Startseite - Zurück - Drucken
NachDenkSeiten – Die kritische Website
Titel: Demokratie ist ein hohles Wort, wenn Parteien und Politik fremd gesteuert werden und so jede fortschrittliche Alternative im Keim erstickt wird
Datum: 2. Juni 2016 um 16:45 Uhr
Rubrik: Aktuelles, Audio-Podcast, Erosion der Demokratie, Parteien und Verbände, Strategien der Meinungsmache
Verantwortlich: Albrecht Müller
Hier die Torte ins Gesicht von Sahra Wagenknecht, dort der Putsch gegen die gewählte linke Präsidentin Brasiliens, hier die Infiltration der Grünen Partei und ihrer Stiftung, dort die Abwehrschlacht gegen keimende Hoffnungen wie Sanders und Corbyn, hier der geplante und seit langem erkennbare Verfall der SPD und dort die mit Macht betriebene Missachtung der Wahlentscheidungen in Griechenland. Es ist immer dasselbe: das US-Imperium, die großen Finanzinteressen und der militärisch-industrielle Komplex sind so gut organisiert und mit Geld und publizistischer Macht ausgestattet, dass bald nirgendwo mehr Kräfte an der Macht sind oder dorthin kommen, die nur ein bisschen links orientiert sind. Albrecht Müller.
Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.
Podcast: Play in new window | Download
Die neoliberale Ideologie wurde nahezu überall durchgesetzt. Die Löhne stagnieren. Die in Jahrzehnten erkämpften Rechte der Abhängigarbeitenden werden dezimiert – so wie zur Zeit in Frankreich zum Beispiel. Wo immer sich Widerstand regt, wird „ausgeputzt“ – Regime Change ist die dafür gebräuchliche Metapher. Und die propagandistisch hochgehaltenen Werte sind Menschenrechte, Freiheit und Demokratie. Aber nur propagandistisch. Praktisch haben die Völker, praktisch hat die Mehrheit der Menschen in allen entscheidenden Fragen nichts mehr zu sagen. Aber das wird gekonnt übertüncht mit der entsprechenden Rhetorik.
Jenen, die bei der Lektüre der vorigen Zeilen rufen: Verschwörungstheoretiker!“, sei vorweg zugestanden, dass sie ausgemachte Ignoranten sind, die die gesellschaftlichen und politischen Zusammenhänge sowie die historischen Abläufe nicht wahrnehmen wollen.
Um sie zu verstehen, muss man sich in die Lage des US-amerikanischen Präsidenten oder des britischen Premierministers am Ende des Zweiten Weltkriegs versetzen. Es wäre leichtfertig gewesen, die jeweiligen Geheimdienste, Auswärtigen Dienste und später die NATO nicht zu beauftragen, dafür zu sorgen, dass in den deutschen Parteien und den wichtigen Medien Menschen platziert und/oder gewonnen werden, die den Lauf der Dinge im Griff behalten, also Einfluss auf die innere Willensbildung und die personelle Ausstattung ausüben. So ist es geschehen; das kann man bis heute an vielen Beispielen zeigen und belegen.
Hinzu kamen die inneren Kräfteverhältnisse im Lande selbst. Die Wirtschaft hat nicht nur die konservativen Parteien, also CDU, CSU und FDP erfolgreich beeinflusst, sie hat im Verein mit den konservativen Parteien immer auch versucht, auf die innere Entwicklung der konkurrierenden, als links oder linksliberal geltenden Parteien Einfluss zu nehmen, auf die Entscheidungen der Wählerinnen und Wähler sowieso.
Die meinungsführenden Kräfte außerhalb und innerhalb unseres Landes haben dabei immer beachtet: Es gibt zwei Wege, Einfluss zu nehmen. Zum einen über die Meinungsbildung der Wählerinnen und Wähler, zum anderen über die innere Willensbildung jener Parteien, die man beeinflussen will.
Mit der Linkspartei geschieht zurzeit, was mit SPD und Grünen in den letzten 40 Jahren geschehen ist.
In einem Teil I werden die – aus meiner Sicht maßgeblich außengesteuerten – Veränderungen bei diesen Parteien skizziert. In einem Teil II wird gezeigt, dass nahezu alle gravierenden politischen Entscheidungen der deutschen Politik und der maßgeblichen Parteien fremdbestimmt sind.
Teil I: Die erfolgreichen Versuche der Fremdbestimmung von Grünen, SPD und jetzt der Linkspartei
Der Tortenwurf hat verbale Vorläufer: Penetrant wurden die nicht angepassten Politikerinnen und Politiker der Linkspartei als Dogmatiker, Ideologen, Kommunisten gebrandmarkt. Die anderen, sinnigerweise meist solche mit deutlicher DDR-Vergangenheit, wurden zu „Reformern“ hochstilisiert. Diese Sprachregelung wurde in der inneren Auseinandersetzung von Flügel zu Flügel und sie wird von angeblich seriösen Publikationen und politischen Gegnern gebraucht.
Sahra Wagenknecht wurde und wird auch deshalb zum markanten Ziel der Angriffe, weil sie Zustimmung über die eigenen Reihen hinaus, auch in eher liberalkonservativen Kreisen des deutschen Publikums findet. Und weil sie sich artikulieren kann und deshalb, wäre sie unbeschädigt, auch für die Leitfigur der Mächtigen in Deutschland, für Angela Merkel, gefährlich werden könnte. Und -nebenbei – weil sie prinzipiell den Sinn von Kriegen und damit die Rolle des Militärischen infrage stellt.
Beim Versuch, die Linkspartei in den Griff zu bekommen, taucht ein Phänomen auf, das auch bei SPD und Grünen schon eine Rolle spielte: in dieser Auseinandersetzung und beim Versuch der Fremdbestimmung werden als besonders fortschrittlich geltende Gruppen und Personen zu Trägern des Angriffs gemacht. Das ist im konkreten Fall der „Anti-deutsche“, also ein besonders „linker“ Tortenwerfer und es sind solche, die sich als Antifaschisten und Anti-Nationalisten bezeichnen – typisches Beispiel in der aktuellen Auseinandersetzung ist auch Jutta Ditfurth.
Die Akzentverschiebung bei den Grünen ist in beachtlich weitem Maße über solche gelaufen, die sich früher als Kommunisten verstanden haben, meist im KBW, dem Kommunistischen Bund Westdeutschland, oder sich im Straßenkampf und Kampf gegen die Atomkraftwerke revolutionär gebärdeten: herausragend Joschka Fischer, Ralf Fücks, lange Zeit Chef der Heinrich-Böll-Stiftung, Bütikofer, Marieluise Beck, der baden-württembergische Ministerpräsident Kretschmann usw. . Joschka Fischers Schulterschluss mit der US-amerikanischen Außenministerin Albright wie auch die emotional überhöhte Befürwortung deutscher Bomben im Jugoslawien Krieg (Verhinderung eines Holocaust) sind markante Zeichen dieser Entwicklung.
Die Umwandlung der SPD von einer zeitweise einigermaßen progressiven Partei hin zu einer weitgehend profillosen politischen Partei geschah im Zusammenspiel zwischen einheimischen politischen Kräften der CDU/CSU, maßgeblichen Teilen der Wirtschaft, den USA und anderen politischen Gruppen des Westens.
Es begann unmittelbar nach der Wahl Willy Brandts zum Bundeskanzler im Oktober 1969 und zieht sich bis zur Halbierung des Wählervotums für die SPD von 45,8 auf 23% im Jahr 2009, 20 % bei aktuellen Umfragen und der programmatischen Auszehrung heute.
Zwischen 1969 und 1972 griff das „Große Geld“, wie die SPD damals die anonymen Geldgeber von Millionen nannte, in die innenpolitischen und Wahlauseinandersetzungen ein. Damals noch ohne Erfolg, weil die SPD die Drahtzieher beim Namen nannte, aber schon im Mai 1974 erfolgreich mit der Demontage und dem Abgang Willy Brandts als Bundeskanzler.
Damals lief viel über die Agitation mit der Behauptung, die SPD sei nach links gerückt. Damit versuchte man einen Druck auf den SPD-Parteivorstand aufzubauen, jeden tatsächlichen Linksruck, wie er zum Beispiel in einer Steuerreform-Kommission des Jahres 1971 oder im Widerstand von Sozialdemokraten gegen den Bau weiterer Atomkraftwerke sichtbar wurde, zu torpedieren.
Wie das Zusammenspiel der konservativen und mit Geld bestückten Kräfte hierzulande mit den USA funktionierte, war mir bei einem Besuch des Deutschlandreferates des State Departments im Jahr 1973 klargeworden. Ich war damals Leiter der Planungsabteilung im Bundeskanzleramt und kurz zuvor zuständig für Wahlkämpfe und für die Öffentlichkeitsarbeit der SPD und besuchte zum Gedankenaustausch die Kollegen im US-amerikanischen Außenministerium. „What about the Jusos?“, so eine der ersten Fragen zur Entwicklung in der Bundesrepublik und speziell in der SPD. Die radikalen Beschlüsse und Gebärden der Jungsozialisten interessierte die Mitarbeiter in der weltweiten Steuerungszentrale. Den Mitarbeitern des US-amerikanischen Außenministeriums war offensichtlich von deutschen Publizisten, von Politikern der Union und rechten Sozialdemokraten vermittelt worden, was die gemeinsame Propagandalinie war: die SPD rücke nach links, im extrem: die Jusos stünden vor der innerparteilichen Machtübernahme. Mit dieser realitätsfernen Behauptung wurde versucht, agitatorisch einen Riegel gegen eine solche Entwicklung vorzuschieben.
So hat das Zusammenspiel zwischen äußerer Agitation und innerem Kräftemessen immer funktioniert. Innerparteilich hieß es dann, Willy Brandt habe seine Partei nicht mehr im Griff, er dulde ihre Radikalisierung usw. Der Kanzlerwechsel zu Helmut Schmidt im Mai 1974 war die gewünschte Folge dieses Zusammenspiels.
Auch die späteren Missgriffe und Fehlentwicklungen der SPD könnte man mit ähnlichen Einflüssen von außen und ihrer Kombination mit innerparteilichen Kräften erklären: Schröders und Steinmeiers Agenda 2010 – das gemeinsame Produkt von Bertelsmann Stiftung und konservativen Kräften innerhalb und außerhalb der SPD; das Vergessen des Berliner Programms von 1989 mit seinem Versprechen, beide Militärblöcke, auch die NATO aufzulösen; und dann die aktive Mitwirkung an militärischen Interventionen beginnend mit dem Jugoslawien Krieg wegen Kosovo. Der Bundeskanzler im Wartestand, Gerhard Schröder wurde zusammen mit Joschka Fischer schon vor der Wahl zum Bundeskanzler im Oktober 1998 von der Administration Clinton auf den Kriegseinsatz verpflichtet. In den neunziger Jahren wurde mit dem Hinweis auf die Normalität in anderen sozialdemokratisch regierten Ländern Europas – insbesondere Großbritannien und Frankreich – die Bereitschaft zum militärischen Einsatz außerhalb des NATO-Bereichs und damit der Bruch der in unserem Grundgesetz festgelegten Verpflichtung der Bundeswehr auf die Verteidigung gefordert.
Mit sehr vielen Beispielen könnte man darüber hinaus noch belegen, wie Fremdbestimmung und Niedergang der SPD miteinander verbunden sind und wie sie tatsächlich in den letzten Jahren und Jahrzehnten bewerkstelligt wurden.
Teil II: Die wichtigen Weichenstellungen der deutschen Politik sind fremdbestimmt – in Stichworten und beispielhaft:
Notwendige Vorbemerkung: Einfluss und Fremdbestimmung laufen nicht nur über die zuvor gesondert beschriebenen Entwicklungen bei Grünen und SPD. CDU und CSU und ihre Politikerinnen und Politiker sowie die ihnen in besonderer Weise verbundenen Medien sind quasi der natürliche Transmissionsriemen fremder Einflüsse auf die deutsche Politik.
Das waren 14 Beispiele von möglichen 20, 30 oder mehr für gravierende Entscheidungen zu unseren Lasten, Entscheidungen, die ohne demokratische Debatte gefällt werden. Entscheidungen, die im Interesse großer finanzieller Interessen und anderer Nationen liegen.
Hauptadresse: http://www.nachdenkseiten.de/
Artikel-Adresse: http://www.nachdenkseiten.de/?p=33629