerflüchtling), Rummenigge (Uhrenschmuggler), Hoeneß (Steuerbetrüger) jetzt der gescheiterte VW-Manager Martin Winterkorn: Beim FC Bayern wächst zusammen, was zusammengehört.
- Versuch eines Nachrufs auf Herbert Schui: Theoriegewaltiger Kapitalismuskritiker
Als die Nachricht vom Tod Herbert Schuis sich verbreitete, war die Betroffenheit groß. Seine Mitstreiter, seine Freunde, aber auch diejenigen, die er in der Wirtschaftswissenschaft und Politik scharfzüngig kritisiert hatte, wissen, ein großer Ökonom in der Tradition der kritischen Politischen Ökonomie steht für die dringend notwendige Aufklärung nicht mehr zur Verfügung.
Quelle: Rudolf Hickel, Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik