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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 4. Juli 2016 um 8:43 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (CR/JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Die EU zerstört die europäische Idee
  2. Labour/Corbyn
  3. Brexit
  4. Österreich
  5. Europa-Debatte der SPD – Genossen ohne Fehl und Tadel
  6. Griechenland
  7. Das einzige Land, das mir Sorge macht, ist Portugal
  8. Unidos-Podemos: Was ist in den Wahlen schief gelaufen?
  9. Europa an der Kippe
  10. Erbschaftsteuer nicht im Bundesrat blockieren
  11. 4,48 Milliarden Euro: Krankenkassen wollen Beitragsschulden vom Staat erstattet bekommen
  12. Wer arm ist, stirbt früher – Wie der Sozialstatus die Gesundheit beeinflusst
  13. Die Deutschen werden den Braunkohle-Deal noch teuer bezahlen
  14. USA nennen erstmals Zahl ziviler Opfer von Kampfdrohnen
  15. Wie Computer die öffentliche Meinung manipulieren
  16. Wie US-Soldaten nach ihrem Einsatz abgeschoben werden
  17. Was magst Du eigentlich an Syrien am liebsten?
  18. Die große EM-Farce: So führt die Regierung Millionen Deutsche hinters Licht

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Die EU zerstört die europäische Idee
    Der Brexit war kein Votum gegen Europa, sondern gegen den Brüsseler Club, der sich der Demokratie entzieht. Neun Bausteine für ein neues Europa […]
    Die Buchmacher lagen falsch und die Börse hat sich verzockt: Die Briten hatten soziale Ängste. Es ist kein Zufall, dass die Londoner City mit ihren Investmentbankern und Lobbyisten für den Verbleib in der EU stimmte und die Mehrheit der Labour-Anhänger in den einstigen Industriemetropolen für den Brexit. Wie eine Umfrage der Bank of America/Merrill Lynch vor dem Referendum verdeutlichte, trieb die Briten vor allem die Sorge um niedrige Löhne, der Mangel an bezahlbarem Wohnraum und der Verfall der Krankenhäuser um. Dabei spielte natürlich auch die Angst vor verschärfter Konkurrenz um Löhne und Jobs infolge von Zuwanderung eine Rolle. Auch der Verlust an demokratischer Kontrolle im heutigen Europa machte viele Briten wütend.
    Nicht der Brexit führt die EU in eine Krise. Er ist ein Symptom der europäischen Krise. Wer nun die britischen Wähler beschimpft oder versucht, die jungen Briten gegen die ältere Generation auszuspielen, hat nichts verstanden. Auch in Frankreich und Italien fordern immer mehr Menschen ein Referendum über eine EU-Mitgliedschaft. In Schweden befürwortet laut Umfragen eine Mehrheit mittlerweile den Austritt aus der EU.
    Quelle: Fabio De Masi und Sahra Wagenknecht in der ZEIT

    Anmerkung Albrecht Müller: Lesenswert!

  2. Labour/Corbyn
    1. Labour Party gains 60,000 new members in one week following attempted coup against Corbyn
      The figure is now even higher than its last peak of 405,000 members last seen under Tony Blair’s leadership […]
      A mass of resignations from the Shadow Cabinet and 75 per cent vote of no confidence have left Mr Corbyn with a minimal following. The rush of new members to the party, however, raises Labour’s total membership to around 450,000 – higher than its last peak of 405,000 during Tony Blair’s leadership in 1997. The 60,000 figure is nearly as many as the entire Liberal Democrat party membership.
      Quelle: The Independent

      Anmerkung Jens Berger: Wie wir bereits in der letzten Woche feststellten – die Front in der Labour Partei verläuft zwischen den Parteieliten im Unterhaus auf der einen Seite und der Basis samt des Parteivorsitzenden Jeremy Corbyn auf der anderen Seite. Ein Blick auf die Entwicklung der Mitgliederzahlen lohn sich hierbei wirklich:

      Die neusten Entwicklungen sind in dieser Grafik noch nicht enthalten. Corbyn hat aus der komplett abgewirtschafteten New Labour ein Erfolgsmodell gemacht. Sollte der rechte Parteiflügel den Machtkampf am Ende gewinnen, wäre dies wohl das Ende der Partei und dank des Mehrheitswahlrecht ein Machtmonopol für die konservativen Tories.

      Währenddessen gibt es immer mehr Anzeichen dafür, dass der Putsch von langer Hand geplant wurde und die öffentlichen Statements der Putschisten schlicht verlogen sind:

    2. How a PR company manufactured the Labour coup
      As the chaos surrounding Jeremy Corbyn continues at an unprecedented rate, The Canary can exclusively reveal more elements to the Labour coup that has been unfolding since the EU referendum result.
      In an overarching investigation, more links have come to light between Portland Communications, its subsidiaries and parent company, members of staff both there and at the Fabian Society and the Progress wing of the party.
      To recap: Portland originally came to The Canary’s attention after an incident involving abuse being thrown at Jeremy Corbyn as he supported Pride in London on 25 June.
      Quelle: The Canary

      Dazu: Angela Eagle’s colleagues prepared for leadership challenge two days before she resigned from shadow cabinet
      The former shadow Business Secretary did not make her expected challenge on Thursday
      Supporters of Jeremy Corbyn’s rival, Angela Eagle, were preparing for a leadership challenge at least 48 hours before she quit Labour’s shadow cabinet saying she had no confidence in the leader.
      The domain name Angela4leader.org was registered last Saturday, 25 June – the day when then then shadow Foreign Secretary Hilary Benn was contacting fellow members of the shadow cabinet, telling that he had lost all confidence in Jeremy Corbyn’s leadership.
      Mr Benn was sacked late that same night after a telephone conversation with the Labour leader. His sacking set off a stream of resignations, starting early on Sunday morning.
      Quelle: The Independent

      Anmerkung Jens Berger: Um die ganze Sache auf einen Nenner zu bringen: Offiziell ist der „Widerstand“ des rechten Parteiflügel ja eine „Reaktion“ auf die Entlassung des Schattenministers Hilary Benn durch Corbyn. Nun kommt jedoch heraus, dass die Kampagnenseite der Corbyn-Gegnerin im Kampf um die Parteispitze bereits vor der Entlassung Benns registriert wurde. Die Kampagnenseite „Saving Labour“, die ebenfalls vom rechten Parteiflügel betrieben wird, wurde übrigens ebenfalls bereits am Samstag, den 25. Juni, registriert … also ebenfalls vor der Entlassung Benns. Dies sind klare Indizien dafür, dass es sich um einen geplanten Putsch und nicht um eine „spontane“ Reaktion gegen den Parteichef handelt. Und da die Registrierungen der Domains von PR-Agenturen aus dem Umfeld des rechten Flügels vorgenommen wurde, ist eigentlich auch klar, wer hinter dem Putsch steckt.

    3. Trade unions can ‘broker a peace’ for Labour, says Len McCluskey
      Unite general secretary says coup against Jeremy Corbyn has failed and ex-leaders calling for him to quit also lost elections […]
      McCluskey dismissed a survey of 750 Unite members which showed widespread support for Corbyn to resign as a “poll of half a dozen people”, while describing the Labour leader as a “man of steel” who was going nowhere.
      “The coup has failed. Jeremy is made of tougher stuff,” McCluskey told the BBC’s Andrew Marr, saying it was outrageous that grandees such as Lord Kinnock were part of a coup which he claimed was being run by a communications company with links to Tony Blair.
      Quelle: The Guardian
  3. Brexit
    1. “Deutschland trägt die Hauptschuld am Brexit”
      Die Scheidung von den Briten ist ein europäisches Desaster, sagt der Franzose Thomas Piketty. Vor allem Deutschland und Angela Merkel hätten versagt – durch Egoismus, Besserwisserei und Nationalismus.
      Die Welt: Sie haben seit der Griechenlandkrise gewarnt, dass wir vor dem Zusammenbruch Europas stehen. Ist es mit dem Brexit jetzt so weit?
      Thomas Piketty: Der Brexit ist ein politisches Desaster, vor allem für die jungen Leute. Wir spielen in Europa seit vielen Jahren mit dem Feuer. Aber paradoxerweise ist der Ausstieg von außen gekommen, von einem Land, das nicht Teil der Euro-Zone war. Dennoch ist das unser Verschulden. Weil Europa angesichts der schlimmsten Wirtschaftskrise seit dem Zweiten Weltkrieg versagt hat; weil wir die Krise von 2008, die von außen kam, in eine europäische verwandelt haben; weil wir aus der amerikanischen Finanzkrise kollektiv eine nicht enden wollende Krise der Staatsverschuldung gemacht haben. Und während es in den USA wieder bergauf ging, haben wir in der Euro-Zone eine zweite Rezession verursacht.
      Die Welt: Wodurch?
      Piketty: Weil wir die falschen Budgetentscheidungen getroffen haben. Wir haben die Defizite zu schnell reduzieren wollen und das Wachstum damit im Keim erstickt. Solange wir uns nicht gemeinsam darauf geeinigt haben, dass es ein Fehler war, werden die Menschen das nicht verstehen. Ich hoffe, dass die Regierungschefs, allen voran Angela Merkel, diese Fehler jetzt einsehen und ihre Haltung ändern.
      Quelle: Die Welt
    2. German politicians propose offering young Britons dual citizenship
      Senior German politicians have suggested offering dual citizenship to young Britons in a bid to keep the UK in touch with the EU.
      Sigmar Gabriel, the German vice chancellor, said he would raise the issue of dual citizenship, which is generally forbidden in Germany for non-EU citizens, in the country’s national elections next year.
      “Let’s offer it to the young Britons living in Germany, Italy or France so that they can remain EU citizens,” Gabriel said at a meeting in Berlin of his centre-left Social Democratic party.
      “It’s a good sign that the youth of Great Britain are more clever than their bizarre political elite,” Gabriel continued. “For that reason we can’t raise our drawbridge on them. We have to think now about what we can offer Great Britain’s younger generation.”
      The opposition Green party has also called for Germany to make it easy for Britons living in Germany to get a German passport.
      Volker Bouffier, premier of the German state of Hesse – home to Germany’s financial capital, Frankfurt – told the German newspaper Welt am Sonntag that “quite a number of Brits” were currently applying for German citizenship.
      Quelle: the guardian

      Anmerkung unseres Lesers D.F.: Also kommt Sigmar Gabriel wieder mit etwas, was er offenbar gar nicht zu Ende gedacht hat: Ich halte die deutsche Regierung für durchaus fähig, so etwas Perfides zu bringen. Als Nicht-EU-Ausländer, ich lehne die deutsche Staatsbürgerschaft präzise deshalb ab, weil die doppelte Staatsbürgerschaft grundsätzlich nicht erlaubt ist.
      Wenn jetzt das Vereinigte Königreich aus der EU tritt, und dann die doppelte Staatsbürgerschaft für hier lebende Briten tatsächlich käme, dann würde ich zumindest auch vor Gericht ziehen – ich fordere gleiches Recht für alle, keine Ausnahmen!
      Ich musste bereits erleben, wie die CDU damals geltendes Staatsangehörigkeitsrecht schlicht ignoriert hat – als die sog. ‘Russlanddeutsche’ nach der BRD geholt wurden. Das Gleiche gilt eigentlich für die sog. ‘Rumänien-Deutsche’. Diese beiden Gruppen waren nie historisch Teil des Deutschen Reiches, ergo (nach dem damaligen Gesetz) galten sie als Nicht-Deutsche.

  4. Österreich
    1. Wahlwiederholung in Österreich: Der skurrile Sieg des Rechtsstaats
      In Österreich werden Wahlen sogar dann wiederholt, wenn nachweislich nicht manipuliert wurde. Es reicht, wenn in ein paar abgelegenen Gemeinden die freiwilligen Helfer schlampen. Das ist problematisch.
      Österreich ist mal wieder für Skurrilitäten gut: Da wird die Stichwahl für die Bundespräsidentschaft vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben, obwohl sich bei der Urteilsfindung klar herausgestellt hat, dass es zu keinen Manipulationen gekommen war. Zugleich wird damit das Präsidentenamt in Österreich mit dem Ende der Amtsperiode des bisherigen Amtsinhabers vakant, bis die Wiederholungswahl über die Bühne ist. Provisorisch übernimmt solange das Nationalratspräsidium die Amtsgeschäfte. Bizarre Pointe: Damit wird der rechtsradikale Kandidat und Verlierer der aufgehobenen Stichwahl, Norbert Hofer, doch noch zumindest ein klein bisschen Präsident. Als dritter Nationalratspräsident ist er gewissermaßen Ersatz-Bundespräsident und Präsidentschaftskandidat zugleich.
      Für unvereinbar hält er das, nebenbei gesagt, übrigens nicht. “Die Erfahrung, die ich mitbringe”, sei doch jetzt ein Vorteil, meinte Hofer in einer ersten Reaktion. Das muss man sich erst einmal ausdenken. (…)
      Es war dann doch ein Paukenschlag, als der Verfassungsgerichtshof sein Urteil Freitag Punkt 12 Uhr verkündete, auch wenn längst jeder damit gerechnet hatte. Denn der Verfassungsgerichtshof hatte kaum eine Möglichkeit anders zu entscheiden, wie die Österreicher schon in den Tagen davor staunend zur Kenntnis nahmen: In Österreich werden Wahlen nicht nur aufgehoben, wenn Manipulation stattgefunden hat.
      Sondern die hohen Standards, die die Verfassungsrichter in früheren Judikaturen eingeführt haben, lauten: Wenn erstens Detailbestimmungen der Wahlordnung missachtet wurden und wenn zweitens auch nur hochtheoretisch dadurch wahlentscheidend manipuliert werden hätte können, dann reicht das für eine Aufhebung.
      Quelle: Robert Misik in Spiegel Online
    2. Kein Applaus für die Verfassungsrichter
      Die Richter haben aus einer juristischen Mücke einen gefährlichen Elefanten gemacht, der jetzt über die österreichische Demokratie trampelt. Es ist eine Verletzung unserer Rechtsordnung, dem Wahlverlierer eine zweite Chance zu geben, in der er dann einen strukturellen Vorteil hat: mehr Geld, viel Motivation und einen juristischen Sieg in der Tasche. Holzinger und Co. haben einer Partei, die mit dem Rechtsstaat sonst wenig am Hut hat, erlaubt, sich als Verteidiger unserer demokratischen Werte zu präsentieren. Sie haben damit genau das gemacht, was ein Höchstgericht nicht tun sollte: Politik. (…) Die Höchstrichter wollten das zwar nicht, aber sie wollten ihre Wichtigkeit beweisen. Dass als Folge Österreich einen Bundespräsidenten erhalten könnte, der die legitime Wahl verloren hat und dem Land in Zukunft zeigen will, “was alles möglich ist”, nahmen sie in Kauf.
      Quelle: derStandard.at
    3. Höchstgericht hätte Wählerwillen achten müssen
      Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat durch die Aufhebung der Bundespräsidentenstichwahl möglicherweise die Türe zu einer veritablen innenpolitischen Krise aufgestoßen, die man gerade erst für noch einmal abgewendet gehalten hat. Das ist schlimm genug.
      Viel schlimmer aber ist, dass das Erkenntnis im Ergebnis falsch und in der Begründung anfechtbar ist. Wenn der VfGH als Wahlgerichtshof tätig wird, so ist er an die Verfassung und an das Verfassungsgerichtshofgesetz gebunden. Diese bestimmen in Art. 141 B-VG und in § 70 VfGG fast gleichlautend, dass einer Wahlanfechtung stattzugeben ist, „wenn die behauptete Rechtswidrigkeit des Wahlverfahrens erwiesen wurde und auf das Wahlergebnis von Einfluss war“.
      Was die „Rechtswidrigkeit des Wahlverfahrens“ anlangt, so vertritt das Erkenntnis nach der durch den Präsidenten mündlich zusammengefassten Begründung die Auffassung, dass „Wahlrechtsbestimmungen […] insgesamt dem Ziel [dienen], die Stimmabgabe zweifelsfrei zu dokumentieren und damit verbundene Unklarheiten möglichst zu beseitigen“. Und: „Als Formalvorschriften sind solche Bestimmungen streng nach ihrem Wortlaut auszulegen.“
      Der VfGH verfehlt damit den Anspruch, Gesetze nicht nach deren Buchstaben, sondern nach deren Sinn auszulegen. Er wird auch in Zukunft nicht darum herumkommen, die Wichtigkeit der einzelnen Wahlrechtsbestimmungen abzustufen, sollte das Wahlverfahren nicht jedes Mal unterbrochen oder anschließend aufgehoben werden müssen, sobald ein Beisitzer zur Verrichtung seiner Notdurft austreten muss.
      Quelle: die Presse
  5. Europa-Debatte der SPD – Genossen ohne Fehl und Tadel
    In Berlin diskutiert die Parteispitze über die Herausforderungen der EU – und sieht in allem nur ein Verständnisproblem bei den Wählern. […]
    Gabriel versucht stattdessen den Dreischritt: Erstens soll der Stabilitäts- und Wachstumspakt „endlich auch zu einem Wachstumspakt“ werden, sprich: mehr Investitionen vor allem im Süden getätigt werden. Das soll, zweitens, nicht durch Schulden, sondern durch „ein gerechtes Steuersystem in Europa“ finanziert werden. Mit mehr Steuern sollen nicht die Mittelschicht oder deutsche Unternehmen belastet werden, sondern internationale Großkonzerne wie Google und Amazon, die sich Steuern bisher weitgehend entziehen.
    Und drittens sollen der deutschen Bevölkerung die Vorteile der EU erklärt werden, damit sie nicht AfD wählt: „Wir sind doch Nettogewinner. Geht in die Betriebsversammlungen und sagt den Beschäftigten, eure Jobs sind weg, wenn ihr aus Europa austretet.“ Das ist nun das genaue Gegenteil davon, den Deutschen Verzicht zugunsten europäischer Solidarität zu verkaufen. Es ist eine Argumentation mit dem deutschen Egoismus: Wir müssen in der EU bleiben, weil sie uns nützt. Aber was ist, wenn andere Staaten, die Nettoverlierer, auf die Idee kommen, aus der EU auszutreten, weil sie vor allem den Deutschen etwas bringt, ihnen aber nicht?
    Quelle: taz

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Die taz analysiert klar und schonungslos die Schizophrenie und Verlogenheit der SPD und ihrer Spitze. Allerdings hat sie leider selber nicht verstanden, was die Abkehr von der Exportfixierung bedeuten würde: eben gerade nicht, daß es den deutschen Arbeitnehmern schlechter, sondern daß es ihnen deutlich besser ginge. Verzichtet haben die Arbeitnehmer mehr oder minder gezwungen 20 Jahre lang; es muß genau in die andere Richtung gehen. Wäre einmal der Lohnrückstand von ca. 20 Prozent aufgeholt, dann hätten die deutschen Arbeitnehmer erstens deutlich mehr Geld zum Ausgeben und könnten sich das Auto, das sie tatsächlich weniger exportieren würden, einfach selber kaufen; und zweitens ginge es dann den anderen Ländern und der Eurozone insgesamt deutlich besser. Aktuell sind die Deutschen (zumindest die Arbeitnehmermehrheit) eben gerade nicht Gewinner, sondern selber Verlierer der Eurozone. Das stellt Gabriel in Eigeninteresse (Lohnerhöhungen um jeden Preis verhindern!) falsch dar, aber das hat auch die taz falsch verstanden.

  6. Griechenland
    1. Investitionsoffensive für die Menschen in Europa, nicht für die Konzerne
      Es ist sehr zu begrüßen, dass auch bei der SPD – die das deutsche Kürzungs- und Privatisierungsdiktat für Griechenland bislang mitgetragen hat – offensichtlich ein Umdenken stattgefunden hat. Umso besser, wenn das auch noch tatsächlich Konsequenzen haben sollte, die über gute Laune Bilder mit dem griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras hinausgehen.
      Der Brexit zeigt die schwere Krise der EU, es darf kein weiter so auf dem Kurs der neoliberalen Austeritätspolitik geben. Wir brauchen einen Neustart der EU. DIE LINKE fordert deshalb ein EU-weites Investitionsprogramm in die soziale Daseinsfürsorge für Integration, für die Verbesserung der Lebensbedingungen aller Menschen und für die Bekämpfung der Armut und Ungleichheit: 100 Milliarden Euro müssen in den Ausbau von Schulen, Kitas, Krankenhäusern und die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum für alle Menschen fließen.
      Sigmar Gabriel will die vom ihm angekündigten Investitionen aus bereits bestehenden europäischen Fonds und dem Europäische Fonds für strategische Investitionen (EFSI) finanzieren. Doch der EFSI dient vor allem dazu, Geldgeber aus der Privatwirtschaft anzulocken. Sie können die Gewinne einstreichen, bei Risiken haftet zuerst die öffentliche Hand.
      Diese Privatisierung durch die Hintertür lehnt DIE LINKE ab. Es führt kein Weg daran vorbei, dass Konzerne, Reiche und Vermögende endlich ihren Beitrag für Investitionen in Europa leisten müssen. Steueroasen müssen ausgetrocknet werden, es braucht eine Mindestbesteuerung von Konzernen und eine Vermögensabgabe auf Privatvermögen über einer Millionen Euro.
      Quelle: Die Linke.
    2. Gabriel in Krisenland
      Minister will nach »Brexit« Wohlstands- und Friedensversprechen der EU erneuern? Ausgerechnet in Athen (…)
      Wie aller bürgerlichen Politiker setzt der SPD-Chef auch auf die Kraft des Marketings. Angesichts des Ergebnisses der Volksabstimmung in Großbritannien müsse Europa (gemeint ist die EU) sein Wohlstands- und Friedensversprechen erneuern. »In der Europäischen Union sind wir jetzt gemeinsam gefordert, unsere einzigartige Gemeinschaft nicht durch Nationalismus, Kleinmut und gegenseitige Vorwürfe zu gefährden.«
      Auf die entscheidende Frage, was getan werden muss, hatte Gabriel wenig Greifbares nach Athen getragen. Dabei war er nicht allein angereist, sondern wurde von einer 40köpfigen Wirtschaftsdelegation begleitet. Diese Leute wissen: Von so etwas wie einer Konjunktur kann im seinerzeit als erster EU-Exit-Kandidat (»Grexit«) gehandelten Euro-Land nicht die Rede sein. Nach sechs Jahren schrumpfender Wirtschaftsleistung hatte Griechenland 2014 erstmals ein leichtes Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 0,7 Prozent vermelden können. Jeder Streit darüber, ob die Zahl belastbar sei, war jedoch schnell obsolet. Denn in den ersten drei Monaten 2016 wurde wieder ein BIP-Minus von 1,4 Prozent im Vergleich zur Vorjahresperiode vermeldet. Wer will da investieren? (…)
      Eine frische Idee hatte der Minister doch im Gepäck: Mit deutscher Hilfe sollen sich griechische Urlaubsinseln künftig selbst mit Ökostrom versorgen können. Bei einer Energiekonferenz am Freitag in Athen warb Gabriel dafür, deren Eigenversorgung mit Wind-, Solar- oder Biogasanlagen anzustreben. Dies sei auch eine sinnvolle Sache für den Klimaschutz: »Jedes gute Beispiel ist zehnmal mehr wert als theoretische Diskussionen.« Dabei hatte sein Ministerium in der abgelaufenen Woche gerade den Klimaschutzplan des deutschen Umweltministeriums derart verwässert, dass Aktivisten die Ziele des Weltklimagipfels von Paris aus dem Vorjahr schon für unerreichbar halten (…).
      Einen beachtenswerten Tip für seinen Athen-Aufenthalt hatte ihn Sahra Wagenknecht mitgegeben. Die Fraktionschefin der Partei Die Linke im Bundestag legte dem Minister ans Herz, dort ein Signal zu setzen. »Griechenland ist ein guter Ort, um ein Programm für ein anderes Europa vorzulegen«, sagte die Politikerin zu dpa. Das Land habe in der Vergangenheit »das Gesicht einer undemokratischen und unsozialen EU in seiner hässlichsten Form zu sehen bekommen«. Einem überschuldeten Staat seien noch mehr Schulden aufgedrängt worden, um Banken zu retten.
      Quelle: junge Welt
  7. Das einzige Land, das mir Sorge macht, ist Portugal
    Auch Klaus Regling will in der Kritik an dem kleinen Land am westlichen Rand der EU nicht nachstehen. Der deutsche Chef des europäischen Rettungsfonds ESM, unter dessen Arme der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble das Land mit Hilfe der großen US-Ratingagenturen offensichtlich wieder treiben will, gibt erstaunliche Erklärungen zu Portugal ab. Nicht das weiter abstürzende Griechenland sorgt den ESM-Chef, das noch immer Geld vom ESM erhält: “Das einzige Land, das mir Sorge macht, ist Portugal”, sagte Regling im Gespräch mit der Wirtschaftswoche.
    Ihm gefällt nicht, dass Portugal die Austeritätspolitik langsam zurückfährt. Das heißt für den ESM-Chef, Lissabon habe “Reformen zurückgedreht”, denn die Linksregierung hat den von den konservativen Vorgängern gesenkten Mindestlohn wieder angehoben, Lohnkürzungen im öffentlichen Dienst wurden zurückgenommen und die Arbeitszeit wurde wieder verkürzt. Deshalb sei Portugal nun sei “wieder weniger wettbewerbsfähig” geworden, meinte Regling. Man müsse sehr aufmerksam beobachten, was in Portugal passiere, drohte er dem Land.
    Die Linksregierung hat, wie sie es versprochen hatte, am gestrigen Freitag ihre nächste Reformstufe gezündet. Im öffentlichen Dienst gilt nun wieder die 35-Stunden-Woche, um Arbeitsplätze zu schaffen. Auch die von den Vorgängern erhöhte Mehrwertsteuer im Hotel- und Gaststättengewerbe wurde von 23% wieder auf den verminderten Satz von 13 % gesenkt, der ist aber mit 13% immer noch höher als vor der Anhebung.
    Mit der Senkung wird das Urlaubsland, im Gegenteil von Reglings Behauptung, für ausländische Touristen wieder deutlich wettbewerbsfähiger. Auch Portugiesen mit einem schmalen Mindestlohn können sich nun bisweilen wieder einen Kneipengang leisten. Das Hotel- und Gaststättengewerbe hatte unter der hohen Steuer stark gelitten.
    Quelle: Telepolis

    Anmerkung Christian Reimann: Offenbar wollen Erzkonservative wie Schäuble ein “deutsches Europa” schaffen und Länder mit einer progressiven Regierung unter Kontrolle halten – nach dem Motto “Am deutschen Wesen soll Europa genesen”.

    passend dazu: Günther Oettinger will Sanktionen gegen Spanien und Portugal
    Günther Oettinger hat sich für EU-Sanktionen gegen Spanien und Portugal ausgesprochen. Beide Länder hätten 2015 ihre Haushaltsverpflichtungen nicht erreicht, sagte der EU-Kommissar. Wenn die Kommission ihre Glaubwürdigkeit bei der Einhaltung von Etatregeln bewahren wolle, “müssen wir Sanktionen gegen Spanien und Portugal beschließen”, sagte der CDU-Politiker der “Bild”-Zeitung. “Alles andere kann man den Menschen nicht erklären.”
    Quelle: SPIEGEL Online

  8. Unidos-Podemos: Was ist in den Wahlen schief gelaufen?
    Die politische Dynamik, die sich in Spanien mit den Einbruch von Podemos in die politische Szene seit 2014 entfaltet hatte, scheint nach den Wahlen abgebremst zu sein. In den Wahlen von Dezember 2015 erreichten Podemos und Izquierda Unida (IU), die sich getrennt zur Wahl stellten, 24,3% der Stimmen. In den Wahlen von Juni 2016 kandidierten sie zusammen im Wahlbündnis »Unidos Podemos«, kamen dabei aber nur auf 21,1% und erhielten damit 1,1 Mio. Stimmen weniger.
    Besonders auffallend ist, dass alle Wahlprognosen der Koalition mehr Stimmen gaben als der PSOE und sie damit als zweite politische Kraft im Parlament sahen. Die Prognosen schafften eine Art Volksfrontstimmung und nährten Hoffnungen über die Möglichkeit einer Veränderung der politischen und wirtschaftlichen Ausrichtung Spaniens, inklusiv der möglichen Bildung eines Länderblocks fortschrittlicher Regierungen in der südlichen Peripherie. Was ist passiert?
    Die Diskussionen und strategischen Folgen dieser – allerdings nur halben – Niederlage werden intensiv diskutiert. Es gibt zurzeit zwei Hauptargumente auf der Seite von Podemos:
    (1) Die politische Kampagne war nicht die Richtige – ein Argument, dass vor allem gegen die Nr. 2 in Podemos und Wahlkampfverantwortlichen, Ignacio Errejón, zielt –, und wenn IU und Podemos nicht zusammen kandidiert hätten, wären die Wahlergebnisse deutlich schlechter, denn immerhin hat es Unidos Podemos auf fünf Mio. Stimmen gebracht.
    (2) Es war ein Fehler zusammen mit Izquierda Unida zu kandidieren, da in dieser Koalition die »alten« linken Kulturen noch sehr ausgeprägt sind, was eine Bremswirkung auf die politische Innovationskraft von Podemos gehabt habe. Hier sind vor allem diejenigen in Podemos angesprochen, die aus einem »traditionelleren« linken Millieu stammen, meist aus Izquierda Unida kommen, und jetzt die Mehrheit der Podemos-Führung ausmachen: Pablo Iglesias selbst, Carolina Bescansa, Juan Carlos Monedero etc. Auch in Izquierda Unida werden jetzt kritische Stimmen laut – wie die des alten IU-Generalkoordinators, Gaspar Llamazares –, die die Koalition mit Podemos schon immer kritisch gesehen haben und jetzt stark auf identitäre Argumente setzten, um nicht von der Podemos-Dynamik verschluckt zu werden.
    Die Diskussion steht noch aus und wird mit Sicherheit nicht nur für Spanien wichtig sein. Es geht ja darum, was die besten Formeln sind, um in einem westlich-kapitalistischen Land an der europäischen Peripherie – und vielleicht auch in europäischen Kernländern – Mehrheiten erreichen zu können, um einen nachhaltigen, antineoliberalen Kurs einzuschlagen. Die Antworten sind sicherlich komplex und sollten nicht überstürzt gesucht werden. Podemos hat eine demoskopische Studie angekündigt, um die Gründe für das unerwartete Wahlverhalten ausfindig zu machen.
    Quelle: Sozialismus aktuell
  9. Europa an der Kippe
    „Die Europäische Union ist in keinem guten Zustand“, stellte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker bereits vor mehr als einem Jahr besorgt fest. Und bis heute behält er recht damit. Nicht nur wegen des britischen EU-Ausstiegs-Referendums. Europa ist vor allem in sozialpolitischer Hinsicht in einem katastrophalen Zustand. So ist rund ein Viertel der EU-Bevölkerung von Armut bedroht. Die Realeinkommen sind in vielen EU-Ländern gesunken und die Arbeitslosigkeit ist nach wie vor sehr hoch. Aus diesem Blickwinkel ist es nicht verwunderlich, dass die Stimmung der Leute in vielen EU Staaten sehr schlecht ist. Aber wie konnte es zu dieser Entwicklung kommen?
    Im Jahr 2007 war die Welt für die Europäische Union noch in Ordnung. Ein Wirtschaftswachstum von mehr als 3 Prozent, eine Arbeitslosenrate von nur rund 7 Prozent. Die Verschuldung der EU-Staaten betrug im Schnitt nicht einmal 58 Prozent. Mit dem Überschwappen der Finanzkrise von den USA auf die Europäische Union endete jedoch die heile-Welt-Stimmung in der EU abrupt. Der Finanzsektor musste de facto über Nacht mit milliardenschweren Hilfszahlungen gerettet werden. Alleine zwischen 2008 und 2011 leisteten die öffentlichen EU-Haushalte 1.600 Milliarden Euro an Hilfszahlungen, um ein Kollabieren europäischer Banken zu verhindern. Zusätzlich belastet wurden die öffentlichen Budgets durch stark ansteigende Arbeitslosenzahlen, die zu Einnahmenausfällen bei gleichzeitig steigenden Ausgaben für Sozialleistungen führten.
    Quelle: blog.arbeit-wirtschaft.at
  10. Erbschaftsteuer nicht im Bundesrat blockieren
    Firmenerben stehen vor erheblichen Unsicherheiten (…)
    “Die Länder sollten ihre Zustimmung zu den neuen Regelungen zum Erbschaftsteuerrecht noch vor der Sommerpause geben” sagte Schweitzer der Tageszeitung “Die Welt”. So ließen sich die andernfalls entstehenden “erheblichen Unsicherheiten bei den anstehenden Übertragungen von Familienunternehmen” vermeiden.
    “Entgegen einigen Verlautbarungen führt die vom Bundestag beschlossene Reform zu einer erheblichen Verschärfung der Erbschaftsteuer und setzt gezielt die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts um”, betonte der DIHK-Präsident.
    Wie gefordert, würden vor allem bei der Übertragung von großen Betrieben die bisherigen Verschonungsregelungen eingeschränkt: “Die Erben müssen entweder ihr Privatvermögen zur Steuerzahlung einbringen oder erhebliche Abschläge bei der normalen Verschonung hinnehmen.”
    Quelle: DIHK

    Anmerkung Christian Reimann: Die NachDenkSeiten haben auf den Maulkorb für den DIHK hingewiesen. Ist die Erbschaftssteuer eine “hoheitliche Aufgabe” dieses Lobbyverbandes oder ist es eine allgemein politische Äußerung? Auch wenn der “Maulkorb” – sprich die Gerichtsentscheidung – noch nicht rechtskräftig sein mag: Es hat den Anschein als werde der Richterspruch ignoriert, wenn wenige Tage danach ein Kommentar zu dem Thema veröffentlicht wird.
    Davon aber mal ganz abgesehen: Leuten beim Personal eines möglichen rot-rot-grünen Bündnisses nicht die Alarmsirenen, wenn dieser Lobbyverband sich so sehr für diese Regelung einsetzt?

  11. 4,48 Milliarden Euro: Krankenkassen wollen Beitragsschulden vom Staat erstattet bekommen
    Wer anschafft, muss auch zahlen: Mit der Versicherungspflicht begründen die Krankenkassen ihre Forderung an den Staat, Beiträge säumiger Mitglieder auszulegen. Die belaufen sich auf 4,5 Milliarden Euro.
    Die gesetzlichen Krankenkassen fordern vom Gesetzgeber eine Entlastung von den immer weiter steigenden Beitragsschulden ihrer Versicherten. Die sind laut Zahlen des Spitzenverbands der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) vom Januar dieses Jahres auf 4,48 Milliarden Euro angewachsen.
    “Wenn es eine staatliche Versicherungspflicht gibt, bräuchte es auch eine staatliche Finanzierung der Beitragsausfälle bei den Kassen”, sagte GKV-Sprecher Florian Lanz.
    Quelle: Spiegel Online

    Anmerkung unseres Lesers U.D.: “Uns geht es ja so gut”, laut Frau Merkel – wenn dieses man stimmt, bei über 5 Mill. Arbeitssuchenden, der Altersarmut weiblicher Rentenbezieher der GRV und den vielen Selbstständigen, die ihrer Beiträge zur GKV nicht zahlen können.
    Aber die Rentenbezieher der GRV erhalten dieses Jahr zwischen 4% bis 5% mehr Rente, jedoch müssten die Renten und Löhne in den nächsten 10 Jahren immer um diesen Betrag steigen, um ein wirtschaftliches Gleichgewicht (laut Berechnungen von Heiner Flassbeck) im Euroraum zu erreichen – ein unrealistischer Traum, wenn die Ausgaben des Wehretats um 100% steigen sollen, zu den jetzigen Ansätze.

  12. Wer arm ist, stirbt früher – Wie der Sozialstatus die Gesundheit beeinflusst
    Deutschland ist reich, aber der Reichtum ist ungleich verteilt. Und Armut ist ein Gesundheitsrisiko: Wer arm ist, stirbt früher. Die Politik versucht, unter anderem mit Stadtteilprojekten dagegen zu steuern.
    Quelle: BR
  13. Die Deutschen werden den Braunkohle-Deal noch teuer bezahlen
    Die tschechische “Energetický a Průmyslový Holding” nicht zu kennen, ist keine Schande. Das Unternehmen, kurz EPH, ist schließlich keine zehn Jahre alt, gegründet wurde es von Investmentbankern. Selten tritt es unter diesem Namen auf, oft operiert es über verschachtelte Tochterfirmen, die sich mitunter auch in Steuerparadiese zurückverfolgen lassen. Aber jetzt wird es höchste Zeit, dass sich Politik und Steuerzahler hierzulande eingehender mit EPH beschäftigen. Sonst droht ein dickes Ende.
    An diesem Wochenende nämlich hat die schwedische Regierung grünes Licht gegeben für den jüngsten Deal der Prager Unbekannten: EPH darf zum 1. August die Braunkohle-Sparte von Vattenfall übernehmen. Damit wird die Holding Eigentümer des zweitgrößten deutschen Braunkohle-Reviers, mitsamt dessen 7500 Mitarbeitern, mitsamt allen Lasten und Pflichten.
    Ein anderes Szenario ist mit Händen zu greifen: EPH macht Kasse und verschwindet. Für insgesamt fünf Jahre bindet der Vertrag die tschechischen Investoren. Drei Jahre lang dürfen sie keine Dividenden abschöpfen, weitere zwei Jahre nur “betriebsübliche Renditen” abgreifen – danach fallen alle Schranken.
    Quelle: Süddeutsche Zeitung

    Anmerkung unseres Lesers U.D.: Auch hier scheint mit der Billigung der Politik der Satz “Gier frist Hirn” , seiner Bedeutung gerecht zu werden, zumal sich die Folgekosten mit Sicherheit in zukünftige Wahlperioden verschieben lassen – mit neuen Abgeordneten. Zukünftige Generation werden an den klaren Verstand ihrer Vorfahren zweifeln und dieses zu Recht.

  14. USA nennen erstmals Zahl ziviler Opfer von Kampfdrohnen
    Zwischen “64 und 116” unschuldige Menschen seien getötet worden. Passt das zum Anspruch, präzise Schläge gegen Terroristen auszuführen? Das ist zweifelhaft – genau wie die völkerrechtliche Legitimität.
    Ob die gezielte Tötung von Menschen durch Drohnen militärisch sinnvoll und völkerrechtlich legitim ist, wird heftig diskutiert. Dass bei den Einsätzen auch immer wieder unbeteiligte Menschen getötet werden, heizt die Debatte weiter an.
    Nun hat die US-Regierung eingeräumt, dass bei etwa 500 Drohnenangriffen seit 2009 in Pakistan, Libyen, Somalia und im Jemen bis zu 116 unschuldige Zivilisten getötet wurden. Dabei sind in den neuen Zahlen keine Drohnenopfer in Afghanistan, Syrien und dem Irak enthalten.
    Bereits im April hatte Präsident Barack Obama eingeräumt, dass Zivilisten bei Drohnenangriffen umgekommen sind – und sein Bedauern darüber geäußert. Manche Kritik, so hatte er auf der Pressekonferenz auf dem internationalen Nukleargipfel in Washington gesagt, sei “legitim”. (…)
    2013 verteidigte Friedensnobelpreisträger Obama in einer Rede die Drohneneinsätze als “tödliche gezielte Aktionen gegen al-Qaida und deren assoziierte Kräfte”. Doch auch wenn die US-Regierung über erfolgreiche Tötungen von bestimmten Terroristen berichtete – der Tod von Zivilisten wurde nur ungern thematisiert.
    Quelle: Süddeutsche Zeitung

    Anmerkung Jens Berger: Die veröffentlichten Zahlen sind freilich ein schlechter Witz der Abteilung „Tarnen und Täuschen“. Schauen Sie sich lieber die Zahlen des Bureau of Investigative Journalism an, wenn Sie sich für das Thema interessieren.

  15. Wie Computer die öffentliche Meinung manipulieren
    Es hört sich an wie Science Fiction, doch es ist bereits Alltag: Social Bots beeinflussen die öffentliche Meinung stärker, als es den meisten Menschen bewusst ist. Mitunter können sie das politische Klima in einem Land nachhaltig verändern.
    „Es sind Fakeaccounts, die so tun als wären sie echte Menschen, in Wahrheit aber von einer dahinterliegenden Software gesteuert werden. Sie verbreiten Hasskommentare, oder es kann sein, dass sie Diskussionen ausweichen um diese in eine andere Richtung zu lenken oder einfach nur Unsinn posten“, erklärt Simon Hegelich, Professor für Political Data Science an der Hochschule für Politik an der TU München gegenüber dem WDR. (…)
    Demokratie in Gefahr?
    Inbesondere Twitter ist anfällig für solche Bots, da der Social Media Dienst Trends nach der Häufigkeit von „Erwähnungen“ erstellt: Wenn nun genügend Bots ein bestimmtes Wort oder einen Hashtag nutzen, kann man so die öffentliche Wahrnehmung über Trends über die Menge an Kommentaren beeinflussen. Die Beeinflussung und Manipulation ist wesentlich Stärker, als man in der öffentliche Meinung wahrhaben möchte. Nach Hegelich ist jede Debatte in den Social Medias von Bots und den dahinterstehenden Interessensgruppen manipuliert.
    Gefahr für den Journalismus
    Nicht nur das Bots damit die öffentliche Meinung, die Stimmung und mehr manipulieren können, sie setzen mit ihren Fakeprofilen Trends und stoßen die öffentliche Debatte in eine Richtung, die häufig von Journalistinnen aufgegriffen wird. Dutzende hässlicher Kommentare finden sich dann in den Zeitungen wieder von Profilen, von denen man gar nicht weiß, ob sie überhaupt realen Personen gehören. Denn nicht nur auf Twitter und Co. finden sich Fakeprofile, sondern auch in den Kommentarspalten der großen Medienhäuser. Journalistinnen greifen diesen Debattenstand auf und geben ihn unter Umständen selber wieder. So wird Meinung aus der Konserve gemacht, so beeinflussen Computer bereits heute unsere öffentliche Debatte. Weitere Infos findet ihr in den WDR5 Podcasts.
    Quelle: Die Freiheitsliebe
  16. Wie US-Soldaten nach ihrem Einsatz abgeschoben werden
    Um endlich Amerikaner zu werden, wählen viele mexikanische Migranten in den USA den Weg über die Armee. So wollen sie schneller an die begehrte Staatsbürgerschaft gelangen. Doch für manche dieser sogenannten “Green Card Soldiers” wird der amerikanische Traum zum Albtraum.
    Quelle: Deutschlandradio Kultur
  17. Was magst Du eigentlich an Syrien am liebsten?
    Das Unbekannte erzeugt selbstverständlich nicht immer automatisch Angst. Oft macht es neugierig, man will mehr darüber erfahren, will aus dem Unbekannten etwas Vertrautes machen.
    Doch in einem entsprechenden Klima bauen sich eben doch oft Ängste auf. Ängste, die zu Wut werden können, die in Hass gipfelt.
    Mein kleines Experiment soll demonstrieren, dass wir wenig wissen, sehr wenig. Und es soll ermuntern, uns neugierig zu machen und uns dem Thema der Flüchtenden auch von anderen Perspektiven zu nähern.
    Vielleicht klappt‘s ja …
    Quelle: Jörg Wellbrock via You Tube
  18. Die große EM-Farce: So führt die Regierung Millionen Deutsche hinters Licht
    • Die Bundesregierung nutzt die EM offenbar, um besonders umstrittene Gesetze durch das Parlament zu schleusen
    • Viele Deutsche könnten nach der EM eine teure Überraschung erleben (…)

    An diesem Freitag stehen gleich drei Gesetzesentwürfe auf der Tagesordnung des Bundestags, die so wichtig sind, dass sie eigentlich einer breiten öffentlichen Debatte bedürfen: die Erbschaftsteuerreform, das Fracking-Gesetz und ein so genanntes Anti-Terror-Paket. Doch durch das Getöse um die EM ist die Aufmerksamkeit der Deutschen ebenso wie der meisten Berichterstatter, selbst an spielfreien Tagen, vor allem nach Frankreich und nicht an die Spree gerichtet.
    Nicht das erste Mal, dass die Politik den Fußball missbraucht
    Dabei müssten die Journalisten und Bürger eigentlich gewarnt sein: Während des WM-Sommermärchens 2006 erhöhte die Regierung kurzerhand im Schatten der Spiele massiv die Mehrwertsteuer und bei der Fußball-Weltmeisterschaft 2010 den Krankenkassenbeitrag.
    Quelle: The Huffington Post

    Anmerkung Jens Berger: Ich weiß, diese Aussage ist auch bei vielen unserer Leser sehr populär – vor allem natürlich bei denen, die keinen Fußball odrt generell keinen Sport mögen. Ich möchte diese Aussage aber mal hinterfragen: Alle zwei Jahre gibt es ein großes internationales Fußballturnier und auch die Olympischen Spiele finden (Sommer/Winter) alle zwei Jahre statt. Dieser Veranstaltungen dauern jeweils einen Monat, im Schnitt findet also pro Jahr ein Monat ein sportliches Großereignis statt. Statistisch gesehen müssten also mehr als 8% aller „schlechter Gesetze“ während eines Sportereignis verabschiedet werden, wenn man hier eine Signifikanz unterstellen würde. Das scheint mir aber kaum der Fall zu sein. Im Gegenteil. Und auch das hat per se nichts mit dem Fußball zu tun, sondern damit, dass die Turniere meist in der Sommerpause stattfinden, wo generell weniger Gesetze verabschiedet werden. Auch die „Logik“ will mir nicht einleuchten. Die „Fußball-Gegner“ tun ja gerade so, als sei der Michel im fußballfreien Normalzustand ein aufgewecktes Bürchlein, den unsere Regierung niemals hinter die Fichte führen kann; ein kritischer Bürger, der sich jeden Gesetzesentwurf durchliest und im Zweifel auf die Straße geht und das Kanzleramt stürmt. Hand auf´s Herz – so ist es in der Realität ja nicht unbedingt. Eigentlich ist es ziemlich egal, ob die Politik „schlechte Gesetze“ vor, während oder nach Fußballturnieren verabschiedet – diejenigen, die während der EM nichts mitbekommen, bekommen auch sonst nichts mit.


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