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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 14. Januar 2008 um 9:28 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
Verantwortlich:

(KR/WL)
Vorbemerkung: Dieser Service der NachDenkSeiten soll Ihnen einen schnellen Überblick über interessante Artikel und Sendungen verschiedener Medien verschaffen.

Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind.
Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Zur Diskussion über die Riester-Rente:
    • Rürups »Sockelrente«
      Wer auf nur 75% des Durchschnittsentgelts kommt, braucht heute gut 37 Jahre, 2030 sind es schon 45 Jahre. Wohlgemerkt: Das ist politisch so gewollt – gerade auch vom Chef der »Fünf Weisen«. Seit der »Riester-Reform« wird die soziale Rentenversicherung sehenden Auges gegen die Wand gefahren. Denn ein Pflichtsystem, dessen Leistungen trotz erwerbslebenslanger Beitragszahlung unterhalb des Fürsorgeniveaus liegen, verliert unweigerlich seine politische Legitimation. Warum Pflichtbeiträge zahlen, wenn am Ende nicht mehr als Sozialhilfe raus kommt? Arbeitgeber und private Finanzdienstleister haben den Sekt schon kalt gestellt.
      Rürup fordert nämlich in Wirklichkeit weitere Steuergelder zur Hätschelung der Privatvorsorge.
      Auf nichts anderes läuft sein Vorschlag hinaus. Bei der »Sockelrente« – einer Art Grundsicherung »de luxe« – wird auf die Bedürftigkeitsprüfung verzichtet; angerechnet würde nur die gesetzliche Rente selbst. Das privilegiert sämtliche Alterseinkommen außerhalb des
      solidarischen Systems, schwächt somit dessen Ansehen weiter und fördert die Privatvorsorge auch noch in der Leistungsphase mit Steuergeldern.
      Quelle: Arbeitnehmerkammer Bremen [PDF – 196 KB]
    • Fatales Signal
      Das jetzt enttarnte Problem gibt es, und es ist nicht neu. Es gibt Menschen, für die das vermeintliche Erfolgsmodell Riester nicht in Frage kommt: die heute um die 50 sind, mit Unterbrechungen und/oder schlecht bezahlt gearbeitet haben und sich darauf einstellen müssen, im Alter eine gesetzliche Rente von vielleicht nur 400 Euro zu bekommen. Sollten sie sich mit dem Gedanken tragen, mit der staatlich geförderten Privatvorsorge anzufangen – man würde (und sollte) ihnen sagen: Aufgepasst!
      Aber jene Gruppe der auf Grundsicherung Angewiesenen ist derzeit sehr klein, und noch ist keineswegs absehbar, dass sie in den nächsten Jahren massiv wachsen wird. Dass die gesetzliche Rente eben nicht so sicher ist, wie es Norbert Blüm den Leuten mal vorgaukelte, kann man bedauern. Die Konsequenz daraus – dass es zur Flankierung vermehrt betrieblicher und privater Vorsorge bedarf – ist unbestritten.
      Quelle: FR

      Anmerkung Orlando Pascheit und WL: Manche lernen’s nie:

      1. Wir werden uns noch wundern, wie groß die Altersarmut bei Fortsetzung der derzeitigen Wirtschafts- und Sozialpolitik künftig sein wird. Von einem „Mini-Problem“ zu sprechen ist eine irreführende Verharmlosung des Problems.
        Siehe dazu Walter Hirrlinger, Präsident des Sozialverbandes VdK: “Wir haben es mit einer relativ breiten Schicht zu tun, die gefährdet ist, in die Altersarmut zu rutschen.” Ein Sechstel bis ein Viertel der Jahrgänge 1957 bis 1961 habe bisher keinen Riester-Vertrag. In dieser Altersgruppe verfügten im Westen 15 Prozent der Männer und 24 Prozent der Frauen weder über eine betriebliche noch über eine private Altersvorsorge. Im Osten seien es 27 Prozent der Männer und 18 Prozent der Frauen. “Hier sollte ernsthaft überlegt werden, ob sich ein Riester-Vertrag überhaupt lohnt.”
        Ein Weiteres kommt hinzu: Wie kommt Michael Bergius darauf, dass die von Altersarmut bedrohte Gruppe je das Geld übrig hatte um zu “riestern”?
      2. Die Berliner Studie hat Bergius wohl noch gar nicht zur Kenntnis genommen, obwohl das eigentlich noch nicht einmal nötig wäre, denn jeder Erstsemestler VWL könnte ihm erzählen, dass der volkswirtschaftliche Effekt der Riesterrente nur zu Lasten der Staatskasse geht, da der klassische Nutzenmaximierer seine bereits bestehenden Sparpläne einfach nur umschichtet.
      3. Im Gegenteil, die Propagierung der Riesterrente ist das fatale Signal, da die einzig sichere Rentenfinanzierung, das Umlagesystem, durch die Herren Riester und Rürup und einen ganzen Rattenschwanz von Lobbyisten jeden Tag zugunsten der Kapitaldeckung diffamiert wird. Wie Kapitaldeckung sich in Luft auflösen kann, war in der Vergangenheit in den USA und Großbritannien wie auch in Chile gut zu beobachten.
      4. Über die Unwägbarkeiten der Betriebsrente kann man sich leicht beim ARD/Ratgeber/Finanzen/Vorsorge informieren.
      5. (WL) Man kann nicht Blüm vorwerfen, dass die gesetzliche Rente durch Rot-Grün ruiniert wurde. Blüm hat sich für das Umlageverfahren stark gemacht. Es ist in Engpässe gekommen durch die hohe Arbeitslosigkeit und durch sinkende oder stagnierende Löhne mit entsprechend geringeren Rentenbeiträgen. Bevor man das ganze System kaputtmachte, hätte man viele andere Maßnahmen ergreifen können, um die gesetzliche Rente auskömmlich zu halten. Z.B. die Rentenlasten durch die deutsche Einheit oder versicherungsfremde Leistungen über die Steuern zu finanzieren, die Beitragsbemessungsgrenze anzuheben, die Einnahmebasis durch die Einbeziehung anderer Berufsgruppen wie Selbständigen oder Beamten (Erwerbstätigenrente) zu erweitern etc. etc. Vgl. etwa hier.
      6. Dass der Finanzminister die Riester-Rente „uneingeschränkt“ empfiehlt, versteht sich von selbst, spart der Kassenwart doch viell Geld, weil diese bei der staatlichen Grundsicherung angerechnet wird.
        Wenn die Arbeitgeber in die gleiche Richtung argumentieren, dann zeigt das schon ein gehöriges Maß an Bewusstseinsspaltung: Wenn sich Arbeitnehmer rational verhalten, dann ist das Raub an der Staatskasse; wenn Unternehmer ihre Steuerbelastung mit allen Tricks senken, dann ist das Marktwirtschaft.
        „Gleichwohl entlasten die Sparer mit ihrer Vorsorge die Sozialkassen. „Zu Riestern ist immer eine gute Tat zugunsten der Allgemeinheit“„, wird der Running-Gag der privaten Altersvorsorge Meinard Miegel in der Welt zitiert. Die Umsätze und Gewinne der Finanzdienstleister zu steigern ist also eine gute Tat zugunsten der Allgemeinheit!!
      7. Im Übrigen: Der Kernaussage des “Monitor”-Beitrags kann selbst der Werbträger der Riester-Rente, nämlich Walter Riester, nicht widersprechen. Sie lautet: Wer eine Riesterrente abgeschlossen hat, kriegt im Alter womöglich keinen Cent raus. Denn die Riester-Rente wird auf die Sozialhilfe angerechnet, auf die sogenannte Grundsicherung. Menschen, die im Alter nur geringe Einkünfte haben, müssen also zunächst ihre Riester-Rente zubuttern, der Staat zahlt zusätzlich die Differenz zur Grundsicherung. Wer glaubte, dass die Riester-Rente ein vom Staat unantastbares Zubrot sei, hat sich geirrt. (Quelle: Stern)
      8. Siehe auch die Berechnungen in der taz: „Wer als Alleinstehender ein Durchschnittsgehalt von derzeit 1.500 Euro netto erhält und 32 Jahre lang in die Rentenkasse einzahlt, bekommt im Jahr 2030 voraussichtlich eine gesetzliche Rente heraus, die nicht mal das Niveau der Grundsicherung im Alter erreicht, die derzeit 680 Euro (inklusive Miete) beträgt.“ (Quelle: taz)
  2. Jugendkriminalitätsdebatte
    • Feste der Demagogie
      Die Unionsparteien erheben Rechtspopulismus in den laufenden Landeswahlkämpfen zum Standard.
      Quelle: Telepolis
    • Hände weg vom Jugendstrafrecht!
      Die unterzeichnenden Fachverbände und Experten (einer Reihe von Juristenverbänden, KR) sprechen sich entschieden gegen jede Verschärfung des Jugendstrafrechts aus. Das deutsche Jugendstrafrechtssystem leidet nicht unter mangelnder Härte, sondern am Fehlen politischer und sozialer Alternativen für deviante und gefährdete Jugendliche. Erhebliche Stellendefizite, stete Kürzungen im Vollzug und Einsparungen bei der Betreuung von Jugendlichen kennzeichneten die Kriminalpolitik der vergangenen Jahre. Wer straffällige Jugendliche nur wegschließt oder abschiebt, löst keine Probleme und sondern erzeugt die Illusion von Sicherheit. Tatsächlich werden Verschärfungen im Jugendstrafrecht absehbar zu einer weiteren Verschlechterung im Jugendstrafvollzug führen, der bereits jetzt überlastet und um ein vielfaches überbelegt ist. Zu fördern sind vielmehr die erfolgreichen Programme der Integration und Resozialisierung, die mit einem offenen Vollzug, gewaltpräventiver Arbeit und Alternativen zur Freiheitsstrafe verknüpft werden müssen, nicht aber mit härteren Strafen und überfüllten Gefängnissen.
      Quelle: Gemeinsame Erklärung der Verbände [PDF – 76 KB]
    • Die Stimme der schweigenden Mehrheit
      “Ich bin der akzeptierte Sprecher einer schweigenden Mehrheit von Deutschen.“
      Zitat Roland Koch, Ministerpräsident des Landes Hessen
      Quelle 1: Süddeutsche

      Anmerkung Martin Betzwieser: Es gibt noch jemanden, der sich für die Stimme der schweigenden Mehrheit hält:

      Quelle 2: Homepage von Udo Voigt, Bundesvorsitzender der NPD

  3. Roland Koch auf Privatisierungskurs
    In Hessen droht Verkauf des landeseigenen Regionalverkehrsunternehmens HLB an US-Verkehrsmulti. Linke und Bahngewerkschaften warnen vor Folgen für Beschäftigte. Ministerpräsident Roland Koch (CDU) will das Thema aus dem laufenden Wahlkampf heraushalten. Die Veräußerung sei »nicht aktuell«, so ein Sprecher des hessischen Finanzministeriums am Donnerstag auf jW-Anfrage. Gleichzeitig betonte er aber den Willen seines Hauses, die Aufgaben des Landes »auf Kernkompetenzen zurückzufahren«. Beim Neujahrsempfang in Wiesbaden sprach Koch Privatisierungen mit keinem einzigen Wort an, wohl wissend, daß diese selbst bei eingefleischten CDU-Anhängern nicht mehr so populär sind wie noch vor wenigen Jahren.
    Quelle: Junge Welt
  4. Mindestlohndebatte
    Anmerkung WL: In Bild am Sonntag hat Michael Hüther vom Arbeitgeber-Institut der deutschen Wirtschaft zum x-ten Mal seine Behauptung wiederholt: „Ein solcher Mindestlohn von 7,50 Euro würden bei 11 Prozent aller Beschäftigten Lohnanhebungen notwendig machen. Das gefährdet bis zu vier Millionen Jobs.“
    Nehmen wir mal als Tatsache hin, dass 11 Prozent aller Beschäftigen unter 7,50 Euro verdienen, aber für seine Behauptung über den Verlust von 4 Millionen Jobs bleibt Hüther einmal mehr jeden Beweis schuldig. Dazu der gewiss nicht wirtschaftsunfreundliche EU-Kommissar Spidla:
    „Alle EU-Länder, die Mindestlöhne eingeführt haben, scheinen damit zufrieden zu sein“, sagte der Kommissar dem Blatt. „Es scheint auch nicht, dass nach Einführung der Mindestlöhne die Arbeitslosigkeit gestiegen oder die Schwarzarbeit angewachsen ist.“ In Großbritannien sei die Arbeitslosigkeit nach Einführung eines Mindestlohnes sogar gesunken. „Mindestlöhne können nämlich auch reguläre Beschäftigung attraktiver machen und dafür sorgen, dass Menschen Schwarzarbeit aufgeben und auf den Arbeitsmarkt zurückkehren“, sagte Spidla. In Großbritannien sei der Mindestlohn ein „erfolgreicher Bruch mit der Tradition“ gewesen.
    Quelle: FAZ

    Dazu auch:

    Heiner Flassbeck – Wettbewerb oder Straßenkampf?
    Mindestlohn und Wettbewerb, das sei wie Feuer und Wasser, sagen die meisten Ökonomen. Wenn der Staat so massiv in den Markt eingreife, könne sich der Wettbewerb nicht entfalten. Das ist eine seltsame Begründung, weil es praktisch überhaupt keinen Wettbewerb ohne staatliche Eingriffe gibt.
    Quelle: FTD

  5. Billig dank Kinderarbeit
    Geschätzte 300 Milliarden Euro gibt die öffentliche Hand pro Jahr für Waren und Dienstleistungen aus – das sind rund 15 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Als Auftraggeber befinden sich die in Finanznot geratenen Kommunen im Zwiespalt. Einerseits sind sie verpflichtet, günstig einzukaufen – andererseits wächst das Unbehagen an den sozialen Folgen dieser Politik: Pflastersteine kommen inzwischen zu einem Großteil aus Indien oder China, wo Kinderarbeit keine Ausnahme ist. Reinigungsaufträge erledigen günstige Subunternehmer, die Arbeitszeiten unterlaufen und so Tariflöhne drücken, Dienstkleidung kommt aus asiatischen Billigfabriken, wo es untersagt ist, Wasser zu trinken oder zur Toilette zu gehen.
    Quelle: FR
  6. Einzelhandel verbucht schlimmstes Jahr seit 2002
    Nach unerwartet schlechten Zahlen für November sagte das Statistische Bundesamt in Wiesbaden am Mittwoch für das ganze Jahr einen Umsatzrückgang von nominal 0,7 bis 1,0 Prozent voraus. Nach Abzug der Teuerungsrate ist demnach real ein Umsatzminus zwischen 1,5 und 1,8 Prozent zu erwarten. Das wäre das schlechteste Jahr für den deutschen Einzelhandel seit 2002.
    Quelle: Netzeitung

    Anmerkung WL: Soviel zum Gerede, dass der Aufschwung bei den Leuten angekommen sei. Aber im nächsten Jahr soll ja die Binnennachfrage, die rückläufige Weltkonjunktur ausgleichen. Wie nur?

  7. Flugzeug-Abschüsse: Oberster Verfassungsrichter mahnt Schäuble
    Der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, hat es ausgeschlossen, für den Fall eines Terrorakts wie am 11. September 2001 den Abschuss entführter Passagierflugzeuge doch noch per Grundgesetzänderung zu erlauben. Die “Menschenwürdegarantie” könne “selbst durch eine Verfassungsänderung nicht eingeschränkt werden”, sagte Papier dem SPIEGEL. Er erteilte damit auch den Bestrebungen von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) eine klare Absage, einen solchen Abschuss als Landesverteidigung zuzulassen.
    Quelle: Spiegel Online

    Anmerkung (WL): Selbst dem konservativen Papier geht Schäuble inzwischen zu weit.

  8. Neues aus dem Casino:
    • Citigroup hofft auf Milliarden aus Asien
      Die von Hypothekenkrise geschüttelte US-Bank Citigroup soll frisches Kapital aus China und Saudi-Arabien erhalten. Bis zu 10 Mrd. Dollar wollen die Investoren in das Kreditinstitut pumpen, um die Folgen der Krise zu lindern.
      Quelle: FTD
    • Cleveland Sues 21 Lenders Over Subprime Mortgages
      Cleveland is suing 21 of the nation’s largest banks and financial institutions, accusing them of knowingly plunging the city into a financial crisis by flooding the local housing market with subprime mortgage loans to people who could never repay. Mayor Frank G. Jackson said in an interview on Friday that the companies would be “held accountable for what they’ve done.”
      “We’re going after them to get the resources we need to rebuild our city,” Mr. Jackson said.
      The financial crisis has hit Cleveland especially hard, with more than 7,000 foreclosures in each of the last two years, Mr. Jackson said. Entire city blocks have been abandoned. The city’s budget has been strained by the effort to maintain thousands of boarded-up homes, and by the cost of responding to a rise in violent crime and arson.
      Quelle: New York Times

      Zum Hintergrund: Die Stadt Cleveland hat gegen 21 Finanzhäuser Klage auf Schadensersatz über mehrere 100 Mio. Dollar erhoben. Der Immobilienmarkt der Stadt im nordamerikanischen Staat Ohio sei von einer Welle von schmutzigen Hypothekenkrediten überflutet worden. Die verklagten Finanzhäuser hätten diese Kredite Personen gewährt, von denen sie wussten, dass sie sie nicht zurückzahlen können.
      Unter den Finanzhäusern befänden sich u. a. JP Morgan, Merril Lynch, Bank of America, Citygroup, Lehmann Brothers, Goldmann Sachs, Countrywiede und die nordamerikanischen Niederlassungen der Deutschen Bank und der Credit Suisse. Die Stadtverwaltung werfe in der Klagebegründung insbesondere den genannten Häusern vor, “routinemäßig” derartige Kredite an Kunden vergeben zu haben, obwohl diese über keine “realistischen Mittel” verfügten, die langfristigen Zahlungsverpflichtungen einhalten zu können. Die Folge für die Stadt mit ca. 450.000 Einwohnern sei eine Flut von Zahlungseinstellungen. Cleveland habe im nationalen Vergleich eine führende soziale Stadtpolitik betrieben. Durch die Hypothekenkrise seien ganze Stadtviertel verloren gegangen, sie seien Objekt von “Plünderern und Kriminellen” geworden. Der Finanzhaushalt sei durch die Krise untergraben worden. Die Steuereinnahmen seien aufgezehrt worden für Ausgaben für die Prävention von Bränden, Polizeischutz und für die Wiederherstellung demolierter Gebäude.

  9. Glos zimmert Notprogramm gegen Konjunkturkrise
    Die Bundesregierung rechnet in ihrem neuen Jahreswirtschaftsbericht für 2008 nur noch mit einem Wirtschaftswachstum von 1,8 Prozent. Für den Notfall lässt Wirtschaftsminister Glos jetzt sogar ein Konjunkturprogramm erarbeiten – Kernelement: Steuerentlastungen und staatliche Investitionen. Nach jahrelanger Stagnation werde der private Konsum zum Antrieb für das Wachstum. Die Löhne sollen inflationsbereinigt um rund ein Prozent steigen. Die Nachfrage aus dem Ausland verliere laut des Berichts dagegen an Bedeutung. Die Exporte trügen nur noch 0,2 Prozentpunkte zum Wachstum bei.
    Für den Fall, dass sich die Wachstumsaussichten deutlich eintrüben, lässt Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) laut SPIEGEL ein Hilfspaket für die Konjunktur entwerfen.
    Kernelement sollen Steuerentlastungen für kleinere und mittlere Einkommensbezieher sein. Flankiert werden soll die Maßnahme mit einem staatlichen Investitionsprogramm in Milliardenhöhe.
    Quelle: Spiegel

    Anmerkung (WL): Vielleicht dämmert es ja allmählich auch Glos, dass das Wirtschaftswachstum nicht ein Erfolg der „Reformen“ ist, sondern dass eine aktive Konjunkturpolitik entscheidend ist. Aber es ist wie so häufig: Die „Erfolge“ rechnet sich die Regierung mit ihren sog. „Reformen“ zu, für den Abschwung ist der Konjunkturverlauf verantwortlich. Allmählich scheint es in Berlin auch zur Kenntnis genommen zu werden, dass die Binnennachfrage und die Löhne von Bedeutung für das Wachstum sind. Mit einer Reallohnsteigerung von gerade 1 Prozent wird jedoch kein Nachfrageschub ausgelöst, der den Rückgang der Exporte ausgleichen könnte.
    Das Maßnahmepaket, das Glos angeblich erarbeiten lässt, soll allerdings erst 2009 greifen.
    Das dürfte viel zu spät sein.

  10. Der Untergang des Abendprogramms
    Gestern Abend hatte das Grauen wieder einen Namen. “Sabine Christiansen: Mein 2008” hieß der schreckliche Kessel Buntes, der eineinhalb Stunden lang über den Zuschauern ausgeschüttet wurde. Etwas Schlechteres, Langweiligeres und zugleich Ärgerlicheres, nachgerade Unverschämteres hat man lange nicht gesehen.
    Wie selten zuvor vermittelte das verheerende Christiansen-Revival, das einzig und allein der uferlosen Eitelkeit dieser Grand Old Schachtel des Sonntagabendtalks diente, welche Selbstanmaßung das Fernsehen in unseren Tagen inszeniert. Auf unterstem Illustriertenniveau, absolut beliebig und völlig unterschiedslos werden einzigartige Persönlichkeiten aus allen Lebens- und Arbeitsbereichen am Fließband durchs Programm geschleust.
    Quelle: Spiegel Online
  11. Peak Oil wird uns Beine machen
    Der Ölpreis knackt die 100-Dollar-Marke – und das Aroma der Endlichkeit breitet sich auch in den Vorstandsetagen der Ölkonzerne aus. Das kollektive Leugnen hat ein Ende.
    Quelle: TAZ
  12. Deutsche, Waffen, deutsches Geld, bleiben nicht allein in dieser Welt
    Unsere Marine ist zu klein, das wusste schon Wilhelm II. Deswegen ließ er, mit bekanntem Ergebnis, ordentlich aufrüsten. Heute ist die Gefahr nicht mehr gegeben, die Franzosen dürfen indessen eine größere Flotte als die Engländer unterhalten ohne dass es zum Krieg kommt, da sollten einige deutsche Dickschiffe auch kein Problem sein, besonders, da man ja gar keine Flugzeugträger will. Stattdessen hat man bei Thyssen-Krupp, ebenfalls ein alter Bekannter aus den Schlachthaus-Europa-Tagen, vier “Fregatten” vom neuen Typ F125 bestellt. Diese zeichnen sich dadurch aus, dass sie die ersten deutschen Schiffe seit 1945 sind, die Landziele beschießen können, zwei Jahre nonstop auf See operieren und den Anspruch der Bundesmarine, eine “Expeditionary Navy” zu sein, unterstützen sollen.
    Quelle: Oeffinger Freidenker
  13. “Schon unser Vokabular ist parteiisch”
    Die Auslandsnachrichten liefern uns ein verzerrtes Bild der Welt, meint der holländische Reporter Joris Luyendijk. “Objektiver” Journalismus sei zwar unmöglich. Die Medien könnten aber ihre Produktionsbedingungen offenlegen.
    Quelle: TAZ
  14. Und das Wetter war früher auch besser – Stefan Niggemeier setzt sich in der FAZ mit Kai Diekmann, Bild-Zeitung, auseinander.
    Die Türken sollen sich nicht grämen, sagt Kai Diekmann. Er und seine „Bild“-Zeitung hätten nichts gegen Ausländer, nur dagegen, dass so viele von ihnen kriminell werden, schrieb er in dieser Woche sinngemäß in der türkischen Zeitung „Hürriyet“. Und was den brutalen Überfall in München angeht, der die Debatte um Jugend- und Ausländerkriminalität ausgelöst hat: „Dass der ältere Täter Türke ist, der jüngere Grieche, ist bloßer Zufall. Genauso hätten es Polen, Russen, Jugoslawen oder Kurden sein können – die Debatte wäre die gleiche gewesen.“
    Die „Debatte“, wie „Bild“ sie gerade führt, ist sogar dann die gleiche, wenn die Gewalt von Jugendgangs ausgeht, deren Anführer Deutsche ohne Migrationshintergrund sind – trotzdem werden die Fälle unter dem Begriff „Ausländerkriminalität“ zusammengefasst. Man könnte sagen, „Bild“ führt mit Halb- und Unwahrheiten eine Kampagne gegen Ausländer. Diekmann würde sagen, „Bild“ spricht „unangenehme Wahrheiten“ aus und tut den Ausländern einen Gefallen.
    Quelle: FAZ.Net

    Anmerkung (WL): Es kommt in Deutschland selten vor, dass Medien sich gegenseitig kritisieren, doch offenbar geht inzwischen selbst der gewiss Koch-freundlichen FAZ (jedenfalls im Feuilleton) die seit Tagen andauernde Ausländerhetze zu weit.

    Am Ende:

    Rodenstock bei Anne Will (am 13.1.2008): So denken inzwischen Unternehmer
    Mit der Erhöhung der Löhne beschäftige er sich gar nicht, das bereitet ihm gar keine Kopfschmerzen, da der Lohn zwar ausreichen müsse, um sich und die Familie ernähren zu können, aber diesbezüglich im Zweifelsfall der Staat mit zusätzlichen Zahlungen aushelfen würde.


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