Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (CW/AM/JB)
Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:
- Die angebliche Selbstmordattentäterin von Saint-Denis lebt ahnungslos in Marokko
Stell dir vor, du schlürfst morgens nichtsahnend Tee in deinem Lieblingscafé und findest dich plötzlich als vermeintliche Selbstmordattentäterin auf allen Zeitungs-Titelseiten und öffentlichen Fernsehkanälen wieder. Der einzige Grund, weshalb du nicht per internationalem Haftbefehl gesucht wirst, ist, dass die Medien dich bereits für tot erklärt haben.
Der Frau, die in der Öffentlichkeit im Zusammenhang mit den Razzien von Saint-Denis als islamistisch motivierte Selbstmordattentäterin dargestellt wurde, ist das passiert. Sie lebt (in Marokko), ihr Name ist nicht Hasna Ait Boulahcen (sondern Nabila Bakkatha) und ihre privaten Fotos (unter anderem das Selfie mit zwei anderen Frauen) wurden von zahllosen europäischen, amerikanischen und arabischen Medien fälschlicherweise mit der Anschuldigung verbreitet, sie sei radikale Islamistin und hätte sich in Saint-Denis bei einer Razzia in die Luft gesprengt. […]
Mit fünfzehn Jahren war sie nach Frankreich gezogen und hatte das Land nach Abschluss eines Modedesign-Studiums im Jahr 2007 wieder verlassen, so Bakkatha gegenüber CNN. Eine frühere Freundin, mit der sie sich zerstritten habe, habe die Ähnlichkeit zur getöteten IS-Anhängerin ausgenutzt und Bakkathas Fotos in einem Racheakt an einen französischen Journalisten verkauft—der sie ungeprüft übernahm. Die Bilder der vermeintlichen Gotteskriegerin gingen um die Welt. […]
„Der Journalist hat nicht recherchiert, sondern einfach nur veröffentlicht, was er hat“, erklärt Bakkatha im Interview mit AJ+. Wer der französische Journalist ist, der das Foto zuerst an das britische Boulevardblatt Daily Mail und später an andere verkauft hat, ist noch nicht bekannt.
Quelle: Motherboard
- Abschuss der russischen Su-24 in Syrien
- «Ein Schlag in den Rücken»
Nach dem Abschuss eines russischen Kampfjets durch die Türkei beruft die Nato ein Sondertreffen ein. Putin wirft Ankara vor, Terroristen zu unterstützen. […]
Laut einem Bericht jedoch der regierungskritischen russischen Zeitung «Nowaja Gaseta» sind die russischen Piloten bei Latakia aufgrund der Windverhältnisse praktisch gezwungen, den türkischen Luftraum zu verletzen, um auf ihrem syrischen Stützpunkt landen zu können. Sie müssten dabei jeweils während sechs Sekunden eine Strecke von zwei Kilometern über türkisches Territorium fliegen, schreibt das Blatt. Die Türkei wisse das genau. […]
Am vergangenen Donnerstag bestellte das türkische Aussenministerium den russischen Botschafter Andrei Karlov in Ankara ein, berichtet Hürriyet Daily News. Die Türkei soll dabei ihr Missfallen gegenüber den russischen Luftangriffen auf turkmenische Dörfer nahe der türkischen Grenze ausgedrückt haben. In der Region befänden sich keinerlei Kämpfer der Terrormiliz Islamischer Staat und die russischen Bomben träfen vor allem Zivilisten, was wiederum zu neuen Flüchtlingsströmen führe. Ankara soll den russischen Botschafter zudem informiert haben, dass man nicht zögern werde, wenn die Sicherheit der eigenen Grenze gefährdet würde.
Quelle: NZZ
- Nach Abschuss des Kampfjets: Nato warnt Türkei vor Eskalation mit Russland
Die Nato versucht nach dem Abschuss eines russischen Kampfjets durch die Türkei zu beschwichtigen. Bei einer Krisensitzung sicherte die Allianz Ankara zwar ihre Solidarität zu – doch warnte sie vor einer Eskalation. […]
Auch deutsche Spitzenpolitiker äußerten sich. Er hoffe, dass aus dem jüngsten Konflikt zwischen Russland und Türkei in der Syrienkrise kein Schaden für die angestrebte internationale Koalition gegen den Terror entstehe, sagte Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD).
Gabriel attackierte das Vorgehen Ankaras: “Erst mal zeigt der Zwischenfall, dass wir einen Spieler dabei haben, der nach Aussage von verschiedenen Teilen der Region unkalkulierbar ist: Das ist die Türkei und damit nicht die Russen”, sagte der SPD-Chef der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. “Dass die Russen jetzt die Konfrontation auslösen durch die Verletzung des Luftraums, darf einen ja nicht darüber hinwegtäuschen, dass auch die Türkei dort in diesem Konflikt eine schwierige Rolle spielt.”
Quelle: Spiegel Online
Anmerkung CW: Sicher wäre einfacher gewesen, Erdogan hätte sich an seine Worte von 2012 erinnert, als ein türkisches Flugzeug über syrischem Luftraum angegriffen wurde: “A short-term border violation can never be a pretext for an attack.“, aber es drängt sich der Eindruck auf, der Vorfall kommt gar nicht so ungelegen: Die NATO inszeniert sich als besonnener Deeskalierer – Zu schön, um wahr zu sein.
- Unser Freund, der Kopf-ab-Saudi
Saudi-Arabien hat in diesem Jahr mehr Menschen enthauptet als der “Islamische Staat”. Ohne den Islam der Saudis würde es den Islam des IS nicht geben. Wann ziehen wir daraus die Konsequenzen? […]
Der IS verstört die Welt mit seinen Gewaltdemonstrationen. Aber im Terrorismus ist es so wie im richtigen Leben: kein erfolgreiches Franchise ohne Vorbild. Alles, was der IS seinen Jüngern bietet – Kopf abschlagen, Steinigung, Auspeitschung – hat er sich um die Ecke in Saudi-Arabien abgeschaut. […]
Es ist jetzt viel von der Verteidigung unserer Werte die Rede. Vielleicht sollte man damit anfangen, nicht länger mit Leuten zu poussieren, die einen Apartheidstaat am Laufen halten, gegen den Südafrika selbst zu seinen schlimmsten Zeiten eine Vorzeigerepublik war. Apartheidregime haben es oft an sich, dass sie über Dinge verfügen, die andere gerne besitzen würden. In Südafrika waren das Gold und Diamanten, mit denen sich die Machthaber Nachsicht erkauften. In Saudi-Arabien sind es Öl und Stationierungsrechte für amerikanische Kampfflugzeuge.
Quelle: Jan Fleischhauer auf Spiegel Online
Anmerkung JK: Ich hätte nie gedacht, Fleischhauer einmal zu stimmen zu müssen (ist das jetzt schon Querfront?). Aber es stimmt, einer der Hauptunterstützer des radikalen Islam und des IS im Besonderen ist Saudi- Arabien; das im übrigen eine brutale Diktatur ist und die Menschenrechte mit Füßen tritt und dazu die Bürgerkriege in Syrien und im Jemen kräftig mit anheizt. Aber bei der Wahl ihrer Verbündeten waren die US-Eliten noch nie mit besonderen Skrupel belastet. Vor allem wenn es um den Stoff geht, an dem nicht nur die westlichen Industrienationen hängen wie der Junkie an der Nadel – Erdöl. Wer die Versorgung mit Öl garantiert darf sich faktisch alles erlauben. Damit wird klar, solange Saudi-Arabien den radikalen Islam befördert wird man diesem auch nicht Herr werden. Wobei die Paradoxie darin liegt, dass der “Westen” gerade unter der Flagge des ‘War on Terror” wiederum seine Interventionskriege um Rohstoffe legitimiert.
Anmerkung JB: Um das „besondere“ Verhältnis der USA zu Saudi-Arabien zu verstehen, sollte man unbedingt den wegweisenden Artikel „The Redirection“ von Seymour Hersh aus dem Jahre 2007 lesen. Saudi-Arabien war zu Zeiten der NeoCons (und ist es noch heute) ein Schlüsselpartner der USA, um den aufstrebenden Iran in der Region einzuengen. Und auch zur Destabilisierung der russischen Südflanke kooperierten die NeoCons Jahrelang mit den Saudis. Mit saudischem Geld wurden wahabitische Imame bezahlt, Moscheen gebaut und Koranschulen unterhalten. Aber auch wahabitische Freischärler sickerten in den Kaukasus ein. Prominente Rebellenführer wie Bassajew, Sadulajew und Maschadow (alle mittlerweile liquidiert) schlossen sich den Wahhabiten an und sind verantwortlich für Aktionen wie die Geiselnahme von Beslan oder den Angriff auf Dagestan, der den zweiten Tschetschenienkrieg auslöste. Das erinnert an die „Operation Cyclone“, mit der die USA mit saudischer Unterstützung in den 80ern die Sowjetunion in die „Dschihad-Falle“ gelockt haben. Nach 9/11 geht die westliche Öffentlichkeit wie selbstverständlich davon aus, dass der militante Islamismus saudischer Herkunft ein Feind der USA ist. Das war aber nicht immer so und es ist nach wie vor eine offene Frage, ob die Wahabiten nicht auch heute noch von den USA geduldet oder gar unterstützt werden.
- “Europa exportiert Terroristen”
Der Regisseur Milo Rau hat in den belgischen Vierteln recherchiert, in denen viele nur im Salafismus Anschluss finden. Ein Krieg wird das Problem nicht lösen, sagt er.
Quelle: ZEIT
- NATO is harbouring the Islamic State
Why France’s brave new war on ISIS is a sick joke, and an insult to the victims of the Paris attacks
The 13th November Paris massacre will be remembered, like 9/11, as a defining moment in world history.
The murder of 129 people, the injury of 352 more, by ‘Islamic State’ (ISIS) acolytes striking multiple targets simultaneously in the heart of Europe, mark a major sea-change in the terror threat.
For the first time, a Mumbai-style attack has occurred on Western soil — the worst attack on Europe in decades. As such, it has triggered a seemingly commensurate response from France: the declaration of a nationwide state of emergency, the likes of which have not been seen since the 1961 Algerian war.
Quelle: Nafeez Ahmed auf Insurge intelligence
Anmerkung unseres Lesers J. S.: Ein sehr lesenswerter und gut recherchierter Artikel (leider auf englisch), der auf die Finanzierung von ISIS durch NATO-Partner eingeht, und welche (hauptsächlich geopolitischen) Interessen im aktuellen Konflikt in Syrien von verschiedenen Seiten vertreten werden:
- Kampf um die Köpfe
Eine Denkfabrik der NATO entwickelt mit deutschen Journalisten und Wissenschaftlern neue Propagandatechniken
Einmal im Jahr lädt die Denkfabrik zu einer internationalen Konferenz für Militärs, um die neuesten sicherheitspolitischen Entwicklungen und Konzepte zu besprechen. In diesem Jahr findet die Konferenz vom 23. bis 25. November mit dem Schwerpunkt »strategische Kommunikation« statt. 250 Militärs aus 20 Nationen werden in den Messehallen von Essen erwartet. Dabei sollen deutsche Wissenschaftler und professionelle Journalisten mit PR-Experten der NATO zusammenkommen, um »Missverständnisse in der Kommunikation« auszuräumen und sich gegenseitig zu stärken, heißt es in der Ankündigung der Tagung.
Quelle: neues Deutschland
- Der „Ukraine-Syrien-Komplex“ – was will, was kann Putin?
Wieder einmal will man uns einnebeln: Dem Demokratisierungsprozess in der Ukraine stehe nur noch Russlands Unterstützung für die nicht anerkannten Republiken Donezk und Lugansk entgegen. Eine Befriedung Syriens und damit ein Ende des Terrors, wie auch der Flüchtlingsbewegungen würden nur durch Russlands Festhalten an Präsident Baschar el-Assad verhindert.
Tatsache ist: Der Ukrainische Präsident Poroschenko war jüngst erst dann bereit, ein Antidiskriminierungsgesetz ins Parlament einzubringen und nicht aus dem Lager des herrschenden Oligarchenclans stammende Personen als Mitglieder in die Anti-Korruptions-Kommission aufzunehmen, nachdem ihm der EU-Kommissionspräsident Juncker ultimativ erklärt hatte, die Ukraine werde die anstehenden Kredit-Tranchen nicht erhalten, wenn Poroschenko sich nicht endlich zu sichtbaren Zugeständnissen bequeme. […]
Über Syrien wird der Nebel in gleicher Weise verbreitet. Angeblich steht nur der „Schlächter“ Bashar al-Assad, gestützt durch Russland und den Iran, einer Befriedung und Demokratisierung des Landes im Wege. In zweiter Linie wird das Land noch als Schlachtfeld religiöser Fanatiker beschrieben, denen mit westlichen Werten nicht beizukommen sei, angefangen bei den großen Gegnern der Schiiten und Sunniten über die diversen terroristischen Gruppen von al-Qaida bis hin zum „(Anti)-Islamischen Staat“. Angesichts dieser Lage sehe die Bevölkerung nur noch den Ausweg der Flucht in den aufgeklärten Westen. Das alles zusammen habe den Einsatz für einen „Regime change“ unvermeidlich gemacht und mache ihn auch jetzt noch unumgänglich.
Die Realität stellt sich anders dar. Ein nicht beiseite zu schiebendes Zeugnis zur Lage des Landes vor den ersten Aufständen in Deraa (deutsch auch Dar’a, Ort im Süden Syriens an der Grenze zu Jordanien, Anm. Red.) im März 2011 hinterließ Peter Scholl-Latour in seinem letzten Buch, das nach seinem Tode soeben erschien: (1) Er schreibt im Vergleich zum umgebenden Chaos der sogenannten Arabellion und ihren desaströsen Folgen: „In Syrien lagen die Dinge ganz anders. Die USA – im Verbund mit Saudi-Arabien und Israel – hatten nicht die ersten Protestdemonstrationen von Deraa gegen die Diktatur Bashar al-Assads und seiner alawitisch dominierten Baath-Partei abgewartet, um die Grundlagen des Staates zu unterwühlen. Schon lange vorher hatte eine hemmungslose Kampagne, eine systematische Hetze in den amerikanischen und europäischen Medien gegen diese Arabische Republik eingesetzt, die – bei aller Brutalität, die auch sie zu praktizieren pflegt – das einzige säkulare Staatswesen im gesamten arabischen Raum darstellt. Verglichen mit den Vorzugsverbündeten des Westens – seien es nun Saudia-Arabien, Qatar, die Vereinigten Emirate oder Kuwait –, bot die Hauptstadt Damaskus ein Bild religiöser Toleranz und eines fast westlichen Lebensstils, seit Bashar el-Assad das Erbe seines unerbittlichen Vaters Hafez el-Assad angetreten hatte. Irgendwo, an geheimen Kommandostellen, in diskreten Fabriken der Desinformation, die von angelsächsischen Meinungsmanipulatoren meisterhaft bedient wurden, war die Losung ausgegangen, dass Syrien sich den amerikanischen Vorstellungen einer trügerischen Neuordnung im Nahen und Mittleren Osten zu unterwerfen habe. (…) Jedenfalls wurde schon lange vor Ausbruch der lokalen Revolten in Deraa und Homs die unermüdliche Forderung nach Vernichtung des Regimes von Damaskus erhoben. Als ich mich im Dezember 2011 in Damaskus aufhielt, war dort von den Kämpfen noch nichts zu spüren …“ (2)
Quelle: Kai Ehlers auf Hintergrund
- Auch in diesem Jahr: Sammeln für Kriegsgräberfürsorge eingestellt
Pfälzer Gemeinderat sagt Nein zu deutschem Säbelrasseln
Viele Jahrzehnte sammelte Walter Hoffmann aus dem südpfälzischen Niederhorbach überzeugt Spenden für den Volksbund deutsche Kriegsgräberfürsorge, doch damit ist jetzt Schluss. Der ehemalige Bürgermeister ist empört über die Kriegstreiberei deutscher Politiker, wie er sagt.
Seitdem der frühere Verteidigungsminister Peter Struck feststellte, dass “Deutschland am Hindukusch verteidigt werde”, verfolgt der 67-jährige Walter Hoffmann die Entwicklung der Bundeswehreinsätze im Ausland sehr kritisch. Besonders übel stößt ihm zuletzt immer wieder die Position von Bundespräsident Joachim Gauck auf. Der, so Hoffmann, nehme ihm viel zu oft das Wort “Krieg” in den Mund. Nicht nur, dass er bei seiner Volkstrauertag-Rede die Anschläge von Paris als eine Art von Krieg bezeichnete, gefällt ihm nicht. Auch Gaucks Rede auf der Sicherheitskonferenz 2014 war für ihn ein offenes Bekenntnis für mehr Kriegseinsätze.
Die Gräberpflege versteht Hoffmann als Pflege von Mahnmalen, die zum Gedenken der Gefallenen sind; es gehe um das Warnen vor Krieg und um die Versöhnung. Doch wenn jetzt die Politik in Deutschland Soldaten in den Krieg senden, so Hoffmann, dann solle sie sich auch um die Kriegsgräber kümmern.
Quelle: SWR
Anmerkung Albrecht Müller: Wir hatten im letzten Jahr schon davon berichtet, dass der Gemeinderat des Nachbardorfes von Pleisweiler-Oberhofen sich mit triftigen Gründen nicht mehr an der Sammlung für die Kriegsgräberfürsorge beteiligt. Der damalige Initiator und Bürgermeister Walter Hoffmann informierte mich jetzt darüber, dass der Gemeinderat auch dieses Jahr bei seiner Entscheidung bleibt. Die TAZ und die NachDenkSeiten haben die Entscheidung vom letzten Jahr verbreitet, offensichtlich mit nachhaltiger Wirkung.
- Vermögende am Investitionszukunftsprogramm beteiligen
Der Finanzminister spricht angesichts des Flüchtlingszuzuges von einer Lawine. Herr Seehofer ruft den Notstand aus. Diese Bilder hätten eher gepasst, als die Banken in einer Nacht- und Nebelaktion mit 480 Euro Milliarden Euro gerettet wurden. Gesine Lötzsch fordert, die Vermögenden stärker an der Finanzierung eins Investitionszukunftsprogramms zu beteiligen.
Quelle 1: Gesine Lötzsch im Bundestag
Quelle 2: Video via youtube
- What Really Caused The Financial Crisis And What To Do About It
Adair Turner discusses his new book Between Debt and the Devil: Money, Credit, and Fixing Global Finance with Rob Johnson, President of the Institute for New Economic Thinking (INET).
Adair Turner, Chairman of the Board of the Institute for New Economic Thinking, became Chairman of Britain’s Financial Services Authority just as the world financial crisis erupted in 2008, and he played a leading role in designing a new global regulatory structure. In his new book Turner reveals that out-of-control private debt actually caused the crisis, and he explains what to do about it.
Turner warns that we could address too-big-to-fail and put all the rogue bankers in jail, yet excess private debt would still be creating economic malaise and setting the conditions for financial crisis and depression. Most credit, he argues, is not necessary for growth, but actually serves to pollute the economy. Economic theory, says Turner, must acknowledge the conditions of modern finance, particularly the relationships between credit extension and real estate.
Turner calls for radical changes in public policy. He proposes that sometimes we need to be open to running fiscal deficits and financing them with central bank-created money, despite the idea’s taboo.
Quelle: Social Europe
- Industrielobby will Mindestlohn für Flüchtlinge aussetzen
Nach dem Arbeitgeberverband fordert nun auch der DIHK, den Mindestlohn bei Flüchtlingen auszusetzen – und Migranten wie Langzeitarbeitslose zu behandeln.
Angesichts des Zuzugs vieler Flüchtlinge plädiert der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) für eine Aussetzung des Mindestlohns. Flüchtlinge müssten behandelt werden wie Langzeitarbeitslose, bei denen der Mindestlohn für eine gewisse Zeit nicht gelte, sagte Eric Schweitzer am Dienstag im ZDF-“Morgenmagazin”.
Quelle: Spiegel
Anmerkung JK: Mal sehen, wann die SPD bei diesem dreckigen Spiel einknickt.
- Wie die Jobcenter Arbeitslose in die Armut treiben
Hartz-IV-Empfänger haben Anspruch auf 399 Euro im Monat. Trotzdem müssen viele unter diesem Existenzminimum leben.
Das liegt an Rückforderungen und Darlehen der Jobcenter, die einfach die Bezüge kappen. Arbeitsministerin Nahles (SPD) will daran etwas ändern.
Quelle: Süddeutsche Zeitung
- Gefühlter Reichtum macht Reiche weniger großzügig
Soziologen sind sich einig, dass Ungleichheit das Nettoglück in einer Gemeinschaft viel nachhaltiger schädigen kann als etwa Armut: In einer Gesellschaft mit sehr ungleich verteiltem Reichtum sind Menschen eher unglücklich, wie viele Befragungen gezeigt haben. Das sorgt allerdings nicht dafür, dass Reiche die Ungleichheit zu minimieren suchen. Womöglich bringt Ungleichheit die Besitzenden im Gegenteil sogar eher dazu, umso mehr auf ihren eigen Vorteil zu achten, wie eine Studie von Ökonomen um Stéphane Côté von der University of Toronto nahelegt.
Quelle: Spektrum
- Teure Energie: Strompreis steigt für mehr als fünf Millionen Verbraucher
Viele Stromkunden werden im kommenden Jahr draufzahlen. 116 Versorger werden in den kommenden Monaten die Preise erhöhen, in einigen Fällen um bis zu sieben Prozent. Das ergibt eine Auswertung des unabhängigen Verbraucherportals Verivox, die SPIEGEL ONLINE vorliegt.
Hauptgründe für den Preisschub sind die steigenden Kosten für die Stromnetze und die Anhebung staatlicher Gebühren wie der Ökostromumlage und der sogenannten Offshore-Haftungsumlage, die Entschädigungsleistungen für zu spät ans Netz angeschlossene Windparks finanziert.
Quelle: Spiegel Online
Anmerkung CW: Gut, dass „unabhängige Verbraucherportal Verivox“ für den besorgten Spiegel-Autor des Artikels auch gleich die Lösung parat hat: „Verbraucher sollten unbedingt auf Post vom Versorger achten … Falls diese kommt, sollte man sich bemühen, zu einem günstigeren Anbieter zu wechseln.“ So einfach ist dann wohl auch das Problem der 350.000 Haushalte gelöst, denen im letzten Jahr der Strom gesperrt wurde, wie derselbe Autor vor gut einer Woche zu berichten wusste (“Verbraucher, denen Strom- und Gassperren drohen, brauchen spezielle Beratungs- und Unterstützungsangebote“)
- 250.000 Tote später
Endlich kommt Bewegung in die Syrienfrage.
Mit den beiden Wiener Syrien-Konferenzen vom 30. Oktober und 14. November zeichnen zum ersten Mal nach fast fünf Jahren Konturen für einen politische Vereinbarung ab. Die Konferenzen geben Anlass zur Hoffnung, auch wenn wir noch weit von einer stabilen, politischen Lösung entfernt sind. Dass man sich in Wien überhaupt auf einen gemeinsamen Fahrplan verständigen konnte, wäre vor einigen Wochen noch undenkbar erschienen. Die dramatische Zuspitzung der letzten Wochen haben sicher dazu beigetragen, in Wien ein gewisses Momentum zu erzeugen. Ein wichtiger Faktor hierfür war – auch wenn es angesichts der zusätzlichen Todesopfer zynisch klingen mag – das russische Eingreifen in Syrien sowie die schrecklichen Terroranschläge von Paris, die Frankreich und Russland veranlasst haben, ihre militärischen Aktivitäten miteinander abzustimmen. Ein Scheitern der Wiener Gespräche nur einen Tag nach den verheerenden Anschlägen wollte niemand verantworten.
Quelle: Niels Annen, außenpolitischen Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion und Mitglied im SPD-Parteivorstand, im IPG-Journal
Anmerkung unserer Leserin A.S.: Niels Annen schafft es, sich der Syrienfrage anzunehmen, ohne ein einziges Mal die Verantwortung und die Interessen der USA in dieser Region zu erwähnen. Umso breiter wird Russlands (häufig personifiziert mit “Putin”) alte und neue Rolle bei der Lösung des Konflikts thematisiert. Um klar zu zeigen, an wessen Seite sich Annen sieht, hätte es auch nicht der Wiederholung der “völkerrechtswidrigen Annexion” der Krim in diesem Kommentar gebraucht. Wie die USA auch, sieht Annen für Syrien eine Zukunft nur ohne Assad. Er bleibt jedoch, wie viele andere, die Antwort schuldig, wie Syrien nach Assad aussehen könnte.
und: Verwelkte Ideen
Im Kampf gegen den Islamismus ist der geistige Werkzeugkasten der Linken nicht mehr einsetzbar.
Mit dem Ideenrüstzeug des 20. Jahrhunderts begreifen wir nicht mehr, was geschieht. Und wir verstehen auch nicht, wie wir reagieren sollten. Das Problem ist, dass der Großteil der demokratischen, progressiven und linken Ideen aus dem 20. Jahrhundert stammt. Der Großteil unserer aktuellen Eliten hat sich auf der Basis dieser Ideen herausgebildet. Er verfügt somit über einen geistigen Werkzeugkasten, der heute nicht mehr einsetzbar ist. In ihm finden sich gesellschaftliche Klassen und internationale Arbeitsteilung. Doch die heutige Welt hat es anscheinend darauf angelegt, uns zu überraschen und spaltet sich entlang von Bruchlinien, die wir für erledigt und von der Geschichte begraben hielten – wie zum Beispiel die der Religion.
Blättern wir einmal das Wörterbuch der Leitbegriffe durch, die so vielen Generationen seit dem Ende des II. Weltkriegs Sicherheit gaben. Der Pazifismus bleibt eine noble moralische Option. Aber er ist keine realistische Antwort an die, die uns den Krieg erklärt haben und ebenso wenig wie an die, die uns bitten, ihm im Krieg beizustehen (wie der Sozialist Francois Hollande). Das Evangelium sagt, wir sollten die andere Wange hinhalten. Doch selbst Papst Franziskus hat uns wissen lassen, dass, „wenn einer meine Mutter beleidigt, ich ihm einen Fausthieb verpasse“. Und wenn sie unsere französischen Cousins umbringen? Es ist keine politische Option, in einer solch kriegerischen Welt Pazifist zu sein, während etwa 50 kriegerische Konflikte im Gange sind und während viele der Opfer dieser Konflikte täglich an unseren Stränden anlanden. Solange der Krieg ein Mittel zur Lösung internationaler Konflikte darstellte, lehnten wir ihn ab. Was aber machen wir, wenn er zur Notwendigkeit der Selbstverteidigung wird? Wenn wir – so wie heute – jemanden brauchen, der über den Einsatz militärischer Macht – selbstredend angemessen und legitim – gegen diejenigen nachdenkt, die menschliche Bomben losschicken?
Oder nehmen wir den Internationalismus, die wahre Scheidelinie zwischen Rechts und Links seit dem Entstehen dieser politischen Lager im Feuer der französischen Revolution. Es ist ein Wert, der später ausufern sollte im Friedenstraum des Kosmopolitismus oder in der Utopie europäischer Gesellschaften, so multikulturell, dass die Kultur der Alteingesessenen nicht mehr zu identifizieren war. Offen gesprochen ist das kein Diskurs, den man einer öffentlichen Meinung vorschlagen kann, die von Angst erschüttert und von den Proportionen der Wanderungsbewegungen schockiert ist. Einer Gesellschaft, die sich Sorgen macht, die eigenen Wurzeln und den eigenen Lebensstil in einem ununterscheidbaren Magma des kulturellen Liberalismus einzubüßen, in dem schon das Aufhängen eines Kreuzes zum beleidigenden Akt werden kann.
Quelle: Antonio Polito im IPG-Journal
Anmerkung unserer Leserin A.S.: Ehemalige (sozialdemokratische) Linke erklären uns die Welt, indem sie diese flugs in schwarz und weiß und gut und böse sortieren. Sie diskreditieren damit linke Außenpolitik und verhöhnen Bestrebungen für friedliche Lösungen. Ein bekanntes Muster. Wie oft haben wir beispielsweise von der SPD gehört, man wolle ja mit den Linken zusammen arbeiten, aber bei deren Auffassungen von Außen- und Sicherheitspolitik sei das ja ein Ding der Unmöglichkeit.
Polito nutzt seinen Artikel zum sprachlichen Säbelrasseln. Eine Aussage wie diese: “Es ist keine politische Option, in einer solch kriegerischen Welt Pazifist zu sein, während etwa 50 kriegerische Konflikte im Gange sind und während viele der Opfer dieser Konflikte täglich an unseren Stränden anlanden” ist angesichts der fragilen Lage und der von vielen Politikern benutzten Kriegsrhetorik unglaublich. Hemmungslos vertauscht er auch Ursache und Wirkung, wenn er schreibt: „Was aber tun, wenn hingegen aus dem Süden der Welt der Krieg kommt und nicht etwa das Verlangen nach Dialog, nach kultureller Öffnung, nach wechselseitigem Verständnis?”
Linke und ihre Ideen als ewig gestrig abzustempeln und die eigene Position als progressiv darzustellen, sind ein weiterer Grund, diesen Artikel unter der Rubrik “mindestens überflüssig, wenn nicht tendenziell gefährlich in seiner Geisteshaltung” einzustufen.
Schade, dass die Friedrich Ebert Stiftung solchen schrägen Texten Publizität verleiht und ihren guten Ruf dafür aufs Spiel setzt.
Sahra Wagenknechts Verständnis von und Haltung in dieser Situation wünscht man sich bei Annen und Polito leider vergebens:
»Kriege züchten mehr neue Terroristen heran«
Das politische Geschehen in Berlin und auch in Europa ist massiv überschattet und dominiert von den Reaktionen auf die Terroranschläge in Paris. Die Kriegsrhetorik, die wir in den letzten Tagen gehört haben, finde ich sehr erschreckend. Wer immer noch nicht begriffen hat, dass man Terrorismus nicht mit Krieg bekämpfen kann, der hat nichts begriffen.
Quelle: Die Linke
- Ein Feuerring bis Mali
Deutsche Militärs nutzen die blutige Geiselnahme in Mali zur Vorbereitung der Öffentlichkeit auf einen Bundeswehr-Kampfeinsatz im Norden des Landes. Die Geiselnahme zeige, dass sich mittlerweile ein “‘Ring of Fire’ von Afghanistan über Jemen, Syrien und den Irak bis nach Afrika erstreckt”, erklärt der Vorsitzende des Deutschen Bundeswehr-Verbandes. Die deutschen Streitkräfte müssten daher jetzt “kampfkräftige Truppen” nach Mali entsenden.
Während Berichte offen von einem kriegsähnlichen Einsatz sprechen, der Anfang 2016 beginnen werde, rät die Bundesakademie für Sicherheitspolitik (BAKS), Berlin solle seine Einflussbemühungen auf die gesamte, bislang von Frankreich dominierte Sahel-Region ausweiten. Dabei sollten nicht nur militärische, sondern auch polizeiliche und zivile bis hin zu entwicklungspolitisch-ökonomischen Mitteln eingesetzt werden.
Quelle: German Foreign Policy
- Schulfach Wirtschaft: Schüler brauchen ökonomisches Wissen
Das Schulfach Wirtschaft fördere neoliberales Gedankengut, heißt es. Wie aber sollen junge Menschen Marktwirtschaft kritisieren, wenn sie diese nicht einmal verstehen?
… Mittlerweile haben mehrere Bundesländer das Fach Wirtschaft auf den Lehrplan gesetzt, am weitesten geht derzeit Baden-Württemberg mit einem Pflichtfach ab Klasse 5.
Kritiker sind der Meinung, die Arbeitgeberlobby hätte sich damit durchgesetzt, ein Schulfach Wirtschaft sei nicht notwendig. Sie ignorieren, dass die Wirtschaft in der globalisierten Welt eine zentrale Rolle einnimmt. Sie lassen außer Acht, dass gerade angehende Abiturienten auf diese Wirtschaft vorbereitet werden und ihre Funktionsweise verstehen müssen.
Quelle: Christoph Lütge in Die ZEIT
Anmerkung unseres Lesers J. A.: Die Idee, Schülern Wirtschaftswissen beizubringen, ist eigentlich ganz vernünftig – allerdings setzt der Autor sofort zur neoliberalen Indoktrination an, angefangen mit der völlig verrückten Behauptung, jede Marktwirtschaft wäre neoliberal. “Schülerinnen und Schülern sollte die soziale Marktwirtschaft als Grundlage unserer Gesellschaft nahegebracht werden.” Wo wird denn in Deutschland eine soziale Marktwirtschaft gelebt? “Dabei wird angenommen, dass Ökonomie und Ökologie, Ökonomie und Soziales fundamentale Gegensätze darstellen. Das Gegenteil ist der Fall: Nachhaltiges Wirtschaften spielt in Unternehmen eine immer größere Rolle. Aber auch Ökologie muss im Rahmen ökonomischer Mechanismen funktionieren, damit sie nicht nur eine abstrakte Idee bleibt, sondern wirksam umgesetzt wird. Ökologische Probleme lassen sich letztlich nur durch ökonomische Mechanismen lösen.” Unternehmen sind also “grün” und sozial, und zwar aus eigener Einsicht??? Was für ein Zerrbild der Realität. “Und dazu gehört, wie durch Wettbewerb – im Rahmen der bestehenden Regeln und Gesetze – soziale Belange gefördert werden, indem Arbeitsplätze bereitgestellt werden, indem innovative und kostengünstige Produkte produziert werden, indem Steuern und Abgaben gezahlt werden.” Soziales und Arbeitsplätze entstehen durch Wettbewerb, der über allem steht – ja ja.
- Unis stehen vor der Zerreißprobe – weltweit
„In der Zerreißprobe zwischen Autonomie und staatlicher Reglementierung wird eine dritte Komponente entscheidend sein. Wie definiert die Universität ihre gesellschaftliche Aufgabe, wie übernimmt sie als Institution, das heißt Leitung und Organe gemeinsam, die Verantwortung für Gelingen und Misstände? Bislang wurde sie in dieser Analyse verschont. Moralische Beurteilungen wurden auf die Finanzwelt, auf Unternehmen angewandt; die zunehmende unternehmerische Aktivität der Hochschulen wird ihnen diese neuen Kriterien auch bringen”, schreibt Barbara Ischinger, OECD Bildungsdirektorin und Ex-Vizepräsidentin für Internationales der Humboldt-Uni.
Quelle: Barbara Ischinger in „Der Tagesspiegel“
- Spain’s News Media Are Squeezed by Government and Debt
Newspapers almost everywhere have struggled to adjust to digital technology and declining advertising revenues.
But in Spain, the rapid restructuring of a shrinking industry — more than 11,000 journalists have lost their jobs here in seven years — has also prompted mounting concerns over whether Spain’s most established papers have lost their editorial independence amid the financial squeeze.
The industry here has faced a perfect storm that has included huge debts and the assertiveness of a conservative government under Prime Minister Mariano Rajoy and his Popular Party that has aggressively countered public criticism.
Quelle: New York Times
- Leserzuschrift zu unserem Artikel „Abschuss eines russischen Kampfjets – Die Türkei und Russland spielen mit dem Feuer“
Unsere Leserin S.H. schreibt uns:
Lieber Herr Berger,
Sie schreiben in Ihrem Artikel “Abschuss eines russischen Kampfjets – Die Türkei und Russland spielen mit dem Feuer” :
“Dass Russland nicht nur – wie offiziell immer behauptet – Ziele des IS bombardiert, ist klar.”
Vielleicht verstehe ich das ja falsch, aber für mich liest sich das, als wollten Sie damit sagen, dass die russische Führung behauptet habe, sie greife nur Ziele des IS an. Das ist nämlich nicht richtig. Im Gegenteil, sie hat von Anfang an klar gemacht, z.B. auf einer Pressekonferenz der Vereinten Nationen am 1. Oktober 2015, Sergei Lawrow:
“If it looks like a terrorist, if it acts like a terrorist, if it walks like a terrorist, if it fights like a terrorist it’s a terrorist, right? I would recall that we always were saying that we are going to fight ISIL and other terrorist groups, this is the same position that the Americans are taking, the representatives of the coalition command have always been saying that their targets are ISIL, al-Nusra and other terrorist groups. This is basically our position as well. We see eye-to-eye with the coalition on this one.” (…) “We consider terrorists those who have been recognised as such by the United Nations and by the Russian Federation legal system.”
Quelle: Youtube
>>> “Wenn es wie ein Terrorist aussieht, wie ein Terrorist handelt, wie ein Terrorist geht, wie ein Terrorist kämpft, ist es ein Terorrist, richtig? Ich möchte daran erinnern, dass wir immer gesagt haben, wir werden ISIL bekämpfen und andere Terroristengruppen, das ist die gleiche Haltung wie sie die Amerikaner haben, die Repräsentanten der Koalitionsführung haben immer gesagt, dass ihre Ziele ISIL, al-Nusra und andere Terrorgruppen sind. Das ist im Prinzip auch unsere Haltung. In dieser Hinsicht stimmen wir mit der Koalition überein.” (…) “Wir betrachten diejenigen als Terroristen, die als solche von den Vereinten Nationen und von der Justiz der Russischen Föderation anerkannt worden sind.”
Putin sagte in seiner Rede in Sotschi am 22. Oktober 2015 zum gleichen Thema:
“We do not need wordplay here; we should not breake down the terrorists into moderate and immoderate ones. It would be good to know the difference. Probably, in the opinion of certain experts, it is that the so-called moderate militants behead people in limited numbers or in some delicate fashion. In actual fact, we now see a real mix of terrorist groups. True, at times militants from the Islamic State, Jabhat al-Nusra and other Al-Qaeda heirs and splinters fight each other, but they fight for money, for feeding grounds, this is what they are fighting for. They are not fighting for ideological reasons, while their essence and methods remain the same: terror, murder, turning people into a timid, frightened, obedient mass. (…) You declare war on terrorists and simultaneously try to use some of them to arrange the figures on the Middle East board in your own interests, as you may think.
It is impossible to combat terrorism in general if some terrorists are used as a battering ram to overthrow the regimes that are not to one’s liking. You cannot get rid of those terrorists, it is only an illusion to think you can get rid of them later, take power away from them or reach some agreement with them. The situation in Libya is the best example here. (…)”
Quelle: Kremlin
>>> “Wir brauchen hier keine Wortspiele zu spielen; wir sollten die Terroristen nicht nach gemäßigten und ungemäßigten aufschlüsseln. Es wäre gut, den Unterschied zu kennen. Vielleicht enthaupten nach Ansicht gewisser Experten die sogenannten moderaten Militanten Menschen in begrenzter Anzahl oder in delikater Art und Weise. Tatsächlich sehen wir jetzt einen wirklichen Mix von Terroristen. (…) Es ist unmöglich Terrorismus im Allgemeinen zu bekämpfen, wenn einige Terroristen als Rammbock benutzt werden, um unliebsame Regierungsformen zu stürzen. (…)”
Und das sagte Putin in der sich der Rede in Sotschi anschließenden Diskussion zu Jack Matlock in Bezug auf Syrien:
We hear criticism that we are supposedly striking the wrong targets. I said recently, speaking in Moscow, “Tell us what are the right targets to hit if you know them,” but no, they don’t tell us. So we ask them to tell us which targets to avoid, but they still don’t answer us.
Quelle: Kremlin
>>> (…) Wir hören Kritik, dass wir angeblich die falschen Ziele treffen. In Moskau sagte ich vor Kurzem: „Nennen Sie uns die richtigen Ziele, wenn Sie sie kennen”, aber nein, sie haben sie uns nicht mitgeteilt. So baten wir sie, uns zu sagen, welche Ziele wir vermeiden sollten, aber sie antworten uns wieder nicht.
Außerdem möchte ich daran erinnern, dass Russland völkerrechtlich legal handelt, als Verbündeter der legalen syrischen Regierung, die Russland um Hilfe gebeten hat im Kampf gegen die Terroristen in Syrien. Die Türkei oder andere fremde Staaten können schließlich nicht darüber bestimmen (jedenfalls nicht aufgrund von Legalität), wen die legale syrische Regierung innerhalb ihres Territoriums bekämpft, wenn sie und die syrische Bevölkerung mit Waffengewalt angegriffen wird.
Hier die Originalaussagen Putins auf der Pressekonferenz am Dienstagmittag:
Pressekonferenz von Putin zum Abschuss der Su-24 – Deutsche Übersetzung
Anmerkung JB: Frau H. hat mit Ihrer Kritik Recht. Russland hat nie behauptet, ausschließlich Ziele des IS zu bombardieren, sondern die Ziele mit „Terroristen“ charakterisiert. In diesem Punkt hat Russland übrigens einiges von den USA und der NATO gelernt, die ja bekanntlich ihre Bomben auch nur auf „Terroristen“ werfen – zumindest in der Öffentlichkeitsarbeit. Bezogen auf den gestrigen Vorfall zeigt sich jedoch das Problem dieser Definition: Wenn jeder Staat seine Gegner als „Terroristen“ bezeichnet und gleichzeitig jeder Staat unterschiedliche Verbündete und Gegner hat, bleibt es nicht aus, dass die „Terroristen“ des Einen die „Verbündeten“ bzw. „Freiheits- oder Widerstandskämpfer“ des Anderen sind. So werden die turkmenischen Kämpfer im Abschussgebiet von Syrien und damit auch Russland als „Terroristen“ und von der Türkei als „Verbündete“ gesehen. Mit dem IS – und daher rührt dann wohl auch die sprachliche Verwirrung – haben die Syrisch-Turkmenischen Brigaden jedoch nichts zu tun – sie sind innerhalb des komplexen Gemenges im syrischen Bürgerkrieg vielmehr Verbündete der „Freien Syrischen Armee“ (FSA) bzw. deren inoffizieller Nachfolgerin, der „Islamischen Front“, die ihrerseits gegen Assad und den IS kämpft und von Saudi-Arabien unterstützt wird. Des Einen „Terroristen“ sind in Syrien nun mal des Anderen „Verbündete“. Gerade eben das macht Syrien in diesem Stellvertreterkrieg ja auch zu einem Pulverfass.
Dazu auch: Syria’s Turkmen: who they are, and what they have to do with Russia’s downed plane
Quelle: Vox World