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Titel: Auch Gewerkschafter leben offensichtlich in der Glaubensgemeinschaft der TiSA-, CETA- und TTIP-Befürworter
Datum: 6. Juni 2016 um 17:00 Uhr
Rubrik: Denkfehler Wirtschaftsdebatte, Gewerkschaften, Globalisierung
Verantwortlich: Albrecht Müller
Das Wort „Freihandel“ hat offenbar eine bezaubernde Wirkung, die auch Gewerkschafter erfasst. Am 2. Juni erschien im „klartext 22/16“ des DGB unter der Überschrift „TiSA: Wikileaks bringt Licht ins Dunkel“ ein Artikel der Wirtschaftsabteilung. (Siehe hier und Wiedergabe in der Anlage.) Ab dem zweiten Absatz wird vor dem Liberalisierungs- und Deregulierungsdruck von TiSA gewarnt; dort finden sich vernünftige und nachvollziehbare Aussagen.Im ersten Absatz jedoch taucht die unausgegorene Anhimmelei der neoliberal geprägten Befürworter der sogenannten Freihandels-Abkommen auf. Albrecht Müller.
Im ersten Absatz heißt es wörtlich, gefettet von mir:
„Der Handel mit Dienstleistungen ist ein wachsender Markt, der enorme Gewinne verspricht. Schon jetzt legen die Dienstleistungsexporte der EU kontinuierlich zu (siehe Grafik in der Anlage). TiSA soll nun die Öffnung der Dienstleistungsmärkte beschleunigen und Handelsbarrieren aus dem Weg räumen.“
Dazu sind gleich mehrere Fragen zu stellen, die die Autoren des DGB-Artikels nicht stellen:
Schon jetzt legen die Exporte von Dienstleistungen der EU deutlich zu.
Grafik: DGB. Daten: Eurostat
Zunächst einmal: es ist unklar, was die Balken und Ziffern wiedergeben. Sind die Exporte der EU 27 insgesamt nach draußen in dem angegebenen Maß gestiegen? Oder sind die Exporte innerhalb der 27 Länder der EU gestiegen? Oder innerhalb und nach draußen?
Dann ist zu fragen: Sind steigende Exporte ein Gewinn? Das kommt doch wohl auf die Ausgangslage an und die Umstände. Für ein Land mit Exportüberschüssen wie die Bundesrepublik Deutschland sind auch weitere Exporte kein Gewinn! Der Text zeigt, dass die dafür Verantwortlichen beim DGB denken wie Frau Merkel und Herr Schäuble. Sie feiern die Exporte und Exportüberschüsse und Exportweltmeisterschaften, unabhängig davon, was dahintersteckt. Zunächst einmal sind Exporte Übertragungen von Ressourcen und internen Leistungen nach draußen, und damit überhaupt kein Gewinn.
Übrigens: Die DGB-Autoren gehen im Grunde noch primitiver vor als Herr Schäuble und Frau Merkel. Sie geben uns nicht einmal an, wie sich die Dienstleistungsimporte der EU 27 entwickelt haben. Schäuble und Merkel protzen immerhin mit Salden, der DGB schon allein mit der Meßzahl von einer Größe, der Exporte.
Von Gewerkschaften wäre zu erwarten, dass sie sich überlegen, was in der jetzigen Situation wünschenswert ist, gerade auch für die abhängig arbeitenden Menschen. Stattdessen plappern sie nach, was unter dem Eindruck der Meinungsführerschaft der neoliberalen Kräfte vorgeplappert wird.
Anhang:
Im Schatten von CETA und TTIP wird seit 2012 ein Freihandelsabkommen der besonderen Art verhandelt: TiSA soll den Handel mit Dienstleistungen erleichtern, am Tisch sitzen 23 Verhandlungspartner aus vier Kontinenten. Doch geheime Dokumente zeigen: Es ist Vorsicht geboten. Öffentliche Dienstleistungen drohen, unter Liberalisierungs- und Deregulierungsdruck zu geraten.
Schon jetzt legen die Exporte von Dienstleistungen der EU deutlich zu.
Grafik: DGB. Daten: Eurostat
Doch eine Reihe von geheimen Dokumenten, die die Plattform Wikileaks ans Licht gebracht hat, zeigen: Vorsicht ist geboten! Denn TiSA krankt an den gleichen Problemen wie TTIP und CETA, die Abkommen der EU mit den USA und Kanada. Öffentliche Dienstleistungen drohen, einem Liberalisierungs- und Deregulierungsdruck ausgesetzt zu werden. Die bisher sichtbaren Ausnahmen für Dienstleistungen der Daseinsvorsorge sind wie in TTIP und CETA zu weich und bieten nur ungenügenden Schutz vor Privatisierungsdruck. Es braucht eine explizite Ausnahme öffentlicher Dienstleistungen auch in TiSA! Hinzu kommt, dass die Regulierungsspielräume, um Dienstleistungen der Daseinsvorsorge allen zugänglich zu machen, Versorgungssicherheit und gute Qualität zu gewährleisten, drohen, massiv eingeschränkt zu werden.
Um ein Beispiel zu nennen: Das Kapitel zu innerstaatlicher Regulierung behandelt Lizenz- und Qualifikationserfordernisse und -prozesse, wobei Lizenzen die Unternehmen betreffen und Qualifikationen sich auf die Personen beziehen, die die Dienstleistung erbringen. Solche Erfordernisse sind grundlegend, um eine hohe Qualität von Dienstleistungen sicherzustellen. Die Verpflichtungen in diesem Kapitel schaffen jedoch eine neue, weitgehende Grundlage. Sind sie unklar formuliert, können seitens der Unternehmen ausgenutzt werden, um gegen staatliche Vorschriften und Anforderungen vorzugehen. Die geleakten Textbausteine bestätigen eine solche Gefahr: Demnach dürfen solche Anforderungen nicht „belastender als nötig“ und müssen „objektiv“ sein; Entscheidungen müssen „ohne unnötige Verzögerung“ umgesetzt werden.
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