Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (CR/JB)
Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:
- Ramstein
- Abstieg einer Weltmacht
- Der Schlüssel liegt darin, als erster zu lügen
- Das neue Flüchtlings-Bekämpfungsprogramm der EU-Kommission
- Freihandel
- Fleißige Arme, faule Reiche
- CDU-Politiker Brinkhaus: Geld zu horten lohnt sich für Banken nicht
- Draghis angeblicher Kampf gegen die deutschen Sparer
- Marktversagen im Gesundheitswesen
- Arbeitgeber und Gewerkschaften streiten über künftigen Mindestlohn
- Hartz IV
- Wie Unternehmervertreter versuchen, die Erbschaftsteuer zu verhindern
- Den Reichen darf es wehtun!
- Einfluss von Lobbyisten ist nach wie vor sehr groß
- Machteliten: Sie wollen doch nur das Beste für den Planeten
- NSU
- Arbeitet ihr mal länger, ich kann nicht mehr!
- Am 14. Juni: Weltweite Solidaritätsaktionen mit dem Widerstand gegen das neue französische Arbeitsgesetz – auch in NRW
Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
- Ramstein
- Video: Willy Wimmers Brandrede gegen die US-Air Base Ramstein, 10.6.2016
Willy Wimmer spricht zur Auftaktkundgebung des Protestwochenendes gegen die US Air Base Ramstein in der Versöhnungskirche in Kaiserslautern vor etwa 600 Zuhörern über Drohnenmorde und die Komplizenschaft der deutschen Bundesregierung, die permanent die eigene Verfassung und das Völkerrecht mit Füßen tritt, indem sie bei Mord, der von deutschem Boden koordiniert wird, bewusst wegschaut. Wimmer nimmt dabei kein Blatt vor den Mund.
Quelle: KenFM
- Video: Oskar Lafontaine bei Auftaktkundgebung “Stopp Ramstein – Kein Drohnenkrieg”
Oskar Lafontaine am Samstag, 11. Juni 2016, bei der Auftaktkundgebung zu “Stopp Ramstein – Kein Drohnenkrieg” in Kaiserslautern: “Es wird ja weltweit Krieg geführt. Und es wird weltweit ein Drohnenkrieg geführt. Und dieser Drohnenkrieg ist völkerrechtswidrig. Es werden tausende von Menschen ermordet. und deshalb verurteilen wir diesen Drohnenkrieg und fordern die deutsche Politik auf, den Amerikanern zu untersagen, von deutschem Boden aus Krieg zu führen.”
Quelle: Linksfraktion Saar via You Tube
- Menschenkette gegen den Drohnenkrieg
In Kaiserslautern, Ramstein und Landstuhl hat ein Bündnis von Friedensinitiativen gegen den Drohnenkrieg protestiert. Mehrere tausend Gegner machten bei einer besonderen Aktion mit.
Mit einer knapp neun Kilometer langen Menschenkette von Kindsbach über Landstuhl an die Airbase Ramstein demonstrierten sie am Samstagnachmittag gegen den Einsatz von Kampfdrohnen. Dieser fordere auch viele zivile Opfer und sei völkerrechtswidrig, sagte Reiner Braun von der bundesweiten Friedenskampagne “Stopp Ramstein: Kein US-Drohnenkrieg” im westpfälzischen Ramstein. Trotz des regnerischen Wetters waren einige tausend Demonstranten zusammengekommen. Die Organisatoren sprachen von 5.000, die Polizei gab die Zahl mit 2.000 an. Das Aktionswochenende von Friedensgruppen dauert noch bis Sonntag.
Zuvor hatten in Kaiserslautern nach Veranstalterangaben etwa 1.500 Menschen gegen die US-Airbase Ramstein protestiert; die Polizei sprach von 900 Teilnehmern. Sie werfen dem US-Militär vor, es führe Krieg von deutschem Boden aus.
Quelle: SWR
Dazu eine Anmerkung unseres Lesers P.P. (via Facebook): Apropos Kaiserslautern/Ramstein. Da hab’ ich doch tatsächlich in den ARD-Online-Nachrichten was gefunden. Einen Kurzbericht über eine 9-Kilometer Menschenkette. Und Zahlen. Die wie üblich lügen. Eine Menschenkette bedeutet, Menschen Hand in Hand. Und sei es in “Flügelspannweite”, die beim Menschen in etwa der Körpergröße entspricht. Meine beträgt beispielsweise etwa 1, 70 Meter, bin ein wenig geschrumpft. Ein Zweimetermensch an meiner Seite macht das locker wett. Trotzdem will mir nicht in den Sinn, wie es 2000 Menschen (Polizeizählung) schaffen konnten, eine 9 km-Kette zu bilden, es sei denn, sie bestand aus 4-Meter-Giganten. Ich bin mir aber sicher, die Polizei hat alle Menschenkettenteilnehmer sauber abgefilmt. Alle 5000 (Veranstalterzahl). Für was auch immer.
- Abstieg einer Weltmacht
Von Vorfreude auf die anstehende Präsidentschaftswahl in den USA kann diesmal wirklich keine Rede sein. Die bunten Jubelfeiern können darüber nicht hinwegtäuschen. In beiden großen politischen Lagern, bei den Republikanern wie bei den Demokraten, herrscht im Gegenteil die nackte Verzweiflung. Ein Großteil der Wähler hält beide Kandidaten, die nun feststehen, gleichermaßen für unwählbar.
Es ist eine Auswahl fast wie Pest und Cholera: Donald Trump, ein exzentrischer Immobilien-Millärdär und TV-Clown, der rassistische, frauenfeindliche Sprüche reißt und die Krisen der Welt mit dem Knüppel lösen will. Und Hillary Clinton. Sie brächte zwar mehr politische Erfahrung mit als je ein Bewerber zuvor und sie wäre die erste Frau im Weißen Haus. Aber sie weiß einfach kein Feuer mehr anzufachen und hat ein massives Problem mit ihrer Glaubwürdigkeit. Und das ist das Beste, was die „großartigste Nation der Erde“ aufzubieten hat? (…)
Wie immer diese Wahl am 8. November ausgeht, Historiker werden am Ende vielleicht sagen können, dass dieser Tag entscheidend zum Abstieg der Weltmacht USA beigetragen hat. Und der Rest der Erde wird die Schmerzen ebenso spüren.
Quelle: nordbayern.de
Anmerkung Albrecht Müller: Einer jener beachtenswerten Artikel unserer Medien, über deren Qualität man wirklich nicht streiten muss. Danke.
- Der Schlüssel liegt darin, als erster zu lügen
Interview mit dem vormaligen CIA-Analysten und Friedensaktivisten Ray McGovern
Raymond McGovern, Jahrgang 1939, verbrachte 27 Jahre in der CIA. Er war für die Beobachtung der Sowjetunion zuständig und berichtete in den 1980er Jahren persönlich den Präsidenten im Weißen Haus. Heute ist der Ex-Geheimdienstler ein erbitterter Gegner verlogener Kriegstreiberei und legte sich mit Bush junior, Donald Rumsfeld und Hillary Clinton an. Sein Komitee “Veteran Intelligence Professionals for Sanity (VIPS)” liefert regelmäßig ungebetene Kommentare zur Sicherheitspolitik und organisiert die jährliche Verleihung des Sam Adams Awards. Heute spricht er auf der Veranstaltung Kein Drohnenkrieg in der Pfalz. Im Telepolis-Interview bedauert McGovern sein Schweigen während des Vietnamkriegs.
Quelle: Telepolis
- Das neue Flüchtlings-Bekämpfungsprogramm der EU-Kommission
Die neueste Mitteilung der EU-Kommission bestätigt: Menschenrechtlich begründete Tabus scheinen sich für die EU erledigt zu haben. »Migrationspartnerschaften« werden nun als Plan zur Bekämpfung von Fluchtursachen verkauft. Tatsächlich werden in der vorgelegten Strategie aber Herkunfts- und Transitländer zur Fluchtverhinderung eingekauft.
Die am 7. Juni 2016 von der EU-Kommission veröffentlichte und in erster Linie von Kommissionsvizepräsident Franz Timmermann und der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini entworfene Strategie enthält Vorschläge, Hilfsgelder und technische Unterstützung an afrikanische und arabische Länder als Anreiz zu liefern – die Gegenleistung: eine forcierte Bekämpfung „irregulärer Migration“.
Die Anreize reichen von günstigen Handelsabkommen über Visaliberalisierungsprogramme und Hilfsgelder – insgesamt sollen in den kommenden fünf Jahren 8 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt werden. Wer nicht kooperiert, muss hingegen mit Negativkonsequenzen, wie der Aussetzung von Handelsabkommen oder der Streichung von Entwicklungshilfsgeldern, rechnen.
Nach außen wird vor allem das Vorhaben, private Investitionen in Herkunftsländern von Migrant*innen mit EU-Mitteln zu fördern, in den Vordergrund gestellt. Doch das Dokument macht unmissverständlich klar: Primäres Ziel der Kommission ist die Bekämpfung „irregulärer Migration“ schon in Herkunfts- und Transitländern und der Abschluss von Rückübernahmeabkommen – ein Flüchtlingsbekämpfungsprogramm.
Quelle: Pro Asyl
- Freihandel
- EU könnte Ceta ohne Parlamente verabschieden
Die Europäische Kommission plant Berichten zufolge, die nationalen Parlamente nicht über Freihandelsabkommen mit Kanada abstimmen zu lassen. Italien findet das gut.
Das bereits ausgehandelte Freihandelsabkommen der Europäischen Union mit Kanada (Ceta) könnte laut Berichten von Insidern und Medien noch einmal zu Streit führen. Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung berichtet, will EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström das Abkommen gegen den Willen von Mitgliedstaaten wie Deutschland als reines EU-Abkommen einstufen. Anders als bei einem gemischten Abkommen wären in diesem Fall die nationalen Parlamente nicht berechtigt, es demokratisch abzusegnen – Bundestag und Bundesrat hätten somit kein Mitspracherecht.
Einem EU-Vertreter zufolge will die EU-Kommission ihre Entscheidung voraussichtlich Anfang Juli bekanntgeben. Eine Sprecherin der EU-Kommission wollte den Bericht am Freitag nicht kommentieren. Sie bestätigte aber, dass der Kommissionsvorschlag zur Einstufung des Abkommens in Kürze veröffentlicht werde.
Quelle: Zeit Online
Anmerkung Christian Reimann: Schöne Demokratie in der EU.
Bitte schauen Sie dazu auch erneut die Mai-Ausgabe der ZDF-„Anstalt“ an. Und natürlich: Diskutieren Sie bitte in privaten Kreisen.
- TTIP gefährdet den Klimaschutz
Mehr als ein Drittel aller Klagen vor den umstrittenen Schiedsgerichten gehen auf Energie- und Elektrizitätskonzerne zurück. Mit TTIP könnte diese Zahl weiter steigen: Denn Europa und die USA wollen die Position der Ölgiganten stärken. Das widerspricht den Klimaschutzzielen von Paris. Mit dem Wort „Klima“ meinen die Verhandler etwas ganz anderes
In der Debatte um TTIP und Investorenklagen läuft etwas schief. Oft geht es um Chlor-Hühnchen, um Verbraucherthemen. Dabei bedroht das transatlantische Freihandelsabkommen insbesondere den Klimaschutz in einem Ausmaß wie kaum ein Hinterzimmer-Deal bisher. Klimaschutz wird mit TTIP zur „Handelsbarriere“.
Quelle: Cicero
- Ohne den Bundestag
Die EU will den Bundestag nicht über das Freihandelsabkommen mit Kanada abstimmen lassen. Die Gegner des Abkommens werden das empörend finden. Dabei ist das durchaus folgerichtig.
Die Europäische Kommission macht im Streit um die Ratifizierung des Freihandelsabkommens mit Kanada Ernst. Sie will Ceta nicht als gemischtes Abkommen, sondern als reines EU-Abkommen einstufen.
Bundestag und Bundesrat werden also nicht mehr gefragt, ob sie dem Inkrafttreten zustimmen. Das hat Signalwirkung. Geht es nach der Kommission, dürften Bundestag und Bundesrat auch nach einem erfolgreichen Abschluss der TTIP-Verhandlungen mit den Amerikanern außen vor sein.
Die Gegner der Abkommen werden der Kommission nun vorwerfen, die ungeliebten Verträge ohne demokratische Legitimation durchdrücken zu wollen. Das ist falsch. Schließlich müssen sowohl das demokratisch gewählte Europaparlament als auch die demokratisch gewählten Regierungen der EU-Staaten im Ministerrat den Abkommen zustimmen.
Das ist durchaus folgerichtig, schließlich ist die Handelspolitik alleinige Kompetenz der EU. Wenn jedes Mal alle nationalen Parlamente befragt werden müssten, nur weil einige Randaspekte der Abkommen nationale Kompetenzen betreffen könnten, wird die Handelspolitik auf EU-Ebene endgültig ad absurdum geführt. Aber genau darum geht es den Gegnern.
Quelle: FAZ
Anmerkung unseres Lesers J.A.: Die FAZ unterschlägt mal eben die Frage, ob Ceta nicht doch ein gemischtes Abkommen ist (was die allermeisten Völkerrechtler bejahen), und auch das Grundgesetz kommt in dem Kommentar unter die Räder, weil Wichtigeres – die Profitinteressen großer Unternehmen – auf dem Spiel stehen. Das EU-Parlament ist zumindest nach Ansicht des BVerfG im Sinne des Grundgesetzes *nicht* demokratisch gewählt (Stimmgewichte, fehlendes Staatsvolk) und auch kein Parlament (fehlendes Initiativrecht). Der Ministerrat und die EU-Kommission sind schon mal überhaupt nicht demokratisch gewählt. So schnell wirft die FAZ also die FDGO über den Haufen. Wo bleibt der Verfassungsschutz?
- Fleißige Arme, faule Reiche
Das Bild von den faulen Südländern ist falsch. Denn einer Studie zufolge wird in reichen Ländern weniger gearbeitet als in armen. Ergänzt werden muss auch der Vergleich der Wirtschaftsleistung.
Arbeit bringt Brot, Faulenzen Hungersnot, weiß der Volksmund, und: Müßiggang ist aller Laster Anfang. Die Botschaft ist in beiden Fällen klar: Wer hart ranklotzt, der bringt es auch zu etwas. Auch der Umkehrschluss fällt leicht: Wer arm ist, der hat es wohl an Arbeitseinsatz fehlen lassen. Dass an dieser „Theorie“ etwas faul ist, ahnt man, und nun ist es auch empirisch belegt: In armen Ländern wird wesentlich mehr gearbeitet als in reichen.
Der Verdacht, Armut und Krisen lägen im mangelnden Arbeitswillen begründet, gelangte zuletzt in der Griechenland-Misere zu Prominenz. Die „faulen Griechen“ seien an ihrem Elend selbst schuld, hieß es, und eine große deutsche Zeitung informierte den griechischen Premierminister: „Deutschland hat zwar auch hohe Schulden – aber wir können sie auch begleichen. Weil wir morgens ziemlich früh aufstehen und den ganzen Tag arbeiten.“ Dass die Einsatzbereitschaft nachlässt, je weiter man in südliche und warme Gefilde vorstößt, ist nicht nur ein gern gepflegtes Vorurteil. Der US-Ökonom David Landes hat daraus sogar eine Theorie verfertigt. Danach nimmt das Arbeitsangebot mit feuchter Tropenhitze ab.
Quelle: Frankfurter Rundschau
- CDU-Politiker Brinkhaus: Geld zu horten lohnt sich für Banken nicht
Banken und Sparkassen zahlen drauf, wenn sie Bargeld ihrer Kunden bei der EZB parken. Finanzhäuser wie die Commerzbank suchen daher nach Auswegen – bis hin zur Aufbewahrung des Geldes in Tresoren. Der CDU-Finanzpolitiker Ralph Brinkhaus glaubt aber nicht, dass die Commerzbank im großen Stil Bargeld horten wird. Das rechne sich nicht, sagte er im DLF.
Hintergrund der Debatte sind die sogenannten Strafzinsen der EZB. Geschäftsbanken müssen derzeit 0,4 Prozent Zinsen an die Europäische Zentralbank zahlen, wenn sie dort kurzfristig überschüssige Liquidität sicher anlegen wollen. Die EZB will so die Geschäftsbanken zur Vergabe von Krediten und zur Stimulierung der Konjunkur motivieren. Die Commerzebank selbst hatte bereits erklärt, dass sie derzeit nicht verstärkt auf Bargeld setze.
Brinkhaus kritisierte in diesem Zusammenhang auch die Geldpolitik der EZB. Diese habe die Zinsen zu oft und zu schnell gesenkt. Die Zentralbank habe einen Teil des Vertrauens verspielt, so Brinkhaus. Er fürchte, dass der Kauf von Unternmehmensanleihen zu einer Marktstörung führe. Der CDU-Politiker monierte ein “dogmatisches Festhalten” an dem Zwei-Prozent Inflationsziel. Eigentlich gehe es um Strukturreformen. EZB-Präsident Draghi kaufe den Staaten Zeit, damit sie die Maßnahmen umsetzen könnten.
Quelle: Deutschlandfunk
Anmerkung unseres Lesers F.R.: Das Interview läuft darauf hinaus, dass durch die niedrigen Zinsen nötige Strukturreformen verschoben würden. Den Zusammenhang zwischen Sparen in allen Sektoren und niedrigen Zinsen sieht Brinkhaus nicht. Er meint vielmehr:
“Sparen ist nie schädlich. Das gilt insbesondere für die Menschen, die jung sind, die fürs Alter vorsorgen müssen. Und da kann ich nur dringend empfehlen, ganz unabhängig von den Zinssätzen zu sparen, weil sonst hat man im Alter nichts. Und im Übrigen ist es so: Wenn die Zinsen mal wieder hochgehen und man hat nichts gespart, dann profitiert man auch weniger davon.”
- Draghis angeblicher Kampf gegen die deutschen Sparer
Für manche Journalisten befindet sich die EZB im Krieg mit den Sparern, als sei es das Ziel der Geldpolitik, ihnen zu schaden. Einige Tage vor dem Beschluss der Notenbank, ab dem 8. Juni auch Unternehmensanleihen in ihr Ankaufsprogramm aufzunehmen, titelte Dennis Kremer von der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung, dass „Draghis nächste Attacke auf den Sparer beginnt“. Viele wittern eine Art Verschwörung hinter den Aktionen der EZB, zugunsten der Schuldner im „Club Med“ und zulasten der Sparer und Gläubiger in den Überschussländern des Nordens.
Dabei geht es der Europäischen Zentralbank darum, die Nachfrage durch niedrige Zinsen und günstige Kreditkonditionen anzukurbeln, sodass mehr produziert wird, neue Arbeitsplätze entstehen und die Investitionen stimuliert werden. Sie muss alles tun, damit die Inflationsrate endlich wieder auf ihren Zielwert von knapp unter zwei Prozent steigt. Die Zinsen sind so niedrig wie sie sind, weil sich die Inflationsrate um die Nullmarke bewegt und die ungenutzten Kapazitäten so groß sind, nicht weil die EZB aus irgendwelchen perfiden Gründen die Sparer bestrafen will. Dass sie zu immer unkonventionelleren Mitteln greift, jetzt also auch direkt in die Finanzierung der Unternehmen eingreift, ist nur eine Reaktion auf einige ungünstige Makrotendenzen wie die Stagnation der Produktivität, den anhaltenden Schuldenabbau nach dem Platzen der Schuldenblasen und die anhaltend große Produktionslücke.
Das Problem ist nicht zuletzt, dass die EZB von den übrigen wirtschaftspolitischen Akteuren alleingelassen wird. Sie ist einfach überfordert. Vor allem die deutsche Finanzpolitik lässt sie hängen. Das hat schon masochistische Züge. Was soll das Ganze? Wer braucht eigentlich eine „schwarze Null“, wenn nicht Inflation droht, sondern Deflation, und wenn die Anleger de facto bereit sind, dem Staat ihre Ersparnisse kostenlos zu überlassen? Weiß Herr Schäuble nicht, was sich mit billigen Krediten anfangen lässt?
Quelle: ZEIT
Anmerkung unseres Lesers J.A.: Ein schöner Artikel, der das behämmerte Draghi-Bashing konterkariert und auch auf die mangelhafte Lohnentwicklung als Ursache hinweist. Ein kleines Problem aber, vielleicht typisch für die Wahrnehmung der Geldpolitik: “Dabei geht es der Europäischen Zentralbank darum, die Nachfrage durch niedrige Zinsen und günstige Kreditkonditionen anzukurbeln”. Keineswegs, die EZB kann nur günstige geldpolitische Rahmenbedingungen schaffen, aber keine Nachfrage. Die Nachfrage muß von woanders kommen, und daran krankt es ja.
- Marktversagen im Gesundheitswesen
Der effiziente Markt versagt in der Gesundheitsökonomie. Konsumentensouveränität in diesem Bereich anzunehmen, ist reine Fiktion. Ärztinnen und Ärzte haben das Monopol, Krankheiten zu diagnostizieren und zu therapieren. Dass sie dabei immer und ausschließlich nur das Patientenwohl im Auge haben, ist weltfremd. Eine politische Mengen-und Qualitätssteuerung ist daher unabdingbar.
Die allgemeine Absicherung von Krankheitsrisiken gehört zum Standard moderner Gesellschaften. Kein ernst zu nehmender Politiker oder Wissenschaftler bestreitet das. Selbst der bekennende Sozialstaatsgegner F. A. Hayek hielt eine Krankenversicherungspflicht für legitim, weil sonst viele Menschen der Allgemeinheit zur Last fielen. Er sah generell in Sozialleistungen eher einen Schutz vor „Verzweifelungsakten“ gegenüber dem Besitzbürgertum als eine Frage der sozialen Gerechtigkeit, ein Begriff, der ihm erklärtermaßen zuwider war (Die Verfassung der Freiheit, S. 386 ff.). Hayek hat seine Vorstellungen zur Krankenversicherung nicht weiter konkretisiert. Ihm schwebte vermutlich eine private Pflichtversicherung vor, die aber mit ihrem Geschäftsmodell der risikobezogenen Beiträge vor zwei Problemen steht:
- Die Gesundheitschancen sind aus genetischen und sozialen Gründen ungleich verteilt. Eine private Krankenversicherung (PKV) mit individueller Risikokalkulation können sich die meisten Bürger nicht leisten. Untere und mittlere soziale Schichten haben ein größeres Krankheitsrisiko, was zu entsprechend höheren Beiträgen führen würde. Ohne einen Sozialausgleich ist der Anspruch, allen Bürgern den Zugang zur medizinischen Versorgung zu gewährleisten, nicht realisierbar.
- Im Gesundheitswesen gibt es keine Konsumentensouveränität, es herrscht Anbieterdominanz. Ärztinnen und Ärzte haben das Monopol, Krankheiten zu diagnostizieren und zu therapieren. Das ist auch in Ordnung. Wer sonst sollte diese unverzichtbare Funktion übernehmen? Aber sie können damit Art und Umfang der Nachfrage nach ihren Leistungen auch im eigenen Interesse bestimmen. Die Annahme, dass sie stets nur das Patientenwohl im Auge haben und nicht an ihren eigenen wirtschaftlichen Vorteil denken, ist weltfremd. Daher ist eine systematische Mengen- und Qualitätssteuerung erforderlich, die der Markt nicht leisten kann.
Quelle: Makroskop
- Arbeitgeber und Gewerkschaften streiten über künftigen Mindestlohn
Arbeitgeber und CDU-Politiker machen Front gegen eine starke Erhöhung des Mindestlohns. Gewerkschaften, SPD und Linke pochen hingegen darauf, die Möglichkeiten für eine Erhöhung breit auszunutzen. Damit spitzt sich drei Wochen vor der Ende Juni anstehenden Entscheidung in der Mindestlohnkommission der Streit um die künftige Höhe der Lohnuntergrenze zu.
Strittig ist, ob die jüngsten Tarifabschlüsse für die Metall- und Elektroindustrie sowie für den öffentlichen Dienst bei der Festlegung berücksichtigt werden sollen. DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell sagte am Donnerstag in Berlin: „Die Gewerkschaften erwarten, dass die Tarifverträge, die bereits abgeschlossen wurden und dieses Jahr zur Wirkung kommen, mit in die Berechnung kommen.“ Es könne nicht sein, dass die Erhöhung nur deswegen nicht besser ausfalle, weil die Auszahlung der Lohnerhöhung im öffentlichen Dienst sich verzögere.
Bei der Entscheidung über die künftige Höhe hat sich die Kommission an der Entwicklung der Tariflöhne zu orientieren, die das Statistische Bundesamt im Tarifindex zusammenfasst. Der Index bis Juni enthält die Tariferhöhung für Metall und Elektro und den öffentlichen Dienst noch nicht. Arbeitgebervertreter Reinhard Göhner hatte betont, Spielraum für Verhandlungen gebe es nicht. (…)
Die SPD-Arbeitsmarktexpertin Katja Mast betonte: „Wir wollen eine Gesamtabwägung, wie sie im Gesetz steht.“ Sie erwarte eine angemessene Erhöhung, die den Wert der Arbeit steigere. Linke-Chef Bernd Riexinger warf den Arbeitgebern vor, den Beschäftigten „nicht die Butter auf dem Brot“ zu gönnen. „Statt Geiz-ist-Geil-Mentalität brauchen wir einen Mindestlohn, der wirklich vor Armut schützt.“ Die Präsidentin des Sozialverbands VdK Deutschland, Ulrike Mascher, sagte: „Der Mindestlohn muss deutlich ansteigen.“
Quelle: Hintergrund
Anmerkung Christian Reimann: Die unterschiedlichen Interessenlager werden kurz, aber deutlich aufgezeigt. Wenn die SPD es ernst meint mit dem Thema “soziale Gerechtigkeit” sei die Frage erlaubt, was sie in dieser Koalition mit den Unionsparteien noch hält. Doch nicht etwa die Minister- und andere Posten? Die könnten bei einem Wechsel der Koalitionspartner erhalten bleiben.
Aber z.B. auch bei der Einführung der Vermögenssteuer könnte sich die Partei um andere, fortschrittlich-progressive Mehrheiten bemühen.
- Hartz IV
- Per Dienstanweisung Menschenwürde missachten müssen
Rechtsverstöße von Behörden werden meist durch die Arbeit von investigativen Journalisten oder von Whistleblowern aufgedeckt. Jetzt hat eine Fallmanagerin des Jobcenter im Landkreis Osterholz diese Funktion übernommen und ihren Arbeitgeber verklagt, weil „sie sich um das Wohl ihrer Klienten sorgt“ und von ihren Vorgesetzten angewiesen wurde, „klar gegen die Menschenwürde zu verstoßen“.
Im Rahmen eines Modellprojektes erhielten mehrere hundert Leistungsbezieher des Jobcenters Osterholz per Serienbrief vollkommen einheitliche Eingliederungsvereinbarungen, die ohne persönliches Gespräch unterschrieben zurückgeschickt werden sollten. Eigenbemühungen wurden gefordert – eine Prüfung, ob dies für die Kunden auch erfüllbar sei, blieb aus. So wurden die Leistungsbezieher unter anderem dazu verpflichtet, monatlich fünf Bewerbungen zu schreiben – ohne Rücksicht auf Arbeitsfähigkeit oder dauerhafte Erkrankungen. Zudem seien viele Kunden von dem Verfahren überfordert, häufig allein schon wegen Sprachproblemen. Nur wer sich schriftlich gegen die Inhalte der Vereinbarungen auflehnte, bekam die nachträglich Gelegenheit auf eine individuelle Lösung. Bei Pflichtverstößen der Kunden gegen die Eingliederungsvereinbarungen sollte die klagende Mitarbeiterin die Leistungen schrittweise zuerst um 30 Prozent, dann um 60 Prozent kürzen und zuletzt komplett streichen.
Quelle: Tacheles e.V.
- Millionen außen vor
Bertelsmann-Stiftung beklagt Massenphänomen Langzeiterwerbslosigkeit in Deutschland und der gesamten EU. Helfen soll ein »sozialer Arbeitsmarkt« (…)
Selbst die scheinbar krisenfeste BRD kriegt ihr Fett weg: Weil hierzulande überdurchschnittlich viele ältere Menschen vorzeitig aufs Altenteil entsorgt werden und auch junge Leute häufig besonders lange »langzeitarbeitslos« sind, gebe es »keinen Grund zur Entwarnung«. Obwohl Deutschland von einem Beschäftigungsrekord zum nächsten eile, könnte eine größere Gruppe »nicht von der guten Konjunkturlage profitieren«, heißt es in der begleitenden Pressemitteilung. Von allen amtlich erfassten Erwachsenen ohne Erwerbsarbeit befinden sich demnach 43,1 Prozent dauerhaft auf der Verliererstraße, das sind knapp 800.000 Personen. 26 Prozent der deutschen Langzeitarbeitslosen sind älter als 55 Jahre (EU-Mittel 13 Prozent) und zwei Drittel davon bereits seit mehr als zwei Jahren. (…)
Dabei rüttelt die Gütersloher Denkfabrik sogar an Denkverboten. Eine Ursache für die Misere sei demnach die staatliche Kürzungspolitik bei der Beschäftigungsförderung. Als Gegenmittel empfiehlt die Studie »einen Mix aus wachstumsorientierten Investitionen und aktiven arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen«. Selbst das deutsche Rezept »Fördern und Fordern« erklären die Autoren für in Teilen wirkungslos. Statt dessen solle verstärkt auf die »Schaffung sozialversicherungspflichtiger und betriebsnaher Beschäftigungsverhältnisse im Rahmen eines sozialen Arbeitsmarkts« gesetzt werden.
Quelle: junge Welt
Anmerkung Christian Reimann: Hatte nicht die Bertelsmann Stiftung an der Erzeugung dieses nun beklagten Problems kräftig mitgewirkt? Bitte lesen Sie dazu erneut Die Rolle der Bertelsmann Stiftung beim Abbau des Sozialstaates und der Demokratie oder: Wenn ein Konzern Politik stiftet – zum gemeinen Nutzen?. Interessant sind auch:
- Schlimme Vorwürfe gegen Bertelsmann-Stiftung
- BertelsmannKritik
- Wie Unternehmervertreter versuchen, die Erbschaftsteuer zu verhindern
Die Lobby der Familienunternehmer hat Erstaunliches erreicht: Sie blockierte eine schon beschlossene Reform.
Freitag, im feinen Berliner Hotel Adlon. Die Kanzlerin betritt den in gold und grün gehaltenen Palaissaal. Unter ausladenden Lüstern haben sich mehrere hundert Firmenpatriarchen versammelt, die eine Frage bewegt: Wird ihnen Angela Merkel versprechen, die verhasste Erbschaftsteuer abzuräumen?
Brun-Hagen Hennerkes, ein elegant gekleideter Mann, ist Vorstandsvorsitzender der Stiftung Familienunternehmen, ihr oberster Interessenvertreter. Er hält es für geboten, der Kanzlerin noch einmal ausführlich die Forderungen der Branche darzulegen. Und so stellt er sich zunächst statt ihrer an das Rednerpult. Er sagt Sätze, die mit “Es darf nicht sein” oder mit “Das neue Gesetz soll unbedingt” beginnen. Merkel muss warten und zuhören. (…)
Szenen wie im Adlon zeigen, wie Interessengruppen versuchen, Reformen zu beeinflussen. Spitzenpolitiker werden eingeladen, offiziell und natürlich informell, und mit Bedenken und Forderungen konfrontiert. Das gehört zum demokratischen Geschäft, erklärt aber auch, warum es so schwer ist, große Reformen anzupacken. Insbesondere, wenn es um Steuern geht.
Quelle: Süddeutsche Zeitung
- Den Reichen darf es wehtun!
Um die breite Mehrheit der Arbeitnehmer zu entlasten, sollte Deutschland den Vermögenden mehr abverlangen. (…)
Über Jahrzehnte hinweg trugen die Steuersysteme in Deutschland und auch in den USA dazu bei, dass die Wirtschaft florierte, dass viele Menschen am Aufschwung teilhatten, dass der Abstand zwischen Arm und Reich nicht zu groß wurde. Doch mit dem Beginn der Globalisierung und der Liberalisierung der Finanzmärkte begann das System zu erodieren.
Die nach wie vor sprudelnden Wohlstandsgewinne verteilen sich seither auf immer weniger Menschen, während der Rest – von der oberen Mittelschicht an abwärts – die Verluste zu tragen hat. Branchen, die früher ganze Regionen am Leben hielten, sind verschwunden, die Textilindustrie in Schwaben etwa oder die Stahlindustrie in Pittsburgh. Gleichzeitig stagnierten die Löhne, stiegen die Mieten, explodierten die Kapitalerträge der Vermögenden.
Hinzu kamen Steuersenkungen für alle Bevölkerungsschichten, im dem guten Glauben, dass so vor allem die am oberen Ende frei werdenden Mittel in neue Arbeitsplätze investiert werden und die entstehenden Wohlstandsgewinne nach unten durchsickern. Diese vor allem bei den US-Republikanern, zeitweise aber auch in Deutschland populäre “Trickle-Down”-Idee ist gescheitert: Statt in die Realwirtschaft wanderte das zusätzliche Geld in Aktien, Immobilien und andere Finanzanlagen
Quelle: Süddeutsche Zeitung
- Einfluss von Lobbyisten ist nach wie vor sehr groß
Auch nach dem Nein der Koalitionsmehrheit im Bundestag dringt die Organisation Lobbycontrol weiter auf Einführung eines Registers von Interessensvertretern. Im Deutschlandfunk sagte die Geschäftsführerin von Lobbycontrol, Dierßen, ein solches Verzeichnis würde auch den Abgeordneten selbst helfen.
Die Abgeordneten wüssten so künftig genau, mit welchen Gesprächspartnern sie es zu tun hätten. Gerade bei großen Verbänden wie etwa der Automobilindustrie sei der Einfluss, den Lobbyisten auf die Politik ausübten, weiterhin sehr groß.
Im Bundestag waren gestern Linkspartei und Grüne mit dem Versuch gescheitert, eine solche Datenbank mit Informationen über Interessensvertreter einzuführen. Die Anträge wurden mit den Stimmen der großen Koalition abgelehnt. Der Justiziar der Unionsfraktion, Uhl, warnte in der Debatte vor einer Diskriminierung von Lobbyisten.
Quelle: Deutschlandfunk
Passend dazu: Anwaltskanzleien in Brüssel boykottieren Lobbyregister
Studie zeigt: Ohne Transparenzpflicht geht es nicht
Zahlreiche Anwaltskanzleien in Brüssel betreiben Lobbyarbeit, glänzen aber durch Abwesenheit im EU-Transparenzregister. Dabei geht es nicht um ein paar kleine Kanzleien mit wenigen Kunden, die vom Lobbyregister nichts mitbekommen haben. In einer neuen Studie zeigen wir neun große, international agierende Anwaltskanzleien, die das (freiwillige) Lobbyregister schlicht boykottieren. Die Mehrheit hat einen Eintrag im verpflichtenden US-Lobbyregister. (…)
Die neue Studie „Anwälte als Lobbyisten – ein undurchsichtiges Geschäft“, die wir gemeinsam mit unserer Brüsseler „Allianz für Lobbytransparenz und ethische Regeln“ (ALTER-EU) herausgeben, zeigt die Anwaltskanzleien als mächtige Lobbyisten in Brüssel. Sie haben das juristische Know-How, um ihre Kunden über Probleme neuer politischer Vorhaben aufzuklären, können diese mit EU-Beamten diskutieren und die passenden Änderungsanträge für das EU-Parlament schreiben. Unter anderem werben sie damit, für ihre Kunden EU-Regulierungen „zu navigieren und zu gestalten“ oder damit, wie sie die EU-Chemierichtlinie REACH zugunsten eines Industriekonzerns verändert haben. Mehrere der beschriebenen Kanzleien, wie Sidley Austin oder White & Case, machen in Brüssel Druck für das transatlantische Freihandelsabkommen TTIP, vermutlich auch weil sie als Kanzleien bei Konzernklagen im Rahmen von Investitionsschutzabkommen viel Geld verdienen.
Quelle: LobbyControl
- Machteliten: Sie wollen doch nur das Beste für den Planeten
Ein Kommentar zur Debatte um die Bewertung der Bilderberg-Konferenz
Was ist schon dabei, wenn sich 130 führende Persönlichkeiten für drei Tage zu einer Konferenz hinter verschlossenen Türen treffen? Wo liegt das Problem, wenn sich fernab der Öffentlichkeit der Vorstandsvorsitzende der Airbus Group, die Bundesverteidigungsministerin oder der ehemalige Oberkommandierende der NATO über Themen wie das Prekariat, die Mittelklasse oder Geopolitik unterhalten? Darf es den Mächtigen nicht gestattet sein, gemeinsam über die Probleme dieser Welt zu diskutieren, ohne dass die Presse jedes gesagte Wort auf die Goldwaage legt? Haben nicht auch die Weltenlenker und Wirtschaftskapitäne ein Recht darauf, sich in einem privaten Rahmen untereinander auszutauschen und in Ruhe zu diskutieren?
So berechtigt diese Fragen auch vordergründig sein mögen, so gefährlich für die Demokratie ist die Naivität, die in ihnen wurzelt.
Zum Vorschein kommt darin eine Haltung, die mit einer nur schwer zu ertragenden Portion Realitätsverweigerung das Bild einer Elite zeichnet, das in seiner Eindimensionalität allenfalls etwas für den Sachkundeunterricht in der Grundschule sein könnte. Doch wer die Tage die Berichterstattung verfolgt, muss feststellten: Oft genug bahnt sich in Sachen Bilderberg (Bilderberg-Konferenz: Prekariat soll Thema sein) eine naive demokratietheoretische Betrachtung ihren Weg, die an Einfalt kaum zu überbieten ist.
Die eingeladenen Eliten und Machteliten, so der Tenor, geben dem erlauchten Gremium die Ehre, um sich im Rahmen eines netten Kaffekränzchens gegenseitig den Nacken zu kraulen und nebenbei bereichern sie die Zusammenkunft bei politischen Debatten durch ihr großes Wissen und ihre exponierte Stellung innerhalb der Gesellschaft. Zwischendurch genießt man ein gutes Essen oder geht gemeinsam in die Sauna. Bilderberg: ein Debattierclub mit Wohlfühlcharakter.
Quelle: Telepolis
- NSU
- NSU-Affäre: Strafvereitelung im Amt?
Bundesanwaltschaft bekennt sich zu unvollständigen Ermittlungen – V-Mann Ralf Marschner ist Regierungssache – Vertreter der obersten Ermittlungsbehörde spricht von “schwarzen Löchern” – Viele ungeklärte DNA-Spuren
Die zehn NSU-Morde spalten Deutschland. Während die oberste Strafverfolgungsinstanz der Bundesrepublik ungerührt davon ausgeht, alle 27 Taten – Morde, Sprengstoffanschläge und Raubüberfälle – seien allein von den zwei Männern Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos begangen worden, mit Unterstützung von Beate Zschäpe, widersprechen immer mehr Abgeordnete dieser Version: Die Zwei-Täter-Theorie der Bundesanwaltschaft (BAW) sei nicht haltbar. Bislang elf Untersuchungsausschüsse in Bundestag und Landtagen dokumentieren diese Zweifel.
Quelle: Telepolis
- Wurde V-Mann “Corelli” doch umgebracht?
- Staatsanwaltschaft will Fall nach WDR-Infos neu untersuchen
- Gutachter revidiert Aussage
- Ein neues toxikologisches Gutachten soll Klarheit bringen
Kein gewöhnlicher Todesfall
Als der V-Mann des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Thomas Richter, besser bekannt unter seinem Arbeitsnamen “Corelli”, am 7. April 2014 in Paderborn tot aufgefunden wird, ist schnell klar: Das hier ist kein gewöhnlicher Todesfall. Corelli war im Schutzprogramm des Verfassungsschutzes. 18 Jahre spitzelte er deutschlandweit in der militanten Neonazi-Szene, bis er 2012 auffliegt. In der Szene ist er jetzt ein Verräter und in Gefahr. Deshalb muss er von Leipzig schließlich nach Paderborn ziehen. Dort steht er unter dem Schutz des Verfassungsschutzes. Geholfen hat es ihm nicht.
Quelle: WDR
- Arbeitet ihr mal länger, ich kann nicht mehr!
Bundespräsidial betrachtet wurden wir ganz schön aufgehalten. Fünf vergeudete Jahre. Die moralische Instanz, die dieses Amt darstellen kann, hätte für das Allgemeinwohl einen Präsidenten benötigt, der gegen den neoliberalen Kurs rhetorisch zu Felde zöge. Eine Person, die eine Kurskorrektur anmahnte. Gauck allerdings war das nicht. Er sonnte sich als unbequemer Präsident, der es sich neben den politischen Entscheidungsträgern nur zu bequem gemacht hatte. Er war ein großes Missverständnis und in letzter Konsequenz eine durch und durch bigotte Gestalt, die savonarolisch Freiheit predigte, aber politische Freiheit für entbehrlich hielt, wenn sie nur den wirtschaftlichen Interessen im Wege steht. Für die Ängste, die die Prekarisierung bei den Menschen verursacht, für die Furcht vor Arbeitsplatzverlust und Arbeitslosigkeit, zeigte er kaum Verständnis. Und dass er jetzt mit Rücksicht auf sein Alter zur Entscheidung kam, lieber nicht mehr zu einer erneuten Amtszeit zu schreiten, zeigt uns vielleicht ein letztes Mal in seiner Karriere als Bundespräsident, wie scheinheilig dieser Mann die Welt und seine Stellung darin wahrnimmt.
Quelle: ad sinistram
- Am 14. Juni: Weltweite Solidaritätsaktionen mit dem Widerstand gegen das neue französische Arbeitsgesetz – auch in NRW
In zahlreichen Ländern finden kommenden Dienstag, 14. Juni, dem Tag der landesweiten Demonstration in Paris, Solidaritätsaktionen mit dem Widerstand gegen das neue französische Arbeitsgesetz statt: Spanien, Italien, Brasilien, Schweiz und selbst in den USA, um eine durchaus unvollständige Liste zusammen zu stellen. Auch in der BRD fanden bereits einige solcher Aktionen statt, organisiert unter anderem von gewerkschaftlichen BasisaktivistInnen. Für den 14. Juni rufen nun Baso Wuppertal, LabourNet Germany und eine Reihe weiterer Gruppen und Personen zu einer Solidaritätskundgebung vor dem französischen Konsulat in Düsseldorf auf. (16 Uhr, Martin Luther Platz). Der Kundgebungsaufruf „Solidarität mit den Streikenden in Frankreich!“ vom 09. Juni 2016 kann gerne auch heruntergeladen und weiter verbreitet werden! (Für etwaige Nachfragen: [email protected] ) Siehe dazu auch einen knappen Überblick über Solidaritätsaktionen anderswo:
- „Solidarity Action With French Workers-Stop Union Busting, Privatization & Deregulation“ ist ein Aufruf des Basis–Netzwerkes United Public Workers for Action aus Kalifornien bei Indymedia Bay Area zu einer Solidemonstration am 14. Juni vor dem französischen Konsulat in San Francisco
- „Kundgebung: Solidarität mit den Kämpfen in Frankreich!“ externer Link ist ein Aufruf der Schweizer Gruppe Aufbau zu einer Solidaritätsaktion am Dienstag 14.6. um 19:00 Uhr auf der Pestalozzi-Wiese Zürich
- „Brasil, Itália, Espanha e EUA realizarão atos em apoio aos trabalhadores franceses em luta contra reforma nas leis trabalhistas“ am 09. Juni 2016 beim Gewerkschaftsbund CSP Conlutas externer Link ist nicht nur der Aufruf zur Solidaritätsdemonstration mit dem Kampf in Frankreich am 14. Juni in Sao Paulo, sondern auch ebenfalls ein knapper Überblick über ähnliche Aktionen anderswo (Spanien, Italien, USA) – für die brasilianische Mobilisierung gibt es auch eine (im Artikel verlinkte) Seite bei Facebook
- „Soutiens des syndicats internationaux“ am 08. Juni 2016 bei der CGT externer Link ist die neueste (von mehreren) Sammlung von Solidaritätsadressen an die kämpfenden französischen Gewerkschaften – diesmal von Serbien bis Mali (Post aus der BRD scheint länger zu dauern…)
Quelle: LabourNet Germany
Anmerkung Christian Reimann: Das ist zu begrüßen. Vielleicht kann so der Gedanke der europäischen und internationalen Arbeitnehmerbewegung wieder belebt werden. Bitte lesen Sie dazu auch bzw. erneut: Die Proteste gegen die Arbeitsmarktreformen in Frankreich.