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Titel: Trump und die Wirtschaftspolitik – Geschenke für die Reichen, Luftschlösser für den Rest
Datum: 9. August 2016 um 12:35 Uhr
Rubrik: Audio-Podcast, Denkfehler Wirtschaftsdebatte, Steuern und Abgaben, USA, Wahlen
Verantwortlich: Jens Berger
„Pie-in-the-sky nonsense“, also frei übersetzt „unrealistische Flausen“ – so bezeichnete der Wirtschaftswissenschaftler William Gale das steuerpolitische Konzept Donald Trumps. Und das zu Recht: Seit Reagan hat es kein derart unseriös neoliberales Konzept mehr in der US-Politik geben. Trump inszeniert sich zwar gerne als Kandidat der hart arbeitenden amerikanischen Arbeiter und bezeichnet seine Konkurrentin Clinton als Kandidatin der Wall Street und des großen Geldes; wenn man sich die wirtschafts- und steuerpolitischen Konzepte der beiden Kandidaten anschaut, kommt man jedoch zum umgekehrten Ergebnis. Sollten die Amerikaner Trump wählen, werden sie zumindest finanziell noch ihr blaues Wunder erleben. Von Jens Berger.
Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.
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Nichts wird so heiß gegessen, wie es gekocht wird. Ursprünglich ging Donald Trump mit einem „Bierdeckel-Steuermodell“ in den Wahlkampf, das für die Einkommensteuer nur noch drei Steuerstufen bei 10%, 20% und 25% vorsah und für sämtliche Einkommensarten gelten soll. Der wohl größte „Schönheitsfehler“ dieser Bierdeckel-Rechnung ist jedoch, dass sie je nach Berechnungsart und Quelle den Staat auf zehn Jahre gerechnet zwischen 9,5 und 12 Billionen Dollar kosten und damit bei konstanten Ausgaben die Staatsverschuldung mal eben verdoppeln würde. Das ist nicht nur „pie-in-the-sky nonsense“, sondern auch den finanzpolitischen Ultras aus den Reihen der Republikaner, die unter Obama aus jedem Nachtragshaushalt eine Hängepartie machten, nicht zu vermitteln. Also verwässerte Trump sein Konzept – anstatt der versprochenen 25% soll die oberste Bierdeckelsteuerstufe nun 33% betragen … am Umstand, dass dies die Steuereinnahmen radikal einbrechen lassen würde, ändert dies jedoch nichts. A pie in the sky.
Nicht nur die Einkommensteuer, auch und vor allem die Unternehmenssteuer steht bei Trump zur Disposition. Sie soll von 35% auf 15% gesenkt werden – ein Billionengeschenk für Konzerne. Und als sei dies für die Reichen und Superreichen noch nicht genug, will Donald Trump auch noch die Erbschaftssteuer (derzeit 40%) ersatzlos streichen. Selbstverständlich profitieren die amerikanischen Arbeiter fast überhaupt nicht von dieser unanständigen Steuersenkungsorgie. Bei den Superreichen würden jedoch die Champagnerkorken knallen, sollte ein derartiges Konzept je umgesetzt werden. Trump, der Kandidat der Abgehängten, der Wütenden, der arbeitenden Masse? Aber nicht doch.
Und wie sieht es bei Hillary Clinton aus, der Kandidatin, die Trump so gerne als Marionette der Wall Street darstellt? Clinton will eine zusätzliche Reichensteuer (ab fünf Millionen Dollar Einkommen) einführen und damit inkl. Obamacare den effektiven Spitzensteuersatz auf 47,4% erhöhen und auch – man höre und staune – auf Kapitaleinkünfte ausweiten, wenn die Anlagegüter (z.B. Firmenanteile, Häuser, Aktien, Anleihen) kürzer als sechs Jahre gehalten werden. Momentan müssen derartige Einkünfte mit 23,8% versteuert werden. Die Erbschaftssteuer will Clinton übrigens auf 45% erhöhen und durch mehrere Mechanismen dafür sorgen, dass „Reiche“ sich nicht arm rechnen können. Natürlich – es ginge auch noch ambitionierter, auch Clinton sieht beispielsweise keine höheren Vermögenssteuern vor. Im Vergleich zu Trump ist das Steuerkonzept Clintons jedoch schon fast sozialistisch. Dennoch gilt sie vor allem in den sozialen Netzwerken als Kandidatin der Superreichen, während Trump das Image eines „Mavericks“ genießt.
Längst widerlegte neoliberale Theorien
Wie kommt der Kandidat Trump eigentlich mit einem derart abstrusen Konzept durch? Ganz einfach – er schönt seine Berechnungen durch vollkommen unrealistische Annahmen auf. So kalkuliert Trumps Konzept beispielsweise mit ein, dass durch die Steuergeschenke für Amerikas Finanzoligarchie fünf Millionen Jobs entstehen und das Bruttoinlandsprodukt um 11,5% steigt. Die Erklärung, warum das so sein soll, erinnert an „beste“ Reagan-Zeiten: Durch sinkende Steuern hätten die Arbeitnehmer einen größeren Anreiz mehr zu arbeiten und die Arbeitgeber würden dank niedrigerer Steuerbelastung mehr Mitarbeiter einstellen … die „gute, alte“ Trickle-Down-Theorie der Neoliberalen, die man heute eigentlich als widerlegt ansehen sollte.
Selbstverständlich sollte man Trumps Steuerkonzept nicht isoliert von seinen wirtschaftspolitischen Vorstellungen betrachten. Trump ist bekanntermaßen ein bekennender Gegner des Freihandels und will als Präsident hohe Strafzölle auf mexikanische und chinesische Importe verhängen, um „Amerika wieder groß zu machen“. Es ist jedoch wenig wahrscheinlich, dass dadurch nennenswert Jobs zurück in die USA kommen. Stattdessen werden durch solche Maßnahmen „bestenfalls“ Güterströme verlagert. Dann lässt Apple das iPhone halt in Taiwan oder vom chinesischen Zulieferer in Thailand oder Polen fertigen. Übersehen wird dabei auch gerne, dass die USA bei derartigen Strafzöllen wohl von der Welthandelsorganisation WTO ausgeschlossen werden müssten. Dies wäre für US-Unternehmen eine mittlere Katastrophe und es ist mehr als unwahrscheinlich, dass ein Präsident Trump mit derlei „unrealistischen Flausen“ überhaupt durch den Kongress kommen würde – vollkommen gleich, ob der dann von den Demokraten oder den Republikanern dominiert ist. Auch wenn man Trumps wirtschaftspolitische Konzepte mit in die Bewertung seiner Steuerpolitik einbezieht, kann man nur zu einem Schluss kommen: Das sind unrealistische Flausen, die nicht finanzierbar sind und einzig und allein vordergründig den Reichen nutzen. Und wie kommt der selbsternannte Anti-Wall-Street-Kandidat auf ein solches Programm? Wahrscheinlich auch durch die „Wirtschaftsexperten“ in seinem Beraterteam, die nahezu ausschließlich Hedge-Fonds-Manager an der Wall Street sind.
SPIEGLEIN, SPIEGLEIN an der Wand – wer hat das schlimmste Steuerkonzept im ganzen Land
Einen geradezu abstrusen Nebeneffekt haben Trumps Steuerpläne jedoch auch dort, wo man ihn wohl am wenigsten erwartet – im deutschen „Qualitätsjournalismus“. Dort echauffiert sich nämlich ausgerechnet der durch und durch neoliberal aufgestellte SPIEGEL lautstark über den „Fantasten“, der „desaströse“ wirtschaftspolitische Konzepte verfolgt, die vor allem die „Reichsten der Reichen“ freuen werden. Man höre, staune und vergleiche diese Aussage mit den sonstigen politischen „Empfehlungen“ aus dem Hause SPIEGEL. Als die Schröder-Regierung in Deutschland ein ähnlich desaströses Steuerkonzept umgesetzt hat, fand der SPIEGEL dies beispielsweise wunderbar und auch ansonsten trommeln die Hamburger eigentlich stets für exakt die Konzepte, die Trump nun umsetzen will. Aber da der SPIEGEL ja eine beispiellose Clinton-Kampagne fährt, kann er ja nun nicht Trumps irres Steuerkonzept loben. Auch Qualitätsjournalisten haben es nicht immer einfach.
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