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NachDenkSeiten – Die kritische Website
Titel: Ein aufschlussreicher Blick hinter die Berliner Kulissen: Es gibt gute und es gibt böse Bomben!
Datum: 15. Februar 2016 um 17:08 Uhr
Rubrik: Aktuelles, Bundesregierung, Militäreinsätze/Kriege, Strategien der Meinungsmache
Verantwortlich: Albrecht Müller
In den Hinweisen II vom 12. Februar gab es einen Link auf ein Video von „jung & naiv“. Diese Aufnahme von der Bundespressekonferenz ist ein spannendes Dokument der Zeitgeschichte.
Es offenbart das einseitige Denken der Vertreter der Bundesregierung und ihre Einteilung der Welt in Gut und Böse. Deshalb präsentieren wir es noch einmal als Video und dank der Hilfe eines NachDenkSeiten-Lesers verschriftet. Siehe unten. Dort dann auch noch ein notwendiger Widerspruch zu einer Anmerkung von Jens Berger in den Hinweisen vom Freitag zu einem Interview von Ex- Bundeswehrgeneral Kujat. Zunächst aber zur Bundespressekonferenz. Albrecht Müller.
Hier holt er sich durch Blickkontakt den Rat des Sprechers von Verteidigungsministerin von der Leyen. Der Blickkontakt kann nicht sehr ergiebig gewesen sein. Fischer beantwortet die Frage nicht und geht stattdessen in die Offensive, jedenfalls glaubt er das und vermutlich folgen ihm dabei auch einige der anwesenden Journalistinnen und Journalisten:
Sebastian Fischer, Auswärtiges Amt: Die Frage, ob man etwas ausschließen kann, ist immer eine schwierige Frage. Ich frage mich ganz ernsthaft, wie Sie diese Luftangriffe denn sehen. Sehen Sie … meinen Sie, dass da genau das Gleiche stattfindet? Ist es genau dasselbe, was die Russen machen, wie die internationale Koalition?
Insgesamt ist zum Ende dieser Auswertung des Videos von jung & naiv anzumerken: Respekt vor der Arbeit von Tilo Jung und seinen Mitwirkenden. Ich möchte unsere Leserinnen und Leser ausdrücklich ermuntern, sich des Informationsangebotes von jung & naiv in Ergänzung zu den NachDenkSeiten zu bedienen.
Zu Jens Bergers Anmerkungen zum Interview des ehemaligen Generalinspekteurs der Bundeswehr Kujat mit der Passauer Neuen Presse:
Der Hinweis 1 vom vergangenen Freitag enthielt nicht nur den Link auf das Video von „jung & naiv“. Dort war in einer Anmerkung zu einem Artikel von Spiegel Online auch Kritisches von Jens Berger zu einem Interview der Passauer Neuen Presse mit Herrn Kujat nachzulesen. Wie auch einige Leser der NachDenkSeiten konnte ich die Kritik Jens Bergers nicht nachvollziehen. Kujats Interview – siehe hier die einschlägigen Stellen – war eine von wenigen mäßigenden Äußerungen in einem ganzen Wust von eskalierenden bis aggressiven Artikeln und Sendungen der vergangenen Tage. Immer wieder wurde die alte Aggression gegen die Russen im Allgemeinen und gegen Putin im Besonderen aufgewärmt. Ich wähnte mich versetzt in den Kalten Krieg der fünfziger und sechziger Jahre des letzten Jahrhunderts und war deshalb froh, als ich vom Interview mit dem früheren Generalinspekteur Kujat las. Umso mehr hat mich die Anmerkung von Jens Berger irritiert. Sie ist durch die Äußerungen von Herrn Kujat nicht gerechtfertigt. – Jens Berger sieht im Übrigen inzwischen ein, dass die Kommentierung nicht angebracht war.
Anhang 1:
Verschriftung des nachstehenden „Jung & Naiv“-Videos – Bundespressekonferenz 12.02.2016
Textdubletten: jeweils kursiv gekennzeichnet.
Tilo Jung (Blog Jung & Naiv): Herr Fischer, können Sie ausschließen, dass westliche Luftangriffe in Syrien zivile Ziele getroffen haben?
Sebastian Fischer, Auswärtiges Amt: Die Frage, ob man etwas ausschließen kann, ist immer eine schwierige Frage. Ich frage mich ganz ernsthaft, wie Sie diese Luftangriffe denn sehen. Sehen Sie … meinen Sie, dass da genau das Gleiche stattfindet? Ist es genau dasselbe, was die Russen machen, wie die internationale Koalition?
Tim Szent-Ivanyi (DuMont Redaktionsgemeinschaft sowie Vorstandsmitglied Bundespressekonferenz): Pardon, ich würde ungern hier in so einen Dialog eintreten. Vielleicht können Sie das bilateral klären.
Jung: Sie reden jetzt gerade immer von den Luftangriffen der anderen. Mich würde mal von Herrn Nannt interessieren, was machen denn „unsere“ Luftangriffe, also die des Westens? Können Sie uns mal sagen, wie viele Luftangriffe z.B. diese Woche geflogen wurden oder in diesem Monat? Dieses ist ja nichts anderes als was die Russen in Syrien machen.
Fischer: Sie versuchen zum wiederholten Mal hier, die Luftangriffe, die es von Seiten der internationalen Koalition gibt, mit den russischen Luftangriffen gleichzusetzen, und das ist einfach nicht gleichzusetzen, Herr Jung. Das wissen Sie, das haben Sie hier schon ein paar Mal mitgeteilt bekommen, und ich frage mich ganz ernsthaft, wie Sie diese Luftangriffe denn sehen. Sehen Sie … meinen Sie, dass da genau das Gleiche stattfindet? Ist es genau dasselbe, was die Russen machen, wie die internationale Koalition?
Szent-Ivanyi: Pardon, ich würde ungern hier in so einen Dialog eintreten. Vielleicht können Sie das bilateral klären.
Fischer: Aber ich finde es eine relevante Frage, weil diese Frage in den letzten Wochen andauernd wieder gestellt worden ist.
Szent-Ivanyi: Das habe ich nicht bestritten. Ich wollte nur verhindern, dass es hier zu einem Dialog zwischen zwei Beteiligten auf dieser Pressekonferenz kommt.
Jung: Sie tun ja so, als ob der Krieg gegen ISIS, den Sie führen, was ganz anderes ist als das, was in Syrien passiert. Also, der Bürgerkrieg in Syrien ist etwas anderes als der Krieg gegen ISIS. Das wollen Sie uns ja weiß machen, richtig?
Fischer: Na ja, ich meine, wenn Sie sich also anschauen, ISIS ist eine internationale Terrororganisation, die von den Vereinten Nationen auch als solche bezeichnet worden ist. Der Bürgerkrieg in Syrien ist ausgebrochen, nachdem es dort zu friedlichen Demonstrationen gekommen ist, die darauf abzielten, dieses Land friedlich zu verändern. Erst als es zu massiven Repressionen des Regimes gegen die Bevölkerung gekommen ist, hat sich daraus ein bewaffneter Aufstand entwickelt, und diese Dinge gleichzusetzen, geht glaube ich völlig fehl.
Jung: Die Frage war an Herrn Nannt. Können Sie uns mal ein Update geben über die Luftangriffe von Ihnen in Syrien?
Boris Nannt (Stellvertretender Sprecher Bundesverteidigungsministerium): Wie gesagt, Sie wissen ja, dass sich die Bundeswehr nicht an den Luftangriffen beteiligt, sondern die Bundeswehr ist dort verantwortlich für …
Jung: Sie sind dort verantwortlich für die Koalition, da können Sie uns ja etwas sagen.
Nannt: Ich kann nicht für die Koalition sprechen, ich bin hier der Sprecher des Verteidigungsministeriums, und im Bereich der Bundeswehr sind wir dort im Bereich der Aufklärung beteiligt, wie Sie wissen. Wir machen dort auch die Luftbetankung, machen auch dort den Einsatz im Rahmen der Augsburg in der Fregatte, insofern kann ich Ihnen dazu nicht weiterhelfen.
Szent-Ivanyi (?): Herr Jung mit der letzten Frage zu diesem Komplex.
Jung: Vielen Dank. Herr Fischer, können Sie ausschließen, dass westliche Luftangriffe in Syrien zivile Ziele getroffen haben?
Fischer: Die Frage, ob man etwas ausschließen kann, ist immer eine schwierige Frage. Sie wissen, dass die westliche Allianz mit … die internationale Allianz, es sind ja auch viele arabische Staaten beteiligt, mit größter Sorgfalt und unter anderem mit Unterstützung aus Deutschland die Ziele aufklärt und diese erst angreift, wenn wirklich klar ist, dass das Ziele sind, die ISIS zuzurechnen sind. Und dabei bleibt es, das ist das Ziel und Sie können sicher sein, dass da mit größter Sorgfalt und Vorsicht vorgegangen wird.
Anhang 2:
CHARTA VON PARIS FÜR EIN NEUES EUROPA
PARIS 1990
Treffen der Staats- und Regierungschefs, der Teilnehmerstaaten der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE): Belgien, Bulgarien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Heiliger Stuhl, Irland, Island, Italien – Europäische Gemeinschaft, Jugoslawien, Kanada, Liechtenstein, Luxemburg, Malta, Monaco, Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, San Marino, Schweden, Schweiz, Spanien, Tschechische und Slowakische Föderative Republik, Türkei, Ungarn, Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken, Vereinigtes Königreich, Vereinigte Staaten von Amerika, Zypern
Paris, 19. – 21. November 1990
Sicherheit
Festigung der Demokratie und erhöhte Sicherheit fördern freundschaftliche Beziehungen zwischen uns.
Wir begrüßen die Unterzeichnung des Vertrags über Konventionelle Streitkräfte in Europa durch zweiundzwanzig Teilnehmerstaaten, der zu niedrigeren Niveaus der Streitkräfte führen wird.
Die Annahme eines substantiellen neuen Satzes vertrauens- und sicherheitsbildender Maßnahmen, der zu mehr Offenheit und Vertrauen zwischen allen Teilnehmerstaaten führt, findet unsere volle Zustimmung. Beide sind bedeutende Schritte hin zu erhöhter Stabilität und Sicherheit in Europa.
Die beispiellose Reduzierung der Streitkräfte durch den Vertrag über Konventionelle Streitkräfte in Europa wird – gemeinsam mit neuen Ansätzen für Sicherheit und Zusammenarbeit innerhalb des KSZE-Prozesses – unser Verständnis von Sicherheit in Europa verändern und unseren Beziehungen eine neue Dimension verleihen. In diesem Zusammenhang bekennen wir uns zum Recht der Staaten, ihre sicherheitspolitischen Dispositionen frei zu treffen.
Einheit
Das nun ungeteilte und freie Europa fordert einen Neubeginn. Wir rufen unsere Völker dazu auf, sich diesem großen Vorhaben anzuschließen.
Wir nehmen mit großer Genugtuung Kenntnis von dem am 12. September 1990 in Moskau unterzeichneten Vertrag über die abschließende Regelung in bezug auf Deutschland und begrüßen aufrichtig, daß das deutsche Volk sich in Übereinstimmung mit den Prinzipien der Schlußakte der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa und in vollem Einvernehmen mit seinen Nachbarn in einem Staat vereinigt hat. Die Herstellung der staatlichen Einheit Deutschlands ist ein bedeutsamer Beitrag zu einer dauerhaften und gerechten Friedensordnung für ein geeintes demokratisches Europa, das sich seiner Verantwortung für Stabilität, Frieden und Zusammenarbeit bewußt ist.
…
Sicherheit
Das sich wandelnde politische und militärische Umfeld in Europa eröffnet neue Möglichkeiten für gemeinsame Anstrengungen im Bereich der militärischen Sicherheit. Wir wollen auf den wichtigen Ergebnissen aufbauen, die im Vertrag über Konventionelle Streitkräfte in Europa und in den Verhandlungen über Vertrauens- und Sicherheitsbildende Maßnahmen erzielt wurden.
Wir wollen die VSBM-Verhandlungen auf der Grundlage desselben Mandats fortsetzen und sie möglichst bis zum KSZE-Folgetreffen in Helsinki 1992 abschließen. Wir begrüßen ferner den Beschluß der betroffenen Teilnehmerstaaten, die Verhandlungen über Konventionelle Streitkräfte in Europa auf der Grundlage desselben Mandats fortzusetzen und sie möglichst bis zum Folgetreffen in Helsinki 1992 abzuschließen. Nach einer Zeit innerstaatlicher Vorbereitung nehmen wir eine stärker strukturierte Zusammenarbeit zwischen allen Teilnehmerstaaten in Sicherheitsfragen in Aussicht, sowie Diskussionen und Konsultationen zwischen den vierunddreißig Teilnehmerstaaten, mit dem Ziel, 1992 nach Abschluß des Folgetreffens von Helsinki neue, allen Teilnehmerstaaten offenstehende Verhandlungen über Abrüstung sowie über Vertrauens- und Sicherheitsbildung aufzunehmen.
…
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