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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 6. Juli 2016 um 8:30 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (PS/JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. CETA
  2. Ihr könnt nicht glauben, ihr wärt das Volk
  3. Syrien schlagen, um Iran zu treffen
  4. Eine Alternative zum Euro
  5. Großbritannien ist bereits die größte Steueroase weltweit
  6. 7,02 Millionen Menschen leben von Arbeitslosengeld oder Hartz-IV-Leistungen
  7. Berlin ist Hauptstadt der Aufstocker
  8. Europa unter der Staubglocke
  9. Deutsche Industrie sieht Rohstoffversorgung in Gefahr
  10. Immobilienmarkt: Bund verkauft Gros seiner Wohnungen an private Investoren
  11. Autobahnprivatisierung: Offener Brief an die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten
  12. Der Nachtzug geht vor die subventionierten Hunde des freien Marktes
  13. EU-US-Datentransfer: EU-Kommission will Datenschützer beim Privacy Shield außen vorhalten
  14. Waffenexporte steigen auch 2016 unter Gabriel
  15. Neue EU-Richtlinie: Mit Netzsperren gegen Terror
  16. 250 Millionen Kinder wachsen in Konfliktregionen auf
  17. Denkpause im Bundestag!?
  18. ARD-Magazin Fakt und das Schattenfechten gegen den Kreml

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. CETA
    1. Malmström weiter für Einführung durch die Hintertür
      Die EU-Kommission wird dem europäischen Rat empfehlen, CETA als gemischtes Abkommen einzustufen, das der Zustimmung der nationalen Parlamente bedarf. Das hat EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström heute bekannt gegeben. Sie verwies zugleich auf die Möglichkeit, CETA noch vor Ratifizierung durch die nationalen Parlamente vorläufig in Kraft treten lassen.”Malmström will also weiterhin die nationalen Parlamente aushebeln und CETA durch die Hintertür einführen”, sagt dazu Attac-Handelsexperte Roland Süß. “Weil sie sich nicht frontal gegen die öffentliche Meinung durchsetzen kann, setzt sie auf die vorläufige Anwendung des EU-Kanada-Abkommens, noch bevor die Abgeordneten in den Mitgliedsländern darüber beraten und abstimmen können. Dieser Einführung von CETA durch die Hintertür werden wir uns weiterhin entschieden mit unseren Aktionen entgegenstellen.”Unter dem Motto “CETA und TTIP stoppen! – Für einen gerechten Welthandel!” ruft Attac zusammen mit vielen Bündnispartnern dazu auf, den Widerstand gegen CETA und TTIP, das Abkommen mit den USA, am 17. Septemer in die Breite zu tragen: mit bundesweit sieben Großdemonstrationen in Berlin, Frankfurt am Main, Hamburg, Köln, Leipzig, München und Stuttgart. Erwartet werden insgesamt weit mehr als 100.000.
      Quelle 1: attac
      Quelle 2: EU-Kommission

      Anmerkung unseres Lesers G.R.: Offensichtlich will die EU-Kommission die Konfusion nach dem Brexit nutzen, um bei CETA vollendete Fakten zu schaffen. Als “gemischtes Abkommen” könnten die zentralen Inhalte des Freihandelsvertrags schon rasch “vorläufig angewendet” werden. Die Konflikte und die sozialen Spannungen in der EU werden weiter eskalieren.

      Anmerkung Christian Reimann: Frau Malmström ist offenbar auch eine Anhängerin des Merkelschen Prinzips der “marktkonformen Demokratie”. Auf welche Regelung/Vorschrift fußt eigentlich ihre Annahme, dass CETA noch vor der Ratifizierung durch die nationalen Parlamente vorläufig in Kraft treten könne?

    2. Parlamente sollen doch über CETA abstimmen
      Der Bundestag und andere nationale EU-Parlamente sollen nun doch über das bereits ausgehandelte Freihandelsabkommen der EU mit Kanada (CETA) abstimmen. Die EU-Kommission beschloss, das Abkommen entgegen eines juristischen Gutachtens nicht als reine EU-Angelegenheit einzustufen.
      Die EU-Kommission will die nationalen Parlamente der EU-Staaten doch über das Freihandelsabkommen CETA mit Kanada entscheiden lassen. Die EU-Behörde beschloss, von ihrer bisherigen Linie abzuweichen und das Abkommen als sogenannte gemischte Vereinbarung einzustufen.
      Zwar benötige das Abkommen aus Sicht der Kommission diese Zustimmung eigentlich nicht, wie EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström in Straßburg erklärte. Allerdings sei dies eine juristische Bewertung. Politisch sei die Situation so, dass “wir die Notwendigkeit verstehen, es als ein ‘gemischtes’ Abkommen vorzuschlagen”, fügte Malmström hinzu. Sogenannte gemischte Abkommen fallen in die Zuständigkeit der EU und der Mitgliedstaaten gleichermaßen. Sie müssen deshalb zusätzlich zur Zustimmung im EU-Ministerrat und im Europaparlament – also auf EU-Ebene – auch noch in den einzelnen Mitgliedstaaten ratifiziert werden.
      Quelle: Tagesschau

      Anmerkung des Lesers C. G.: Als Junckers “Durchmarschieren” deutlich wurde, habe ich einige Freunde, die nicht so kritisch sind, erneut auf die Gefahren hinzuweisen versucht, die für Arbeitnehmer und Sozialsysteme und Staatskassen im Allgemeinen hinter den sogenannten Freihandelsabkommen stecken. Prompt bekomme ich Antworten wie: “Vielen Dank für Deinen Hinweis, aber es scheint doch alles gut zu werden…” zusammen mit dem Link zum Beitrag der tagesschau vom 5.7.2016.
      Mir bleibt die Luft weg. Die Nebelkerzen scheinen ihre Wirksamkeit auch bei Leuten mit Hochschulabschluss nicht zu verfehlen, denn dass das Ablenkungsmanöver sind, um die Leute ruhig zu halten, ist nur zu offensichtlich. Dabei weist im Textteil der Meldung sogar die tagesschau darauf hin, dass das Abkommen “zunächst provisorisch in Kraft treten” soll – das heißt die Parlamente können abnicken und höchstenfalls den Teilen widersprechen, die einem gemischten Abkommen die nationalen Parlamente berührt. Doch schon diese provisorische Geltung reicht Konzernen, um Staaten zu verklagen wie aktuelle Beispiele zeigen. Ferner fährt unsere Regierung doch VOLL auf Kurs des Finanzkonzernermächtigungsgesetzes zur Ausplünderung unserer Staatskassen und Abbau des Sozialstaats, Altersvorsorge, Arbeitnehmerrechte etc… Ich kann nur allen dazu raten, wirklich nochmal darüber nachzudenken, was es heißt – “völkerrechtlich bindend” und “unkündbar” (außer beidseitig). Das mit dem großen Wachstum ist ein Märchen wie die “blühenden Landschaften in Ostdeutschland” es waren. Dabei brauchen wir solche Abkommen nicht, um mit Kanada oder USA Handel zu treiben. Wenn man Industrie-Normierungen wenigstens abgekoppelt verhandeln würde von dem Investorenschutz (statt Bürgerschutz) und getrennte Abkommen erstellen würde, könnte man ja darüber reden.
      Wir müssen aufwachen, es geht um die nächsten Generationen. Noch können wir uns der Verfassungsklage von campact & foodwatch anschließen oder wenigstens in Bayern das Volksbegehren unterschreiben, das ab 16.07. startet.

  2. Ihr könnt nicht glauben, ihr wärt das Volk
    Für Nation und Heimat, gegen Oligarchie und Finanzelite: Linke Bewegungen wie Podemos und Nuit Debout klingen oft wie Rechtsradikale, sagt der Soziologe Didier Eribon. (…)
    Eribon: Die linke Politik steckt in einer schweren Krise, die sich seit Jahrzehnten angebahnt hat. Ich habe ein Buch darüber geschrieben, wie es dazu kommen konnte, D’une révolution conservatrice: In den Achtzigern haben linke Neokonservative mit Investorengeld Konferenzen organisiert, Seminare gegeben und mediale Debatten angezettelt mit dem Ziel, die Grenze zwischen rechts und links zu verwischen. Das war eine konzertierte Kampagne. Sie wollten all das abschaffen, worauf sich linkes Denken gründet: den Begriff der Klasse, die soziale Determination, die Ausbeutung der Arbeitskraft etc. Heute sehen wir, dass sie zum größten Teil erfolgreich waren.
    ZEIT ONLINE: Woran sieht man das?
    Eribon: Das beste Beispiel ist die sozialistische Partei Frankreichs: Wenn man heute einem sozialistischen Politiker gegenüber den Begriff der sozialen Klasse erwähnt, widerspricht er sofort und behauptet, so etwas existiere nicht mehr. Die französischen Linken glauben das wirklich und sind jetzt ganz verblüfft, weil sie feststellen, dass es doch noch eine Arbeiterklasse gibt. Es ist tragisch, dass die Arbeiter erst für den Front National, die AfD und den Brexit stimmen mussten, um auf sich aufmerksam zu machen. Der französische Premierminister Manuel Valls hat die französischen Demonstranten gerade abfällig “die alte Linke” genannt. Dabei ist es einfach die Linke. Das sind die Leute, die ihn gewählt haben. Doch statt ihnen zuzuhören, will er das Land modernisieren, und alle wissen, was das heißt: Abbau von Sozialleistungen, Einschränkungen von Arbeitnehmerrechten und so weiter.
    Quelle: Zeit Online

    Anmerkung Paul Schreyer: Dieses Interview enthält viel Kluges, allerdings auch eine mittlerweile übliche gewordene Vermischung der Begriffe Nation und Nationalismus. Wer sich auf die Nation beruft, gerade auch in Abgrenzung von der gegenwärtigen Politik der EU, gilt oft fast automatisch schon als „Nationalist“, also tendenziell rechtsradikal. Eribon sagt: „Wir müssen versuchen, die EU zu verändern, auch wenn das vielleicht utopisch klingen mag. Die Rückkehr zum Nationalismus ist keine Lösung.“ Tatsächlich halten viele inzwischen eine Reform der EU im Sinne einer wirklich sozialen Politik für utopisch. Weiterhin fehlt eine breit sichtbare und mehrheitsfähige linke Alternative, ein „linker Populismus“ – siehe auch hier und hier.

    Dazu: Postmaterialistischer Abgrund
    Der antikapitalistische Kern der Linken darf nicht durch kleinbürgerlichen Liberalismus, Transgenderrechte und Tierschutz ersetzt werden. Ich kritisiere an den europäischen sozialdemokratischen Parteien nun schon seit einigen Jahren, dass sie sich von den Arbeitnehmern entfernt haben und ihre Wertvorstellungen an einer liberalen städtischen Mittelschicht ausrichten. Für mich liegt genau hier die Wurzel der gegenwärtigen Krise der Linken. Meine Kritik an der liberalen Agenda kommt nicht aus einer konservativen Ecke. Ich habe mehrere philosophische Bücher über Sozialliberalismus und Neomarxismus geschrieben und unterstütze die Agenda der postmodernen Linken, einschließlich ihres Eintretens für die Rechte der LGBTI-Gemeinde. Es ist jedoch auffällig, dass bei linksgerichteten Parteien post-materialistische Themen in den Vordergrund gerückt sind, und zwar häufig zulasten von traditionellen sozialen und wirtschaftlichen Inhalten. Das ist ein strategischer Fehler, der die Linken in ganz Europa teuer zu stehen kommt. Sie büßen damit die traditionelle Wählerschaft aus der Arbeiterschicht ein, und die Wechselwähler aus der Mittelschicht sind kein beständiger Ersatz.
    Quelle: IPG Journal

  3. Syrien schlagen, um Iran zu treffen
    Endlich belegt: Hillary Clinton befeuerte als Außenministerin den Bürgerkrieg in Syrien. Dieses Dokument hat es in sich: UNCLASSIFIED U.S. Department of State Case No. F-2014-20439 Doc No. C05794498 Es handelt sich um ein Dokument, das Ende 2015 vom US-Außenministerium freigegeben und kürzlich über Wikileaks öffentlich zugänglich gemacht wurde. Thema der Depesche: Der neue Iran und Syrien. Autorin: Hillary Clinton, damals US-Außenministerin. (…) Vermutlich stammt der Text aus dem Jahr 2012. Behandelt wird darin die Frage, wie die USA Israel helfen könnten, mit der wachsenden nuklearen Gefahr des Irans umzugehen. Clinton schreibt, »der beste Weg (sei), dem syrischen Volk zu helfen, das Regime von Bashar Assad zu stürzen«. (…) Sollte »Assad weg sein« und der Iran Israel nicht länger durch seine Stellvertreter bedrohen, könnten sich die USA und Israel auf »rote Linien« einigen, wann das iranische Atomprogramm eine unakzeptable Schwelle überschritten habe. »Kurz gesagt, das Weiße Haus kann die Spannungen zwischen Israel und Iran lösen, wenn es das Richtige in Syrien tut.« Die Rebellion in Syrien dauere schon länger als ein Jahr, und weder werde die Opposition verschwinden noch werde das Regime eine diplomatische Lösung von außen akzeptieren. Doch: »Wenn sein Leben bedroht ist und das seiner Familie, nur diese Drohung oder die Anwendung von Gewalt wird den syrischen Diktator Bashar Assad dazu bringen, seine Meinung zu ändern.«Clinton führt weiter aus, dass ein Eingreifen in Syrien schwieriger sei als in Libyen, doch »ein Erfolg (…) würde ein gestalterisches Ereignis für den Mittleren Osten bedeuten.« Es würde nicht nur ein »skrupelloser Diktator von einer Massenopposition in den Straßen hinweggefegt«, die Region wäre auch besser, weil der Iran nicht länger eine Basis im Mittleren Osten hätte, »von wo er Israel bedroht«. Dieser Plan erfordere »grundlegende diplomatische und militärische Führung der USA«.
    Quelle: Karin Leukefeld in der Jungen Welt
  4. Eine Alternative zum Euro
    Der BREXIT hat gezeigt, dass die EU nicht weitermachen kann wie bisher. Es ist an der Zeit, grundlegend umzusteuern. Wenn dies nicht geschieht, wird es zu unkontrollierten, konfrontativen oder gar explosiven Brüchen kommen. Um dem vorzubeugen, ist auch eine Klärung der Währungsfrage dringend und unumgänglich. Das ist eine Schlüsselfrage für die Zukunft der EU, wenn auch nicht die einzige – so die Botschaft des folgenden Aufrufs, der noch vor der BREXIT-Entscheidung formuliert wurde
    Quelle: Eurexit

    Anmerkung Albrecht Müller: Sollten wir nicht noch Wege suchen, um ohne Eurexit auszukommen?

  5. Großbritannien ist bereits die größte Steueroase weltweit
    Der britische Finanzminister George Osborne will internationale Unternehmen mit einer massiven Steuersenkung von der Abwanderung abhalten. Der Grünen-Europaabgeordnete Sven Giegold hält das für einen reinen Marketing-Gag. Damit versuche Großbritannien, von den Folgen des Austritts aus der EU abzulenken, sagte Giegold im DLF. Giegold sagte weiter, viele Unternehmen nutzten bereits einen Niedrigsteuersatz. Die Europäische Union müsse den britischen Austritt nutzen, um die Steuervermeidung von Großkonzernen zu beenden. “Wir brauchen eine gemeinsame Steuerpolitik”, so Giegold. Ein Mindeststeuersatz sei nötig – und das sei ohne die Briten auch leichter zu erreichen.
    Quelle: Deutschlandfunk
  6. 7,02 Millionen Menschen leben von Arbeitslosengeld oder Hartz-IV-Leistungen
    2,74 Millionen Arbeitslose gab es im April 2016. Doch mit rund 7,02 Millionen lebten mehr als zweieinhalbmal so viele Menschen in Deutschland von Arbeitslosengeld oder Hartz-IV-Leistungen, darunter 1,96 Millionen Kinder und Jugendliche. Denn nur ein Teil derer, die staatliche Unterstützung benötigen, gilt auch als arbeitslos im Sinne der Statistik. Im Juni (teilweise aktuellste verfügbare Werte durch Wartezeiten in der Statistik) gab es 2,74 Millionen Arbeitslose gemäß der Statistik der Bundesagentur für Arbeit (BA). Gleichzeitig lebten aber rund 7,02 Millionen Menschen von Arbeitslosengeld und/oder Hartz-IV-Leistungen.
    Quelle: O-Ton Arbeitsmarkt
  7. Berlin ist Hauptstadt der Aufstocker
    Allein in Berlin können demnach 60.621 Menschen nicht allein von ihrem Gehalt leben, sondern müssen sogenannte aufstockende Hartz-IV-Leistungen in Anspruch nehmen. Das geht aus der Antwort des Bundesarbeitsministeriums auf eine Anfrage der Bundestagsabgeordneten Jutta Krellmann (Die Linke) hervor, die der „WirtschaftsWoche“ und „Frontal 21“ vorliegt.In Hamburg beziehen demnach 18.797 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte Hartz-IV-Leistungen, gefolgt von der Region Hannover (11.915), Köln (10.233), Leipzig (8212), Frankfurt am Main (8093), München (7948), Bremen (6713), Dortmund (6529) und Dresden (5955).Bundesweit beziehen laut Bundesagentur für Arbeit rund 1,2 Millionen Menschen sogenannte „Aufstockerleistungen nach dem Sozialgesetzbuch II“, darunter 591.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte. Vor allem bei Reinigungskräften, Lagerarbeitern und Paketzustellern reicht das Geld den Daten zufolge oft nicht zum Leben aus. So mussten fast 85.000 Reinigungskräfte im September 2015 ihren Lohn durch Hartz-IV-Gelder aufstocken. Damit können 10,7 Prozent aller Reinigungskräfte nicht von ihrem Gehalt leben.
    Quelle: WirtschaftsWoche
  8. Europa unter der Staubglocke
    Emissionen aus Kohlekraftwerken beeinträchtigen nicht nur die Luftqualität in dem Land, wo sie entstehen, sondern werden auch über Grenzen verweht. Der WWF hat jetzt – zusammen mit anderen zwei anderen Organisation – in einer Studie untersucht, wie sich Feinstaub und andere Partikel aus den Kraftwerken auf die Gesundheit der europäischen Bevölkerung auswirken.
    Quelle: Deutschlandfunk
  9. Deutsche Industrie sieht Rohstoffversorgung in Gefahr
    Die deutsche Industrie sieht ihre Versorgung mit wichtigen Rohstoffen gefährdet. „Die Politik muss das Thema Rohstoffsicherheit wieder auf die politische Agenda setzen“, forderte der Präsident des Industrieverbandes BDI, Ulrich Grillo, am Dienstag in Berlin. Wegen der Digitalisierung und der Energiewende steige die Nachfrage nach kritischen Rohstoffen wie Seltenen Erden oder Lithium deutlich. „Ausgerechnet für etliche dieser Rohstoffe ist die sichere Versorgung der Industrie in Gefahr“, warnte Grillo. Die Regierung müsse sich für den Abbau von Handelsbeschränkungen einsetzen, um eine sichere Versorgung der Wirtschaft gewährleisten zu können.
    Quelle: Hintergrund
  10. Immobilienmarkt: Bund verkauft Gros seiner Wohnungen an private Investoren
    Wenn der Bund Wohnungen verkauft, kommt nur der Höchstbieter zum Zug. So will es das Gesetz. Die Folge: Private Investoren angeln sich fast alle Objekte, Kommunen gehen fast immer leer aus. Der Bund verkauft nur einen geringen Teil der Wohnungen aus seinem Besitz an kommunale Gesellschaften. 96 Prozent aller Verkäufe der zuständigen Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) gehen an private Investoren, nur vier Prozent an Gebietskörperschaften, wie aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken hervorgeht.” Der Bund ist nach wie vor einer der großen Besitzer von Immobilien und Liegenschaften in Deutschland”, sagt die stellvertretende Fraktionschefin der Linken, Caren Lay. Damit hätte die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben theoretisch die Möglichkeit, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen und Druck vom Mietenmarkt zu nehmen – etwa indem sie Immobilien günstig an Kommunen für die soziale Stadtentwicklung abgibt. Nach der Gesetzeslage kann die Bima allerdings gar nicht anders, als Immobilien grundsätzlich zum Höchstgebot zu verkaufen. Diese Praxis wurde in der Vergangenheit von verschiedenen Seiten kritisiert. “Der Verkauf von Bundesimmobilien und bundeseigenen Flächen ergibt überhaupt nur Sinn, wenn er an Kommunen und nicht an Heuschrecken geht”, sagt Lay. Laut Lay wurde keine einzige der veräußerten Flächen für neue Sozialwohnungen verwendet.
    Quelle: Spiegel Online

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Das ist in einer Zeit mit zu wenigen Sozialwohnungen und rasant steigenden Mieten ja eine ganz tolle Idee …

    Anmerkung AM: Es ist sehr zu bezweifeln, ob der Verkauf von Wohnungen des Bundes überhaupt einen Sinn macht. Im übrigen sind diese Art von Privatisierungen auch ein Opfer, das wir für die Schwarze Null aufbringen.

  11. Autobahnprivatisierung: Offener Brief an die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten
    Sehr geehrte Ministerpräsidentinnen, sehr geehrte Ministerpräsidenten, die Bundeskanzlerin hat Sie für den 7.7.2016 zu einem Kamingespräch eingeladen. (…) Das anstehende Gespräch erfüllt uns (…) mit großer Sorge: nach unserer Kenntnis will die Bundesregierung Sie dort vor Entscheidungen von großer Tragweite stellen. Konkret geht es um das Vorhaben der Autobahnprivatisierung, das die Bundesregierung als „Reform der Auftragsverwaltung“ bezeichnet und zur Bedingung macht für ihre Zustimmung zu einer „Gesamtpaket“-Kompromisslösung im Bund-Länder-Finanzausgleich. Was ist für Bund oder Länder die Autobahnprivatisierung wert?
    Quelle: Gemeingut in BürgerInnenhand e.V.
  12. Der Nachtzug geht vor die subventionierten Hunde des freien Marktes
    “Das Ende des Nachtzugs in Europa naht. Denn Politiker und Bahnchefs klagen, Nachtzüge seien ein Verlustgeschäft. Doch die Lamm-Analyse zeigt: Nachtzüge werden künstlich schlecht gemacht. Von Politik – und von den Bahnunternehmen selbst.”
    Quelle: das Lamm

    Anmerkung AM: Ein guter Beleg dafür, dass nachhaltiges Verhalten und der Sinn für eine vernünftige Verkehrspolitik und für die Förderung des Schienenverkehrs nahezu ausgestorben ist. Die Überschrift trifft den Kern sehr gut. Beim Schienenverkehr wie bei der gesetzlichen Rente – die privaten Konkurrenten, die Hunde des freien Marktes, werden subventioniert.

  13. EU-US-Datentransfer: EU-Kommission will Datenschützer beim Privacy Shield außen vorhalten
    Beim überarbeiteten Entwurf für ein transatlantisches Datenschutzschild hat die EU-Kommission die europäischen Datenschutzbeauftragten nicht um Rat gebeten. Aus ihren Reihen heißt es nun, dies sei der Sache nicht angemessen. Neuer Wirbel um den geplanten Safe-Harbor-Nachfolger zum Datentransfer zwischen der EU und den USA: Über die jüngst ergänzte, nachverhandelte Fassung für ein “Privacy Shield” habe die EU-Kommission den Kreis der europäischen Datenschutzbeauftragten in Form der Artikel-29-Gruppe nicht einmal informiert, beklagte der Hamburgische Datenschützer Johannes Caspar gegenüber heise online. Die angepasste, ins Internet entfleuchte Version sei dem Gremium zwar inzwischen bekannt. Die Brüsseler Regierungseinrichtung habe aber bei der Gruppe “keine Stellungnahme hierzu abgefragt”. (…) Ex-Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger riet ebenfalls davon ab, den USA “einen Persilschein für ihre Massenüberwachung auszustellen”. Die Bundesregierung sollte sich dem verweigern und eine öffentliche Debatte über den Verhandlungsstand führen, forderte die Ex-Justiministerin und Vorstandsmitglied der liberalen Friedrich-Naumann-Stiftung. Die Hinterzimmerpolitik untergrabe das Vertrauen in die EU. Der neue Entwurf werde vor dem EuGH keinen Bestand haben, “weil er mit unseren Grundrechten unvereinbar ist”. Anfang Oktober hatten die Luxemburger Richter das Safe-Harbor-Abkommen kassiert, seitdem verhandeln Brüssel und Washington über eine rechtssichere Grundlage für den Datenfluss.
    Quelle: Heise Online
  14. Waffenexporte steigen auch 2016 unter Gabriel
    Versprochen hatte der Wirtschaftsminister eine restriktivere Handhabung der Waffenexporte. Doch die Regierung hat mehr genehmigt als im Vorjahr. (…) Nach den Rekordzahlen von 2015 sind deutsche Rüstungsgüter auch in diesem Jahr gefragt. Im ersten Halbjahr 2016 erteilte die Bundesregierung Waffenexporten im Wert von 4,029 Milliarden Euro eine Ausfuhrgenehmigung. Dies erfuhr die “Welt” aus Regierungskreisen. In der ersten Jahreshälfte 2015 hatten die Ausfuhren bei 3,455 Milliarden Euro gelegen. Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) will die vorläufigen Halbjahreszahlen für 2016 am Mittwoch präsentieren, wenn auch der “Rüstungsexportbericht 2015” im Kabinett ist.
    Quelle: Welt
  15. Neue EU-Richtlinie: Mit Netzsperren gegen Terror
    Das EU-Parlament hat sich auf Anti-Terror-Richtlinien geeinigt, die Vorgaben für zukünftige Gesetze in den EU-Ländern sein könnten. Unter anderem ist vorgesehen, Webseiten mit terroristischen Inhalten zu löschen. Kritiker befürchten, dass dadurch der Zensur im Netz die Türen geöffnet werden.
    Quelle: Deutschlandfunk

    Dazu: Sagt Hallo zu Netzsperren: Innenausschuss des EU-Parlaments beschließt EU-Terrorismusrichtlinie
    Die EU-Abgeordnete Monika Hohlmeier hat sich durchgesetzt: In der geplanten EU-Terrorismusrichtlinie, die heute vom Innenausschuss des EU-Parlaments abgesegnet wurde, sind weiterhin Netzsperren enthalten. Einen Nachweis für deren Wirksamkeit liefert sie jedoch nicht.
    Quelle: netzpolitik.org

  16. 250 Millionen Kinder wachsen in Konfliktregionen auf
    Das UNO-Kinderhilfswerk Unicef prangert an: Noch nie seit dem Zweiten Weltkrieg litten so viele Kinder unter den Folgen von Konflikten, Krisen und Naturkatastrophen wie heute. Jedes neunte Kind wachse in einer Kriegsregion auf – mit fatalen Folgen für die Zukunft. Außerdem richte sich Gewalt zunehmend gezielt gegen Minderjährige. “Wir haben es mit einer neuen Ära humanitärer Krisen zu tun, in der eine ‘Generation der Kriegs- und Krisenkinder’ aufwächst”, sagte der Geschäftsführer von Unicef Deutschland, Christian Schneider. Rund 250 Millionen Jungen und Mädchen lebten in einer Umgebung, in der Gewalt und bewaffnete Konflikte über einen langen Zeitraum ihrer Kindheit zum Alltag gehören. Im vergangenen Jahr seien 16 Millionen Babys in Krisengebieten geboren worden. (…) Schneider betonte, im Krieg breche das Grundvertrauen der Kinder zusammen. Unicef schätzt, dass 20 Prozent der Kinder, die vom Konflikt in Nahost betroffen sind, leichte bis moderate psychische Probleme entwickeln könnten. Drei bis vier Prozent von ihnen drohten schwere psychische Probleme, wenn sie keine Hilfe erhielten.
    Quelle: Deutschlandfunk
  17. Denkpause im Bundestag!?
    Die öffentlichen Proteste haben offenbar gewirkt: Der Bundestag wird am 8. Juli nicht wie geplant über die umstrittene AMG-Novelle abstimmen, die ja fremdnützige Arzneimitteltests an Menschen mit Demenz legitimieren soll. Dies erfuhren wir heute, am 5. Juli 2016, aus gut unterrichteten Kreisen, verortet im Parlament. Nun soll voraussichtlich Mitte September entschieden werden. BioSkop findet die selbst verordnete Denkpause richtig gut und empfiehlt allen, insbesondere auch den Abgeordneten und Verbänden: Nutzen Sie die neue Zeit – machen Sie sich schlau und lesen Sie zu den Hintergründen, Interessen und Konflikten auch unsere Hinweise, Links und Spuren, die wir fortgesetzt auf unserer Website veröffentlichen werden – siehe Texte und Brief unterm Strich und demnächst auch in einem speziellen Dossier.
    Quelle: BioSkop e.V.

    Anmerkung Jens Wernicke: Ein wichtiger Teilerfolg der Zivilgesellschaft, der Beachtung verdient.

    Dazu: Klinische Studien: Versuchspersonen mit Demenz?
    Geht es nach dem Willen der schwarz-roten Bundesregierung, so sollen Menschen mit Demenz künftig an Arzneimitteltests teilnehmen, die ihnen gesundheitlich nichts nützen können. Arzneimitteltests teilnehmen, die ihnen gesundheitlich nichts nützen können. Den Weg zur Teilnahme an klinischen Prüfungen im Interesse Dritter soll eine Vorabverfügung bahnen, die potenzielle ProbandInnen früher geschrieben haben, als sie noch einwilligungsfähig waren – allerdings ohne bei der vorab erklärten Zustimmung zu wissen, für welche konkreten Forschungsprojekte sie sich später zur Verfügung stellen. Das politische Vorhaben ist ein Tabubruch – und umstritten, auch in der medizinischen Fachwelt. Dennoch soll der Bundestag womöglich schon am 8. Juli (Tagesordnungspunkt 35) entscheiden. Derweil hat der Deutsche Ärztetag »die politischen Entscheidungsträger« aufgefordert, »Verfahren zur Entscheidungsassistenz« für nichteinwilligungsfähige PatientInnen und ProbandInnen »strukturell und finanziell zu unterstützen«. Grundlage ist eine nebulöse Stellungnahme, vorgelegt von der Zentralen Ethikkommission bei der Bundesärztekammer.
    Quelle: BioSkop e.V.

  18. ARD-Magazin Fakt und das Schattenfechten gegen den Kreml
    Nach der faktenlosen Sendung über den Kriegsreporter Mark Bartalmai hat das Nachrichtenmagazin “Fakt” nun nochmal den ganz großen Angriff gestartet und versucht, den Propaganda-Krieg nachzuweisen, mit dem der Kreml die Gehirne der europäischen Zuschauer waschen will. In der Sendung vom 4. Juli 2016 – “Spiel im Schatten. Putins unerklärter Krieg gegen den Westen” – wird dabei von einem Schattenkrieg gesprochen, und mir stellt sich schon das erste Rätsel, nämlich wie Propaganda, die ja eigentlich vor allem über eine breite Öffentlichkeit, wie sie etwa ARD und ZDF genießen, im Schatten wirksam werden soll. Fakt hat dazu vermeintliche Beweispunkte gesammelt, die ich hier der Reihe nach prüfen möchte.
    Quelle: Telepolis

    Anmerkung Jens Berger: „Fakt“ ist mittlerweile als Kalter Krieger unter den Magazin-Sendungen der Öffentlich-Rechtlichen ein „würdiger“ Nachfolger von Gerhard Löwenthals „ZDF-Magazin“. Es ist wichtig und richtig diese Propaganda zu durchleuchten. Dabei sollte man es sich jedoch auch nicht zu einfach machen, denn einige der Vorwürfe der Sendung sind zumindest im Kern nicht vollkommen falsch. Im „Fall Lisa“ haben die russischen Medien beispielsweise in der Tat ein erbärmliches Bild abgeliefert und wollten offenbar die PR-Maschinerie des Westens mit deren eigenen Waffen schlagen. Das musste schief gehen. Und auch die „Reinwaschung“ der im Artikel genannten „unabhängigen Portale“ ist leider oberflächlich und zudem gefährlich. Die „Infokrieger“ sind eben keine vollkommen harmlose Friedensbewegung, die 2001 einfach vom Himmel gefallen ist, sondern Kinder aus dem Fleisch reaktionärer amerikanischer Gruppierungen. Dazu gab es auf Telepolis 2008 und 2009 zwei sehr informative Analysen und auch heute noch stehen Teile der Infokrieger-Szene weniger für „die Friedensbewegung“, sondern eher für unsinnige Verschwörungstheorien (Chemtrails, HAARP, Reichsbürger etc.) und einem Libertarismus amerikanischer Prägung, der den Staat verdammt und den Waffenbesitz vollkommen liberalisieren will.


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