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NachDenkSeiten – Die kritische Website
Titel: Hinweise des Tages
Datum: 5. Mai 2008 um 9:42 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
Verantwortlich: Wolfgang Lieb
(KR/WL)
Vorbemerkung: Dieser Service der NachDenkSeiten soll Ihnen einen schnellen Überblick über interessante Artikel und Sendungen verschiedener Medien verschaffen.
Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind.
Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
Anmerkung AM: Das war alles absehbar und von den NDS mehrfach vorhergesagt. Wo Geld winkt, wird mit allen Tricks gearbeitet. Das hätte auch Hermann Scheer sehen müssen. Seine Kollegin von der Linken in der SPD, Andrea Nahles, hat dies übrigens durchaus gesehen. Hermann Scheer sollte sich mal das Video anschauen, auf das wir in einer früheren Meldung hingewiesen haben: Nahles mit gequältem Lachen.
Anmerkung AM: Die Kritik an Mehdorns Bahnstrategie ist akzeptabel. Ansonsten: Das ist Lobbyismus für die privaten Anbieter, garniert mit den üblichen Vorurteilen über die Beamtenbahn. Soll der Autor doch mal nach England schauen. Und sind in der gerühmten Schweiz Konkurrenten nötig, um ein System gut zu machen? Ist das dortige System gut, weil es Marktkonkurrenz gibt, in einem Wirtschaftssektor, dessen Angebot von Unteilbarkeit geprägt ist, wie die Ökonomen sagen. Die Grünen übersehen bei ihrem Drang nach Trennung von Netz und Betrieb, welche unnötigen Komplikationen daraus entstehen. Außerdem spart der Abgeordnete bei seinen Lobby-Beispielen natürlich aus, welche Beispiele für guten Betrieb der öffentlichen Bahn es gibt. Z.B. in Rheinlandpfalz. Allein im 15km-Umkreis meiner Wohngemeinde sind zwei öffentliche Bahnlinien in den letzten Jahren neu eröffnet worden. DB-betrieben.
Anmerkung des NachDenkSeiten-Lesers J.B.: Das gestrige Top-Thema der Medien, die CSU-Steuerpolitik machte einmal mehr deutlich, wo in Deutschland der Hammer hängt. Man stelle sich einmal vor, wie die Medienberichterstattung ausgefallen wäre, hätten der Arbeitnehmerflügel der SPD oder gar DIE LINKE Steuersenkungen in einer Größenordnung von 28 Mrd. für kleinere und mittlere Einkommen oder die Wiedereinführung der alten Pendlerpauschale gefordert: “Populisumus”, “Marsch in den Schuldenstaat”, „Abkehr vom Reformkurs“ etc. wären noch die harmlosesten Vorwürfe. Im Falle der CSU war in den Medien hingegen die Rede von der “Entlastung der Bürger” oder “Geschenken an die Bürger”. Die Frage der Finanzierung wurde kaum gestellt. Und dass ausgerechnet Huber heute schon weiß, wie hoch die Steuereinnahmen in 2012 sein werden, ist in Anbetracht seines sträflich groben Nichtwissens um das 4,3 Mrd.-Desaster bei den Bayrischen Landesbank eine Lachnummer. Selbst die Prognostiker der Wirtschaftsforschungsinstitute sind oftmals nicht dazu in der Lage, eine halbwegs verlässliche Prognose für einen 12-Monats-Zeitraum abzugeben (und erst recht nicht für einen 4-Jahres-Zeitraum). Auch der Hinweis die eigentliche Ursache für den CSU-Vorstoß, nämlich die grottenschlechten Umfragewerte der CSU im Vorfeld der bayrischen Landtagswahlen, wurde in den Medien nur sehr dezent platziert. So fehlte in den Medien z.B. auch der Hinweis, dass die CSU noch vor wenigen Monaten einen Vorstoß von einigen SPD-Abgeordneten zur Beibehaltung der Pendlerpauschale aufs Schärfste zurückgewiesen hatte.
Die SPD müsste als Reaktion auf den CSU-Vorstoß eigentlich von Frau Merkel eine klare Antwort verlangen, wie sie zum CSU-Konzept steht und auf Basis dieser Antwort ihre eigene Steuerpolitik überprüfen. Ansonsten wird sich die CSU mit stiller Duldung durch die CDU und freundlicher Unterstützung der Medien als “Steuersenkungspartei” und “Partei des kleinen Mannes” profilieren. Ähnliches erleben wir zurzeit bei der CDU: hier darf sich Rüttgers als das angeblich soziale Gewissen der Union präsentieren (sogar von der “Rüttgers-Rente” ist in den Medien bereits die Rede). Die SPD macht es mit ihrer Agenda-Potitik der Union (mit freundlicher Unterstützung der zahlreichen unionsnahen Medien) sehr einfach, sich mit dem Produzieren von Luftnummern bei den Wählern in ein positives Licht zu rücken. Ein bloßes “Nein” der SPD würde der Union in die Hände spielen. Der Slogan “Mehr Netto vom Brutto” wird z.B. auch von BILD penetrant in die Öffentlichkeit hineingetragen und soll von der Tatsache ablenken, dass in Deutschland insbesondere die Entwicklung der Bruttogehälter seit langen Jahren auch im Vergleich zu den übrigen Industrieländern sehr schlecht verläuft. Zudem: “Mehr Brutto” würde auf dem Wege höherer Steuer- und Beitragseinnahmen automatisch Spielräume für Entlastungen der Bürger oder höhere staatliche Investitionen (z.B. in die Infrastruktur, die Forschung oder das Bildungswesen) schaffen.
Die CSU hingegen möchte nach allem Anschein an der seit Jahren betriebenen Niedriglohnpolitik festhalten und bestenfalls im Bereich der Steuerpolitik die Bürger entlasten. Dies zeigt auch der erbitterte Widerstand in der Union gegen die Einführung von flächendeckenden Mindestlöhnen. Diese Niedriglohnpolitik führt jedoch insbesondere in der Euro-Zone zu einem Lohndumping, zum Schaden der europäischen Arbeitnehmer. Denn den Ländern der Eurozone steht seit der Euro-Einführung das Instrument der Abwertung der eigenen Währung nicht mehr zur Verfügung. So werden diese Länder durch die deutsche Niedriglohnpolitik über kurz oder lang gezwungen, die Niedriglohnpolitik zu übernehmen. Deutschland hat in den vergangenen Jahren den Handelsbilanzüberschuss mit den Euro-Ländern kräftig nach oben gefahren.
Im Umkehrschluss heißt dies: Die Verschuldung der übrigen Länder der Eurozone gegenüber Deutschland wurde in den vergangenen Jahren kräftig nach oben getrieben. Eine daraus resultierende Anpassungskrise in den Ländern der Euro-Zone wird jedoch auch an Deutschland nicht spurlos vorübergehen. Konkret bedeutet dies: Bei der deutschen Lohnpolitik ist vor allem “Mehr Brutto” angesagt. Der Lohnerhöhungsspielraum, der sich aus der Zielinflationsrate der EZB und der Produktivitätssteigerung ergibt, ist vollständig auszuschöpfen. Dies muss auch für die tariflich nicht mehr gebundenen Unternehmen (in Westdeutschland gilt die Tarifbindung nur noch für 70% der Unternehmen, im Osten gar nur noch für 55%) gelten, ebenso für die tariflich nicht gesicherte und sehr schlecht entlohnte Leiharbeit (diese ist in den vergangenen Jahren in Deutschland kräftig expandiert). Ein “Weiter so” mit der deutschen Niedriglohnpolitik würde den deutschen und europäischen Arbeitnehmern großen Schaden zufügen.
Anmerkung AM: Dem BMF fällt auch angesichts einer einbrechenden Konjunktur – siehe Einzelhandelsumsätze minus 6,3% von März 2007 auf 2008 – nur prozyklische Politik ein. Steinbrück spielt mal wieder wie sein Vorgänger Eichel die Rolle des Sparkommissars.
Anmerkung WL: Politisch ungeschickter als Steinbrück und andere Sozialdemokraten kann man sich gegenüber den Vorschlägen des „Arbeiterführers“ Rüttgers und desm „Robin Hood der kleinen Leute“ Huber nicht verhalten. Beide thematisieren ein weit verbreitetes Gefühl der Ungerechtigkeit: Rüttgers spricht über den Skandal, dass man als langjähriger Rentenbeitragszahler genau so wenig Grundsicherung bekommt wie ein Sozialhilfeempfänger. Die SPD kontert, dass man nicht gegen die Rentenformel verstoßen dürfe, statt daraus einen Angriff gegen die Verhinderung des Mindestlohns durch die Union, gegen Niedriglöhne und gegen Leiharbeit zu machen. Denn bei höheren Löhnen wäre das Armutsrisiko bei der gesetzlichen Rente weitgehend zu verhindern.
Huber prangert die Ungerechtigkeiten bei der Pendlerpauschale und bei der Steuerprogression an, die inzwischen vor allem die niedrigen und mittleren Einkommen erfasst. Die SPD kontert mit der Notwendigkeit der „Konsolidierung“ der Staatshaushalte. Warum begegnet sie den Vorschlägen Hubers nicht damit, dass sie die Spitzensteuersätze zu erhöhen vorschlägterhöhnt, die Steuerprogression noch oben verschiebt, die Erbschafts- und die Vermögenssteuer als Gegenfinanzierung heranzieht. Die Sozialdemokraten betreiben eine Politik à la Noske und spielen den „Bluthund“, und die Kanzlerin versteckt sich dahinter und freut sich darüber, dass ihr laut Deutschlandtrend eine höhere soziale Kompetenz zuerkannt wird als den Sozialdemokraten. So selbstzerstörerisch blind kann das sture Festhalten am Dogma der Agenda machen.
Anmerkung: “Geht’s der Wirtschaft gut, geht’s uns allen gut”, hieß es einst zur Rechtfertigung der Agenda 2010.
Anmerkung AM: Was die beiden taz-Redakteurinnen hier schreiben, ist zumindest insofern ein großer Fortschritt, als sie das Gerede vom demographischen Wandel zurückweisen und deutlich machen, dass Altersarmut kein Schicksal ist, sondern dass es Gestaltungsspielraum gibt. Was ich allerdings nicht verstehe: Warum prüfen sie die Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit der gesetzlichen Rente/desUmlageverfahrens nicht? Natürlich mit Modifikationen. Es muss Rücksicht genommen werden auf die nun schon langanhaltende Situation schlechter Beschäftigungsbedingungen. Damit haben aber die von den Autoren besprochenen Lösungen auch zu kämpfen. Was soll an den besprochenen Lösungen besser sein als an der Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit der gesetzlichen Rente und des Umlageverfahrens? Siehe dazu übrigens den Beitrag in den NachDenkSeiten vom 30.4.2008.
Die Bewunderung des Schweizer wie auch des schwedischen Systems kann ich nicht ganz nachvollziehen. In beiden Fällen geht es darum, dass der privaten Vorsorge bei privaten Versicherungsgesellschaften ein großes Gewicht gegeben wird. Haben die beiden Autoren verfolgt, wie sich die privaten Fonds in der Schweiz entwickelt haben? Und warum soll ein System aufgebaut werden, bei dem hohe Kosten entstehen und damit Ressourcen für die privaten Vorsorgesysteme verschleudert werden? Ist es mehr als eine irrrationale Phobie gegen traditionelle Sozialsysteme? Warum wollen sie das Äquivalenzprinzip loswerden, wenn sie es über die private Vorsorge wieder teuer einführen?
Natürlich kann man als progressiv denkender Mensch sich darüber freuen, dass im Schweizer Altersvorsorgesystem auch eine Umverteilungskomponente von oben nach unten eingebaut ist. Aber wäre es nicht viel sinnvoller, dieses bei uns endlich wieder in die Steuerpolitik einzubauen? Letzteres ist für mich kein entscheidender Punkt. Meine Hauptkritik setzt bei der Frage an, warum wir immer wieder alles neu erfinden sollen. Noch dazu in einer Situation, wo klar erkennbar ist, warum das bisherige System in seiner Leistungsfähigkeit heruntergefahren worden ist: Um den Privatvorsorgeunternehmen ein großes Geschäftsfeld zu eröffnen. Den Raffelhüschens und Konsorten darf ich doch nicht dadurch Recht geben, dass ich ihr Zerstörungswerk akzeptiere.
Anmerkung Orlando Pascheit: Alle Jahre wieder beglückt uns die Bundesbank mit Daten zur Vermögensbildung der privaten Haushalte. Da wird in vielen Reden zum 1. Mai die Zunahme an schlecht bezahlter Arbeit beklagt, man könnte meinen, ist doch gar nicht so schlimm: Jeder Haushalt hat doch75 800 Euro auf der hohen Kante.
Dass die Bundesbank den Anstieg des durchschnittlichen Geldvermögens bestenfalls unkommentiert in die Welt setzt – Axel Weber wird uns das schon noch als frohe Botschaft verklickern -, war zu erwarten, aber von der Frankfurter Rundschau ist doch Kommentar und Analyse zu einzufordern. Wie oft schon musste auf den NachDenkSeiten auf die Problematik von Durchschnittswerten hingewiesen werden, da die Verteilung in dieser Betrachtungsweise vollkommen außer acht gelassen wird. Denkbar ist ohne weiteres, dass ein Haushalt 114.600 Geldvermögen und ein anderer 38.800 Verbindlichkeiten aufweist. Nach älteren Datensätzen des DIW (2002) und auf einer personellen Berechnungsmethode besitzt das reichste Zehntel der Bevölkerung fast zwei Drittel des gesamten geldwerten Vermögens, dagegen verfügen mehr als zwei Drittel der Bevölkerung nur über einen Anteil am Gesamtvermögen von weniger als zehn Prozent. Noch deutlicher wird die statistische Verzerrung durch Durchschnittswerte, wenn man bedenkt, dass 5,3% der Bevölkerung verschuldet (negatives Vermögen) und 24,3% ohne Vermögen sind. Der immer noch zurückgehaltene Dritte Armuts- und Reichtumsbericht wird sicherlich aufzeigen, dass sich die Situation weiter verschärft hat.
Vergleiche dazu: Bundesbank: Die Deutschen sind im Durchschnitt reicher geworden.
Dazu passt:
Einzelhandelsumsatz im März 2008 real um 6,3% gesunken
Nach vorläufigen Ergebnissen des Statistischen Bundesamtes (Destatis) setzte der Einzelhandel in Deutschland im März 2008 nominal 3,7% und real 6,3% weniger um als im März 2007. Der Einzelhandel mit Lebensmitteln, Getränken und Tabakwaren setzte im März 2008 nominal 4,4% und real 9,2% weniger um als im März 2007. Bei den Supermärkten, Selbstbedienungs-Warenhäusern und Verbrauchermärkten wurde nominal 4,3% und real 9,2% weniger als im Vorjahresmonat umgesetzt. Beim Facheinzelhandel mit Lebensmitteln lagen die Umsätze nominal um 5,8% und real um 9,1% niedriger.
Quelle: Statistisches Bundesamt
Anmerkung: Aber unsere Wirtschaftsforscher und die Bundesregierung behaupten in ihren Wachstumsprognosen immer noch, dass die Binnennachfrage die rückläufige Weltkonjunktur kompensieren könne.
Sozialversicherungsfreiheit: Außerdem profitiert die betriebliche Altersvorsorge von einer Sozialversicherungsfreiheit: Bei Betriebsrenten gilt das erneut unbegrenzt, für alle anderen Durchführungswege sind 2.544 Euro sozialversicherungsfrei. Das gilt für Gehaltsbestandteile, die unter der Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung liegen. Allerdings ist dabei zu beachten: Wer weniger Beiträge in die Rentenversicherung einzahlt, bekommt später entsprechend weniger Rente.
Riestern über den Betrieb: Statt des Steuerprivilegs können Arbeitnehmer auch die Option wahrnehmen, bei der betrieblichen Altersvorsorge die Riester-Förderung in Anspruch zu nehmen. Die Beiträge werden dann aus dem bereits versteuerten Nettoeinkommen gezahlt, und die Sparer haben Anspruch auf die entsprechende Zulage sowie auf den Sonderausgabenabzug. In diesem Fall wird also die betriebliche Altersvorsorge mit der Riester-Förderung kombiniert. Experten raten allerdings davon ab, weil sowohl in der Anspar- als auch in der späteren Auszahlphase Beiträge zu Kranken- und Pflegeversicherung fällig werden.
Nachgelagerte Besteuerung: Die Steuerförderung von heute holt sich der Staat im Alter natürlich zurück. Alle Auszahlungen aus der betrieblichen Altersvorsorge müssen grundsätzlich versteuert werden. Betriebsrenten werden im Alter als “Einkünfte aus nicht selbstständiger Arbeit” behandelt und müssen voll versteuert werden. Abziehbar sind lediglich ein Pauschalbetrag von 102 Euro, der Versorgungsfreibetrag sowie der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag. Beide betragen 2008 zusammen 3.432 Euro, werden jedoch bis 2040 für jeden neuen Rentnerjahrgang schrittweise abgeschmolzen.
Quelle: Ihre Vorsorge
Anmerkung Martin Betzwieser: Vielen Dank für die Warnung, aber beitragsfreie Entgeltumwandlung bedeutet nicht nur weniger Rente im Alter, sondern eine entsprechende Kürzung aller Entgeltersatzleistungen, die vom verminderten Sozialversicherungsbrutto berechnet werden, also auch:
Jeder beitragsfrei umgewandelte Euro bedeutet für die Sozialversicherungsträger einen Verlust von ca. 35 bis 40 Cent – also weitere finanzielle Engpässe. Also warum wird es immer als so verdammt attraktiv dargestellt, Versicherungsbeiträge zu sparen? Und dann noch die nachgelagerte Besteuerung: „Die Steuerförderung von heute holt sich der Staat im Alter natürlich zurück. Alle Auszahlungen aus der betrieblichen Altersvorsorge müssen grundsätzlich versteuert werden.“ Das klingt ja auch nicht wirklich vielversprechend. Wer weiß schon, wie sich in X Jahren die Steuersätze für solche Bezüge entwickelt haben werden.
Mehr Inflation wagen
Top-Ökonomen kritisieren Inflationsziel der Europäischen Zentralbank als zu ehrgeizig und riskant. – Unter den europäischen Top-Ökonomen ist eine hitzige Debatte über das richtige Inflationsziel der Europäischen Zentralbank (EZB) entbrannt. Zehn Jahre, nach dem es sich die Notenbank auferlegt hat, die Teuerungsrate dauerhaft unter zwei Prozent zu halten, kritisieren immer mehr Volkswirte dieses Ziel als “zu ehrgeizig”.
Quelle FR
Kommentar: Immerhin organisiert sich Widerstand gegen den Wahn der EZB, mit Geldpolitik gegen Ölpreis- und Lebensmittelpreiserhöhungen großen Stils anzugehen.
Einmal pro Generation explodieren die Preise
Der französische Agrarexperte Marcel Mazoyer über Nahrungsmittel für zehn Milliarden Menschen und eine hellgrüne Revolution für Afrika.
Quelle: Freitag
Anmerkung Orlando Pascheit: Wer je gehofft hat, dass die derzeitige Krise des globalen Kapitalismus ein auch nur vorsichtiges Umdenken bei den zentralen Instanzen desselben bewirken würde, wird durch diese Studie der OECD eines Besseren belehrt. Da sind wir gerade Augenzeuge des kollektiven Versagens einer ganzen Reihe von Finanzinstitutionen wie Banken, Ratingagenturen, Anleiheversicherer und Hedgefonds sowie sämtlicher staatlicher Aufsichtsorgane der hoch entwickelten Industrienationen, – und die OECD, zentrale Denkfabrik der westlichen Welt, empfiehlt, dass eben diese Versager uns über die steigende Komplexität von finanziellen Produkten und Dienstleistungen aufklären und durch Werbekampagnen das Bewusstsein über die große Bedeutung der privaten Vorsorge stärken sollten. “Governments have a responsibility to educate and promote a ‘culture’ of financial responsibility among their citizens and, in particular, young people. The pensions and insurance industry should make financial education central to its governance responsibilities to customers and investors.”
Wir, die Normalbürger, “often overestimate their understanding of risks and are typically not saving enough to secure an adequate retirement income.” Solche Aussagen sind geradezu grotesk. Wenn jemand das Verständnis für die Risiken von komplexen, finanziellen Produkten und Dienstleistungen überschätzt hat, dann doch die hochgradigen Spezialisten der Finanzindustrie und deren staatliche Pendants. Schlimmer noch, es ist davon auszugehen, dass diese Spezialisten die ersten Krisenzeichen in ihren eigenen Instituten wissentlich ignorierten, um weiterhin ihre fetten Boni zu kassieren. Wer angesichts der beträchtlichen Verluste der Pensionsfonds in den USA und Großbritannien, ja selbst der Schweizer Pensionskassen, im Gefolge des Crashs von 2000 und der jetzigen Krise ein kapitalgedecktes Rentensystem empfiehlt, ist entweder kriminell oder strohdumm – oder beides. Dieses System ist eingebettet in einen Finanzmarkt, von dem Adrian Blundell-Wignall, Deputy Director beim Directorate for Financial and Entreprise Affairs der OECD kürzlich noch sagte: “It will no longer be possible to assert the view that we have the best of all possible financial systems”. Weiter heißt es: “The OECD believes that fundamental reform of the financial system and its regulation has to be a key focus of the policy debate going forward.”
Die Rede von einer fundamentalen Reform der Finanzmärkte durch OECD und IWF wird als beschwichtigendes Geschwätz entlarvt, wenn damit nicht die Einsicht verbunden ist, dass die heutige Form des globalen Wirtschaftssystems nicht natur- oder gottgegeben ist, sondern von Menschen gemacht ist. Diese Geschichte beginnt mit der politisch gewollten Entfesselung der Marktkräfte bzw. der Hoffnung auf all die kleinen und großen Smithschen Nutzenmaximierer, welche den Markt effizient im Gleichgewicht halten sollen. Für das Programm standen einst die Namen Ronald Reagan und Margaret Thatcher, und es setzte und setzt sich auf dem alten Kontinent fort in der Schaffung eines liberalisierten und deregulierten Europäischen Binnenmarktes.
Da wird heute mit der größten Selbstverständlichkeit vom „growing shift to defined-contribution pension schemes in OECD countries, which transfer longevity and investment risks to households“ gesprochen. Nur, wer hat denn die Veränderung der Vorsorgesysteme in den OECD-Ländern durchgesetzt und die Risiken vermehrt auf die Haushalte übertragen? Für Deutschland stehen hier die Namen Schröder, Riester und Rürup. Und die befreite Finanzwirtschaft applaudiert und honoriert die erfolgreichen Propagandisten dieses „growing shift“ u.a mit diversen Beraterverträgen und Aufsichtsratsposten. Geradezu zynisch mutet die Forderung der OECD an, die Medienkampagne speziell auf „vulnerable people“ auszurichten, gemeint sind Immigranten oder Bürger mit wenig Erspartem. In Deutschland sind an die 30% der Bevölkerung verschuldet oder besitzen kein Vermögen. Weltweit hat in den letzten Jahren eine kleine Wirtschaftselite enorme Reichtümer angehäuft, während die Einkommen der Arbeiter und Angestellten unter Druck gerieten. Die neuesten Zahlen zum Einzelhandel in Deutschland, England oder Spanien und das rapide Absinken des Verbrauchervertrauens in den USA und Frankreich lassen auf einen weiteren Einbruch der Massenkaufkraft schließen. Da stehen wir an einem in der neueren Zeitrechnung noch nie erreichten Abgrund der Einkommenskluft zwischen Arbeit und Kapital, und „the people“ sollen durch Werbefeldzüge des Staates, der Banken und der Versicherungswirtschaft darüber aufgeklärt werden, dass und wie wir unser Geld in private, höchst fragwürdige Vorsorgeprodukte anlegen sollen, um weiterhin das Finanzkapital zu mästen.
Anmerkung AM: Es soll noch mehr für Privatvorsorge geworben werden. Dabei begegnen wir dieser doch bereits auf Schritt und Tritt. Die OECD voll im Griff der Finanzwirtschaft!
Siehe dazu auch:
Anmerkung: In Österreich ist schon die elektronische Gesundheitskarte eingeführt und es gibt enorme Probleme. Auf einer Veranstaltung zur E-Card in Frankfurt empfahl der Moderator (Dr. Bernd Hontschik, gebürtiger Österreicher) die Internetseite des österreichischen Hausärzteverbandes. Da kann man es mit der Angst zu tun bekommen…
Quelle: Österreichischer Haussärzteverband (E-Card-Tagebuch anklicken)
Die Reaktionen in den Verlegerhäusern erfolgten prompt, so etwa in der FAZ
NachDenkSeiten-Leser W.S. schrieb dazu einen Kommentar, der in der „FAZ“ nicht veröffentlicht wurde:
Dieser Film muss der “FAZ” ziemlich an die Nieren gegangen sein.
“Denn nach einem solch peinlichen Stück der Selbstbeweihräucherung und einem solchen Ausmaß manipulativer Techniken muss man lange suchen.”
“Allerdings ist es schon etwas absurd, sich ein mit Gebühren finanziertes Stück ansehen zu müssen, das ein derartiges Zerrbild der Lage zeichnet und die Kritiker der Sender monströs karikiert.”
“Eine Lachnummer.”
“Lächerlich aber wirkte er nur selbst.”
Wer hier der ARD “Selbstbeweihräucherung” unterstellt, muss sich natürlich fragen lassen, für wen er denn selbst Lobbyismus betreibt. Dass hier einem Reporter der “FAZ” (natürlich) die ÖR-Konkurrenz im Internet stört, ist sogar verständlich. Aber mit welchen “Argumenten” (s. o.) hier der öffentlich-rechtliche Rundfunk kritisiert wird, liegt schon auf “BILD”-Niveau. Und damit ist Michael Hanfeld nicht allein. Wenn man beispielsweise die Kritiken seiner Kollegen von “Focus”, “Kölner Stadtanzeiger” oder “Handelsblatt” liest, bekommt man in etwa
einen Eindruck, wie viel Angst man schon in den Verlegerhäusern vor den „Inseln der Qualität“ haben muss.
So wird beispielsweise im “Focus” das angebliche “Niveau” von “Bully sucht die starken Männer“ und Champions-League gegenüber “Schmidt & Pocher” gelobt. Und das sagt eigentlich schon alles, wenn man bedenkt, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk noch ein klein wenig mehr als nur “Schmidt & Pocher” ist.
Anmerkung WL: Man mag die eitle Selbstdarstellung von Thomas Leif kritisieren, sollte damit aber nicht von seiner berechtigten Kritik ablenken.
Anmerkung WL: Der Wahlausgang in GB sollte auch den deutschen Sozialdemokraten zu denken geben. Sie haben ja das New Labour-Programm adaptiert. Und wenn sie so weiter machen, dann werden sie sich auch bald als drittstärkste Partei wiederfinden. Tragisch ist, dass die Wahlabstinenz den britischen Konservativen Traumergebnisse ermöglicht. Wenn in London 60 Prozent der Wahlberechtigten gar nicht mehr zur Wahl gehen, dann zeigt das auch, dass sie gar keine Wahlalternative mehr sehen.
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