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NachDenkSeiten – Die kritische Website
Titel: Hinweise des Tages
Datum: 8. Mai 2008 um 9:19 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
Verantwortlich: Wolfgang Lieb
(KR/WL)
Vorbemerkung: Dieser Service der NachDenkSeiten soll Ihnen einen schnellen Überblick über interessante Artikel und Sendungen verschiedener Medien verschaffen.
Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind.
Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
Anmerkung: Siehe zu diesem Thema auch unseren heutigen Beitrag
“Da haben wir die Erklärung für die kuriose Schlingerlinie des Noch-Transnet-Vorsitzenden Hansen: Verzehnfachung des Gehalts”, kommentierte Stefan Diefenbach-Trommer vom Bündnis Bahn für Alle. “Hansen war einer der entscheidenden Treiber der Bahnprivatisierung und hat die Transnet auf diese unkritische und fatalistische Haltung eingeschworen, Nachdem er die Weichen für die Privatisierung gestellt hat, macht er sich aus dem Staub, kassiert ab und lässt die Beschäftigten die Zeche bezahlen.”
Quelle: DeineBahn.de
Anmerkung Orlando Pascheit: Natürlich überrascht uns diese Nachricht nicht. Man musste kein notorischer Verschwörungstheoretiker sein, um die ‘cohabitation’ von Gewerkschaftschef mit Bahnchef als zentrales Element des relativ lockeren Börsengangs der Bahn zu begreifen. Der Wechsel in den Vorstand rundet das Bild nur ab. Auch auf einer allgemeineren Ebene ist uns der Vorgang wohl vertraut. Zu zahlreich sind die Beispiele, in denen Spitzenpolitiker und -beamte ihre Lobbytätigkeit für die Privatwirtschaft in einer Art nachgelagerter Korruption vergütet bekommen. Dennoch bleibt es ein Faszinosum, mit welcher Leichtigkeit deutsches Führungspersonal in verschiedensten Bereichen der Gesellschaft, einmal gewählt, trotz bald einsetzender Krisensymptome unwidersprochen ihre verhängnisvollen Projekte vorantreiben durften. Man denke an die Agendapolitik Schröders, die Chryslerübernahme durch Jürgen Schrempp oder eben den Börsengang der Bahn. Selbst wenn man sich vergegenwärtigt, dass viele Akteure verwoben in einem weitreichenden Klientelsystem nur ihr Eigeninteresse im Auge hatten, bleibt die Frage, wie eine ganze Gewerkschaft (Transnet) bzw. Partei (SPD) für ein derartig offensichtlich zerstörerisches Projekt gewonnen werden konnte.
Ergänzende Anmerkung WL: Am 15.April 2008 habe ich gemutmaßt: „Es würde einen nicht wundern, wenn für den Bahnvorstand der bis dahin zum Personalchef aufgestiegene Privatisierungsbefürworter und derzeitige Vorsitzende der Bahngewerkschaft „Transnet“, Norbert Hansen, verkünden würde, wie viel Personal eingespart werden muss, damit die Bahn wettbewerbsfähig bleibt.“ Die Wirklichkeit ist offenbar schlimmer, als wir angeblichen „Verschwörungstheoretiker“ sie ausmalen können.
Anmerkung: Die Investitionen in die Werberedner Raffelhüschen und Rürup haben sich also gelohnt.
Anmerkung WL: Die Einzelhandelsumsätze gingen im März gegenüber dem Vorjahr um 6,3 Prozent zurück. Das Auftragsvolumen der Industrie geht zurück. Aber immer noch wird von unseren „Experten“ und der Bundesregierung von einem robusten Wachstum geredet, um wirtschaftspolitische Untätigkeit oder wohl eher wirtschaftspolitische Unfähigkeit zu kaschieren.
Seit 1997 präsentieren neun deutsche Bürger- und Menschenrechtsorganisationen jährlich den Grundrechte-Report. Er berichtet über staatliche Freiheitseinschränkungen und die Entwicklung der von der Verfassung garantierten Rechte. Die Bilanz fällt ein ums andere Mal negativ aus – insbesondere im Feld der Inneren Sicherheit. Die Missachtung von Grundrechten erschöpft sich nicht in Einzelfällen, sie steht im Zusammenhang mit dem Ausbau staatlicher Überwachung und Kontrolle. Im Rahmen der Konferenz wollen die Veranstalter diese Entwicklungen der vergangenen Jahre analysieren. Gleichzeitig sollen konkrete Vorschläge diskutiert werden, wie Verletzungen der Grundrechte wirksamer verhindert und die Fülle staatlicher Macht eingeschränkt und kontrolliert werden können. Die Legitimität des Sicherheitsdenkens hat in den letzten Jahren Risse bekommen. Diese zu vertiefen, ist das Ziel des Kongresses. 23. / 24. Mai 2008, Humboldt-Universität zu Berlin.
Quelle: Grundrechte-Report
Statt einer Anmerkung ein Auszug aus einem früheren Beitrag:
Da Wettbewerb und Konkurrenz nach der Grundphilosophie des CHE das beste und effizienteste Steuerungsinstrument ist, muss mit Ranglisten auch dort ein Wettbewerb fingiert und inszeniert werden, wo – wie etwa bei den Hochschulen – gar kein Markt existiert. Darüber hinaus – und das ist das eigentliche Steuerungsinstrument – wird durch die Vergleiche nicht etwa nur eine Selbsteinschätzung der einzelnen Hochschule ermöglicht, sondern zugleich ein Konformitäts- und Anpassungsdruck auf alle Hochschulen ausgeübt. Aus den Rankings sollen sich Qualitätsvergleiche ergeben, und wer am besten abschneidet, soll nach den Vorstellungen der Veranstalter solcher Rankings die Qualitätsmaßstäbe vorgeben. Das Ziel ist, dass sich die schlechter Platzierten im Wettbewerb an den besser Platzierten messen und dadurch eine angebliche Qualitätskonkurrenz zur „Entfesselung“ der Hochschulen angestoßen wird.
Man kann nun lange über die Sinnhaftigkeit von Benchmarks oder Rankings streiten. Über eine Tatsache führt nichts hinweg: Wie bei allen Vergleichsmessungen geht es bei Rankings darum, dass Qualität quantifiziert werden muss. Oder anders: Man muss Qualität in Quantitäten ausdrücken, denn nur so lässt sich vergleichen und messen.
Bei den Rankings im Jahre 2006 wurden etwa gemessen:
Zudem hat man dann noch Studierende oder Personalchefs nach ihrem Urteil über den Arbeitsmarkt- und Praxisbezug der Lehre gefragt, darüber hinaus wurden die Studienorganisation, die Betreuung, der Kontakt zu Lehrenden abgefragt. Vergleichsmaßstäbe waren ferner die Zahl der Lehrevaluationen, das Angebot an E-Learning, an AV-Medien oder die IT-Infrastruktur und ähnliche Ausstattungskategorien.
Wie sollte eigentlich ein Studierender den Arbeitsmarkt- oder Praxisbezug seines Studiums beurteilen können, und warum wurde nicht ein einziges Mal nach der wissenschaftlichen Qualität der Lehre gefragt?
Fragen Sie doch einfach einmal an Ihrer Hochschule nach, wie diese Daten erhoben worden und vor allem ob ihre Hochschule eine Kontrolle darüber hatte, ob Vergleichbares verglichen worden ist.Ich will nun nicht bestreiten, dass manche dieser erhobenen Daten eine gewisse Aussagekraft besitzen, wer allerdings den verobjektivierenden Eindruck erwecken will, mit solchen Umfragen und Zahlenangaben sei etwas über die Qualität von Forschung oder über die Qualität des Studiums oder gar etwas über die hoffentlich damit verbundene Bildung ausgesagt, der täuscht sich und andere.
Ist eine Lehrveranstaltung besser oder schlechter, weil dort E-Learning oder AV-Medien eingesetzt werden, wird der der Lehrstoff didaktisch besser aufbereitet, weil die IT-Infrastrukur besser ist? So begrüßenswert solche Ausstattungen auch sein mögen:
Rankings sollen Objektivität vorspiegeln, und deshalb heben sich solche Evaluierungen ganz bewusst von der Urteilsfähigkeit der Scientific Community, der Fachkollegen untereinander oder der Gemeinschaft der Lehrenden und Lernenden ab.
Die Fetischisierung der Rangliste sei Ausdruck und Symptom einer „spezifischen Erscheinungsform von Unbildung“, nämlich mangelnder Urteilskraft, schreibt der Wiener Philosoph Konrad Paul Liessmann in seinem Buch „Theorie der Unbildung“. „Tatsächlich ersetzt jede Reihung ein qualifiziertes Urteil, da sie besessen ist von der falschen Vorstellung, Urteilen hieße Quantifizieren“, meint Liessmann. Nun muss man den neuhumanistischen Bildungsbegriff des Philosophen nicht teilen, aber recht hat Liessman, wenn er schreibt, dass der Gedanke des Vergleichens und der Reihung in Verbindung mit dem Paradigma betriebswirtschaftlichen Denkens steht, das den Betriebsablauf von Hochschulen eher mit dem von Unternehmen vergleicht.
Quelle: Von der Freiheit der Wissenschaft zur „unternehmerischen Hochschule“
Hauptadresse: http://www.nachdenkseiten.de/
Artikel-Adresse: http://www.nachdenkseiten.de/?p=3207