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NachDenkSeiten – Die kritische Website
Titel: Hinweise des Tages
Datum: 6. August 2008 um 9:16 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
Verantwortlich: Kai Ruhsert
(KR/WL)
Heute unter anderem zu folgenden Themen:
Vorbemerkung: Dieser Service der NachDenkSeiten soll Ihnen einen schnellen Überblick über interessante Artikel und Sendungen verschiedener Medien verschaffen.
Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
Clement wähnt sich in einer Sonderstellung, die jeder Bodenhaftung entbehrt. Dieser Mann sucht jetzt für sich ein Ethos zu mobilisieren (ein Ethos des menschlichen Anstands, der politischen Opportunität), das er selbst mit Füßen tritt. Das hat mit Prinzipientreue und Standfestigkeit und – horrible dictu – Querdenkertum nichts zu tun. Das ist nicht heroisch. Das ist schamlos.
Im Augenblick betreibt Clement eine doppelte Sabotage: Erst ruft er dazu auf, seine Partei nicht zu wählen. Dann pfeift er auf den Vorschlag zur Güte, der ihm gemacht wird, und stilisiert seine schlechten Manieren zum innerparteilichen Richtungskampf. Gezielt nutzt Clement die Schwäche der regelgeleiteten Institution, welche ihre Stärke ist: dass sie, um zu funktionieren, auf fair play angewiesen ist. Diese Prämisse verletzt Clement derzeit ohne Rücksicht auf Verluste. Er nutzt die Verfahrenstreue einer demokratischen Institution, um mit ihr Schlitten zu fahren. Ein strukturell destruktives Verhalten, das – bleibt es das letzte Wort – nicht Solidarität, sondern Zorn verdient: Parteizorn, Bürgerzorn.
Quelle: FAZ
Anmerkung WL: Nachdem die meisten Medien zunächst auf Clements Trick, sich pathetisch auf die Meinungsfreiheit zu berufen, hereinzufallen schienen, gibt es jetzt doch noch Stimmen, wie Christian Geyer in der FAZ, die die Haltung Clements deutlich benennen. Alle Achtung! Oder fürchtet das wirtschaftsliberale Blatt nur, dass mit dem Vorgehen eines der prominentesten Vertreter der Agenda-Politik die sog. „Reformpolitik“ insgesamt in Verruf geraten könnte?
Einen anderen Aspekt greift die SZ auf:
Ihr da oben, wir da unten
Erdbeben in der SPD: Der Fall Clement ist auch eine Abrechnung der Partei mit einstigen Regierungsgrößen – die jetzt in der Wirtschaft absahnen. Sie gilt auch Ex-Kanzler Schröder. In der SPD tobt der nachträgliche Kampf um die Agenda 2010, das zentrale Reformwerk der rot-grünen Bundesregierung unter Gerhard Schröder. Und: Es tobt der Kampf der Basis gegen die Mächtigen von einst…
Es geht im Grunde um die riesengroße Entfremdung zwischen den früheren sozialdemokratischen Machern in Berlin und weiten Teilen der Partei. Während die Leute in den Ortsvereinen mitbekommen, dass den Leuten das Geld zum Leben kaum noch reicht und viele unter Hartz IV fallen, stehen Schröder, Clement und die anderen Agenda-2010-Förderer bei ihnen unter dem Verdacht, nach Ende der politischen Karriere ausgerechnet in der Wirtschaft persönlich absahnen zu wollen…
Das verträgt sich nicht in einer Partei, die stets auf Solidarität und sozialen Ausgleich bedacht war, und die sich nicht als privates Vermögensförderungsvehikel gesehen hat. Nach dem Ende ihrer Laufbahn waren Parteigrößen wie Willy Brandt und Helmut Schmidt bestenfalls publizistisch tätig. Für das Abkassieren nach der Politik aber waren die Konservativen und vorzugsweise die Liberalen zuständig.
Quelle: SZ
Anmerkung WL: An dem von der SZ angesprochenen Aspekt, dass kaum einer der Agenda-Sozialdemokraten nach der politischen Karriere noch ein Aufgabenfeld wahrnimmt, das etwas mit sozialdemokratischen „Werten“ zu tun hat, liegt sicher auch ein Grund für die Entfremdung zwischen der SPD-Basis und ihrem ehemaligen Führungspersonal.
BRÜSSEL. Joaquín Almunia hat sich offenbar zu früh gefreut. Als der EU-Wirtschaftskommissar im Frühjahr seine Wachstumprognose für 2008 kräftig nach unten korrigierte, fand er zugleich beruhigende Worte. Europa habe eine „größere Widerstandskraft“ als die USA, gab sich Almunia sicher. Die europäische Wirtschaft werde „dem rauen Klima trotzen“, Konjunkturprogramme wie in Amerika seien unnötig. Sollte sich die Konjunktur weiter abkühlen, könnten die EU-Länder die „automatischen Stabilisatoren“ nutzen und mit höheren Ausgaben gegensteuern.
Doch nun sieht es plötzlich so aus, als könne Europa noch tiefer in die Krise rutschen als die USA. Die Inflation schnellt nach oben, das Vertrauen von Verbrauchern und Unternehmen fällt schneller als nach den Attentaten vom 11. September 2001. Höchste Zeit für eine Revision, könnte man meinen. Doch Almunia schweigt – er will sich erst nach der Sommerpause wieder äußern. Und die EU-Länder finden keine gemeinsame Antwort auf die Krise. Reagiert hat bisher eigentlich nur Spanien. Wirtschaftsminister Pedro Solbes, der bis 2004 selbst EU-Kommissar war, hat genau das getan, was sein Amtsnachfolger Almunia verhindern wollte: Er hat ein Konjunkturprogramm aufgelegt, um eine Rezession abzuwenden.
Quelle: Handelsblatt
Anmerkung AM: Interessant die Reaktion in Spanien. Ansonsten makroökonomisch unfähige Figuren: Unfähig, rechtzeitig zu erkennen, was droht; unfähig zum undogmatischen Einsatz aller Instrumente der Wirtschaftspolitik. Das ist wohl unser Schicksal.
Siehe dazu auch ein Auszug aus „Machtwahn“ vom 10. Dezember 2007 zur richtigen Wirtschaftspolitik einschließlich eines fiktiven Kanzleramtspapiers.
Siehe auch das entsprechende Kapitel 7 im Kritischen Jahrbuch 2007.
Anmerkung AM: Alles vorhersehbar, siehe dazu viele Einträge in den NachDenkSeiten.
Anmerkung AM: Bofingers Vorschlag berücksichtigt hingegen die Tatsache, dass Geringverdiener keine oder nur geringe Einkommens-/Lohnsteuer zahlen.
Begründet wird dies mit den steigenden Öl- und Gaspreisen sowie dem Klimaschutz. Durch die Atomausstieg werde der Anteil von Gas an der Stromerzeugung von 12 auf 20 bis 23 Prozent steigen, schreiben die Autoren. Durch den hohen Gaspreis würden die Verbraucher mit “mehreren Milliarden Euro zusätzlich belastet”.
Quelle: taz
Quelle: Bahn für Alle
Dazu auch:
Und täglich grüßen die Reformen
Die publizierte Meinung beeinflusst die Meinungsbildung der Leser, welche zu ebenjenen Ansichten tendieren, die ihnen verkauft werden. Doch die Ideologie von Arbeit, Staat und Neoliberalismus findet sich nicht nur in den Medien, sondern wird auch täglich vom Wahrheitsministerium verkündet.
Quelle: Jungle World
Quelle: Linkszeitung
Anmerkung: Statt einer Anmerkung verweise ich nochmals auf „Hochschulfreiheit“ oder das Ende der Hochschulautonomie“.
Um ihre ehrgeizigen Wachstumsziele zu erreichen, will die Konzernführung künftig zusätzlich auf das Segment Bildung setzen. Schon beim Verkauf der nordamerikanischen Buch- und Musikclubs hatte Bertelsmann-Finanzvorstand Thomas Rabe erklärt, dies bedeute nicht den Abschied aus den USA. In Unternehmenskreisen wird ein Investment in ein wachstumsträchtiges US-Bildungsunternehmen, das beispielsweise private Schulungsprogramme im Internet anbieten könnte, angedeutet.
Quelle: heise online
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