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Titel: BamS: „Beck soll weg“
Datum: 25. Februar 2008 um 10:16 Uhr
Rubrik: Demoskopie/Umfragen, Kampagnen/Tarnworte/Neusprech, SPD
Verantwortlich: Wolfgang Lieb
Das fordert laut Bild am Sonntag jeder 4. SPD-Wähler für den Fall, dass Beck „in Hessen mit den Linken paktiert“. Mit viel größerer Berechtigung hätte die Aufmacherschlagzeile so lauten müssen: Mehr als drei Viertel, nämlich 76% aller SPD-Wähler, fordern Beck nicht zum Rücktritt auf, wenn sich Hessens SPD-Chefin mit den Stimmen der Linken zur Ministerpräsidentin wählen ließe. 62 Prozent sagen ausdrücklich „Nein“, Beck sollte nicht weg, 13 Prozent haben keine Meinung, nur 24 Prozent sind der Meinung der BamS.
Bild verdreht mit seiner Schlagzeile also die von ihr bei Emnid in Auftrag gegebene Umfrage über die Meinung der SPD-Wähler über Beck ins glatte Gegenteil. Wolfgang Lieb.
Mit welchen Mitteln der Demagogie die BamS noch am Tag der Wahl in Hamburg die Stimmung der Wählerinnen und Wähler gegen die SPD und die Linke aufhetzt, zeigt auch die bösartige Karikatur zu diesem Artikel.
Auch der Chefredakteur des Sonntagsblattes, Claus Strunz, geifert gegen eine linke Mehrheit aus „rot, grün und DDR“.
„Die Möglichkeit, künftig auch im Westen mit den Stimmen der Ex-PDS-Ex-SED-Partei „Die Linke“ in den politischen Kampf zu ziehen, öffnet Beck neue Machtoptionen. Nun, so sein Kalkül, könne er bei der Bundestagswahl 2009 unterstützt von Lafontaine und Gysi der erste rot-rot-grüne Kanzler werden.“ In diesem Punkt hat Strunz sogar völlig Recht, denn ohne diese Machtoption hätte die SPD zumindest im Westen Deutschlands und im Bund auf Jahre hinaus keine Chance einen Regierungschef zu stellen, geschweige denn sozialdemokratische Programmatik in Regierungshandeln umzusetzen. Siehe dazu „SPD im politischen Schachmatt“.
Strunz malt das Schreckbild des Lager-Wahlkampfs an die Wand. Dabei betreibt er Lager-Wahlkampf pur, allerdings für das schwarz-gelbe Lager. Alles andere ist dann eben „Unsinn und Verrat“. Verrat an wem eigentlich? Wird nicht gerade umgekehrt ein Schuh daraus? Ist es nicht eher ein Verrat an der Mehrheit der Wählerinnen und Wähler, wenn diese Parteien jenseits des „bürgerlichen Lagers“ wählt, aber diese Mehrheit im Regierungshandeln nicht ihren politischen Ausdruck finden darf?
Strunz malt das Schreckbild des Lager-Wahlkampfs an die Wand. Dabei betreibt er Lager-Wahlkampf pur, allerdings für das schwarz-gelbe Lager. Alles andere ist dann eben „Unsinn und Verrat“. Verrat an wem eigentlich? Wird nicht gerade umgekehrt ein Schuh daraus? Ist es nicht eher ein Verrat an der Mehrheit der Wählerinnen und Wähler, wenn diese Parteien jenseits des „bürgerlichen Lagers“ wählt, aber diese Mehrheit im Regierungshandeln nicht ihren politischen Ausdruck finden darf?
Man mag die Linke mögen oder nicht, aber nicht zu bestreiten ist, dass wir eine sozioökonomisch ziemlich klar auszumachende Unterschicht haben – und die findet in den traditionellen Parteien (zumindest im Westen) keine Stimme mehr. Und diese inzwischen Millionen von Menschen umfassende Bevölkerungsschicht zusammen mit einem Teil der Leute, die diese Unterschicht nicht ins politische und gesellschaftliche Abseits gedrängt sehen wollen, wählen eben diese Partei. Hinter der Hetzjagd gegen die Linke steht also vor allem das Motiv der Ausgrenzung der Wählergruppe, die ihre politische Hoffnung auf diese neue fünfte Partei setzt.
Wir haben eine ziemlich ähnliche Konstellation wie Anfang der 80er Jahre, als sich die Friedens- und Umweltbewegung in den Altparteien nicht mehr wiederfand und deshalb stigmatisiert wurde. Damals hat das konservative Lager mit den gleichen Methoden die aufstrebenden Grünen verteufelt, um sich gegen die SPD und eine „Mehrheit links von der Union“ (Willy Brandt) an der Regierungsmacht zu halten.
Das gleiche Spiel wird heute von den Konservativen wieder gespielt. Und wie damals auf Willy Brandt wird jetzt auf Kurt Beck eingedroschen, nur weil er angedeutet hat, dass Koch im hessischen Landtag keine Mehrheit besitzt, während – zumindest rechnerisch – die Kandidatin der SPD zur Ministerpräsidentin gewählt werden könnte.
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