(KR/WL)
Vorbemerkung: Dieser Service der NachDenkSeiten soll Ihnen einen schnellen Überblick über interessante Artikel und Sendungen verschiedener Medien verschaffen.
Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind.
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- Robert von Heusinger: Verzichten wir auf den Tusch
Die Kosten des extremen Sparkurses sind zu hoch, um in Jubelarien einstimmen zu können. Sie gehen zulasten der Zukunftsfähigkeit des hiesigen Wirtschaftsstandorts. Bei den öffentlichen Investitionen in Bildung nimmt Deutschland den beschämenden drittletzten Platz aller 27 EU-Staaten ein. Aber die Bildung von heute bestimmt die global wettbewerbsfähigen Löhne von morgen. Von dem schlimmen Zustand, dass jedes siebte Kind in Deutschland in Armut lebt, ganz zu schweigen. Das Bruttoinlandsprodukt kann nur einmal verteilt werden. Entweder man baut Schulden ab, oder man verbessert die wirtschaftlichen Aussichten unserer Kinder. Viel zu lange hat sich Deutschland für Alternative eins entschieden. Dabei ist die Staatsverschuldung gar nicht das drängendste Problem. Die Anleihen der Bundesrepublik genießen am Kapitalmarkt seit Jahrzehnten einen untadeligen Ruf. Ja, es gibt keinen Staat in Euroland, dessen Kreditwürdigkeit höher eingestuft wird.
Quelle: FR
- Drei Treffer ins magische Viereck
Der Staat nimmt erstmals seit 1969 so viel ein wie er ausgibt. Die Beschäftigung steigt kräftig. Und die Teuerung erschreckt mit 2,2 Prozent kaum. Nur der Außenhandelsüberschuss stört. Er liegt mit 6,9 Prozent am Bruttoinlandsprodukt zu hoch – weit entfernt von einem außenwirtschaftlichen Gleichgewicht.
Quelle 1: FR
Quelle 2: Statistisches Bundesamt
Anmerkung: Wir können einige der Bewertungen von Roland Bunzenthal (z.B. über den sparenden Staat und das angeblich robuste Wachstum) überhaupt nicht teilen, aber der Beitrag enthält interessante Grafiken.
- ZEW warnt vor drohender Konjunkturschwäche
Die Konjunkturprognose des ZEW hat sich im Januar weiter verschlechtert. Finanzexperten sehen die Rezessionsgefahr in den USA als hohen Risikofaktor für die Wirtschaftsentwicklung in Deutschland.
Der größte Risikofaktor für die deutsche Konjunktur ist laut ZEW die Gefahr einer Rezession in den USA im Zuge der Finanzkrise. Hoffnungsträger für die konjunkturelle Entwicklung sei der private Konsum, der durch eine Erholung am Arbeitsmarkt gestützt werde. «Der Konsum wird in den kommenden Monaten eine entscheidende Rolle für die Konjunkturentwicklung spielen. Allerdings sind die Einführung von Mindestlöhnen oder überzogene Lohnforderungen nicht geeignet, den Konsum zu erhöhen, da sie mit Arbeitsplatzverlusten verbunden sind,» sagte ZEW-Präsident Wolfgang Franz.
Quelle 1: Netzeitung
Anmerkung Martin Betzwieser: Es kann nicht oft genug widerholt werden. Das ZEW hat einen Förderkreis. Diesem gehören zahlreiche Großunternehmen und Versicherungskonzerne an. Bei den Mitgliedern des ZEW-Aufsichtsrates fällt sofort Axel Börsch-Supan auf, Versicherungsvertreter mit Professorentitel aus der Nachbarschaft. Und im wissenschaftlichen Beirat sind u.A. Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt und Beatrice Weder di Mauro, ebenfalls Versicherungsvertreterin mit Professorentitel, zu finden. Welche Interessen von Arbeitgebern, Verbänden, Lobbyisten und Versicherungskonzernen hier unter der wissenschaftlichen Tarnkappe einfließen, dürfte klar sein. Oder anders formuliert – wer zahlt, schafft an.
Quelle 2: ZEW-Förderkreis
Quelle 3: ZEW-Aufsichtsrat
Quelle 4: Wissenschaftlicher Beirat
- Nur ein lausiger Verlierer tritt nach
Die Lokführergewerkschaft schade nicht nur der Bahn, sondern gleich dem ganzen Land, tönt der Bahnchef. Und sie sei schuld, dass die Bahn nun Mitarbeiter entlassen, Unternehmensteile verlagern und die Fahrpreise erhöhen muss.
Was für ein unverschämtes Schmierentheater. Die Lohnsteigerungen für den Großteil der Mitarbeiter hat die Bahn bereits mit einer zusätzlichen Preiserhöhung im Dezember aufgefangen. Die Mehrkosten durch den geplanten Abschluss mit den Lokführern betragen nach seriösen Schätzungen gerade mal 50 bis 70 Millionen Euro. Zum Vergleich: Der Gewinn der Bahn lag 2006 bei 2,5 Milliarden Euro, und auch 2007 liefen die Geschäfte gut.
Die Politik tat gut daran, Mehdorn zu einer Einigung mit den Lokführern zu drängen. Nun muss die Regierung als Bahneigentümerin diesen Mann daran hindern, dem Unternehmen weiteren Schaden zuzufügen – oder sich endlich nach einem neuen Bahnchef umsehen.
Quelle: taz
- Mehdorns Brandrede nach der Tarifeinigung
Allein gegen alle: Bahn-Chef Mehdorn hat mit seiner Ankündigung, wegen des Tarifvertrags mit der GDL Jobs abzubauen und Fahrpreise zu erhöhen, Verkehrsminister Tiefensee gegen sich aufgebracht. Auch die drei Bahngewerkschaften drohen ihren Widerstand an.
Quelle: SPIEGEL online
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Global Player bricht Zelte ab
Der finnische Mobilfunkhersteller Nokia will noch in diesem Sommer die Handyproduktion in Deutschland einstellen. Diese Entscheidung kostet 2300 Menschen am Standort Bochum ihren Job. Nach Angaben der Gewerkschaft ver.di sind außerdem bis zu 1000 Leiharbeiter von der Stillegung betroffen. Die Schließung des Werkes in Nordrhein-Westfalen fällt zeitlich zusammen mit der Inbetriebnahme einer neuen Nokia-Fabrik in Rumänien. Die Arbeitskosten in Bochum seien fast zehnmal so hoch wie dort.
Der nordrhein-westfälische Bundestagsabgeordnete der Linken, Hüseyin Aydin, kritisierte den Kahlschlag dagegen scharf. Die Löhne machten auch in Bochum »nur einen Bruchteil der Herstellungskosten aus«, erklärte er. Nokias Profitrate vor Steuern liege bei über 20 Prozent. Dem Management gehe es darum, »immer neue Fördergelder vom Steuerzahler abzuschöpfen«. Vom Land NRW habe der Konzern 60 Millionen Euro kassiert. Nach Ablauf der vereinbarten Rückforderfristen mache die Firma »nun den Laden dicht«
Quelle: Junge Welt
Anmerkung J.A.: Ist das ein besonders krasser oder der Normalfall? Nokia hat für den Aufbau Fördermittel kassiert (60 Millionen), während des Betriebs Forschungsgelder (28 Millionen), eine finanzielle Beteiligung des (hochverschuldeten) Landes am Sozialplan wird “geprüft”, und für den Aufbau am neuen Standort gibt es wieder Fördermittel (diesmal von der EU). Alleine die deutschen Löhne können auch nicht der Grund für die Produktionsverlagerung sein, denn schließlich soll ein Teil der Produktion nach Finnland (zurück)verlagert werden.
- Maulkorb für Betriebsräte
Wie ein Grünen-Politiker und die Geschäftsführung der Werkstatt Frankfurt kooperieren, um Kritiker von Ein-Euro-Jobs im hessischen Landtagswahlkampf mundtot zu machen.
Quelle: Junge Welt
- Berlin: »Rot-roter« Senat beschneidet Mitbestimmungsrechte von Personalräten
Der Berliner Senat will die Mitbestimmungsrechte der Landesbeschäftigten drastisch einschränken. Bei der Entscheidung wichtiger Personalfragen im öffentlichen Dienst will die Landesregierung künftig das letzte Wort haben. Unter anderem sollen Personalräte künftig den Einsatz von Ein-Euro-Jobbern nicht mehr blockieren können, wenn dieser ein halbes Jahr nicht überschreitet. Das Gleiche soll nach dem Willen der Regierung künftig für Vertretungskräfte an Schulen gelten. Der entsprechende Gesetzentwurf wurde am Dienstag mit den Stimmen der Senatoren von SPD und Die Linke beschlossen und soll in Kürze ins Abgeordnetenhaus eingebracht werden.
Quelle: Junge Welt
- »Eine Mehrheit für Koch wäre für uns ein Desaster«
Hessens Ministerpräsident hat in seinem Bundesland viele frauenpolitische Strukturen zerschlagen. Ein Gespräch mit Ursula Schumm-Garlin, Mitglied im ver.di-Frauenrat und Initiatorin der Kampagne »1 000 Frauen gegen Koch«.
Quelle: Junge Welt
Anmerkung Martin Betzwieser: Die Kampagne „1000 Frauen gegen Koch“ ist eine Reaktion auf die Kampagne „100 Frauen für Koch“, die ausgerechnet von Rudolf Scharpings Gräfin Pilati angeführt wird.
- Betriebliche Altersversorgung: Arbeitgeber informieren zu wenig
Die Arbeitnehmer in Deutschland schöpfen die Möglichkeiten zur betrieblichen Vorsorge bei weitem nicht aus. Nur 38 Prozent von ihnen legen über ihren Betrieb Geld für den Ruhestand an, wie eine repräsentative Umfrage zeigt. Ursache hierfür ist vor allem die Unkenntnis vieler Beschäftigter über die Vorteile einer betrieblichen Vorsorge.
Im Bundesdurchschnitt werden 34 Prozent der Beschäftigten von ihren Arbeitgebern nie über ihre Vorsorgemöglichkeiten informiert – in Ostdeutschland sogar 48 Prozent. Im Westen liegt der Anteil der Arbeitnehmer, die auf Informationen von Arbeitgeberseite verzichten müssen, bei 30 Prozent. Selbst bei den Arbeitnehmern, die bereits über den Betrieb vorsorgen, herrscht Unkenntnis: Jeder Fünfte mit einer betrieblichen Altersvorsorge weiß nicht, welche Form er nutzt.
Quelle: Personal-Magazin
Anmerkungen Martin Betzwieser: Gemeint ist mit Entgeltumwandlung die beitragsfreie Entgeltumwandlung. Und wie fast immer werden nur Vorteile dargestellt. Es kann nicht oft genug widerholt werden: Beitragsfreie Entgeltumwandlung lässt das Sozialversicherungsbrutto sinken, welches die Berechnungsgrundlage für Rente und Entgeltersatzleistungen ist. Es kann nicht oft genug wiederholt werden: Jeder beitragsfrei umgewandelte Euro bedeutet im Klartext:
- Wenger Rente
- Weniger Arbeitslosengeld I
- Weniger Krankengeld
- Weniger Übergangsgeld
- Weniger Krankengeld bei Betreuung eines kranken Kindes
- Weniger Mutterschaftsgeld
- Weniger Elterngeld
- Weniger Kurzarbeitergeld
Dass Arbeitgeber daran Interesse haben, ist klar. Die Lohnnebenkosten sinken.
- Foodwatch: “Verbraucher sind rechtlos”
Foodwatch-Gründer Thilo Bode verlangt Ampeln auf Lebensmitteln.
Quelle: FR
- Vorratsdatenspeicherung: Staatsanwälte im Dienst der Musikindustrie
Zwar beharren Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) und die Koalitionsfraktionen stets darauf, dass Privatfirmen keinen Zugriff auf die durch Vorratsdatenspeicherung gewonnene, sensible Daten erhalten sollen. Über den Umweg Staatsanwaltschaft kommt die Musikindustrie aber doch an ihr Ziel.
Quelle: FR
- Kein Boom bei den AKW
Der Energieexperte Stephan Kohler, Geschäftsführer der bundeseigenen Deutschen Energieagentur, hält Prognosen der Internationalen Atomenergie-Behörde (IAEO) in Wien über einen starken Anstieg der Nuklearkapazität für weit überhöht. Sie geht, wie berichtet, davon aus, dass die AKW-Gesamtleistung bis 2030 von derzeit 370 auf bis zu 679 Gigawatt ansteigen werde, sich also fast verdoppeln könnte. Der deutsche Experte hält allenfalls ein Gleichbleiben der Kapazität für realistisch. So würde der Atomanteil bei global steigendem Stromverbrauch sinken. Kohler verwies auf entsprechende Prognosen des Verbandes der Großkessel-Betreiber (VGB Power Tech). Rund die Hälfte der derzeit am Netz befindlichen 435 AKW kämen bis 2030 ans Ende ihrer Lebensdauer, erläuterte Kohler.
Quelle: FR
- NRW fordert Milliarden für Hochschulpakt II
Nordrhein-Westfalen fordert Zusatzausgaben des Bundes in Höhe von „mehreren Milliarden Euro“ für den weiteren Ausbau der Hochschulen ab 2010. Das sei nötig, „weil die Zahl der Studenten weit stärker steigen wird, als bisher angenommen“, sagte Vize-Ministerpräsident und Innovationsminister Andreas Pinkwart (FDP) dem Handelsblatt.
Quelle: Handelsblatt
- Zu wenige Migranten studieren
Der Präsident des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) Stefan Hormuth kritisierte, dass die Zahl ausländischer Studierender an deutschen Hochschulen seit 2004 stagniere. Das hänge damit zusammen, dass Deutschland sein Potenzial an so genannten Bildungsinländern nicht ausschöpfe. Das sei Folge einer mangelhaften Integrationspolitik, besonders in den Schulen.
Nur 9 Prozent der Deutschen mit türkischem Hintergrund machen Abitur, 2,6 Prozent bekommen einen Hochschulabschluss.
Quelle: taz
- China: Anwalt der Entrechteten
Arbeiter in China haben nicht viele Möglichkeiten, ihre Rechte durchzusetzen. Streiks sind verboten, unabhängige Gewerkschaften werden rigoros verfolgt. In den letzten Jahren hat die Regierung zwar eine Reihe von Arbeitsgesetzen verabschiedet, die auch von kritischen Beobachtern als fortschrittlich bewertet werden. Die Wochenarbeitszeit wird beispielsweise auf 40 Stunden begrenzt, Arbeitgeber müssen für ihre Beschäftigten eine Kranken- und Unfallversicherung abschließen, für Überstunden und Wochenendarbeit müssen Zulagen gezahlt werden. Aber diese Bestimmungen werden oft nicht eingehalten. Oft geht es Arbeitern wie dem Drucker Zhang : Arbeitgeber weigern sich einfach, Löhne auszuzahlen.
Quelle: FR
- Tipp: Sozialpolitik aktuell
Im Januar mit vielen neuen Informationen.