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NachDenkSeiten – Die kritische Website
Titel: Die Parole vom Linksruck – primitiv und falsch, aber seit Jahrzehnten hochwirksam
Datum: 5. Juni 2008 um 17:02 Uhr
Rubrik: SPD, Strategien der Meinungsmache
Verantwortlich: Albrecht Müller
In der vorletzten Sendung von Plasberg wurde Andrea Nahles als eigentliche Machthaberin der SPD hochstilisiert. Das geschah dort wie in vielen anderen Medien auch mit dem Ziel, die Botschaft zu verbreiten, die SPD insgesamt sei nach links gerückt. Mit der Realität hat dies nichts zu tun. Die Politik der SPD ist von der Agenda 2010 über die Auslandseinsätze bis zur Teilprivatisierung der Bahn de facto eine Politik nach dem Gusto der Union. Aber die Parole vom Linksruck wird geglaubt. Und sie zeigt Wirkung: Die faktische Politik und die Programmatik werden von der SPD-Führung weiter nach rechts verschoben, wie man an dem SPD-Treffen in Nürnberg im Vergleich zum Hamburger Parteitag vom vergangenen Oktober sehen kann. Die Nutzung der falschen Parole vom Linksruck wiederholt sich nun zum x-ten Mal. Schon Anfang der siebziger Jahre war das so, siehe dazu den Vergleich der beiden Abbildungen im Anhang. Albrecht Müller.
Damals und fortwährend in den darauffolgenden Jahren wurden die Jusos als eigentliche Macht der SPD hochgespielt. So ist auf dem Titelblatt von „Dialog“ zu sehen, wie der damalige Juso-Vorsitzende Wolfgang Roth nicht nur eine Büste von Karl Marx, sondern auch von Willy Brandt in der Hand hielt. Auch das war damals bar jeder Realität, wurde aber in einer breiten Öffentlichkeit geglaubt.
Die Glaubwürdigkeit wurde damals wie heute dadurch befördert, dass die Rechte in der SPD sich die Parole vom Linksruck nutzbar machte, obwohl es sich dabei eigentlich um eine Parole der politischen Rechten und Konservativen, also der Union, handelt. So hatten die Kanalarbeiter und die Seeheimer permanent den Linksruck der SPD an die Wand gemalt, um ihre innerparteiliche Macht zu stärken und die SPD-Führung zu einer tatsächlich konservativen Politik zu bewegen. Damit gaben sie den Parolen der Union (wie z.B. „Freiheit statt Sozialismus“) ein Glaubwürdigkeitsfundament. Heute regen sich die Rechten und die Netzwerker in der SPD über zaghafte Öffnungsversuche des Parteivorsitzenden der SPD gegenüber der Linken auf und bestätigen damit wieder die Parole der Medien und der Union vom Linksruck.
Auf diese wiederkehrende Irreführung wollte ich hinweisen. Es ist erstaunlich, wie primitiv die Strategien der Meinungsmache angelegt sind. Und es ist erstaunlich, dass sie dennoch funktionieren.
Anhang:
Eine Karikatur aus der FAZ vom 10.3.2008 und der Titel des konservativen Dialog vom Oktober 1972
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