(KR/WL)
Vorbemerkung: Dieser Service der NachDenkSeiten soll Ihnen einen schnellen Überblick über interessante Artikel und Sendungen verschiedener Medien verschaffen.
Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind.
Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
- Betriebsräte und Leiharbeit: Mehr Aufgaben, weniger Ressourcen
Eine Studie untersucht Betriebe mit hohem Zeitarbeiter-Anteil. Die Untersuchung bietet auch qualitative Einblicke in die Situation von Leiharbeitern. “Die Leiharbeiter arbeiten auf Teufel komm raus! Die lassen sich alles gefallen”, so beschreibt ein Betriebsratsvorsitzender die Stimmung bei seinem Automobilzulieferer mit 650 Beschäftigten, davon 130 Leiharbeiter. Betriebsräte würden oft erst hinzugezogen, wenn zum Beispiel die besondere Bereitschaft der Zeitarbeiter zu Überstunden von Vorgesetzten instrumentalisiert werde. Dann müsse der Betriebsrat eine schwierige Schlichtungsfunktion übernehmen: die angestammten Rechte der Belegschaft wahren und gleichzeitig die Leiharbeiter nicht als Menschen zweiter Klasse behandeln. Dieser Spagat funktioniert vor allem da, wo Betriebsräte sich gezielt um Leiharbeiter kümmern.
Weniger Geld für die gleiche Arbeit zu bekommen sowie die Unsicherheit über eine mögliche Festanstellung – das sind aus Sicht der befragten Betriebsräte die größten Probleme der Leiharbeiter. Vor allem Betriebsräte, die ihre Leiharbeiteraktivitäten bereits professionalisiert haben, konnten noch genauer Auskunft geben: häufig nannten sie Konflikte um Arbeitszeit und Sozialleistungen sowie Konflikte mit den Stammbeschäftigten. In ihren Gesprächen mit Betriebsratsvorsitzenden stießen die Wissenschaftler immer wieder auf große Unzufriedenheit mit der Situation. Man sehe die schwierige Situation der Leiharbeiter, könne aber letztlich nicht viel tun.
Quelle: Hans-Böckler-Stiftung
- Grossbanken-Chefs verteidigen ihre Gehälter
Vor einem Ausschuss des US-Kongresses haben verschiedene Bankchefs rechtfertigen müssen, warum sie trotz Milliardenverlusten ihrer Institute Millionenbeträge erhielten. Die Entwicklung beruhe auf Ereignissen außerhalb ihrer Kontrolle, erklärten die Manager. Ihre gewiss hohen Bezüge seien redlich verdient. In der Anhörung wurde jedoch deutlich, dass die an der Wall Street angewendeten Entlohnungskriterien für Topmanager, die hohe Bonuszahlungen für kurzfristige Ergebnisse versprechen, in erheblichem Maße zu dem Immobiliendebakel beigetragen haben.
Quelle: NZZ
Anmerkung: Der letzte Satz weist wieder einmal darauf hin, dass zwischen der NZZ und vielen, anderen Medien ein qualitativer Klassenunterschied besteht: „In der Anhörung wurde jedoch deutlich, dass die an der Wall Street angewendeten Entlohnungskriterien für Topmanager, die hohe Bonuszahlungen für kurzfristige Ergebnisse versprechen, in erheblichem Masse zu dem Immobiliendebakel beigetragen haben.“
Versuchen Sie doch mal, einen ähnlich kritschen Satz z.B. beim SPIEGEL (nächster Hinweis) zu finden:
- Wie sich die Milliarden-Vernichter rausreden
Selten zuvor war der US-Kongress mit einer solchen Riege der Reichen konfrontiert: Manager amerikanischer Banken haben im Parlament ihren Kurs während der Kreditkrise verteidigt. Sie haben versagt, trotzdem kassiert – und finden das gerecht.
Quelle: SPIEGEL
Anmerkung: Der SPIEGEL stimmt bloß in die allgemeine Empörung über die Gier der Raffzähne ein. Fragen nach Zusammenhängen und Ursachen der Krise stellt er nicht.
- Robert von Heusinger: Danke, Berlin
Dem Verwaltungsgericht in Berlin sei Dank. Das Urteil, der Mindestlohn für Briefdienstzusteller sei gesetzeswidrig, ist eine Chance für die Republik. Denn der von der großen Koalition präferierte Weg, Mindestlöhne durch die Hintertür und nur für Branchen einzuführen, die ihn wünschen, ist volkswirtschaftlicher Unsinn. Der gesetzliche Mindestlohn für Deutschland ist die wichtigste Reform, die die große Koalition auf den Weg bringen muss. Es wäre endlich mal eine Reform, die diesen Namen verdient.
Quelle: FR
- Wunderbarer Wahlkampfschlager
Mindestlöhne werden trotz des juristischen Geplänkels kommen. In der Bevölkerung ist die Zustimmung für Regeln, die Dumping-Gehälter verbieten, groß. Die Union blockiert das Gesetzgebungsverfahren, wo sie nur kann – und liefert somit ein wunderbares Thema für den Wahlkampf 2009. Der Dauerbrenner Mindestlohn bleibt also allen erhalten – bis er irgendwann in einem eigenen Gesetz geregelt wird.
Quelle: TAZ
Anmerkung: Fragt sich nur, ob ein hinreichend großer Teil der SPD das wirklich will und gegebenenfalls die Chance zu nutzen imstande wäre. Immerhin weigert sich die SPD in vier Parlamenten mit einer rot-roten bzw. rot-grün-roten Mehrheit, die Schwarzen auf die Oppositionsbank zu schicken.
- Berliner Handwerker fürchten Lohndumping
Mindestlöhne stellen die große Koalition derzeit vor eine Zerreißprobe. Dass die Frage nach der Einführung von Lohnuntergrenzen aber nicht immer spalten muss, zeigt eine aktuelle Umfrage im Berliner Handwerk. Demnach spricht sich die Mehrheit der Arbeitgeber in den lokalen Handwerksbetrieben vor dem Hintergrund der Öffnung des deutschen Arbeitsmarkts für EU-Ausländer im kommenden Jahr deutlich für Mindestlöhne aus: Von den 1059 Befragten befürworten mehr als 700 einen gesetzlichen Mindestlohn, gab die Handwerkskammer am Montag bekannt. Dabei habe es bei den Aussagen keine großen Unterschiede zwischen kleinen, mittleren oder großen Betrieben gegeben. Ursache für den starken Zuspruch ist Schwarz zufolge die Furcht vor Lohndumping, besonders, weil im kommenden Jahr die Schranken auf dem europäischen Arbeitsmarkt fallen sollen. „Es gibt kein Gesetz in Deutschland, dass Lohndumping verbietet“, erklärte Schwarz. Die Einführung von allgemeinverbindlichen Mindestlöhnen könne aber verhindern, dass Arbeitnehmer aus Nachbarländern für extrem niedrige Löhne arbeiteten. „Zugleich ist die Gefahr der Abwanderung bei den meisten Branchen gar nicht gegeben.“
Quelle: Tagesspiegel
- Die FR bilanziert die 30 Dax-Bilanzen: Überschuss im Überfluss
Die Gewinne von gestern sind die Arbeitsplätze von morgen, heißt es. Die jüngsten Ankündigungen von bislang fünf Dax-Konzernen, Tausende von Stellen abzubauen, dürften das widerlegen. Die Bilanzen des vergangenen Jahres glänzen nämlich wie noch nie: Rekorde werden zur Gewohnheit, Profitmaximierung wird zum Selbstläufer. Die Bilanz der Bilanzen 2007 zeigt eine ungebrochen boomende Profit-Phase.
Quelle: FR
- Investor will Hugo Boss aussaugen
Permira dringt bei der außerordentlichen Aufsichtsratssitzung des Modekonzerns Hugo Boss auf eine Sonderausschüttung von mindestens 345 Millionen Euro.
Der britische Beteiligungskonzern Permira, der 88 Prozent an Deutschlands größtem Modekonzern Hugo Boss hält, will seine Forderung am 11. März vorbringen, wie FOCUS-MONEY aus Aufsichtsratskreisen erfuhr.
Quelle: Focus-online
Anmerkung AM: Was sagt Herr Steinbrück dazu? Er hat das Unwesen dieser Blutsauger erleichtert. Auch rechtlich komme ich damit nicht mehr zu recht. Das verstößt doch gegen die guten Sitten und ist außerdem ungerechtfertigte Bereicherung. Und die Medien: Was machen Sie für ein Gedöns um den angeblichen Wortbruch von Andrea Ypsilanti. Doch um einen solchen Vorgang kümmert sich fast kein Schwanz.
- Robert von Heusinger: Liquiditätsalarm
„Die Kreditkrise hat eine neue Dimension erreicht. Eine Dimension, die alles bisher Erlebte locker in den Schatten stellen kann. Dem Finanzkapitalismus droht die Kernschmelze. Wäre ich Notenbanker, ich hätte wohl das ganze Wochenende nicht geschlafen. Denn die Risikoaversion hat sich bis zu den Staatsanleihen durchgefressen.“
…. und weiter:
„Was heißt das alles für die nähere Zukunft?
„Die Liquidität für andere Finanzkapitalisten mit den schönen Namen Hedgefonds oder Private Equity wird noch knapper. Einige dieser Buden werden uns um die Ohren fliegen. Ob sie Banken mitreißen werden? Schaun mer mal. Die Banken werden kräftige Verluste erleiden. Denn nichts passt mehr in einer Welt, die Staatsanleihen illiquide werden lässt. Kein Hedge, kein Swap, erst recht kein Credit Default Swap (CDS).
Zinssenkungen und Extra-Liquidität der Notenbanken werden nicht ausreichen, um die Krise zu beheben. Gut möglich, dass das Deleveraging bald in der Realwirtschaft zu spüren sein wird. Unternehmen erhalten keine Kredite mehr, oder wenn, dann zu horrenden Konditionen und mit superkurzen Laufzeiten.
Der Staat muss wohl ran, um die gesunden Nicht-Banken-Teile der Volkswirtschaft zu retten. Große Konjunkturprogramme werden schon bald vonnöten sein, sollte die Krise nicht bald halt machen. Eine aufregende Woche!“
Quelle: Zeit Herdentrieb
Anmerkung AM: Die Ziffer 1 von oben könnte(!) erklären, warum Pemira Hugo Boss aussagen will.
- Beck erklärt Bahn-Reform in SPD zur Chefsache
SPD-Chef Kurt Beck hat die parteiinternen Beratungen über die geplante Teilprivatisierung der Deutschen Bahn zur Chefsache erklärt. Beck sagte in Berlin, das Parteipräsidium habe den Auftrag der entsprechenden Arbeitsgruppe konkretisiert und erweitert. Deren Leitung werde er zumindest “in den entscheidenden Phasen” selbst übernehmen. Ziel sei es, zügig einen Vorschlag zu erarbeiten, der den Beschlüssen des Hamburger Parteitages der SPD gerecht werde. Damals hatte sich die SPD auf ein Volksaktienmodell festgelegt, was aber Bahn und CDU/CSU gleichermaßen ablehnen.
Quelle: AFP
Anmerkung AM: Dieses besondere Engagement unmittelbar nach Becks Krankheit riecht sehr nach einem Deal. Könnte ja sein, dass sich Steinbrück seine Unterstützung für Beck mit besonderem Engagement Becks für die Privatisierung der Bahn nach einem modifizierten Holdingmodell erkauft hat.
- Ulrike Herrmann: Becks beklemmende Rückkehr
Was sagt jemand, der zwei Wochen schweigen musste? Im Falle von Kurt Beck: nicht viel. Der Auftritt des SPD-Chefs am Montag war so langweilig und so stockend, dass sich nur hoffen lässt, dass er nicht zum Kanzlerkandidaten gekürt wird. Haften blieben nur seine Tiervergleiche wie etwa die Selbsteinschätzung, dass die SPD-Mäuse nicht mehr so lebhaft tanzen werden, nun, da Kater Beck zurück ist.
Quelle: taz
- “Dogmatische Verweigerung schadet uns”
Das Chaos um die Regierungsbildung in Hessen hat eine Debatte über den Umgang der SPD mit der Linken entfacht. In einem Thesenpapier, das die Süddeutsche Zeitung veröffentlicht, stellen sich einflussreiche Sozialdemokraten hinter ihren Parteivorsitzenden Kurt Beck.
Quelle: SZ
- “Selbst normal begabte Kinder wollen nicht zur Schule”
Es ist ein Bündel von Ursachen, auch in der Anlage begründet und im Temperament. Hinzu kommen die immer kritischeren sozialen Verhältnisse in Deutschland, vieles erinnert mich inzwischen an die Thatcher-Zeit im Großbritannien der 80er Jahre. Auch dort war ein immer größerer Teil der Mittelschicht von Verarmung bedroht. Den Leuten, die in unserem Land die Meinungsführerschaft haben, geht es blendend, immer mehr Menschen aber rackern sich ab, um nicht zu den Verlierern zu gehören. Reinmar du Bois, Chefarzt der Kinder- und Jugendpsychiatrie im Olgäle
Quelle: Stuttgarter Zeitung
- “Das ist doch kein Kampf mehr”
Die Gewerkschaften in Deutschland streiken wieder – aber sind sie wirklich stark? Dokumentarfilmer Holger Wegemann hat einen legendären Arbeitskampf begleitet: gegen die Schließung des Bosch-Siemens-Werks in Berlin. Seine Erfahrung: Streiks sind nur noch eine Parodie der Arbeiterbewegung.
Quelle: taz
- Bsirske will neue Post-Gewerkschaft GNBZ wegen Bestechlichkeit anzeigen
Neue Indizien belegen Einfluss der Arbeitgeber auf die GNBZ. – Der Vorsitzende von Verdi, Frank Bsirske, will die Gewerkschaft der neuen Brief- und Zustelldienste GNBZ wegen Bestechlichkeit im Geschäftsverkehr anzeigen. Gegenüber dem ARD-Politikmagazin REPORT MAINZ sagte Bsirske wörtlich: „Wir werden Strafantrag stellen wegen des begründeten Anfangsverdachts auf Bestechlichkeit im Geschäftsverkehr, auch und nicht zuletzt wegen der Rechercheergebnisse von REPORT MAINZ.“
Quelle: Report-Mainz
- Fernsehtipp: Rentenangst! – Der Kampf um die Altersversorgung
Ist die gesetzliche Rente tatsächlich so schlecht wie behauptet? Sicher ist: Ohne Generationenvertrag wäre es überhaupt nicht möglich gewesen, nach dem Krieg und Zusammenbruch ein System aufzubauen, das vom ersten Tag an funktionierte. Und auch nach dem Zusammenbruch der DDR hätten die Rentner im Osten in die Röhre geschaut, wenn man sie nicht sofort in die gesetzliche Rente integriert hätte. Beispiele aus anderen Ländern zeigen zudem: Private Systeme sind oft weder sicherer noch günstiger. Seit die Aktienmärkte nicht mehr automatisch steigen, schaffen es viele Pensionspools nicht mehr, die erforderlichen Renditen zur Finanzierung der Renten zu erwirtschaften. Die hauseigenen Pensionskassen etlicher amerikanischer Großunternehmen haben in den vergangenen Jahren enorme Defizite angehäuft, die sie dann mit allen möglichen Tricks auf ihre Pensionäre abwälzten.
Quelle: ARD
Anmerkung: Erstsendung war am Sonntag, dem 9.3.2008. Aufgrund der großen Resonanz wird die Sendung an den folgenden Terminen wiederholt
24. März 2008, 01.15 Uhr auf Eins EXTRA
25. März 2008, 22.00 Uhr auf Eins EXTRA
30. März 2008, 16.00 Uhr auf Eins EXTRA
5. Mai 2008, 21.00 Uhr auf Phoenix
- Mit Gift und Genen
“Mit Gift und Genen” kontrolliert der US-Konzern Monsanto den Markt der Biotechnologie. Und mit Korruption, wie eine Arte-Doku zeigt.
Quelle: taz
- “Wir werden teuer für den Irak-Krieg bezahlen”
Die Angst vor einer Rezession hat im US-Wahlkampf das Thema “Innere Sicherheit” abgelöst. Dabei ist der wirtschaftliche Abschwung eine direkte Folge des Krieges. Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph Stiglitz rechnet auf WELT ONLINE vor, was das Engagement im Irak die Vereinigten Staaten wirklich kostet.
Quelle: Welt Online
- Bushs Kriegskosten explodieren
In der kommenden Woche treten die USA in das sechste Kriegsjahr gegen den Irak ein. Seit 2003 sind die materiellen Kosten des unprovozierten US-Angriffskrieges ständig gestiegen. Aber erst vor dem Hintergrund der sich zuspitzenden US-Hypotheken- und Finanzkrise und der sich abzeichnenden, viele Existenzen bedrohenden Rezession rückt die Vernichtung amerikanischer Ressourcen und Steuergelder durch Krieg und Besatzung zunehmend ins Bewußtsein der Öffentlichkeit. In dieser Situation hat das soeben veröffentlichte Buch »The Three Trillion Dollar War: The True Cost of the Iraq Conflict« (deutscher Titel: »Die wahren Kosten des Krieges«) von Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph E. Stiglitz und der Havard-Ökonomin Linda J. Bilmes über die Kosten des Feldzuges für Aufmerksamkeit gesorgt. Nach den Berechnungen der beiden renommierten Wirtschaftswissenschaftler sind die monatlichen Kosten des Irak-Kriegs von 4,4 Milliarden Dollar im Jahr 2003 auf inzwischen 12,5 Milliarden gestiegen.
Quelle: Junge Welt