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NachDenkSeiten – Die kritische Website
Titel: Hinweise des Tages
Datum: 24. Juli 2008 um 8:58 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
Verantwortlich: Kai Ruhsert
(KR/WL)
Heute unter anderem zu folgenden Themen:
Vorbemerkung: Dieser Service der NachDenkSeiten soll Ihnen einen schnellen Überblick über interessante Artikel und Sendungen verschiedener Medien verschaffen.
Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
Die BIZ befürchtet eine Pleitewelle bei von “Private Equity”-Unternehmen übernommenen Firmen. Private-Equity-Fonds – die berüchtigten “Heuschrecken” – kaufen mit einem Fremdkapitalanteil von üblicherweise 65 bis 75 Prozent, oft aber auch bis zu 90 Prozent börsenotierte (“public”) Unternehmen und nehmen sie von der Börse (daher “private”). Der Kaufpreis wird dann den übernommenen Unternehmen aufgebürdet, die Zinsen und Tilgung aus den erwirtschafteten Cashflows und durch den Verkauf von Unternehmensteilen aufbringen sollen.
Quelle: Telepolis
Anmerkung KR: Erst wird mit der Brechstange liberalisiert, um die unsichtbaren, anonymen Kräfte des Marktes wirken zu lassen. Doch statt aus dem angerichteten Schaden etwas zu lernen, wird nun personifiziert. Der SPIEGEL flüchtet sich in die Vorstellung, aufrechte, werteorientierte, teils auch religiöse Patriarchen könnten vor betriebs- wie gesamtwirtschaftlichen Problemen schützen.
Anmerkung WL: Da haben sich die Bundesstatistiker in Zeiten der „Mehr netto vom Brutto“-Kampagne wieder einmal die passende Überschrift ausgesucht. Nur 64 % netto vom Brutto, das hört sich gewaltig an. Es wird der Eindruck erweckt, als würden die Sozialbeiträge wie die Steuern einfach so abgezogen und als würden sie den Arbeitnehmern nicht in Form von Gesundheits- und Altersvorsorge oder im Notfall durch die Arbeitslosenversicherung auch wieder zugutekommen. Die Arbeitnehmer hätten deutlich weniger „Netto“, wenn sie diese Vorsorgeleistungen privat (und damit nicht statistisch erfassbar) finanzieren müssten.
Solche tendenziösen Formulierungen sind einem „statistischen Bundesamt“ einfach nicht angemessen.
Siehe dazu auch:
Das ist ihr Verdienst
Quelle: Tagesspiegel
Anmerkung Orlando Pascheit: Nun spielt also auch das Statistische Bundesamt im besonders bei Politikern beliebten Spiel mit: Was bleibt Netto vom Brutto. Und der tapfere Journalist vom Tagesspiegel lässt sich zusätzlich vom DIW in Gestalt von Viktor Steiner, bekannt durch seine stand(es)feste Haltung zu Mindestlöhnen., belehren, dass die Belastung für den Mittelstand zugenommen („zugeschlagen”) hätte. Ergo interessiert den Rechercheur nur, ob die “Krankenschwester über die Jahre einen – gemessen am Gehalt – genauso großen prozentualen Nettobetrag zurückbehält wie der Oberarzt.” Also wenn schon, lieber Journalist, würde uns doch eher interessieren, ob das reale, nicht das prozentuale Netto des Oberarztes gegenüber dem der Krankenschwester abgenommen hat. Einige Angaben zum Kapitaleinkommen der beiden würde das Bild abrunden. Mit anderen Worten:
Die Brutto-Netto-Betrachtung ist doch nur eine Spiegelfechterei, hinter der Politiker und ihre Gehilfen die stagnierenden bzw. sogar sinkenden Löhne, das Auseinanderdriften bestimmter Arbeitnehmereinkommensgruppen und die wachsende Kluft zwischen Einkommen aus Arbeit und solchen aus Unternehmertätigkeit und Vermögen, also ihr wirtschafts- und sozialpolitisches Versagen, verbergen wollen.
Ergänzung G.K.: Die Floskel vom “Mehr netto vom Brutto” soll von der sehr schlechten Entwicklung der realen Bruttolöhne und -gehälter ablenken: Während diese lt. Eurostat in Deutschland im 1. Quartal 2008 im Vergleich zum Jahr 2000 stagnierten, stiegen die realen Bruttolöhne und -gehälter im Durchschnitt der Alt-EU (EU-15) im gleichen Zeitraum um ca. 15 Prozent (in der Spitze: ca. +27 Prozent). Deutschland ist damit im Vergleich der Staaten der Alt-EU das Schlusslicht.
Der in den vergangenen Jahren erwirtschaftete Zuwachs des deutschen Bruttoinlandsprodukts ist somit vollständig den Beziehern von Gewinn- und Vermögenseinkommen zugeflossen. Ein Großteil hiervon dürfte als Spekulationskapital auf den internationalen Kapitalmärkten gelandet sein. Wären die Bruttolöhne und -gehälter der deutschen Arbeitnehmer im Durchschnitt wie in den übrigen Staaten der Alt-EU angestiegen, so wären dem Staat höhere Steuer- und Sozialversicherungseinnahmen zugeflossen. Dies hätte dazu beigetragen, die Abgabenquote konstant zu halten oder gar zu senken (die Steuereinnahmen aus den gestiegenen Gewinn- und Vermögenseinkommen sind demgegenüber auch aufgrund diverser Steuersenkungen der vergangenen Jahre vergleichsweise gering). “Mehr brutto” lautet somit die ökonomische Erfordernis, dies auch vor dem Hintergrund des negativen deutschen Lohndrucks auf die Einkommen der Arbeitnehmer in unseren europäischen Nachbarstaaten.
Anmerkung: Das war wohl für die sparsamen Schweizer eine Party zu viel, die Carsten Maschmeyer unlängst veranstaltet hat. Siehe die Hinweise vom 14. Juli 2008 Ziffer 10
Anmerkung KR: Verglichen mit den Einschränkungen der Freiheitsrechte, die der Bundesinnenminister gerade plant, ist die Unverletzlichkeit der Wohnung auch für den Vermieter wohl eine so unbedeutende Nebensächlichkeit, dass Schäuble sie einfach übersehen hat.
Die UNEP-Autoren führen den Erfolg der Erneuerbaren auch auf die wachsenden Schwierigkeiten zurück, mit denen Kohlekraftwerke zu rechnen haben.
In den USA (gibt es) die gleichen Auseinandersetzungen wie hierzulande, wo einerseits die meisten Energiekonzerne neue Kraftwerke planen, die aber andererseits in der Bevölkerung auf meist heftigen Widerstand stoßen. Wie die meisten Industrieländer müssen nämlich auch die Vereinigten Staaten in den nächsten ein bis zwei Jahrzehnten den größten Teil ihres Kraftwerkparks ersetzen, da dieser in die Jahre kommt. Hierzulande sieht es ganz ähnlich aus, nur dass sich offenbar, wenn man einem Bericht der Zeitschrift Capital trauen darf, die Bundesregierung im Stillen mit den vier großen Energiekonzernen gerade darauf verständigt hat, dass die alten Kohlekraftwerke länger laufen sollen.
Quelle: Telepolis
Anmerkung KR: Wo und wann hat die Linkspartei so etwas behauptet?
Dieser Versuch, Kritik an den (selbst geschaffenen!) sozialen Verhältnissen zu üben und sich gleichzeitig von der Linkspartei abzusetzen, ist unglaublich primitiv und lässt nur einen Schluss zu: Die SPD hat noch immer kein Konzept gefunden, um ihren eigenen Niedergang aufzuhalten. Nur in einem ist die SPD Spitze: In der Organisation einer für alle ihre Mandatsträger geltenden Sprachregelung. Wiederholen, wiederholen, wiederholen – dann wird die Lüge zur Wahrheit und geht in die Geschichte ein (George Orwell).
Wie unsere Zeitung erfuhr, hat es von EU-Parlamentspräsident Hans-Gert Pöttering (CDU) und den Vizepräsidenten eine vertrauliche Abstimmung über “Altfälle” gegeben. Per Beschluss hoben sie vergangenen Montag – bislang unbemerkt von den meisten Parlamentariern – ein Verbot der Anstellung von Familienangehörigen wieder auf, indem sie eine neue Übergangsfrist für Assistenten bis zum Jahr 2014 schufen. Sie gilt auch für Familienmitglieder der EU-Abgeordneten. Das Verbot, die ganze Familie einzustellen, war erst im Mai 2008 mit sehr großer Mehrheit beschlossen worden und sollte bereits ab 2009 gelten.
Quelle: Der Westen
Anmerkung WL: Die EU-Abgeordneten selbst erhalten eine Entschädigung von über 7. 339 Euro brutto pro Monat, dazu eine Erstattung von dienstlichen Aufwendungen von 4052 Euro, ein Tagegeld (bei Anwesenheit) von 287 Euro. Heide Rühle, EU-Abgeordnete der Grünen, hat diese Posten dankenswerterweise für sich transparent gemacht. Wir beteiligen uns nicht an der populistischen Polemik gegen die Höhe dieser Einkünfte. EU-Abgeordnete dürfen allerdings auch Spenden von Sympathisanten, Unternehmen oder Verbänden in unbegrenzter Höhe entgegennehmen.
Was nicht geht ist, dass EU-Abgeordnete auch noch ihre Familienangehörigen als Assistenten oder Assistentinnen beschäftigen und dafür recht opulente Gehälter bezahlen. Wir wissen zwar, dass auch viele Selbstständige Familienangehörige, die keine angemessene Gegenleistung erbringen, als Angestellte führen und steuerlich vom Betriebsergebnis absetzen, aber die Abgeordnetentätigkeit darf kein Familienbetrieb sein.
Es ist ganz eindeutig, dass das Aufrüstungsgebot im Artikel 42 Absatz 3 besagt, dass die Mitgliedsstaaten verpflichtet werden, ihre militärischen Fähigkeiten zu stärken. Das ist eine ganz allgemeine Aufrüstungsverpflichtung, die sicherlich ein ganz wesentlicher Teil des Vertrages ist. Ich denke, dass man auch aus diesem Grund den Vertrag unbedingt durchsetzen will.
Quelle: Telepolis
Kommentar Orlando Pascheit: Natürlich muss die Kommission Zahlungen an ein Mitgliedsland stoppen, wenn das Geld in dunklen Kanälen zu verschwinden droht. Es ist ja schließlich Geld des europäischen Steuerzahlers. Dennoch bleibt ein übler Nachgeschmack, wenn man die beiden Meldungen hintereinander liest. Für die Verfasstheit der Europäischen Union ist das jahrelange Wegsehen im Falle Berlusconi weitaus gefährlicher, als die etwas dümmlichen Versuche in den beiden ärmsten Beitrittsländern, öffentliches Geld zu privatisieren.
So traurig es ist, dass es Berlusconi mit seinem Medienimperium gelingen kann, viele Millionen italienischer Köpfe zu verwirren, Europa macht dieses Agieren durch Stillhalten hoffähig. Wo bleiben die Initiativen der Kommission, des Parlaments und der europäischen Staaten, solche eine Medienmacht in einer politischen Hand zu untersagen? Wie glaubwürdig ist Europa, wenn es bestimmte Auswüchse der weit verbreiteten Korruption in osteuropäischen Transformationsländern geißelt, aber einen kriminellen Milliardär an der Spitze eines alten europäischen Kernlandes davonkommen lässt, ja mit ihm zusammenarbeitet. Europa darf es nicht egal sein, dass durch die Justizreform Berlusconis – zu seinen Gunsten – die Gewaltenteilung in einem Mitgliedstaat der EU in Frage gestellt wird.
Anmerkung von H. Holdack: Ich möchte Sie gern auf neue (oder besser: wiederholte) “Blüten” der täglichen Medienberichterstattung aufmerksam machen. Auch heute habe ich wieder den Kurzbericht im ARD-Morgenmagazin gesehen zum Thema: “Arm trifft Reich”. Ich frage mich nun, wozu dient diese Art von öffentlich-demütigenden Beiträgen hinsichtlich einer ganzen Bevölkerungsgruppe? Wird damit erneut der mittlerweile zum Medien-Volkssport avancierten Berichterstattung GEGEN Hartz-IV Empfänger gefrönt? Wohlgemerkt: und das auch zu einer der besten Sendezeiten, wo nämlich die “Leistungsträger” noch zwischendurch einen Blick ins Fernsehen werfen, dann noch rasch einen Schluck Kaffe “einatmen” , um sich dann auf den Weg zu ihrer “leistungsträchtigen” Arbeit zu machen! Dies passiert doch nun schon zum x-ten Male, dass ALG 2-Empfänger in den Medien immer und immer wieder regelrecht “v o r g e f ü h r t” werden. Wozu dies alles? Um die sog. “Leistungsträger” in noch strahlenderem Lichte erstrahlen zu lassen? Mich macht so etwas wütend und betroffen.
Die Ernennung Ackermanns ist umstritten. Der Allgemeine Studenten- Ausschuss (Asta) der Universität und die Wissenschaftsgewerkschaft GEW sehen darin ein falsches Signal. Sie kritisieren Ackermanns Entscheidung von 2005, trotz Milliardengewinnen bei der Deutschen Bank Tausende Jobs zu streichen. Der Mannesmann-Prozess wegen Untreue beziehungsweise Beihilfe zur Untreue gegen Ackermann und fünf weitere Angeklagte war Ende 2006 gegen eine Geldauflage eingestellt worden.
Universitätspräsident Rudolf Steinberg sagte, die Ernennung von Ackermann und Bender biete «eine hervorragende Basis für die weitere Verknüpfung von Theorie und Praxis im Fachbereich Wirtschaftswissenschaften». Laut Universitätssatzung haben Honorarprofessoren eine Lehrverpflichtung von mindestens zwei Semesterwochenstunden.
Quelle: Frankfurter Neue Presse
Anmerkung WL: Wie schon einmal gesagt, die Stiftungsuniversität Frankfurt muss vermutlich noch viele „Stifter“ zu Honorarprofessoren machen, wenn sie an privates Geld kommen will. Der Begriff Honorarprofessor bekommt hier eine ganz neue Bedeutung, nämlich Professor gegen Honorar.
Wolfsschanze und Dirk Nowitzki
Satirische Anmerkungen zum geplanten “Einbürgerungstest”.
Quelle: Freitag
Hinweis in eigener Sache:
Am 17. Juli haben wir in den Hinweisen des Tages unter der Überschrift „Schreckgespenst Altersarmut: Was tun, wenn die Rente nicht reicht?“ in einer Anmerkung über Bernd Katzenstein geschrieben, er sei auch noch als Redakteur und Moderator für den Finanzdienstleister MLP tätig. MLP legt mit Schreiben vom 21. Juli Wert auf die Feststellung: „Herr Katzenstein ist bereits seit geraumer Zeit nicht mehr für MLP tätig – weder in der Funktion eines Redakteurs, noch in der eines Moderators.“
Wir nehmen dies zur Kenntnis und geben es an unsere Leserinnen und Leser weiter.
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