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Titel: Die FAZ und die Rente: Lasten für die Jungen?
Datum: 28. April 2016 um 8:48 Uhr
Rubrik: Generationenkonflikt, Kampagnen/Tarnworte/Neusprech, Medienkritik, Rente
Verantwortlich: Jens Berger
Die Frankfurter Allgemeine Zeitung setzt ihre publizistischen Attacken gegen Verbesserungen in der gesetzlichen Rentenversicherung fort. „Rentenpläne belasten die Jungen“ ist ein vorgestern erschienener Artikel überschrieben. Er ignoriert mehr als nur den banalen Umstand, dass es „Rentenpläne“ der Bundesregierung noch gar nicht gibt. Von Patrick Schreiner[*].
Erik Türk hat gestern auf den Nachdenkseiten einen Artikel kritisch beleuchtet, den die FAZ am 20. April zum österreichischen Rentensystem veröffentlicht hat. Die südlichen Nachbarn setzen weitaus stärker als Deutschland auf das gesetzliche Umlageverfahren, was viele für vorbildlich halten – was aber wiederum der FAZ ganz offensichtlich nicht gefällt. Türks Beitrag zeigt beispielhaft, wie sie gegen die wachsende Kritik an dem stärker auf “Eigenverantwortung” und Kapitaldeckung setzenden deutschen Altersvorsorgesystem auch mit fragwürdigen Mitteln agiert.
Nur wenige Tage nach diesem Text muss nun ein weiterer FAZ-Beitrag zum Thema Rentenpolitik als einseitig und unsauber bezeichnet werden. „Rentenpläne belasten die Jungen“ lautet die Überschrift, die die Kernaussage des betreffenden Artikels auf den Punkt bringt. Vorgestellt wird darin eine Kurzstudie des Ökonomen Oliver Holtemöller vom Institut für Wirtschaftsforschung Halle, der die finanziellen Konsequenzen einer Stabilisierung oder Anhebung des Rentenniveaus berechnet hat. Die FAZ fasst die Ergebnisse Holtemöllers im Teaser wie folgt zusammen:
Die Regierung beschenkt die Rentner mit einem deutlichen Plus. Bezahlen muss dafür die junge Generation: Entweder steigen die Rentenbeiträge oder aber das Renteneintrittsalter.
Im nachfolgenden Satz macht die Autorin deutlich, wer genau mit „die junge Generation“ gemeint ist:
Die Rentenpläne der Bundesregierung gehen zu Lasten der heute jüngeren Erwerbstätigen.
Diese Darstellung ist aus drei Gründen mindestens ungenau, wenn nicht gar verfälschend:
Aber werden nicht dennoch die heute „jungen Erwerbstätigen“ (genauer: die heute sozialversicherungspflichtig Beschäftigten) mit höheren Lasten konfrontiert, sei es in Form höherer Beitragssätze oder in Form einer Anhebung des Renteneintrittsalters? Ja, das werden sie, was aber im Fall höherer Beitragssätze keineswegs problematisch oder ungerecht ist: Denn die sozialversicherungspflichtig Beschäftigten profitieren nicht nur später im Rentenalter von höheren Leistungen, sondern sie können sich in der Zeit ihrer Erwerbsarbeit trotz steigender Beitragszahlungen auch über steigende Löhne freuen. Schließlich wird die Arbeitsproduktivität dank technologischer und sonstiger Fortschritte auch in Zukunft wachsen. Seit 2000 nahm die Stundenproduktivität in Deutschland pro Jahr um durchschnittlich 1,1 Prozent zu. Unter anderem dank Digitalisierung und Industrie 4.0 spricht einiges dafür, dass dieser Wert in den nächsten Jahren und Jahrzehnten zumindest nicht sinken wird. Wenn aber pro Stunde beständig mehr produziert wird, dann gibt es auch mehr zu verteilen: Es eröffnen sich Spielräume für höhere Einkommen, mit denen höhere Beitragssätze und ein höherer Lebensstandard zugleich finanziert werden können. Was natürlich voraussetzt, dass diese Spielräume auch in Form entsprechender Lohn- und Gehaltssteigerungen genutzt werden. Eine Anhebung des Renteneintrittsalters ist dann ebenso wenig notwendig wie ein Absenken des Rentenniveaus.
[«*] Patrick Schreiner lebt und arbeitet als hauptamtlicher Gewerkschafter in Bielefeld und Berlin. Er schreibt regelmäßig für die NachDenkSeiten zu wirtschafts-, sozial- und verteilungspolitischen Themen.
Hauptadresse: http://www.nachdenkseiten.de/
Artikel-Adresse: http://www.nachdenkseiten.de/?p=33175