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Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:
- Verschärfung von Sicherheitsgesetzen
- De Maizière will ärztliche Schweigepflicht lockern
Nach den Anschlägen will die Union schnellere Abschiebungen ermöglichen, mehr als 15.000 neue Polizisten einstellen, die doppelte Staatsbürgerschaft abschaffen – und Ärzte in bestimmten Fällen zum Sprechen bringen.
Als Reaktion auf die jüngsten Anschläge in Deutschland will Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) nach einem Bericht der „Bild“-Zeitung die ärztliche Schweigepflicht aufweichen. Dies sei ein Punkt seines Maßnahmenkatalogs zur Erhöhung der Sicherheit in Deutschland, der am Donnerstag vorgestellt werden soll. Danach soll es eine Gesetzesänderung Ärzten künftig ermöglichen, die Behörden über geplante Straftaten ihrer Patienten rechtzeitig zu informieren.
De Maizière will dem Bericht zufolge zudem erreichen, dass ausländische Gefährder und straffällige ausreisepflichtige Ausländer schneller abgeschoben werden können. Dafür solle es künftig Schnellverfahren bei der Entscheidung über Abschiebungen und über Asylanträge geben.
Dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ (Online) zufolge will de Maizière ein Paket vorlegen, das noch in dieser Legislaturperiode verabschiedet werden soll und der Zustimmung des Bundesrates nicht bedarf. Das Blatt beruft sich auf führende Koalitionskreise.
Quelle: Frankfurter Allgemeine
Anmerkung Christian Reimann: Vielleicht könnte ja auch die ärztliche Schweigepflicht von Mitgliedern der Bundesregierung bzw. des Deutschen Bundestages gelockert werden. Angesichts derartiger Vorschläge könnte das gerechtfertigt erscheinen.
- Die AfD lässt grüßen
Die CDU will ihre Wähler mit neuer Härte begeistern. Hoffentlich sind sich wenigstens die Grünen dafür zu schade.
An dem Vorstoß von Bundesinnenminister Thomas de Maizière ist so vieles durchsichtiges Kalkül, dass man gar nicht weiß, wo man anfangen soll mit der Kritik. Aber eins ist schon jetzt klar: Die CDU will wieder lieb gehabt werden von ihren WählerInnen. Und sie will jene umstimmen, die darüber nachdenken, bei den Landtagswahlen und der Bundestagswahl in diesem und im nächsten Jahr ihr Kreuzchen bei der AfD zu machen. (…)
Die bekannt gewordenen Vorschläge zeigen, dass der CDU buchstäblich der Arsch auf Grundeis geht. In Mecklenburg-Vorpommern und Berlin fühlen sich große Wählergruppen offenbar aufgerufen, diesmal „Protest“ zu wählen. Dem will die CDU entgegen steuern. Ginge es nach ihr, müssten Schleier tragende Frauen dann einfach in ihren Wohnungen bleiben. ÄrztInnen würden zu Dealern der Seele. Und selbst bei Ladendiebstahl – Straffällige könnten ihre Koffer packen. Die AfD lässt schön grüßen.
Das mit Abstand Irrwitzigste aber wäre die Abschaffung der doppelten Staatsbürgerschaft. Zum einen, weil Zuwanderern von Seiten der Politik – wieder – nachdrücklich klar gemacht würde, dass dieses Deutschland gut und gern auf sie verzichtet. Die Aufhebung käme einem lauten Nein zur Integration gleich.
Quelle: taz
- Stunde der Scharfmacher
Die Innenminister von CDU und CSU denken über ein Burka-Verbot nach. Ein Blick nach Frankreich zeigt, dass ein Bann der Vollverschleierung vor allem eines bringt: eine Polarisierung der Gesellschaft. […]
Die Erfahrungen, die Frankreich mit dem Burka-Verbot gesammelt hat, sollten sich all jene in der CDU/CSU vor Augen führen, die gerade einem Verbot der Vollverschleierung das Wort reden. Es stimmt, Burkas sind mit Sicherheit alles andere als ein Symbol der Frauenbefreiung. Aber vermutlich geht es denen, die jetzt innerhalb der Union die Diskussion über ein Burka-Verbot anzetteln, gar nicht so sehr um die Rolle der Frau in der islamischen Welt. Wohl viel eher geht es ihnen darum, vor den anstehenden Abgeordnetenhaus- und Landtagswahlen ein paar Punkte zu sammeln.
Quelle: Tagesspiegel
- Wahlkampfgetöse aus dem CDU-Bundesvorstand statt Problemlösungen zur Inneren Sicherheit
Überfällig sind mehr Polizei, funktionierender Informationsaustausch und ein Digitalfunk auch in Bahnhöfen
Die CDU läuft sich warm für den Wahlkampf. Von der Leyen, Verteidigungsministerin und Mitglied im CDU-Parteipräsidium, hatte den Boden bereitet mit ihrem „Angebot“ zum Einsatz der Bundeswehr im Inneren. Die CDU-Vorsitzende und Bundeskanzlerin ließ sich majestätisch viel Zeit nach dem Amoklauf von München und den Anschlägen von Würzburg und Ansbach, bevor sie ihren Maßnahmenplan zur Inneren Sicherheit mit neun Punkten präsentierte. Jetzt legt Bundesinnenminister De Maizière, Mitglied im Bundesvorstand der CDU, nach: Er arbeitet an einer Liste von weiteren „Anti-Terror-Maßnahmen“. Die will er bei einem Treffen am 18. und 19. August mit den Innenministern der Union als „Berliner Erklärung“ verabschieden, jedoch schon am 11.8. der Öffentlichkeit präsentieren. […]
Es findet sich in diesen Vorschlägen allerdings nichts Neues. Schon gar nicht Vorschläge, die mehr als den kurzfristig populistischen Erfolg im Auge hätten. Oder die auf Ursachen für Terrorismus oder Herausforderungen bei der Integration von Flüchtlingen eingingen. Das Ganze ist ein Sammelsurium von Wünschen, die sich in einem “Faktenpapier” des CDU-Bundesvorstands von Ende Juli finden und die mit dem Koalitionspartner noch nicht in allen Punkten durchgesetzt werden konnten; es sind Scheinlösungen und längst überfällige Selbstverständlichkeiten, sowie schlecht verhohlene Hetze gegen Ausländer und Asylsuchende, wie sie vor allem der Bundesinnenminister schon seit Monaten immer wieder betreibt. […]
Die „Berliner Erklärung“ ist nichts anderes als eine PR-Aktion. Gerichtet an Mitbürger, die uninformiert sind oder noch immer die Worthülsen glauben, die Politiker ihnen vorsetzen. Sie kann jedoch nicht länger darüber hinwegtäuschen, dass die Innere Sicherheit in diesem Land fahrlässig vernachlässigt worden ist. Nicht etwa, weil versäumt wurde, die Risiken eines Terroranschlags zu „bekämpfen“, gegen den es ohnehin keine hundertprozentige Sicherheit gibt. Sondern weil ganz alltäglichen Risiken nicht mehr adäquat begegnet werden kann: Beispiele gefällig?! Personalzahlen: Selbst nach den jetzt angekündigten 15.000 zusätzlich einzustellenden Polizisten ist die Gesamtzahl in Bund und Ländern geringer als 1998! Der von De Maizière beschworene polizeiliche Informationsaustausch funktioniert nur durch x-faches händisches Eintippen der gleichen Informationen, von flächendeckendem elektronischem Informationsaustausch keine Spur – das ist Steinzeit! Und der BOS-Digitalfunk für Polizei und Rettungskräfte wird hoffentlich nicht in großen Bahnhöfen gebraucht: Dort funktioniert er nämlich gar nicht.
Quelle: POLICE-IT
- Anti IS Protection Sicherheitspaket
Quelle: ZDF heute show
- Putin-Erdogan. Das Spiel ist noch nicht zu Ende
Willy Wimmer: “Die Welt ist in Bewegung geraten. Wohin das alles führt? – Die Frage zu beantworten, ist es noch zu früh”
Willy Wimmer: Das ist, aus meiner Sicht, für Erdogan der Tanz auf dem Vulkan. Das muss man, glaube ich, in aller Deutlichkeit sagen. Es ist nicht die Position des russischen Präsidenten Putin, der aus seiner Sicht das Beste für sein Land zu machen versucht und dabei auch auf den türkischen Präsidenten Erdogan gestoßen ist, der in den letzten Jahren mehrere Dinge in Bewegung gesetzt hat. Er war einer der Auslöser der kriegerischen Auseinandersetzungen in Syrien. Dann war er auch derjenige, der über eine Million Migranten nach Österreich, Deutschland und Schweden geschickt hat. Das darf man in diesem Zusammenhang nicht vergessen.
Quelle: World Economy
- Deutsche Exportüberschüsse – absurd und populär
Nachdem die Kritik an deutschen Exportüberschüssen vor allem international in den letzten Jahren immer lauter geworden ist, wird in Deutschland etwas weniger oft vom Exportweltmeister geschwärmt. Aber von der Einsicht, dass es ein „Weiter wie bisher“ nicht geben kann, sind wir hierzulande immer noch meilenweit entfernt.
„Wenn Deutschland diesen Exportüberschuss, an den es sich 30 Jahre lang gewöhnt hat und den wir durch alle möglichen Sozialleistungen verfrühstückt haben, wenn wir den nicht halten, dann bricht alles zusammen.“
Mit diesen markigen Worten reagierte auf einem IMK-Konjunkturforum im März 2011 Hans-Olaf Henkel, ehemaliger Präsident des BDI, auf die Kritik an Deutschlands immensen Überschüssen im Außenhandel. Nach der teilweise harschen internationalen Kritik an den permanenten deutschen Handels- und Leistungsbilanzüberschüssen ist die Begeisterung in Deutschland etwas zurückhaltender geworden.
Wurden noch vor wenigen Jahren die Exportüberschüsse von den herrschenden Medien und weiten Teilen der Politik als Beleg der hohen Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands gefeiert, wie etwa von Joachim Pfeiffer, dem Vorsitzenden der Arbeitsgruppe Wirtschaft und Energie der CDU:
„Deutschland ist wettbewerbsfähig. Wir sollten das nicht verstecken. Wir können vielmehr auf unsere Exportüberschüsse stolz sein.“
und Kritik als purer Neid abgetan:
„Erfolg schafft Neider. Deutschland hat schon seit Jahren einen hohen Exportüberschuss. Das ist kein Erfolg der Politik der Bundesregierung, sondern der cleveren Unternehmen“, Südwest Presse, 14.11.2013,
so mischen sich nun zumindest vereinzelt kritische Stimmen in die breite Unterstützung des deutschen Überschussmodells (vgl. hier).
An der überwiegenden Bewunderung der deutschen „Exporterfolge“ hat sich indes wenig verändert (vgl. z.B. hier). Selbst von kritischen, gewerkschaftsnahen Autoren werden hohe Export- resp. Leistungsbilanzüberschüsse (die Leistungsbilanz umfasst neben dem Warenhandel und den Dienstleistungen auch noch die Primär- und Sekundäreinkommen; ihr Saldo wird aber bei Industrieländern hauptsächlich durch den Außenhandel bestimmt) immer noch als Zeichen einer positiven ökonomischen Entwicklung interpretiert – auf einer Stufe etwa mit niedrigen Arbeitslosenquoten (vgl. erst jüngst hier).
Quelle: Makroskop
Anmerkung Christian Reimann: Bitte lesen und sehen Sie dazu auch Künftig mehr Videos in den NachDenkSeiten. Heute zum Denkfehler „Exportüberschüsse sind prima“.
- Weltsozialforum in Montreal: Was wird aus der “Robin-Hood-Steuer”?
Die Idee zu einer Finanztransaktionssteuer, die man zum Beispiel auf den Handel mit Währungen erhebt, gibt es schon lange. Befürworter wie das Netzwerk Attac hoffen auf hohe Einnahmen, die für soziale Zwecke verwendet werden könnten. Die jüngste Initiative zu ihrer Einführung wurde gerade wieder vertagt. […]
Die Gegner fürchten, dass der Handel übermäßig behindert werden, und Finanzplätze wie London oder New York leiden könnten. Und die Gegner haben bis heute die Oberhand behalten, sagt Fabio de Masi, der für die Linkspartei im Europaparlament sitzt.
“Ich glaube, dass die wesentlichen Lehren aus der Finanzkrise nicht gezogen wurden”, meint de Masi. “Und die Finanzlobby ist Sturm gelaufen. Die großen Banken – Goldman Sachs, Deutsche Bank – haben die Abgeordneten, die nationalen Regierungen bombardiert, mit, häufig auch falschen, Argumenten gegen diese Steuer. Je länger die Erinnerung auch in der Öffentlichkeit an diese Finanzkrise weg ist und verblasst, desto geringer ist die Chance, eine solche Steuer gegen diese mächtige Finanzlobby durchzusetzen.”
Die jüngste konkrete Initiative Richtung Transaktionssteuer haben zehn EU-Staaten um Frankreich und Deutschland immer wieder vertagt. Immer gab es irgendwo einen Bedenkenträger, aber bis heute kein Ergebnis. Zuletzt überraschte Finanzminister Wolfgang Schäuble auf dem G-20-Gipfel der größten Industrie- und Schwellenländer mit dem Vorschlag, es stattdessen demnächst auf weltweiter Ebene zu versuchen. Was im kleinen europäischen Kreis nicht gelang, soll mit noch mehr Verhandlungspartnern klappen?
Europapolitiker Fabio de Masi ist skeptisch: “Ich vermute, die Chancen sind geringer. Vielleicht hat Herr Schäuble aber auch im Kopf, dass er eine ‘Finanztransaktionssteuer light’, eine Minivariante, durchsetzen will, um sich endlich dieser leidigen Diskussion zu entledigen und zu Hause sagen zu können – ich habe meine Hausaufgaben gemacht.”
Die EU-Finanzminister haben sich bis zu einem Gipfel im September eine letzte Chance für das Projekt gegeben. Eigentlich sollte die Aussicht auf neue Einnahmequellen attraktiv genug sein, um sich zu einigen. Aber da die Wirtschaftslage in vielen europäischen Ländern wackelig ist, ist auch die Skepsis groß, ein Experiment mit nicht genau absehbaren Auswirkungen auszuprobieren. Und so bleibt die Robin-Hood- oder Tobin-Steuer vorerst, was sie seit 44 Jahren ist: eine große Idee.
Quelle: Deutschlandradio Kultur
- Ärmer als die Eltern
Es einmal besser zu haben als die Eltern – das ist seit Jahrzehnten eines der fundamentalen Versprechen moderner Gesellschaften, das jede neue Generation mit auf den Weg bekommt. Seit dem Zweiten Weltkrieg wurde dieses Versprechen für die Mehrheit in den meisten hochentwickelten Ländern auch eingelöst. Die Kinder sollten es einmal besser haben als man selbst und hatten es in der Regel auch – von historischen Ausnahmefällen einmal abgesehen.
Dieser Optimismus verliert seine Basis. Eine neue Studie, ausgerechnet vom elitären McKinsey-Institute, mit dem Titel „Poorer than their parents?“ zeigt einen ganz neuen Trend auf. Die Aussagen sind so deutlich und umfassend, dass kaum Zweifel bleiben: Es beginnt ein Zeitalter ohne das „Ihr-habt-es-einmal-besser-Versprechen.“
Die Studie kommt zum Ergebnis: Im vergangenen Jahrzehnt hatten in den westlichen Industriegesellschaften rund zwei Drittel der Menschen stagnierende oder sinkende Realeinkommen zur Verfügung. Laut Studie beträgt der Anteil zwischen 65 und 70 Prozent. Zwar gleichen das Steuersystem sowie Sozialleistungen diese Kluft wieder etwas aus. Aber trotzdem, auch wenn man diese Effekte der Sozial- und Steuerpolitik berücksichtigt, haben 20 bis 25 Prozent der Haushalte keine Einkommenszuwächse gesehen.
Quelle: Hintergrund
Dazu: Armutsrisiko in München deutlich höher als gedacht
- Eine aktuelle Studie zeigt: In vielen Städten ist das Armutsrisiko deutlich höher als gedacht.
- Das liegt an den Lebenshaltungskosten. Sie führen dazu, dass das Armutsrisiko in München höher ist als in Teilen Sachsens.
München mag eine der wohlhabendsten Städte Deutschlands sein. Aber der Wohlstand hat auch eine Kehrseite: Das Armutsrisiko ist in München laut einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) besonders hoch. 18 Prozent der Münchner Bürger sind laut der Studie, die der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vorliegt, armutsgefährdet – beinahe doppelt so viele wie in offiziellen Berechnungen des Statistischen Bundesamts angegeben.
Der Grund: Die offiziellen Zahlen vergleichen lediglich das Haushaltsnettoeinkommen mit dem deutschlandweiten Mittelwert. Wer höchstens 60 Prozent des bundesweiten Durchschnitts verdient, gilt als armutsgefährdet. Nach dieser Berechnung fallen nur etwa zehn Prozent der Münchner unter diese Schwelle, in Ostsachsen hingegen sind es fast 20 Prozent.
Nach Ansicht der IW-Forscher hat diese offizielle Methode aber entscheidende Schwächen. Denn die regionalen Unterschiede beim Durchschnittseinkommen werden in der Berechnung ebenso vernachlässigt wie die Unterschiede bei den Lebenshaltungskosten. Die Studie des IW bereinigt die offiziellen Zahlen um diese Faktoren. Und das Ergebnis sind dann deutlich anders aus.
Quelle: Süddeutsche
- “Die Parole ‘Wohlstand für Alle’ ist längst vergessen”
Der Steuerexperte des globalisierungskritischen Netzwerks Attac, Detlev von Larcher, hat die Vorschläge der Union für Entlastungen kritisiert. Die Steuerpläne führten zu mehr Ungleichheit, sagte er im Deutschlandfunk. Reiche Menschen würden stärker begünstigt als arme. Deutschland sei auf dem Weg zur Klassengesellschaft.
Von Larcher kritisierte, “die Parole ‘Wohlstand für Alle’ ist längst vergessen”. Die soziale Spaltung in Deutschland nehme immer mehr zu, was auch politische Auswirkungen habe. Als Beispiel nannte er die schwache Wahlbeteiligung in Gegenden, in denen ärmere Menschen wohnten. Der ehemalige SPD-Bundestagsabgeordnete mahnte, die Erfolge der Rechten seien darauf zurückzuführen, dass die soziale Spaltung immer tiefer werde. Er wundere sich, dass das bei der Politik noch nicht angekommen sei.
Quelle: Deutschlandfunk
- Die Rente muss zum Leben reichen
VdK-Forderungen für ein gerechtes Rentensystem
„Der Sozialverband VdK ist die größte deutsche Rentnerorganisation. Wir setzen unsere Kräfte daran, die politischen Weichen für ein gerechteres Rentensystem zu stellen“, sagte die Präsidentin des Sozialverbands VdK Deutschland, Ulrike Mascher, heute in München bei der Vorstellung der rentenpolitischen VdK-Forderungen zur Bundestagswahl. „Die Rente muss zum Leben reichen und darf nicht den Charakter eines Almosens bekommen“, betonte sie.
Das Problem der Altersarmut verschärft sich aus Sicht des VdK weiter und muss endlich gelöst werden. „Daher muss der Gesetzgeber weitere Aufgaben anpacken. Die Realisierung der Forderungen des Sozialverbands VdK nutzt allen, auch den künftigen Generationen von Rentnerinnen und Rentnern“, erklärte die VdK-Präsidentin.
Zur Verbesserung der Situation von Rentnerinnen und Rentnern stellt der Sozialverband VdK folgende rentenpolitische Forderungen auf:
Quelle: VdK
Anmerkung Christian Reimann: Was früher selbstverständlich war – dass z.B. die Rente auch lediglich eines Erwerbstätigen in einer Familie ausreichte – wird heute und in naher Zukunft (vor allem im Zuge der Rentenminderungen) zu einem gesellschaftspolitischen Problem.
- Prantl verteidigt Gabriel gegen die Vernunft
Sigmar Gabriel hat sich im Kartellverfahren um die Fusion von EDEKA mit Tengelmann-Kaiser’s in einem unsinnigen Arbeitsplatzargument verrannt. Das hat das Oberlandesgericht Düsseldorf aufgegriffen und unter anderem deswegen die Ministererlaubnis zur Fusion kassiert. Zur Verteidigung des Ministers fährt die SZ große Geschütze auf. Leider zielen sie in die falsche Richtung.
In meinem Kommentar zum Fall Gabriel-Tengelmann am 22.07. (hier) hatte ich das Düsseldorfer Oberlandesgericht dafür gelobt, dass es logisch stringent argumentiert hat und zeigen konnte, dass das Arbeitsplatzerhaltungsargument, auf das der Bundeswirtschaftsminister ganz wesentlich seine Ministererlaubnis gestützt hatte, hinfällig ist.
Die Richter hatten argumentiert, dass es bei „lebensnaher und kaufmännisch vernünftiger Betrachtung“ unwahrscheinlich sei, dass durch die Ministererlaubnis per Saldo (also nach Ablauf aller Anpassungsprozesse) tatsächlich Arbeitsplätze gesichert würden, weil bei dem „Gemeinwohlbelang „Arbeitsplatzsicherung“ selbstverständlich nur die unter dem Strich verbleibende Zahl der gesicherten Arbeitsplätze berücksichtigt werden“ dürfen, denn es könne ja sein, dass bei Tengelmann alle Arbeitsplätze erhalten werden, gleichzeitig aber bei EDEKA fusionsbedingt in einem signifikanten Umfang Stellen abgebaut werden.
Das Gericht hatte folglich argumentiert, dass es nicht zu erwarten ist, dass der Minister mit seiner Entscheidung sein eigenes Ziel, nämlich die Sicherung von Arbeitsplätzen erreicht. Ich hatte zu bedenken gegeben, dass es aus ökonomischer Sicht schlicht unmöglich ist, dass die Maßnahme des Ministers ihr Gemeinwohlziel, die „Sicherung von Arbeitsplätzen“, erreicht.
Quelle: Heiner Flassbeck auf Makroskop
- »Gestörte Einzeltäter«?
Amok und Terror könnten zur Signatur des neoliberalen Zeitalters werden
Amok ist ein geheimnisvolles Phänomen. Wir alle sind erschrocken, wenn sich hierzulande ein Amoklauf ereignet, und sagen dann im Brustton der Überzeugung: »Ich könnte das nicht! Der Täter muss ein Wahnsinniger sein!« In Gedanken aber sind wir alle schon einmal Amok gelaufen. Wer hat nicht gelegentlich ein Gefühl von Klaustrophobie und verspürt die Lust, das grausame Spiel zu beenden und die Figuren mit einer wütenden Handbewegung vom Brett zu fegen? Im Internet kann man T-Shirts mit dem Aufdruck bestellen: »Ich lauf’ hier gleich Amok« – wohl einer der häufigsten stillen oder halblauten Stoßseufzer in Büros, Fabrikhallen und auf den Gängen von Behörden. »Ich liege Amok«, ruft in einem der Romane von Gerhard Roth eine Frau aus, die einschlafen möchte, vom fortwährenden Lärm aus der Nachbarwohnung aber daran gehindert wird.
»Fanatiker«, hat Georg Christoph Lichtenberg gesagt, »sind zu allem fähig, sonst aber zu nichts.« Da sie bereit sind, ihr Leben in die Waagschale zu werfen, lassen sich unsere zeitgenössischen Fanatiker durch nichts von ihrem Vorhaben, auszulöschen und zu zerstören, abbringen. Aufklärung, Verbote und Strafandrohungen reichen in ihre hermetisch abgeriegelte Welt nicht hinein und bleiben wirkungslos. Stefan Zweig sprach in seiner Erzählung »Der Amokläufer« aus dem Jahr 1922 von »diesem furchtbaren Blick geradeaus«, den man an den Amokläufern in Indonesien beobachten könne. Sie kennen keine Handlungsalternativen mehr, blenden alles Irritierende aus und sind voll und ganz auf das Ziel der Vernichtung möglichst vieler anderer ausgerichtet. Im gesamten südostasiatischen Raum besaß der Amoklauf den Status eines kulturellen Musters, einer »Ventilsitte«, wie es in der Ethnologie genannt wird. Ventilsitten fungieren als sozialpsychologische Schleusen, durch die Gesellschaften ihren Spannungs- und Panikpegel und den ihrer Mitglieder regulieren. Wer einen nicht zu verkraftenden Gesichtsverlust, eine außerordentliche Kränkung, ein schweres Trauma erlitten hat, dem stellte die Kultur den Ausweg zur Verfügung, nach einer Phase des sozialen Rückzugs und »Brütens« mit dem Ruf »Amok! Amok!« und mit »verdunkeltem Blick« auf die Straße zu stürzen und mit seinem Dolch auf jeden einzustechen, der seinen Weg kreuzt. Auf diesen Ruf, so der Ethnopsychoanalytiker Georges Devereux, reagierten die Malaien etwa so, wie wir auf eine Alarmsirene. An den Straßenecken hatten die Behörden Lanzen aufgestellt, mittels derer die Passanten versuchen konnten, sich den Amokläufer vom Leib zu halten. Der Amoklauf endete im Regelfall mit dem Tod des Angreifers.
Quelle: Götz Eisenberg auf junge Welt
- Rückblick: Kein „Tag der Bundeswehr“ 2016
An 16 Standorten feierte die deutsche Armee am 11. Juni 2016 sich selbst. Auch in diesem Jahr war der „Tag der Bundeswehr“ wieder das zentrale Werbeevent, an dem die Bundeswehr um Zustimmung für ihre Einsätze und schon Kinder als Nachwuchs warb – unwidersprochen blieb das nicht: Ein Rückblick zum „Tag der Bundeswehr“ 2016.
Die Armee lobte den Tag als großen Erfolg und gab die Zahl von 260.000 Besucherinnen und Besuchern bei den 16 Veranstaltungen heraus – das wären sogar noch mehr Menschen als beim „Tag der Bundeswehr“ 2015.[1] Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen hatte 2015 den Tag im Rahmen ihrer Attraktivitätsagenda „Aktiv.Attraktiv.Anders“ als jährlich wiederkehrend eingeführt. Wie viele Menschen 2016 tatsächlich zum Armee-Werbetag kamen, ist allerdings nicht bekannt: So besuchten die Luftwaffen in Neuburg an der Donau nur 20.000 statt der erwarteten 70.000 Besucherinnen und Besucher;[2] die „Wehrtechnische Dienststelle“ bei Trier hatte wiederum 10.000 Menschen erwartet – nur 7.000 kamen;[3] beim „Tag der Bundeswehr“ in Hohn (Schleswig-Holstein) konnte die Armee nur 37.000 statt der zuvor prognostizierten 60.000 Besucherinnen und Besucher zählen.[4] Bereits 2015 hatte die Bundeswehr 400.000 Menschen erwartet und „nur“ 250.000 kamen offiziell.[5] In jedem Fall übertreibt die Armee in ihren Berichten über ihren Werbetag, auch wenn die Besuchszahlen nichtsdestotrotz eine besorgniserregende Höhe erreicht. Die Proteste allerdings werden von der Bundeswehr in Gänze verschwiegen, der vermeintliche militaristische Konsens soll wohl nicht durch Proteste gestört werden.
Quelle: Informationsstelle Militarisierung e.V.
- Australische Flüchtlingspolitik: Die Hölle auf Nauru
Australien verfolgt eine rigide Flüchtlingspolitik. Wer versucht, das Land per Boot zu erreichen und dabei aufgegriffen wird, landet im Camp – zum Beispiel auf Nauru – einige Tausende Kilometer vom australischen Festland entfernt. Die Zustände in diesen Camps sind so miserabel, dass niemand von uns auch nur einen Tag dort verbringen wollte. Das hat jetzt der Guardian enthüllt. Er hat Akten eingesehen, die die australische Regierung selbst über die Zustände im Flüchtlingscamp erstellt hat. Nauru, knapp vor dem Äquator. Es ist brüllend heiß und es wächst fast gar nichts, weil auf der Insel früher Phosphat abgebaut wurde. Seit diesen Tagen ist die Insel vollkommen verarmt – auch deshalb haben sich die Insulaner auf Australiens Angebot eingelassen, dort gegen Geld auf Flüchtlinge aufzupassen. Wer nach Nauru verfrachtet wird, muss dort in der Hitze in Zelten oder Wellblechhütten ausharren. Selbst nachts findet wegen der Hitze fast niemand Schlaf, erzählt unsere Korrespondentin Lena Bodewein. Besonders bitter: Diese Zustände müssen die Flüchtlinge jahrelang ertragen, ohne dass ihnen jemand sagt, wie es weiter geht.
Quelle: DRadio Wissen
dazu: Nauru: Die Kehrseite der Flüchtlingspolitik Australiens
Auf der Pazifik-Insel Nauru ist man nicht gerade offen für Besuche von Journalisten oder UN-Emissären. Journalisten müssen 8.000 US-Dollar für ein Visum berappen, die Genehmigung zieht sich hin. UN-Vertretern wird die Einreise verweigert oder so erschwert, dass sie aufgeben. Zu lesen ist das in einem Bericht der Menschenrechtsorganisation Amnesty International von Anfang August dieses Jahres über die Zustände in dem Flüchtlingsaufnahmelager in Nauru. Kapitelüberschriften lauten “Schweigemauer” und “Angriffe, sexuelle Gewalt und Straflosigkeit”.
Beides sagt schon einiges aus über die Kehrseite des australischen Modells der Flüchtlingszurückweisung. Bootsflüchtlinge werden systematisch abgefangen und zur Umkehr gezwungen. Nicht zurückgewiesene Flüchtlinge kommen in Auffanglager auf den Inseln Nauru und Manus (im Norden von Papua-Neuguinea). Die Bedingungen im Flüchtlingslager sind alles andere als menschenwürdig, so der Bericht von Amnesty International.
Quelle: Telepolis
- AfD wiedervereint im Kampf gegen Linke
Der Plan für die Zusammenarbeit muss offenbar schon seit einigen Wochen diskutiert worden sein. Wie der SWR berichtet, habe die AfD-Restfraktion bereits in der vergangenen Woche für den Untersuchungsausschuss gestimmt, die ABW gab diesen Mittwoch grünes Licht. Wie sehr können zwei Gruppen tatsächlich zerstritten sein, die solch ein Projekt starten wollen?
Fakt ist nämlich: Ein von den AfD-Fraktionen beantragter Untersuchungsausschuss »Linksextremismus in Baden-Württemberg« hat sehr wahrscheinlich nur deshalb Aussicht auf Erfolg, weil es überhaupt zu einer Spaltung kam. Um einen Ausschuss ins Leben zu rufen, müssen entweder 25 Prozent der Mitglieder des Stuttgarter Landtags dafür votieren oder der Antrag von mindestens zwei Fraktionen unterstützt werden. Von ersterer Möglichkeit war die AfD nach der Wahl im Frühjahr trotz starker 15,1 Prozent (23 von 143 Sitzen) deutlich entfernt, die zweite Option wurde nur möglich, weil sich die AfD-Parlamentarier offiziell verkrachten. In den Reihen von SPD, Grünen, FDP und CDU war unlängst gemunkelt worden, die Rechtspartei könnte die Spaltung für eben solche Fälle wie jetzt ausnutzen. Eine rechtliche Handhabe gegen die Zusammenarbeit dürfte allerdings schwierig werden. Ein vom Landtag in Auftrag gegebenes Gutachten hatte erst kürzlich die Rechtmäßigkeit beider Fraktionen bestätigt. Und die dürfen zusammenarbeiten, wie alle anderen Fraktionen eben auch. Am Ende könnte der Fall vor dem Verfassungsgericht landen.
Quelle: Neues Deutschland
dazu: Keine Alternative für Deutschland
In acht Landtagen sitzt die AfD inzwischen. Allein im Südwesten vertrauten den Rechtspopulisten am 13. März mehr als 800 000 Menschen ihre Stimme an. Vor allem, wie Demoskopen wissen, in der Hoffnung auf einen neuen Politikstil. Den bekommen sie: In allen Parlamenten, in denen die selbst ernannten Retter der Republik sitzen, geht es drunter und drüber. […]
Zur Stimmungsmache gegen den real existierenden Parlamentarismus gesellt sich auffallendes Desinteresse am eigenen konkreten politischen Tun. Viele Abgeordnete verwechseln das Posten vorgefertigter Parolen mit ernsthaftem politischem Tun. Das Wahlprogramm für Baden-Württemberg ist 64 Seiten stark und prall gefüllt mit Versprechungen. Es böte eine breite Basis für jede Menge Initiativen. Infratest dimap hat herausgefunden, dass fast 80 Prozent die Möchtegern-Erneuerer gewählt haben aus Enttäuschung über das angebliche Nichtstun anderer Parteien in zentralen Fragen. Keineswegs nur beim Thema Flüchtlinge, sondern auch in Fragen der sozialen Gerechtigkeit oder der inneren Sicherheit. Und dass sich viele der “Wähler und Wählerinnen aus Protest” sehr kurzfristig entschieden hätten.
Wie groß muss jetzt die Enttäuschung über die AfD und deren Abspaltung ABW (Alternative für Baden-Württemberg) sein. Denn bei so viel Selbstbespiegelung bleibt keine Zeit für die eigentlichen – und bekanntlich gut bezahlten – Aufgaben einer Opposition. Zusammen bringen es beide Fraktionen im Stuttgarter Landtag seit ihrem Start Mitte Mai bisher auf lächerliche 32 Kleine Anfragen an die Landesregierung. Aber: keine Anträge, schon gar keine Gesetzesentwürfe, keine Vorstöße zu inhaltlichen Fragen. Und dazu stammt mehr als die Hälfte der Kleinen Anfragen aus der Feder eines einzigen Abgeordneten. Lars Patrick Berg (Tuttlingen), der frühere Pressesprecher des Landratsamts Sigmaringen, ist besonders emsig und schreibt sogar seine Pressemitteilungen selber. 14 der 23 AfD- und ABW-Mandatare haben dagegen noch kein einziges Mal die Hand gerührt, um jedenfalls diesem Teil ihrer Volksvertreterpflichten nachzukommen.
Quelle: Kontext: Wochenzeitung
- Großverdiener im Parlament
Der Laie denkt: Die Arbeit im Berliner Parlament ist ein Vollzeitjob, und zwar einer, der mehr Einsatz verlangt als ein gewöhnlicher. Die Spitzenverdiener unter den Bundestagsabgeordneten zeigen, dass man locker noch ein paar zehntausend Euro nebenbei »verdienen« kann. Am Dienstag veröffentlichte die Organisation Abgeordnetenwatch einen aktuellen Bericht zu den Nebeneinkünften der Abgeordneten über die Diäten in Höhe von derzeit 9.300 Euro monatlich hinaus. Danach haben die Mitglieder des Bundestages seit der letzten Wahl im September 2013 mehr als 18 Millionen Euro nebenbei kassiert. Jeder vierte der 630 Abgeordneten gibt für die laufende Legislaturperiode zusätzliche Einkommen von mehr als 1.000 Euro im Monat an, wie die Transparenzinitiative mitteilte.
Die Organisation beruft sich bei ihren Berechnungen auf die Selbstauskünfte der Parlamentarier. Allerdings müssen die Abgeordneten die Höhe ihrer monatlichen Nebeneinnahmen nicht auf den Euro genau, sondern nur in bestimmten Stufen angeben. Die unterste umfasst etwa den Bereich von 1.000 bis 3.500 Euro, die zehnte und höchste Stufe Einnahmen ab 250.000 Euro – ohne Obergrenze. Die geschätzte Gesamtsumme ist laut Abgeordnetenwatch daher nur ein Minimalwert. Es könnten auch bis zu 33,6 Millionen Euro sein. Nur sechs Personen wiesen Nebeneinkünfte in der höchsten Stufe aus.
»Die Abgeordneten müssen endlich sämtliche Nebeneinkünfte offenlegen, und zwar vom ersten Euro bis zum letzten Cent«, forderte der Geschäftsführer von Abgeordnetenwatch, Gregor Hackmack. Bei Freiberuflern und Selbständigen wie Landwirten, Rechtsanwälten oder Unternehmensberatern sei nicht einmal bekannt, woher die Einkünfte stammten. Vertragspartner oder Mandanten, die sie auf der Parlamentshomepage über ihre Zuverdienste aufführen müssten, blieben nach den derzeitigen Veröffentlichungsregeln namenlos. Laut Abgeordnetenwatch stammen mindestens 3,3 Millionen Euro aus anonymen Quellen. Nur wenige Abgeordnete wie die Landwirte Philipp Graf Lerchenfeld (CSU) und Albert Stegemann legen demnach freiwillig offen, wer ihre Geschäftspartner sind.
Quelle: junge Welt
Anmerkung Christian Reimann: Kann eigentlich noch von einer “repräsentativen Demokratie” die Rede sein, wenn die Bevölkerungsmehrheit, die Arbeitnehmerschaft, immer weniger im Parlament vertreten ist?
- Der Fall Hinz und seine Folgen
In einem Interview der “Westdeutschen Zeitung” hat Petra Hinz ihr Schweigen gebrochen. Zunächst spricht sie in Zusammenhang mit ihrem gefälschten Lebenslauf von “einem großen Fehler”. Landeskorrespondent Moritz Küpper befürchtet, dass die Schlammschlacht in der SPD erst begonnen hat – und deutliche Auswirkungen auf die Landtagswahlen in neun Monaten haben könnte.
Quelle: Deutschlandfunk
dazu: Ekel vor dem Proletariat
Der Fall der Bundestagsabgeordneten und Hochstaplerin Petra Hinz zeigt, wie die Akademisierung die SPD innerlich vergiftet und politisch ruiniert. Die Essener Sozialdemokratin Petra Hinz, so wurde ruchbar, hat es mit falschen biografischen Angaben zur Bundestagsabgeordneten gebracht. Viele Details sind inzwischen bekannt geworden, ihre Anwälte schreiben: „In der Rückschau vermag es Frau Hinz nicht zu erkennen, welche Gründe sie seinerzeit veranlasst haben, mit der falschen Angabe über ihren Schulabschluss den Grundstein zu legen für weitere unzutreffende Behauptungen über ihre juristische Ausbildung und Tätigkeit.“ Ein Armutszeugnis, das trist die anwaltlich zu Schützende der Lächerlichkeit preisgibt: Als ob Politiker*innen je aus dem Blick verlören, was über sie gesagt und notiert wird, zumal auf einer offiziellen Seite. […]
Aber müsste die Sozialdemokratie nicht ganz anders mit ihr und ihrem (buchstäblichen) Fall umgehen? Tatsächlich wäre die Causa Petra Hinz Anlass für eine sozialdemokratische Selbstreflexion. Etwa zur Frage: Wie konnte es so weit kommen, dass eine Sozialdemokratin glaubt, sich für eine parteipolitische Karriere eine akademische Biografie zulegen zu müssen? Es sagt viel über die einst von der Arbeiterbewegung geprägte Partei aus, wenn heute so gut wie alle Mandatsträger*innen einen Universitätsabschluss vorweisen können. […]
Der Fall Hinz verweist erst in zweiter Linie auf die Not einer Politikerin, die sich an ihr Mandat klammert, weil sie nichts anderes gelernt hat, als sich in Gremien durchzusetzen und das politische Leben mit zu verwalten. In erster Linie zeigt es jedoch die Abgründe einer Partei, die sozialdemokratische Traditionen bei Festlichkeiten beschwört und in Sommerinterviews herauskehrt wie gerade erst Parteichef Sigmar Gabriel, aber im Alltag mit dem Pöbel weder Kontakt haben noch sich für ihn verwenden will.
Quelle: taz
dazu auch: Hinz legt Bundestagsmandat zum 31. August nieder
Einen Tag nach einem Interview mit einer Regionalzeitung hat die SPD-Bundestagsabgeordnete Petra Hinz angekündigt, ihr Mandat zum 31. August niederzulegen. Im Gespräch mit der Westdeutschen Zeitung hatte Hinz erklärt, sie werde ihren Sitz im Parlament erst nach ihrer Entlassung aus stationärer Behandlung aufgeben. Mitglieder ihrer Partei hatten sie dafür kritisiert.
Quelle: Süddeutsche