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Titel: Was Clement mit Ypsilanti macht, haben die Rechten in der SPD schon immer mit Kandidaten gemacht, deren Richtung ihnen nicht passte
Datum: 21. Januar 2008 um 9:59 Uhr
Rubrik: SPD, Strategien der Meinungsmache, Wahlen
Verantwortlich: Albrecht Müller
Als ich jetzt las, Wolfgang Clement (SPD) warne vor der Wahl von Andrea Ypsilanti und der SPD in Hessen, da erinnerte ich mich gleich mehrerer ähnlicher Vorgänge in der Vergangenheit. Immer war deutlich zu spüren: Die Rechten in der SPD (früher die Kanalarbeiter, dann die Seeheimer und heute bis hin zu den Netzwerkern) haben nur dann ein wirkliches Interesse an der Macht im Staat, wenn sie auch die Politik ihrer Partei bestimmen. An einem Wahlsieg von Andrea Ypsilanti haben sie vermutlich weit über Wolfgang Clement hinaus kein Interesse. Wahrscheinlich gilt das auch zum Beispiel für den Bundesfinanzminister Steinbrück, dessen enge Kooperation mit Koch bekannt ist. Über zwei déjà-vus aus der jüngeren Geschichte gleich. Albrecht Müller.
Erstes Beispiel:
1990 passte dem eher konservativen Teil der SPD die Kanzlerkandidatur Oskar Lafontaines nicht. Aus diesen Kreisen wurde die Hauptbotschaft der Union gegen Lafontaine, er sei gegen die deutsche Einheit gewesen, hintenherum so sehr verbreitet, dass selbst ein großer Teil des SPD-Potenzials und der SPD-Funktionäre, dieser Behauptung glaubten. Alle Differenzierungen seinerseits und auch anderer Beteiligter nutzten nichts mehr. Mir ging das im kleinen Rahmen damals ähnlich. Ich war als Abgeordneter und Mitglied des Wirtschaftsausschusses gegen die Modalitäten der Währungsumstellung, weil ich als Ökonom sah, was man damit der Überlebensfähigkeit der Betriebe in der DDR antat. Das half nichts, weil gegen diese differenzierte Betrachtung nicht nur die Grobschlächtigkeit der Union und Kohls („Wir bringen euch die DM“) stand, sondern auch die Hintergrundarbeit einiger Sozialdemokraten im Westen und im Osten, dort insbesondere Richard Schröders.
Zweites Beispiel:
Der politische Niedergang Willy Brandts zwischen Ende 1972 und dem Rücktritt im Mai 1974 ist ohne die Wühlarbeit der Rechten in der SPD nicht zu verstehen. Im Wahlkampf 1972 habe ich als dafür Verantwortlicher hautnah miterlebt, wie „ernst“ es die Rechten in der SPD mit der viel gepriesenen Solidarität meinen, wenn ihnen die Richtung nicht passt. Willy Brandts Offenheit für Junge, Linksliberale und Linke hat vielen aus dem Lager der Kanalarbeiter und der damals gegründeten Seeheimer nicht gepasst. Den Wahlkampf aus dem Stand und in einer extrem schwierigen Situation – mit 51% für die Union bei Umfragen im September 1972, also zwei Monate vor dem Wahltermin – haben die Rechten nur halbherzig unterstützt. Sie haben bewusst die Arbeit der Verantwortlichen gestört:
Willy Brandt musste sich zum Beispiel dafür rechtfertigen, dass er in einer Rede und die SPD als Ganzes in Anzeigen den Begriff „Demokratischer Sozialismus“ gebrauchten. Im Präsidium der SPD wurden mitten im Wahlkampf ellenlange Klagen über die Jusos und einen harmlosen Versuch zur Beeinflussung der Kandidaten-Aufstellung geführt. Der rechte Teil der SPD-Führung interessierte sich nicht für das Konzept der Wahlkampfführung. Sie hatten auch nach Meinung von Willy Brandt kein Interesse an einem Wahlsieg. Es war ihnen ziemlich gleichgültig, solange sie nicht einigermaßen sicher sein konnten, hinterher auch innerparteilich mehr Macht zu ergreifen. Als einzige namhafte Ausnahme könnte man Hans-Jochen Vogel nennen.
In den historischen Abhandlungen über diese Zeit werden Sie darüber wenig lesen. Auch die Geschichtsschreibung über diese Zeit ist erstaunlich richtungsbestimmt.
Näheres zum Vorgang bei „Willy wählen 72“
Clement warnt vor Wahl von Andrea Ypsilanti
Wolfgang Clement (SPD) greift in den Hessen-Wahlkampf ein – allerdings nicht so, wie sich seine Partei das wohl wünschen würde. Denn der frühere Wirtschaftsminister warnt davor, für SPD-Kandidatin Andrea Ypsilanti zu stimmen. …
Quelle: Welt
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