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Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:
- Die Schwarze Null kann problemlos beerdigt werden
Flüchtlingsintegration und Investitionsstau müssen heute und nicht erst morgen angegangen werden. Es ist illusorisch, dies allein aus Überschüssen oder Umschichtungen im Bundeshaushalt finanzieren zu wollen. Ohnehin ist die Schwarze Null nur Symbolpolitik – sie muss weg, meint der Haushaltsexperte der Linken. Deutschland stand früher für einen leistungsfähigen Sozialstaat. Das hat sich geändert. In den letzten Jahren hat sich die Gesellschaft zusehends gespalten. Vermögen und Einkommen sind immer ungleicher verteilt. Millionen Menschen – seien es Niedriglöhner, Arbeitslose, Alleinerziehende – stecken in der Armutsfalle und können Geschichten vom deutschen Erfolgsmodell nicht mehr hören. Auch das Gemeinwesen ist in den letzten Jahren unter die Räder gekommen. Die vielen Pannen bei der Bewältigung der Flüchtlingsströme sind symptomatisch für einen überschlanken und kaputt gesparten Staat.
Quelle: Axel Troost (MdB, Die Linke), Tagesspiegel Causa
- “Solche Menschen wie uns muss es doch auch geben”
Putzfrau Susanne Neumann war Sonntag bei Anne Will. Sie wirft der Politik vor, beim Schutz vor Altersarmut zu versagen. Im Interview redet sie Klartext über Bildung, Scheitern und Hungerlöhne. (…)
Die Welt: In der Sendung sprachen die anderen Gäste viel über bessere Bildung. Sie haben dann noch einmal auf die Rente und Armut hingewiesen.
Neumann: Ich finde das totalen Quatsch. Soll eine Reinigungskraft erst Abitur machen, damit sie den Schrubber schwingen kann? Wir brauchen diese Menschen. Ich glaube nicht, dass einer der Teilnehmer der Sendung, egal ob Hannelore Kraft oder diese anderen Herren, morgens mit dem Putzeimer ins Büro kommt und sauber macht. Solche Menschen wie uns muss es doch auch geben, und wir müssen doch von unserer Arbeit leben können.
Die Welt: Ist es ein Trugschluss, dass sich durch bessere Bildung auch bessere Bezahlung für einfache Beschäftigung erreichen lässt?
Neumann: Erstens, nicht alle, die mies bezahlt werden, haben keine Bildung. Zweitens, umfangreiche Bildung garantiert noch längst keine gut bezahlten Jobs. Was habe ich von einer besseren Bildung, wenn ich mein Kind nicht in der Kindertagesstätte unterbringen kann? Oder wenn die Unterbringung so teuer ist, dass sich der Job nicht mehr lohnt? Was habe ich von besserer Bildung, wenn ich zwei, drei Jahre zu Hause bleiben muss, um meine Eltern zu pflegen? Bildung ist ganz wichtig, das will man ja seinen Kindern mit auf den Weg geben. Aber fehlende Bildung kann doch keine Rechtfertigung dafür sein, dass so viele Menschen in einfacher Dienstleistung arbeiten, mit einem Hungerlohn abgefertigt werden und keine Perspektive haben.
Quelle: Welt Online
Anmerkung unseres Lesers J.A.: Besser, differenzierter und klüger als diese Frau kann man eigentlich nicht argumentieren.
dazu: Erfahrungsbericht eines Jobcentermitarbeiters an die NachDenkSeiten:
„Als Arbeitsvermittler eines großen ostdeutschen Jobcenters werden einem rasch sämtliche Illusionen genommen, die die Erzählungen vom sogenannten “Jobwunderland” Deutschland ausmachen. Wieso schreibe ich Ihnen heute dennoch? Der Tatsachenbericht, den ich Ihnen und den interessierten Lesern wiedergebe, behandelt keine Erfahrung eines meiner Kunden sondern die einer “Vorzeigearbeitnehmerin” – fleißig, engagiert, motiviert und immer freundlich. Es handelt sich um die Erfahrungen einer Reinigungskraft, die in dem von unserer Behörde angemieteten Büros täglich putzt. Sie arbeitet hier seit einigen Jahren, ist nie krank und übernimmt auch anstandslos Sonderschichten und die Einarbeitung neuer Kollegen. Sie gehört nicht zu den sogenannten “Aufstockern”, trotzdem sie einen Anspruch hätte, weil sie eigenverantwortlich und unabhängig ihren Lebensunterhalt bestreiten möchte ohne Drangsalierung “vom Amt” – eben eine traumhafte Mitarbeiterin nach neoliberaler Lesart …
Vor einigen Wochen hatte sie einen Arbeitsunfall, wie sich einige Tage später herausgestellt hat, erlitt sie einen Bruch eines ihrer Finger. Zunächst ist sie trotz starker Schmerzen weiterhin zur Arbeit erschienen, bis ihre Tochter sie dazu gedrängt hat, einen Arzt aufzusuchen und für sie auch gleich einen Termin vereinbart hat. Der Arzt hat sie einige Tage krank geschrieben, danach erschien sie wieder zur Arbeit. Am Monatsende erhielt sie kein Geld – auf ihre Nachfrage beim Arbeitgeber wurde ihr erklärt, dass dafür die Krankenkasse zuständig sei. Nachdem sie der zuständigen Personalsachbearbeiterin versichert hat, dass sie sehr wohl um die Regelungen zur Fortzahlung im Krankheitsfalle wisse, bemerkte man plötzlich, dass gar keine Krankschreibung vorliege. Daraufhin wendete sich die Frau an Ihren Personalchef. Dieser bestätigte ihr zwar den Eingang der Bescheinigung, fügte aber hinzu, dass ihm klar sei, dass sie nur einen längeren Osterurlaub genossen habe. Wäre sie tatsächlich nur krank gewesen, hätte sie halt “irgendwelche Pillen geschluckt”, aber er werde ihr zumindest die Hälfte ihres Lohns noch überweisen. Zusätzlich solle sie sich das nächste Mal genau überlegen, ob sie noch einmal die Frechheit besitzen würde, sich wegen Kleinigkeiten krankschreiben zu lassen.
Die Hälfte ihres Lohns ist nun auf ihrem Konto, die Miete nicht bezahlt und der Personalverantwortliche, bei dem sie sich deshalb erneut beschwert hat, gab ihr zu verstehen, sie möge sich an den Geschäftsführer wenden, der wolle ohnehin “mal mit ihr reden”… Der Arbeitgeber dieser Kundin ist ein großer, regional sehr erfolgreicher “Reinigungsdienstleister” dessen Namen ich an dieser Stelle zum Schutz der Dame nicht bekanntgeben werde. Warum erzähle ich Ihnen das alles? Weil die systematische Drangsalierung, das Unter-Druck-Setzen, Einschüchterungen und Erpressungen zum Arbeitsalltag von hunderttausenden prekär Beschäftigter Arbeitnehmer, nicht nur in der Zeitarbeitsbranche, gehört. Ich kenne unzählige derartiger Beispiele, egal welche Verharmlosungen und Beschwichtigungen Arbeitgebervertreter in Talkshows oder Pressemitteilungen verlautbaren lassen – sie lügen, denn die einzige Verantwortung die sie kennen, ist die gegenüber ihren Shareholdern.“
- Ältere immer öfter auf Grundsicherung angewiesen
Die Zahl der Empfänger von Grundsicherung im Alter und bei geminderter Erwerbsfähigkeit ist auf einen Rekord gestiegen. 1,038 Millionen Menschen in Deutschland bezogen Ende vergangenen Jahres diese Form der Sozialhilfe, so viele wie nie zuvor seit der Einführung 2003. Im Vergleich zu 2014 waren das 3,5 Prozent mehr Menschen, wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden mitteilte. (…) Der Hauptgeschäftsführer des Paritätische Wohlfahrtsverbands, Ulrich Schneider, nannte die Zahlen alarmierend. “Ein System, das es zulässt, dass alte Menschen massenhaft zum Sozialamt geschickt werden, und wegen zu niedriger Leistungen schließlich bei Lebensmitteltafeln auftauchen, ist eines Sozialstaats nicht würdig”, so Schneider, “eine Stabilisierung der gesetzlichen Rentenversicherung ist ebenso unumgänglich wie eine Reform der Grundsicherung selbst.”
Quelle 1: Zeit Online
Quelle 2: Statistisches Bundesamt
- Bundesweite Unterschriftenaktion zur Mütterrente geht weiter
Die im Oktober 2015 gestartete gemeinsame Initiative von SoVD, Volkssolidarität, Deutscher Frauenrat und Gewerkschaften „Für eine gerechte Mütterrente“ geht weiter. Sie findet bisher breite Unterstützung und endet am 1. Juni 2016. Anschließend sollen die Unterschriften an Bundeskanzlerin Angela Merkel überreicht werden. Mit der Aktion wollen die Verbände politischen Druck aufbauen, um eine Gleichbehandlung der Kindererziehungszeiten bei der Rente zu erreichen. Bislang sind schon mehrere tausende Unterschriften gesammelt worden – es reicht aber noch nicht! Die Verbände engagieren sich, um eine Gleichberechtigung bei den Rentenansprüchen für Mütter unabhängig von dem Geburtsdatum und dem Wohnort durchzusetzen. Anlass ist die andauernde Kritik an der Ungleichbehandlung bei den Kindererziehungszeiten in Ost und West. So werden für Kinder, die nach 1992 geboren wurden, drei Jahre Erziehungszeit berechnet. Für bis 1992 geborgene Kinder werden jedoch nur zwei Jahre angerechnet. Zudem fordern die Verbände, die Mütterrente nicht länger aus der Rentenkasse sondern aus Steuermitteln zu finanzieren.
Quelle: Volkssolidarität
- Gerecht verteilen, Wohlstand sichern
Das Problem der Ungleichheit und die damit verbundenen Konsequenzen für die Gesellschaft, Demokratie und Wirtschaft rücken gerade wieder verstärkt in das öffentliche Bewusstsein. Die Entwicklungsorganisation Oxfam hatte kürzlich festgestellt, dass ein paar Dutzend Menschen mehr Vermögen besitzen als die Hälfte der Weltbevölkerung. Viele Berichte über die Spaltung der Gesellschaften stoßen auf medialen Widerhall und auf öffentliches Interesse. Dies kommt nicht von ungefähr. Seit der Finanzkrise und den Rettungspaketen für Banken wächst in der Bevölkerung der Unmut, dass es immer ungerechter zugeht. 70 % der deutschen Bevölkerung empfinden die wirtschaftlichen Verhältnisse als nicht gerecht; fast genauso viele sind der Meinung, dass die soziale Ungerechtigkeit in den letzten Jahren zugenommen hat. Fakt ist, die Öffentlichkeit ist für das Thema der sozialen Spaltung unserer Gesellschaft durchaus sensibilisiert.
Auch gehören die Zeiten, in denen Verteilungsforscher als Sozialromantiker belächelt wurden und über Jahrzehnte ein akademisches Schattendasein fristeten, der Historie an. Renommierte Wissenschaftler, wie Joseph Stiglitz oder Anthony Atkinson, haben mit ihren Arbeiten viel Aufmerksamkeit hervorgerufen und Anerkennung erhalten. Nicht zuletzt Thomas Pikettys Buch „Das Kapital im 21. Jahrhundert“ hat die Debatte international neu beflügelt. Auch Organisationen, wie die OECD oder der IWF, die nicht im Verdacht stehen, als Verfechter von Verteilungsgerechtigkeit bekannt zu sein, weisen auf die negativen Effekte von Ungleichheit hin.
Quelle: Gegenblende
- Doctors launch awareness campaign on ‘apocalyptic’ Greek healthcare
A group of Belgian health professionals, supported by the public hospitals in Brussels and the Greek branch of the NGO Doctors of the World, has come together to raise awareness of the medical crisis unfolding in Greece. Through the Emergency Greece initiative, the doctors launched an appeal for donations and a petition to help the Greeks and convince the EU to spare the country’s medical sector from the severe budget cuts imposed on the country as part of its bailout deal. (…) The EU has singled out health as one of its top priorities and has launched various initiatives aiming to reduce inequalities in access to healthcare across the member states. Yet the Troika (the European Commission, the European Central Bank and the International Monetary Fund) has refused to exclude the Greek health sector from the austerity measures it has imposed on the country.While these austerity measures may bring savings in the short term, their catastrophic effects on health and access to healthcare are likely to cause lasting, costly damage that could harm Greece’s long-term economic recovery.
Quelle: Euractiv
- Freihandel
- “Handel ist nicht automatisch gut für alle”
Freihandel schadet den Armen in den Industrieländern, sagt der Nobelpreisträger Joseph Stiglitz. Siehe USA: Dort ist der Lebensstandard und die Lebenserwartung gesunken. (…)
ZEIT ONLINE: Immer mehr Bürger fragen sich inzwischen, ob wir durch Handelsabkommen nicht zu viele Regeln schleifen und zu viele Grenzen öffnen. Zu Recht?
Stiglitz: Grundsätzlich führt Handel zu mehr Wirtschaftswachstum. Aber er verändert die Verteilung in einem Land. Inzwischen zeigt sich, dass die Wachstumseffekte von Freihandel vergleichsweise klein, die Verteilungswirkungen aber sehr groß sind. In den Industrieländern schadet das den Ärmsten. Leider war die Politik der Regierungen hier bisher nicht hilfreich.
ZEIT ONLINE: Man kann also nicht behaupten, dass mehr Freihandel für alle Bürger eines Landes gut ist?
Stiglitz: Die Daten belegen eindeutig das Gegenteil. Bisher glaubte man, dass durch Handel zwar Leute in den Branchen, in denen mehr importiert wird, ihre Jobs verlieren, sie aber neue Jobs in der Exportindustrie bekommen. Das stimmt so einfach aber nicht. Es gibt aber eine sehr gute Studie des Massachusetts Institute of Technology (MIT). Die hat amerikanische Landkreise untersucht, bei denen Produktion direkt durch billigere Importe aus China verdrängt wurden. Dort ist die Beschäftigung gesunken und die Löhne sind es auch.
ZEIT ONLINE: Und wie sieht es für die gesamten USA aus?
Stiglitz: Der Lebensstandard sinkt, der gesundheitliche Zustand und sogar die Lebenserwartung. Das reale Einkommen eines typischen Arbeiters ist heute niedriger als vor 60 Jahren. Das ist ein Desaster. Die Leute verstehen nicht, wie das im wunderbarsten Land der Welt möglich sein kann. Passiert so etwas einem Menschen, dann denkt der möglicherweise: Pech gehabt! Aber es passiert eben nicht nur einem, sondern auch allen anderen, die er kennt. Also suchen die Leute nach Schuldigen. Sie machen die Globalisierung und die Banker verantwortlich. Das ist zwar zu simpel, aber ein bisschen stimmt es eben doch. Handel hat ihre Lage verschlechtert. (…) Wir sind in der Ära, in der wir immer klarer spüren: Die alte Geschichte, dass Handel automatisch für alle gut ist, stimmt einfach nicht.
Quelle: Zeit Online
- Eine Querflötenlehrerin aus Lüdenscheid organisiert Bürgerklagen gegen geplante Freihandelsabkommen. Was treibt sie an?
Als Marianne Grimmenstein ihre Arbeit von Monaten in einem braunen Karton durch Berlin trägt, wartet Brigitte Zypries mit Kaffee auf sie. Im Bundeswirtschaftsministerium treffen sich die beiden Frauen zum Gespräch. Im Karton, den Marianne Grimmenstein der Staatssekretärin und ehemaligen Justizministerin der SPD mitbringt, sind Listen mit insgesamt 163.000 Unterschriften. Diese 163.000 Menschen fordern, dass der TTIP-Leseraum im Wirtschaftsministerium für alle Bürger geöffnet wird. Bisher sind die Akten darin nur den Bundestagsabgeordneten zugänglich – und die dürfen darüber öffentlich nichts erzählen. (…) Mit Hilfe von change.org hat Grimmenstein nun zwei Petitionen im Rennen. Mit ihrer zweiten Unterschriftenaktion mobilisiert die Aktivistin für ihre Verfassungsbeschwerde gegen das Europa-Kanada-Abkommen Ceta. Es ist die größte Bürgerklage in der deutschen Geschichte: 50.000 Vollmachten hat Grimmenstein bislang von Bürgern erhalten, die ihr Ansinnen unterstützen. „Wahrscheinlich weitere 20.000 liegen noch in den ungeöffneten Postsäcken bei mir zu Hause“, sagt sie. Der Postbote kommt inzwischen nicht mehr mit dem Fahrrad zu ihr, sondern hat sich einen Kleintransporter besorgt. Der Rechtsprofessor Andreas Fisahn will die Klage beim Bundesverfassungsgericht einreichen, sobald eine deutsche Fassung des Ceta-Vertrags vorliegt. Wann das ist, ist noch unklar.
Quelle: taz
- Schiedsverfahren: Kosten für Dauerstreit um Lkw-Maut explodieren
Seit mehr als zehn Jahren streitet der Bund mit den Konzernen Daimler und Telekom um den verpatzten Start der Lkw-Maut. Das wird immer teurer. Und ein Ende ist nicht in Sicht. Der Streit um den verpatzten Start der Lkw-Maut ist längst zur unendlichen Geschichte geworden. Anfang des Jahres wurde am nächsten Kapitel geschrieben, das private Schiedsgericht tagte wieder mal in München. Hinter verschlossenen Türen versuchten die Richter der Frage nachzugehen, wer für die Verzögerungen des Mautsystems vor mehr als zehn Jahren bezahlen muss: die Bundesregierung oder das Mautkonsortium Toll Collect um die beiden Konzerne Daimler und Telekom. (…) Für die Regierung dürfte es eines der teuersten Verfahren aller Zeiten sein. Allein zwischen September 2014 und Dezember 2015 sind die Ausgaben für das Schiedsgericht um 32 Millionen Euro gestiegen. “Dieses Schiedsverfahren ist an Absurdität kaum zu überbieten”, sagt der haushaltspolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Sven-Christian Kindler. Dabei ist fast in Vergessenheit geraten, wie es überhaupt zu dem Streit kam. Die rot-grüne Bundesregierung unter Kanzler Gerhard Schröder (SPD) hatte 2002 den Auftrag für die Erhebung der Lkw-Maut an den privaten Betreiber Toll Collect erteilt. Die Vergabe sollte eine neue Ära der Public Private Partnerships (PPP) einleiten.Aber das Konsortium um Daimler und Telekom schaffte es erst mit fast anderthalb Jahren Verspätung, das System im Januar 2005 in Betrieb zu nehmen. Die Bundesregierung verklagte Toll Collect wegen milliardenschwerer Mautausfälle. Toll Collect revanchierte sich mit einer Gegenklage wegen einbehaltener Vergütungen.
Quelle: Spiegel Online
Anmerkung unseres Lesers J.A.: PPP ist super, geheime Schiedsgerichte sind toll … zumindest für die Anbieter von PPP-Dienstleistungen und für hochbezahlte Top-Juristen. Für den Steuerzahler eher nicht so …
- Panama and the Criminalization of the Global Finance System
Interview with Economist Michael Hudson, distinguished research professor of economics at the University of Missouri, Kansas City, and former balance of payments economist for Chase Manhattan bank
HUDSON: You usually have not only one or two, but often three or four centers in a “veil of tiers.” The idea is not to put money into the United States directly. Imagine you’re a Russian kleptocrat, or a Ukrainian kleptocrat, and you want to take a billion dollars and keep it safe. You’re not going to put it directly into a Delaware corporation, or a Wyoming corporation. The money is going to end up there. But if you put it right in, then the U.S. Government and the bank would say, “Wait a minute. Here is the president of Ukraine with a billion dollars, right in our banking system.”
So what you have to do is launder the money. Likewise with the Colombian drug cartel. They’re not going to put the Colombian drug cartel balance in a Delaware bank under their name. It has to go through a lot of stages. The money goes out of the Ukraine and out of Russia into Latvia, primarily via the banks of Riga. I’ve met with individuals in Riga, Americans who provide the service of setting up maybe 30 companies for the money launderer. They will send the money, say, to the British West Indies. From the British West Indies it’ll go to Panama. And then it’ll go from Panama, already being concealed, to end up in a Delaware corporation at the end of the line. You can look in the balance-of-payments statistics and you can find liabilities of bank branches in Panama or the British West Indies or whoever, owed to the U.S. head office. You can look and see how much American stock, how many American bonds, how many American bank deposits all come from these islands. The magnitude is so enormous that this is what has been supporting the dollar.
Quelle: Counterpunch
Anmerkung unseres Lesers A.C.: The big picture – der Artikel erklärt die Funktion von Panama und anderer Steueroasen, nämlich Geldwäsche, um die eigene Währung US$ und Pfund zu stützen.
Anmerkung Paul Schreyer: Dieser Artikel des renommierten amerikanischen Ökonomen Michael Hudson ist außerordentlich lesenswert. Hudson greift auf persönliche Recherchen seit den 1970er Jahren zurück, um das System klar und prägnant zu beschreiben. Die Geldwäsche in Steueroasen ist demnach nicht nur ein „Schlupfloch“ einiger Reicher, um Steuern zu sparen, sondern vielmehr ein Schlüsselinstrument für den Machterhalt von Währungsräumen.
- Außenministertreffen von China, Russland und Indien in Moskau
Am Montag fand das 14. Treffen der Außenminister von China, Russland und Indien in Moskau statt. Dabei waren sich alle einig, dass die trilaterale Kooperation über ein enormes Potential verfügt. Die Zusammenarbeit der drei involvierten Parteien würde auch in internationalen Angelegenheiten eine große Rolle spielen. Die Außenminister erörterten gemeinsame Arbeitsfelder im politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Bereich. Sie brachten ihre Hoffnung zum Ausdruck, das Treffen könnte Absprachen und Kooperation intensivieren. Dazu der chinesische Außenminister Wang Yi: „Die Etablierung des trilateralen Kooperationsmechanismus entspricht der Zeitströmung einer multipolaren Welt und der Demokratisierung der internationalen Beziehungen. Durch die trilaterale Kooperation kann eine gemeinsame Entwicklung vorangetrieben werden, was den Interessen der drei Länder, der Region und der ganzen Welt dient.”
Quelle: CRI online
- Westbank: Allgemeine Straflosigkeit bei Verbrechen von jüdischen Siedlern gegen Palästinenser
Greifen Palästinenser Besatzungssoldaten der Israelische Armee (IDF) an, dann wird nicht lange gefackelt. Ganz anders zeigt sich die Situation, wenn militante jüdische Siedler Gewalttaten verüben. Die Aufklärungsquote der israelischen Polizei liegt in solchen Fällen bei 1,8 Prozent. (…) Nach Angaben der israelischen Menschenrechtsorganisation Yesh Din werden über 85 Prozent der Anzeigen von Palästinensern nicht zur Kenntnis genommen oder selten verfolgt, so die israelische Nachrichtenseite Ynet News. Demnach würden israelische Siedler eine umfassende Straflosigkeit bei Verbrechen gegenüber Palästinensern im Westjordanland genießen. Nur 7,4 Prozent der Anzeigen würden zu einer Anklage führen und rund ein Drittel davon mit einer Verurteilung enden. Letztlich liegt „die Wahrscheinlichkeit, dass eine von einem Palästinenser gestellte Anzeige durch die israelische Polizei zu einer erfolgreichen Untersuchung führt; der Festnahme und Verurteilung eines Tatverdächtigen bei nur 1,8 Prozent“, so die NGO. Die Zahlen zeigten ein beunruhigendes Bild der Strafverfolgung von ideologischen Verbrechen, zitiert Ynet News die Menschenrechtsorganisation.
Quelle: RT Deutsch
dazu: Gebrüll zwischen israelischem und palestinensischem Vertreter
Kurz nach dem Anschlag auf einen Bus in Jerusalem sind im UNO-Sicherheitsrat die Vertreter Israels und der Palästinenser lautstark aneinandergeraten. Im ansonsten sehr formal tagenden Gremium brüllten beide einander an und warfen sich vor, für den Tod von Zivilisten verantwortlich zu sein.
Quelle: Deutschlandfunk
- BKA-Gesetz auf dem Prüfstand: Zwischen Bürgerrechten und Anti-Terror-Kampf
Seit das sogenannte BKA-Gesetz 2009 Gültigkeit erhielt, darf das Bundeskriminalamt nicht nur bereits begangene Straftaten verfolgen, sondern auch mögliche terroristische Angriffe im Vorfeld abwehren. Am Mittwoch entscheidet das Bundesverfassungsgericht, ob die damit einhergehenden Überwachungsbefugnisse des BKA gegen Grundrechte der Bürger verstoßen. (…) Seit dem 1. Januar 2009 gilt (…): Wenn es der Terrorbekämpfung dient, darf das Bundeskriminalamt Journalisten jetzt überwachen. Unter Verdacht stehen müssen sie dafür nicht; es reicht, wenn das BKA ein Interesse an ihren Hintergrundinformationen oder Quellen hat.Damit werden sogenannte Berufsgeheimnisträger in zwei Gruppen geteilt: Ein absoluter Schutz gilt jetzt nur noch für Strafverteidiger, Seelsorger und Abgeordnete. Sie dürfen unter keinen Umständen überwacht werden. “Normale” Rechtsanwälte hingegen unter bestimmten Umständen schon, Ärzte und Journalisten auch, wenn sie Kontakt zu potenziellen Gefährdern haben könnten:Frank Überall, Vorsitzender des Deutschen Journalistenverbandes, kritisiert das: “Es ist ähnlich, wie bei Ärzten oder Rechtsanwälten, es muss ein besonderes Vertrauensverhältnis geben. Wenn ich mich an Medienvertreter wende, als Whistleblower zum Beispiel. Und ich kann keinem Informanten eine Vertraulichkeit zusichern, wenn ich ganz genau weiß, dass man bei mir mal locker durchsuchen kann, dass man mich ausspähen kann und den Informanten enttarnen kann. Dann spricht keiner mehr mit mir und dann habe ich das Problem, dass diese wichtige Rolle des Korrektivs in demokratischer Öffentlichkeit schlicht und ergreifend droht, wegzufallen.”
Quelle: Deutschlandfunk
- Schweizer Bodeninitiativen: Gegen Zersiedelung und Bodenspekulationen
Land ist ein begehrtes Gut – besonders in der Schweiz: Dort steigen die Mieten ins Unbezahlbare, das letzte verbliebene Ackerland wird zersiedelt, Grundbesitz ist längst zum Spekulationsobjekt geworden. Deswegen setzen sich Bürgerinitiativen gegen den Verkauf öffentlicher Flächen ein – mit Erfolg. (…) Gleich zwei Volksinitiativen haben für den Verkaufsstopp gekämpft – mit Erfolg: eine im Kanton Basel-Stadt und eine in Emmen, bei Luzern. Auch dort darf die öffentliche Hand jetzt keinen Grund und Boden mehr veräußern. Mit einer Ausnahme: Sie kauft anderswo dieselbe Fläche wieder hinzu.
Quelle: Deutschlandfunk
- Autolobby verhindert Aufklärung des Abgasskandals
Die Branche wirbt gezielt hochrangige Funktionäre aus dem Kanzleramt und Vertraute von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) ab. Diese alten Verbindungen nutzen die Konzerne, um die Ziele der Industrie politisch durchzusetzen. „Die Einflüsterer der Autolobby steuern den Verkehrssektor mit ihren politischen Kontakten in den toten Winkel der Umweltpolitik“, sagt Greenpeace-Verkehrsexperte Tobias Austrup. „Auch die mangelnde Aufklärung des Abgasskandals ist das Ergebnis der gut geölten Drehtür zwischen Politik und Autolobby.“ Erst vergangene Woche hat die Opposition aus Grünen und Linken angekündigt, einen Untersuchungsausschuss zum VW-Skandal einzusetzen. Das Schwarzbuch online.
Mit dem Schwarzbuch zeigt Greenpeace die Strategie der Autoindustrie. Sie heuert politisch bestens vernetzte Seitenwechsler wie Eckart von Klaeden (CDU), Matthias Wissmann (CDU) oder Thomas Steg (SPD) als Lobbyisten an und verschafft sich über deren Insiderwissen und Kontakte Zugang zu politischen Entscheidern.
Quelle: Greenpeace
Anmerkung André Tautenhahn: Eigentlich nichts Neues für NachDenkSeiten-Leser. Unter der Rubrik „Lobbyismus und politische Korruption » Drehtür Politik und Wirtschaft sind entsprechende Beiträge zum Thema zusammengefasst.
- Schluss mit der Werbung an Schulen!
Unternehmen bieten Lernmaterial an und entsenden sogar Gastdozenten. Ziel: Werbung und wirtschaftsfreundliche Weltbilder bei Jugendlichen. (…) Allein 16 der 20 umsatzstärksten deutschen Unternehmen stellen Lernmittel zur Verfügung. Eine durch den Verband Bildungsmedien geförderte Studie der Universität Augsburg hat schon vor einigen Jahren Zuwachsraten von fast 70 Prozent binnen eines Jahres offenbart. Heute gibt es mehr (nicht von Behörden geprüfte) Materialien als je zuvor. (…) Ausschlaggebend für den Boom von Werbeinitiativen sind, neben einer Unbedarftheit vieler Lehrer, laxe Gesetze: Eigentlich ist Werbung an den Schulen in den meisten Ländern verboten. Gleichwohl gibt es Interpretationsspielräume – dass zum Beispiel die Schulleitung mit Zustimmung der Schulkonferenz und des Schulträgers darüber befinden kann, wann Werbung mit dem Bildungsauftrag “vereinbar” ist.
Quelle: Süddeutsche Zeitung
- So hebelt Merkel den Rechtsstaat aus
Im Fall Böhmermann gelingt Merkel das Kunststück, einen Bruch des Rechtsstaatsprinzips mit eben diesem Prinzip zu rechtfertigen. Das entlarvt die politische Abhängigkeit, in die sich die Kanzlerin durch den Flüchtlingsdeal mit der Türkei begeben hat. Ein Gastbeitrag des Ex-Bundesrichters Wolfgang Nešković „Im Rechtsstaat ist es nicht Sache der Regierung, sondern von Staatsanwaltschaften und Gerichten, das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen und andere Belange gegen die Presse- und Kunstfreiheit abzuwägen.“ Mit dieser Begründung hat die Bundeskanzlerin der Öffentlichkeit ihre Entscheidung verkauft, die Ermächtigung zu erteilen, die für ein Strafverfahren nach Paragraph 103 Strafgesetzbuch gegen Jan Böhmermann erforderlich ist.
Merkels Botschaft: Der Rechtsstaat verbietet es, dass sich die Politik (sprich die Exekutive) in die Belange der Judikative einmischt. Das sei Gewaltenteilung. In Deutschland solle nicht die Regierung, sondern die Justiz „das letzte Wort“ haben. Das klingt zunächst gut und überzeugend – ist es aber im vorliegenden Fall nicht.
Viele kluge Journalisten (auch solche, die zwei juristische Staatsexamen erfolgreich absolviert haben) sind der Kanzlerin auf den Leim gegangen und loben sie in ihren Kommentaren für diese Begründung. Offensichtlich haben sich die komplexen und bedeutungsschwer daher kommenden Begriffe wie „Rechtsstaat“, „Gewaltenteilung“ und „Unabhängigkeit der Justiz“ narkotisierend auf die Urteils- und Kritikfähigkeit dieser Autoren ausgewirkt. […]
Es gilt der Grundsatz: Regeln, die einem nicht gefallen, werden so lange angewandt, bis sie abgeschafft werden. Sie dürfen jedoch nicht (im Vorgriff auf eine Regeländerung) durch Nichtanwendung faktisch abgeschafft werden. An diesen rechtsstaatlichen Grundsatz hat sich die Bundeskanzlerin nicht gehalten. Dabei gelingt ihr sogar das rabulistische Kunststück, einen Bruch des Rechtsstaatsprinzips mit eben diesem Prinzip zu rechtfertigen.
Quelle: Cicero
- SPD: Genossen im Sinkflug
Interview des BR Magazins Kontrovers mit der Juso-Vorsitzenden Johanna Ueckermann vom 13. April.
Quelle: BR
Anmerkung unseres Lesers R.K.: Johanna Ueckermann, Bundesvorsitzende der Jusos, wurde vom bayrischen Magazin Kontrovers zur Krise in der SPD interviewt. “Eine sozialdemokratische Vision entwickeln” …”Und wir müssen auch endlich wieder die Interessen der Menschen über die Interessen von Konzernen stellen” um dann später fortzufahren mit “Ich denke zum Beispiel an Gerhard Schröder mit dem Slogan Gerechtigkeit und Innovation”…”damit haben die Leute etwas verbunden, damit konnte man sie begeistern”.
Da kritisiert jemand vollkommen zu Recht Sigmar Gabriel und verzapft dann einen solchen Unsinn. Somit scheint auch die Juso-Vorsitzende die Politik von Gerhard Schröder im Grunde positiv einzuordnen.
- Hier spricht die „Lügenpresse“: Sächsische Journalisten starten Portal gegen Pegida-Vorwürfe
“Über Monate haben wir Journalisten geschwiegen. Wir ließen uns beschimpfen und wehrten uns kaum”, schreibt die DDV Mediengruppe auf der von ihr produzierten Webseite Lügenpresse.de. Zahlreiche Journalisten wehren sich hier gegen die Vorwürfe von “Pauschal-Verurteilern” und erklären: “Es wird Zeit, dass die ‘Lügenpresse’ das Wort ergreift und wir unsere Version erzählen.” In Videobotschaften berichten bislang 20 Journalisten darüber, wie ihr Berufsstand von „einigen, wenigen Lauten pauschal verurteilt wird“. Die Lügenpresse-Vorwürfe seien mittlerweile überall, im Fußball-Stadion, im Stadtgespräch, sogar im Familienkreis. „Die Internet-Seite Lügenpresse.de ist schwarz-weiß, so wie die Sichtweise der Lügenpresse-Schreier. Vielleicht schauen auch diese Pauschal-Verurteiler neugierig auf unserer Seite vorbei, sehen unsere (farbigen) Videos und erkennen, dass das Leben bunt ist“, erklären die Verantwortlichen der DDV Mediengruppe auf der Webseite.
Quelle: Meedia
Anmerkung Paul Schreyer: Die Debatte um die Vertrauenskrise der Medien bleibt auch mit dieser neuen Initiative in vertrauten Deutungsmustern verhaftet. Die hier zu Wort kommenden Journalisten fühlen sich angegriffen und diffamiert, vermeiden aber weiterhin selbstkritische Reflektionen zum Medienbetrieb, dessen Teil sie sind und dessen immer deutlicher werdender Gleichklang in vielen wichtigen Fragen das Publikum zunehmend irritiert. Ob die Macher der Webseite „Lügenpresse.de“ – dahinter steckt die mehrheitlich zu Gruner + Jahr gehörende „Dresdner Druck und Verlagshaus Mediengruppe“, die unter anderem die Sächsische Zeitung und die Morgenpost Sachsen herausgibt – ihr Ziel erreichen, damit das ramponierte Image der Medien aufzupolieren, bleibt fraglich. Die Aktion wirkt eher wie ein Gegenangriff – die Machen sprechen selbst davon, sich „wehren“ zu wollen –, allerdings leider ohne tiefere Einsicht in das Wesen der vorgebrachten Publikumskritik.