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Titel: Videohinweise
Datum: 18. April 2016 um 14:30 Uhr
Rubrik: Videohinweise
Verantwortlich: Redaktion
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dazu auch die Teile II (Die Opfer – Vergesst mich nicht) und III (Die Ermittler – Nur für den Dienstgebrauch)
Anmerkung Wolf Wetzel: Am 30. März 2016 strahlte das ARD den ersten Teil der Spielfilmtriologie „Mitten in Deutschland: NSU“ aus. Bei diesem Projekt werden drei Filme mit drei Perspektiven von drei Regisseuren gezeigt:
Anspruch der drei Filme sei, so die Ankündigung, eine „Spurensuche“. Das klingt spannend und wirft sofort die Frage in den Raum: Fällt die „Spurensuche“ anders aus als die der polizeilichen Ermittler, die letztendlich die Anklageschrift und den Prozess in München prägt?
Die erste Hälfte des Spielfilms zeichnet die Lebensverhältnisse der drei Protagonisten nach, die später einzig und allein den NSU gegründet haben sollen: Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt.
Die Wende, die mit „Wir sind das Volk“ (als Gegenmacht zur Regierung) begann und mit „Wir sind ein Volk“ (als Wiederentdeckung des Deutsch-Nationalen) endete. Die Enttäuschung über Versprechungen („blühende Landschaften“), von denen nur Wenige profitierten. Die Angst vor den wirklich Mächtigen und die feige Wut in Richtung jener, die weniger haben sollen als die Enttäuschten – wie in Rostock-Lichtenhagen, als mehrere Tage ein Flüchtlingsheim belagert und dann angezündet wurde – während die Polizei zuschaute.
Das endet schließlich in der de facto Abschaffung des Asylrechts 1993. Eine Zäsur, die die Protagonisten zu Recht als Ermutigung und Bestätigung begreifen … weiter zu machen … Worten Taten folgen zu lassen. In der Folgezeit wird in der Neonaziszene breit und offen darüber diskutiert, sich in „Zellen“ zu organisieren, sich zu bewaffnen.
All das ist glaubhaft und erschreckend überzeugend dargestellt. Bis dahin.
Nun kommt eine spannende Szene: Die Drei sind auf der Suche nach Sprengstoff und finden einen „Kameraden“, der ihnen verspricht, diesen zu besorgen. Mehr erfährt man nicht. Dann folgt 1998 die Durchsuchung der Garage in Jena, die Beate Zschäpe von einem Polizisten angemietet hatte. Zuerst werden die mit der Durchsuchung beauftragten Polizisten – im Film – zu einer falschen Garage geführt. Dann sieht man einen Polizisten, der zum Handy greift, eine Information bekommt, zurückkommt und nun auf die Garage verweist, um die es tatsächlich geht. Dort werden sie fündig: »Vier fertige Rohrbomben, 1,3 Kilo TNT-Sprengstoff, Kabel und allerlei Nazi-Propaganda.« (FAZ vom 3.3.2013)
Wenig später sieht man die späteren NSU-Mitglieder in aller Ruhe davonfahren, auf dem Weg in den Untergrund.
All das ist auffallend lücken- und sprunghaft – im Film. Nicht einmal die Szene, in der ein Polizist den Tipp für die richtige Garage bekommen hatte, wird aufgelöst. Schließlich fragt man sich als Zuschauer: Wer gab diesen Tipp? Woher wusste der „Informant“ so genau Bescheid? Und warum wurden die Drei nach den Funden nicht (vorläufig) festgenommen?
Der Film folgt der offiziellen Version. Auch wenn das Wort „Panne“ nicht ausgesprochen wird, man wird mit diesem Gefühl zurückgelassen.
Hier endet die versprochene „Spurensuche“ – wider besseres Wissen. Denn in den Akten findet sich weitaus mehr – was auch gar nicht bestritten wird: Der Kamerad, der den Sprengstoff besorgt hatte, war ein V-Mann und er hat einen Namen: Thomas Starke. Dieser war führendes Mitglied der neonazistischen Organisation ›Blood &Honour‹ in Sachsen und in den 90er Jahren mit Beate Zschäpe liiert. Als V-Mann erhielt er den Decknamen VP 562, geführt wurde er vom LKA Berlin. Thomas Starke genoss das Vertrauen der Drei, bis zur letzten Minute. In besagter Garage wurde nicht nur der Sprengstoff gefunden. Dort befand sich auch eine konspirative Telefonliste. Auf dieser sind über 50 Neonazis aufgeführt, die Crème de la Creme, über die ganze Bundesrepublik verteilt. Darauf befanden sich auch vier V-Leute, u.a. Thomas Starke.
Als das dürfte den Filmemachern nicht entgangen sein. Sie wollten diesen Spuren nicht folgen. Damit setzen sie in Spielfilmversion das fort, was bis heute anhält: Spuren vertuschen, Spuren unterschlagen, rätselhaft bleiben, wo es kein Rätsel zu lösen gilt: Thomas Starke hat als V-Mann den Sprengstoff geliefert, was bereits ein Straftatbestand ist. Die ihn führende Behörde wusste also von den Plänen der Neonazis und half ihnen dabei, diese in die Tat umzusetzen. Deshalb konnte auch die Garage gefunden werden. Um es kurz zu machen: Wenn eine Behörde weiß, dass sich Neonazis bewaffnen, wenn man mithilfe dieses V-Mannes in die Vorbereitung eines Untergrundes eingebunden ist, dann wäre es ein Leichtes gewesen, diese Neonazis zu stoppen. Man bringt einen Haftbefehl mit, durchsucht die Garage, findet genau das, was man zur Vollstreckung eines Haftbefehls und zur späteren Anklageerhebung braucht … und der NSU – in dieser Besetzung – hätte es gar nicht gegeben.
Stattdessen kommt man ohne Haftbefehl, verzichtet auch auf die Möglichkeit eines vorläufigen Haftbefehls und lässt sie laufen. Das kann man in der Summe und in der Systematik nicht als Panne bezeichnen, sondern als „Aktivierung“ eines neonazistischen Untergrundes.
Der Spielfilm setzt diese cineastische Spurenvertuschung wenig später fort. Er schafft ein weiteres Rätsel, das keines ist: Die Drei befinden sich im Untergrund und man sieht in der letzten Sequenz vor dem ersten Mordanschlag im Jahr 2000 in Nürnberg, wie sich Uwe Mundlos mit seinen Eltern trifft – in einem Park. Dort raten die Eltern ihren Sohn, sich zu stellen – was sich strafmildernd auswirken würde. Dieses Familientreffen ist keine fiktionale Zutat. Sie haben belegt mindestens zweimal stattgefunden. Auch dabei konnten die Filmemacher auf vorhandene „Spuren“ und Akten zurückgreifen. Aber warum stellen sie sich und dem Publikum nicht die Frage: Wie kam es dazu und was wussten die Behörden darüber? Wieder schweigt sich der Film darüber aus, obwohl es am aller wenigsten an beweiskräftigen Spuren mangelt: Die drei abgetauchten Neonazis wurden gesucht, nachdem man sie in den Untergrund geleitet hatte. Dazu gehörte auch die Überwachung der Telefonanschlüsse der Eltern. Tatsächlich ist die Anbahnung und Durchführung dieses Familientreffens bestens dokumentiert: Uwe Mundlos informierte seine Eltern, dass alles weitere nicht am Telefon besprochen wird. Man würde ihnen ein Handy vorbeibringen, um der zurecht angenommenen Überwachung zu entgehen. Mithilfe dieses Handys wurden mindestens zwei Treffen ausgemacht und realisiert. Warum zeichnet der Film diese Details nicht nach?
Nun, nicht nur die Filmemacher, auch die ZuschauerInnen würden sich dann berechtigterweise fragen, warum man diese erfolgreiche Überwachung nicht dazu genutzt hatte, Uwe Mundlos festzunehmen?
Die zweite, dritte Möglichkeit, etwas zu verhindern, was später zu der Terror- und Mordserie führte.
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Lesen Sie dazu bitte auch das NachDenkSeiten-Interview „The Revolution Will Not Be Televised“ mit Gaby Weber
passend dazu: Full Speech – Bernie Sanders, Shailene Woodley & Rosario Dawson Rally in Madison, Wisconsin
Bernie Sanders Rally in Madison feat. Leisure Cruise with Dave Hodge (4-3-16) – Bernie Sanders Rally in Madison, Wisconsin featuring Rosario Dawson, Shailene Woodley, and musical acts Leisure Cruise with Dave Hodge, Best Coast and Space Raft – LIVE Bernie Sanders Madison Wisconsin Rally at Kohl Center, University of Wisconsin – A Future to Believe In GOTV Rally in Madison.
Quelle: Bernie Sanders Speeches & Events via YouTube
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