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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 21. April 2008 um 9:03 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
Verantwortlich:

(KR/AM)
Vorbemerkung: Dieser Service der NachDenkSeiten soll Ihnen einen schnellen Überblick über interessante Artikel und Sendungen verschiedener Medien verschaffen.

Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind.
Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. SZ: Das große Schweigen
    Die Pressestelle der “Süddeutschen” ist dicht, Transparenz für die neuen Besitzer ein Fremdwort. Dafür denken sie über eine Gratiszeitung nach.
    Quelle: TAZ
  2. Der Feind an meiner Seite
    Die Personalpolitik mit Hilfe von Privatschnüfflern zeigt, wie tief der Riss zwischen Belegschaft und Chefetage vielerorts ist. Bislang ist wenig Bereitschaft zu erkennen, daran etwas zu ändern.
    Quelle: FR
  3. Der “Fall Lüderitz” endet mit Entlassung
    Das Kulturamt der Stadt Wiesbaden reagiert auf den Beitrag über den Ein-Euro-Jobber Lüderitz im Stadtarchiv in der ARD-Sendung “Panorama” mit dessen Entlassung.
    Quelle: Wiesbadener Kurier
  4. Mitarbeiteraktien: Steuervorteil für Klumpenrisiken
    Beschäftigte, die sich finanziell am Unternehmen ihres Arbeitgebers beteiligen, sollen künftig stärkere steuerliche Vorteile genießen. Doch renommierte Finanzwirtschaftler raten dringend davon ab, Klumpenrisiken zu bilden. Diversifikation, also die Streuung von Risiken, ist ein zentrales Gebot bei der Geldanlage. Die Unionsfraktionen sind für die Warnungen taub. Sie sind von dem Modell einer direkten Kapitalbeteiligung der Arbeitnehmer an ihrem Unternehmen nicht abzubringen, weil sie wie die Lobbyorganisationen der Arbeitgeber, BDI und BDA, denken.
    Quelle: FR
  5. Der Entwurf des BKA-Gesetzes zum Download
    Seit einigen Tagen geistert der aktuelle Entwurf eines Gesetzes zur Abwehr von Gefahren des internationalen Terrorismus durch das Bundeskriminalamt (BKA-Gesetz) durch die Medien und die Politik. Leider sind die beteiligten Ministerien nicht in der Lage, bzw. ist es anscheinend nicht gewollt, den Entwurf auch transparent als Diskussionsgrundlage online zu stellen. Freundlicherweise wurde er Netzpolitik.org zur Verfügung gestellt und steht dort zum Download bereit.
    Quelle: Netzpolitik.org
  6. Wer rettet die Globalisierung?
    Die Angst vor der sozialen Spaltung prägt längst die Debatte in beinahe allen Wohlstandsländern. Das wird nirgendwo deutlicher als in den Vereinigten Staaten. – Die globale Vernetzung von Unternehmen und Märkten ist eine Einbahnstraße. Wer die Umkehr versucht, müsste mit einem drastischen Verlust an Wohlstand bezahlen. Aber nun rächt sich, dass Manager und Politiker über Jahre den steten Druck auf Löhne und soziale Absicherung damit rechtfertigten, dies sei nötig, um im internationalen Wettbewerb zu bestehen. Das war zwar fast immer nur ein Vorwand, um Unternehmen und ihren Eigentümern Steuervorteile zu verschaffen oder von der Finanzierung der sozialen Absicherung freizustellen. In der Folge ist aber jetzt tatsächlich der Glaube weit verbreitet, die Globalisierung selbst sei das Problem und nicht deren Gestaltung durch die jeweiligen nationalen oder übernationalen Regeln und Gesetze.
    Quelle: Tagesspiegel

    Lesen Sie zum Kontrast einen typischen Artikel (aus derselben Zeitung!) über Globalisierung, der die Handlungsmöglichkeiten und damit die Verantwortung der Politik ausblendet:

    Deutschlands Mittelschicht: In der Mitte wird es eng
    Jahrzehntelang hat die Mittelschicht das Land geprägt, doch jetzt geht hier die Angst um: Wo früher Aufstieg möglich war, droht nun der Abstieg – eine Folge von Globalisierung und ins Ausland verlagerter Arbeit.
    Quelle: Tagesspiegel

  7. Das Ende des Laissez-Faire – wieder zu spät?
    Wenn die wirtschaftspolitische Beratung, die in den Massenmedien (vorwiegend) propagierte Wirtschaftslehre und die aus Steuermitteln finanzierte ökonomische Forschung und Lehre auf eine herrschende Doktrin festgelegt, pluralistischer Theorienwettbewerb und deren personale Träger ausgeschlossen werden, ergeben sich Situationen wie die gegenwärtige: Das Kind fällt in den Brunnen, weil ihn rechtzeitig abzudecken den freien Markt zu reglementieren bedeutete, und das wäre wider die herrschende Lehre. Von Karl Georg Zinn.
    Quelle: Zeitschrift Sozialismus online, Heft Nr. 4 (April 2008), 35. Jahrgang, Heft Nr. 320
  8. Privatisierung der Bahn: Halb Deutschland ist dagegen
    Nach monatelangem Gezerre kam es im Bahn-Streit endlich zum Kompromiss – doch jetzt stellt sich heraus: Die Mehrheit der Deutschen lehnt eine Bahnprivatisierung ab.
    Quelle: sueddeutsche

    Kommentar Orlando Pascheit: Leider wird es immer offensichtlicher, dass Politik und Medien in zunehmendem Maße den Willen der Bevölkerung ignorieren. Nicht jeder formuliert das so dreist, wie Ex- Bundespräsident Roman Herzog: „Es gibt auch ein Grundrecht auf Dummheit“. Da ist dann, wenn die Effizienzgewinne der riesigen Liberalisierungs-, Deregulierungs- und Privatisierungswelle der letzten zwei Jahrzehnte ausbleiben, eher von der Langfristperspektive oder der komplexen Materie die Rede, vor der der einfache Bürger kapitulieren müsse. Man muß aber schon sehr abgehoben bzw. uninformiert sein, um nicht zu wissen, dass eine deutliche Mehrheit der Bevölkerung die Bahn, die Post oder die Energieversorgung in staatlicher Hand sehen möchte. Insofern verwundert es doch sehr, dass die Süddeutsche Zeitung das am Freitag veröffentlichte Politbarometer des ZDF bemühen muß, um jetzt festzustellen: „Die Mehrheit der Deutschen lehnt eine Bahnprivatisierung ab.“

    Vielleicht dauert es einfach, bis diese Realität den ideologischen Panzer unserer privatisierungsgläubigen, wirtschaftsnahen Journalisten durchdringt, wo doch selbst in der SPD der Einstieg in die Börsenkapitalisierung schon fast gelungen ist. Auch mit der Emnid-Umfrage vom Sommer letzten Jahres, welche zu einem ähnlich Ergebnis kam, tat sich die Auftrag gebende ZEIT in ihrer Analyse recht schwer. Da war dann viel von „Angst“ sowie ,„Realitätsverweigerung“ und ähnlichem die Rede, letztendlich mußte man immerhin einräumen: „Die Zeiten, in denen man dem Staat nichts zutraute und unterstellte, dass private Akteure fast alles besser oder günstiger bereitstellen könnten, sind gründlich vorbei“.

    Wann endlich begreifen Journalisten und Politiker: Der Bürger hat nicht irgendwelche vagen Ängste. Er befürchtet aus gutem Grund, dass eine privatisierte Bahn, die nach betriebswirtschaftlichen Kalkül Strecken stilllegt und dort fährt und zwar so oft, wie sie beste Rendite abwirft, gesellschaftlich gesehen noch lange nicht rentabel fährt – im Gegenteil, der Schaden wäre immens.

  9. Bahnverkauf: Drei Fragen an Kurt Beck
    Warum nennt Kurt Beck nicht Roß und Reiter? Wer sind die Investoren? Von Winfried Wolf.
    Quelle: Junge Welt

    Kommentar AM: Der Hinweis darauf, dass Beck mit den potentiellen Investoren gesprochen hat, ist interessant. – Warum man aber bei einer Verscherbelung an Gasprom mehr Bedenken haben sollte als beim Verscherbeln an eine westliche Heuschrecke wie Blackstone, das verstehe ich nicht.

  10. Angeschlagene Glaubwürdigkeit des Libor
    In den letzten Tagen sind am Finanzmarkt Zweifel am wichtigen Referenzzinssatz Libor aufgetaucht. Inzwischen untersucht die britische Bankenvereinigung Fehlangaben seitens der Banken. Verdacht auf bewusste Beschönigungen seitens der Banken.
    Quelle: NZZ

    Kommentar Orlando Pascheit: Man mag es gar nicht glauben , dass die Libor-Zinsen, welche die Referenzzinssätze für zahllose Finanzmarktgeschäfte bilden, getürkt sein könnten. Selbst einige Zentralbanken steuern ihre Geldpolitik durch ein Libor-Zwischenziel. Das vermutete Motiv, “um selbst im Markt besser dazustehen”, ist allerdings schönfärberisch umschrieben. Es geht doch schlicht um Vorteilsnahme: Wenn die Banken Kredite aufnehmen, zahlen sie bei einem niedrigeren Libor-Richtsatz entsprechend weniger Zinsen.

    Wenn sich dieser Verdacht bestätigen sollte, wären die Folgen verheerend. In normalen Zeiten liegen die Liborsätze nur wenig über den Leitzinsen der Notenbanken, aber durch die Misstrauen schürende Kreditkrise stiegen die Richtsätze auf den höchsten Stand seit zehn Jahren. Sollten diese Richtsätze nach oben hin korrigiert werden müssen, würden sich die Liquiditätsprobleme vieler Banken weiter verschärfen.

  11. Jede vierte Familie in Deutschland ist arm
    Immer mehr Menschen sind in Deutschland von Armut betroffen. Das geht aus einem Entwurf des “Armuts- und Reichtumsberichts” hervor, den Arbeitsminister Olaf Scholz demnächst im Bundeskabinett vorlegen will. Dem auch als Bericht zu den “Lebenslagen in Deutschland” bezeichneten Papier zufolge sind laut “Sozio-oekonomischem Panel” (SOEP) 18 Prozent der Deutschen arm. Besonders stark betroffen sind Familien. Hier liegt die Armutsquote bei 26 Prozent
    Quelle: SPIEGEL
  12. Bildungshunger
    Zweiklassengesellschaft am Mittagstisch: Das Geld, das Kindern von Hartz-IV-Empfängern zur Verfügung steht, reicht an vielen Ganztagsschulen nicht einmal für ein warmes Essen.
    Quelle: TAZ
  13. Vier große Spieler
    Vor zehn Jahren setzte die Bundesregierung eine EU-Richtlinie in nationales Recht um. Erste Städte und Kommunen verkauften ihre Stromversorger. Heute werden 80 Prozent des Stroms in Deutschland von den vier großen Konzernen Vattenfall, Eon, RWE und EnBW produziert. Ihre Gewinne haben sich seither vervielfacht, zugleich ist der Strompreis seit dem Jahr 2000 um mehr als 50 Prozent gestiegen.
    Quelle: Tagesspiegel

    Anmerkung Orlando Pascheit: Das die EU-Richtlinie berücksichtigende Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) von 1998 enthält zweifellos wunderbare Passagen. Zweck des EnWG ist die “möglichst sichere, preisgünstige, verbraucherfreundliche, effiziente und umweltverträgliche leitungsgebundene Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität und Gas” (§ 1 Abs. 1 EnWG). Ferner ist da die Rede von der Sicherstellung eines wirksamen und unverfälschten Wettbewerbs. – Wir warten immer noch.

  14. Der schwarze Winkel
    Vor siebzig Jahren initiierte das Nazi-Regime die Aktion »Arbeitsscheu Reich«. Der 21. April 1938 leitete den Höhepunkt der Verfolgung von »Asozialen« ein
    Quelle: Junge Welt

    Anmerkung Orlando Pascheit: Aus gegebenem Anlass habe ich dazu schon einmal geschrieben und möcht dies noch einmal wiederholen:
    Wir wähnen uns immer so weit entfernt von jenen Zeiten und propagieren bei jeder Gelegenheit die Unwiederholbarkeit der NS-Schandtaten. Aber Geschichte wiederholt sich nicht in seiner äußeren Form. Aber wie beginnt heutzutage Ausgrenzung? Heute haben wir die Aktion “Fördern und Fordern”, da schwingt dann schon mit, dass derjenige, der sich nicht fordern lässt, auch keine Förderung verdient. Gewiss wird heute nicht vom “Gemeinschaftsfremden” gesprochen, auch nicht von “Volksgemeinschaft”, aber ist der Titel der unsäglichen Broschüre des damaligen Wirtschaftsministers Clement “Vorrang für die Anständigen – Gegen Missbrauch, „Abzocke“ und Selbstbedienung im Sozialstaat” so weit entfernt von solcher Gesinnung?

    So werden dann aus Opfern einer verfehlten Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik arbeitsscheue Asoziale gemacht. Wobei schon rein rechnerisch bei 3,5 Mio. Arbeitlosen und 1,5 Mio. offenen Stellen (sehr optimistische Zahlen) etliche beim Fördern und Fordern rausfallen. Diese übriggebliebenen 2 Mio. könnten laut Weltökonomen der Bildzeitung durch eine weitere Absenkung der Sozialhilfe und durch die Ausweitung des Niedriglohnsektors in Lohn und Brot kommen. Man muss also nur Druck auf diese Abzocker machen. Die obszöne Agitation der Bildzeitung unter Mitwirkung bekannter Wissenschaftler gegen Hartz-IV-Empfänger als arbeitsscheue Schmarotzer kommt der Selektion des Menschen in seinem Wert oder Unwert für den “Volkskörper” sehr nahe.

  15. Der große Ausverkauf kommt auf Touren
    Polens Gesundheitswesen vor Teilprivatisierung. Rentnern droht Pauperisierung.
    Quelle: Junge Welt

    Anmerkung Orlando Pascheit: Da haben wir uns über einige nationalistische Töne der Vorgängerregierung gewundert. Jetzt endlich kommt die freie Marktwirtschaft.

  16. Hochschulrektoren sorgen sich wegen Studienabbrechern
    Ein Ziel der Umstellung auf Bachelor-Abschlüsse war es, die Abbrecherquote zu senken. Doch laut einer Studie des Hochschul-Informations-Systems (HIS) ist dieser Anteil in den straff organisierten Bachelor-Studiengängen zu hoch. «Oftmals wurden die Inhalte, die früher in einem Studiengang mit neun Semestern vermittelt wurden, in sechs Semester gepackt», bemängelte die Präsidentin der Hochschulrektorenkonferenz, Margret Wintermantel. Das überfordere viele Studenten. Zugleich bekräftigte sie die Forderung nach mehr Geld für eine bessere Betreuung der Studenten.
    Quelle: Berliner Zeitung
  17. Gesucht: Gerechtigkeit
    In der Metall- und Elektroindustrie krempeln 4000 Firmen ihre Lohnstruktur um. Erstmals seit Jahrzehnten wird der Wert der Arbeit neu bemessen. Das sorgt für Ärger in den Betrieben.
    Quelle: FTD
  18. Der Film, der seinen Zweck verfehlte
    Er suchte eine Antwort auf die Inszenierung des “Teufels”: Im Auftrag der US-Regierung arbeitete Hollywood-Regisseur Frank Capra in den vierziger Jahren an einem “Gegengift” zur Nazi-Propaganda. Die Wirkung seiner Filme auf die GIs in Deutschland verpuffte – dafür hält sie in den USA bis heute an.
    Quelle: SPIEGEL online


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