Ich möchte mich auf ein paar weiterführende Anmerkungen beschränken und gleichzeitig einige wichtige Links zur weiteren Information angeben. Die Links betreffen die Sendung selbst, die ARD-Doku „Rentenangst“, Raffelhüschens Bekenntnisse über die absichtliche Verschlechterung der Leistungsfähigkeit der gesetzlichen Rente, meine Speyerer Rede zur politischen Korruption, ein älteres aber aktuelles Interview im ARD-Morgen Magazin zur Interessenabhängigkeit der von Funk und Fernsehen bekannten Wissenschaftler, den Hinweis auf die einschlägigen Seitenzahlen in unserem kritischen Jahrbuch und einen alten Essay von Tom Schimmeck. Nun die angekündigten Anmerkungen: Albrecht Müller
- Es gab zwei Themen und sechs Personen. Kann man unter diesen Umständen ein so komplexes und von nur Wenigen in unserem Land wahrgenommenes Thema wie die politische Korruption ansprechen, die hinter der Entscheidung für die Privatvorsorge und ihre massive Förderung durch uns Steuerzahler steckt? Ich war mir des Risikos bewusst. Die Zusammenhänge sind nicht leicht und schnell zu erklären. Außerdem kommt sofort der Vorwurf der Verschwörungstheorie. – Der kommt aber sowieso. Und wenn wir beim Aufbau einer Gegenöffentlichkeit nicht erklären können, warum alle Welt in der hohen Politik, in Wissenschaft und Wirtschaft die Privatvorsorge in den Himmel hebt, dann fehlt ein wichtiges Glied in der Kette der Argumentation. Norbert Blüm sieht das übrigens ähnlich wie ich.
Die verrückte Tatsache, dass Steuergeld zur Subvention eines Produktes bezahlt wird, das uns mit der großspurigen Forderung nach mehr Eigenverantwortung verkauft wird, ist nur zu erklären, wenn man deutlich macht und belegt, dass Korruption im Spiel ist.
- Dazu blieb in der Sendung wenig Zeit. Aber zumindest ist ein Pflock eingeschlagen, ein Pflock mehr, und langsam spricht sich diese Tatsache herum.
Wir haben damit in den NachDenkSeiten und ich im Buch „Machtwahn“ ausführlich begonnen, dann kamen verschiedene Reden und Medien-Auftritte, es gab zwei Sendungen von Monitor und jetzt gab es einen richtigen Durchbruch mit der Sendung „Rentenangst“ des Saarländischen Rundfunks, einer Dokumentation der beiden Journalisten Ingo Blank und Dietrich Krauss. Siehe dazu Link D.
In meiner Speyerer Rede (B.) und in „Das kritische Jahrbuch – Nachdenken über Deutschland“ (G/Seite 75 bis 86) finden Sie eine Fülle von Material zum Thema politische Korruption und einen ausführlichen Teil zur Zerstörung des Vertrauens in die gesetzliche Rente zugunsten der Privatvorsorge. Von der Korruption der Wissenschaft, meiner Wissenschaft der Ökonomie, handelt ein Interview im Morgenmagazin, siehe C.
- Alle jene, die immer noch meinen, hier seien Verschwörungstheoretiker am Werk, sollten sich eine Passage in der ARD-Dokumentation „Rentenangst“ besonders aufmerksam anschauen. Dort protzt der bekannte Professor Raffelhüschen vor Versicherungsvertretern damit, dass er und Kollegen in der Rürup-Kommission dafür gesorgt hätten, die gesetzliche Rente auf eine Basisrente zu reduzieren.
Diesen Teil haben wir zu Ihrer bequemeren Nutzung in einem Auszug aus dem Manuskript der Sendung in den Hinweisen des Tages vom 18.3. schon gebracht und weisen hier ausdrücklich unter E. noch einmal darauf hin.
Bitte nutzen Sie dieses Dokument und alle anderen auch. Das Thema ist schließlich brisant genug und es geht um viel.
- Hier wird eine wichtige gesellschaftliche Einrichtung, die gesetzliche Rente, mutwillig und unnötigerweise zerstört. Sie wird zerstört, weil die Finanzwirtschaft, die Banken, die Versicherungen und die Finanzdienstleister daran Milliarden verdienen und weil sich Politiker, Wissenschaftler und Medien für dieses Zerstörungswerk hergeben. In der Regel gegen Geld, oft auch aus Unwissenheit und Unkenntnis ökonomischer Zusammenhänge. Das haben wir auf vielfältige Weise schon belegt. Die unten genannten Dokumente tun das noch einmal.
- In der Sendung mit Maybritt Illner sind außer dem Totschlagargument „Verschwörungstheorie“ auch noch zwei andere geläufige Argumentationsmuster verwandt worden:
- die Lohnnebenkosten müssten gesenkt werden, und
- die Alten lebten auf Kosten der Jungen.
Dass der Glaube an die zentrale Bedeutung der Senkung der Lohnnebenkosten so unverrückbar verankert ist, halte ich allmählich für ein Phänomen und für einen besonders schlüssigen Beweis dafür, dass Gehirnwäsche heute ohne Zweifel möglich ist.
Es ist für mich dennoch immer wieder überraschend, mit welcher Selbstverständlichkeit dieses Argument gebraucht wird. Und ich frage mich jedes Mal wieder, ob die Nutzer dieses Schlagworts daran glauben oder ob sie es als strategisches Element zu Gunsten ihrer Interessen oder ihres Milieus einsetzen.
- Ähnliches gilt für den Hinweis darauf, die Alten lebten auf Kosten der Jungen und diese Ungerechtigkeit werde durch die Umstellung auf Privatvorsorge behoben oder gemildert. Dieser Glaube zeugt von einer solchen Fülle von schrägem Denken, dass mich an einem solchem Abend dann wirklich Zweifel am Verstand unserer Eliten insgesamt befallen: Werden durch Privatvorsorge plötzlich mehr Kinder geboren, werden die gleich produktiv einsetzbar? Haben die so Argumentierenden vergessen, was die ganz Alten geleistet haben? Was sie für die Jungen investiert und getan haben? Begreifen diese Menschen nicht, dass die Antwort auf die Frage, ob die gesetzliche Rente den heute Jungen im Alter noch etwas und vor allem etwas ausreichendes bringt, 100 mal mehr von der Frage abhängt, ob wir die Arbeitslosigkeit abbauen, ob wir die sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnisse vermehren, ob wir die Erwerbsquote steigern, vor allem bei Frauen, und ob wir die Arbeitsproduktivität der hier arbeitenden Menschen steigern? Und dies hängt wiederum von guter Bildung und Ausbildung ab und von einer guten Infrastruktur – und nicht von demographischen Relationen oder von einer anderen Finanzierungsform der Altersvorsorge.
- In SpiegelOnline gab es einen Artikel zur Sendung mit Maybritt Illner, geschrieben von Reinhard Mohr, früher einmal Journalist des linken Pflasterstrand in Frankfurt, heute bei SpiegelOnline immer mal wieder gut für eine besonders dreiste Agitation zu Gunsten der neoliberalen Bewegung.
Mit Ausnahme des Hinweises darauf, dass die Sendung mit Themen und Personen zu voll gepackt war, fehlt diesem Essay jede sachliche Argumentation. Offensichtlich ist der Essay geschrieben worden, um eine Redaktion herunterzumachen und zu verunsichern, die es gewagt hat, Diskussionsteilnehmer einzuladen, die nicht nur oberflächlich gegen die herrschende Lehre streiten. Gemeint sind Norbert Blüm und ich.
Einer unserer Leser machte mich auf den Beitrag von Tom Schimmeck (Siehe F.) in der TAZ vom 17.9.2005 aufmerksam, „Arschlochalarm“. Dieser Beitrag über die Entwicklung des Spiegel und seiner Macher betrifft auch die Entwicklung von Reinhard Mohr von links nach rechts und seine Schreibe. „Arschlochalarm“ – ein passender Titel.
Links zu wichtigen Dokumenten:
- „Willkomen im Zweiklassenland“
Bei Maybritt Illner am 3.4.2008
- Speyerer Rede zur politischen Korruption vom 25.10.2007
- Albrecht Müller beim Morgenmagazin der ARD über Wissenschaftler in Diensten der Versicherungswirtschaft
- Die ARD-Doku „Rentenangst“ auf You Tube
- Auszug zu Raffelhüschens Bekenntnissen über die absichtliche Verschlechterung der Leistungsfähigkeit der Gesetzlichen Rente in Hinweis Nr.3 vom 18.3.2008
- Hinweis auf einen Essay von Tom Schimmeck in der TAZ, mit Link in den NachDenkSeiten „Arschlochalarm“
- „Das kritische Jahrbuch – Nachdenken über Deutschland“, Seite 75 bis 86. Näheres hier …